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Bittersüße Realität -  Kira Geiss

Bittersüße Realität (eBook)

Über mein Leben, Social Media und die Glamourwelt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
224 Seiten
adeo (Verlag)
978-3-86334-881-6 (ISBN)
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Mit nur 20 Jahren wird Kira Geiss zur Miss Germany 2023 gewählt und taucht über Nacht in die Welt des Glamours ein. Doch hinter dem glitzernden Vorhang entdeckt sie auch die dunklen Seiten des Ruhms: Fremdbestimmung, Druck und Oberflächlichkeit. Sie berichtet von erschütternden Übergriffen, dem Kampf gegen den eigenen Körper und der Wahrheit hinter den Social-Media-Likes. Von ihren Abstürzen als Teenager, ihrer Suche nach Zugehörigkeit und darüber, wo sie schließlich Halt und Hoffnung fand. Authentisch und mitreißend teilt Kira ihre Erfahrungen und fasst in Worte, was viele bewegt: Wer bin ich, wenn keiner hinsieht? Wie kann ich echt und erfüllt leben?

KIRA GEISS, Jahrgang 2002, ist Gestalterin für visuelles Marketing, Gemeindegründerin, Jugendbeauftragte des Gnadauer Verbandes und Miss Germany 2023. Den ehemaligen Schönheitswettbewerb nutzt sie als Plattform, um über Jugendarbeit und den richtigen Umgang mit Social Media zu sprechen. Zwei Themen, die ihr aufgrund der eigenen emotionalen Geschichte auf dem Herzen liegen. Mit 13 hatte sie ihren ersten alkoholbedingten Filmriss, neun Jahre später spricht sie vor tausenden Menschen und arbeitet mit verschiedenen Politikern zusammen. Wie dieser Weg ausgesehen hat und was dabei alles hinter den Kulissen passiert, erzählt sie, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

KIRA GEISS, Jahrgang 2002, ist Gestalterin für visuelles Marketing, Gemeindegründerin, Jugendbeauftragte des Gnadauer Verbandes und Miss Germany 2023. Den ehemaligen Schönheitswettbewerb nutzt sie als Plattform, um über Jugendarbeit und den richtigen Umgang mit Social Media zu sprechen. Zwei Themen, die ihr aufgrund der eigenen emotionalen Geschichte auf dem Herzen liegen. Mit 13 hatte sie ihren ersten alkoholbedingten Filmriss, neun Jahre später spricht sie vor tausenden Menschen und arbeitet mit verschiedenen Politikern zusammen. Wie dieser Weg ausgesehen hat und was dabei alles hinter den Kulissen passiert, erzählt sie, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Tiefpunkt


Er atmet laut und seine Hand ist kalt. Ich würde gerne aufstehen. Ich würde gerne wegrennen. Ich würde gerne laut schreien. Aber ich bleibe regungslos liegen. Ich bin stark, denke ich. Ich halte das aus, ich lasse mir nichts anmerken. Er denkt, ich schlafe. Er denkt, ich bekomme nicht mit, was er gerade macht. Meine Jeans war eng und hat mir in den Bauch geschnitten, deshalb hatte ich sie ausgezogen. Im Zimmer ist es heiß und stickig, weswegen ich auch den Pullover nicht mehr trage. Nur in Unterwäsche liege ich unter der schweren Bettdecke.

Ich tue so, als würde ich schlafen, obwohl ich hellwach bin. Ich drehe mich leicht, in der Hoffnung, dass er aufhört. Vergebens. Seine Hand fährt über meinen Po. Ich halte die Luft an, würde gerne weinen, würde sie gerne wegschlagen. Ich drehe mich in die andere Richtung, so nah wie möglich an die Bettkante. Er rutscht nach. Ich kann die Wärme seines Körpers spüren. Er beginnt, über meine Brüste zu streichen. Es ist unangenehm und mir wird heiß. In mir vermischen sich Wut und Angst, aber ich bin noch immer gelähmt.

Die Minuten vergehen und es wird unerträglich. Ich will, dass er aufhört. Ich will, dass er von mir weg geht. Ich drehe mich wieder und gebe ein Geräusch von mir, als würde ich gähnen. Er zieht seine Hand ruckartig zurück. Hört er jetzt auf? Eine Minute passiert nichts. Er atmet leiser und liegt regungslos neben mir. Aber plötzlich spüre ich ihn wieder. Etwas hartes. Er drückt seinen Unterkörper gegen mich. Gleichzeitig streicht seine Hand über meine Haut. Ich presse die Lippen zusammen und versuche so leise wie möglich zu atmen.

Ein Auto fährt in die Einfahrt des Hofes. Der Kies knirscht unter den Reifen. Die Haustüre fällt ins Schloss und jemand läuft die Holztreppe in den ersten Stock hoch. Er rutscht weg von mir, nur seine Hand bleibt unter der Decke auf mir liegen. Ich hoffe, dass die Person an seine Zimmertür klopft und all dem ein Ende setzt. Aber es ist nur sein Bruder, der nach Hause kommt. Seine Hand fährt langsam von meinem Po zwischen meine Beine. Mein Herz rast. Es sind leichte Berührungen, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Endlich höre ich seine Mutter rufen: „Tom, das Frühstück ist fertig. Kommt ihr bitte?“ Er richtet sich auf. Bleibt wenige Momente im Bett sitzen und klopft mir dann auf die Schulter. Ich tue so, als würde ich jetzt erst aufwachen, reibe mir die Augen und bleibe unter der Decke liegen, bis er das Zimmer verlassen hat.

Was ist hier gerade passiert? Wieso fasst er die Freundin seines besten Freundes an? Ich starre an die Decke und versuche den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken. Mein Herz rast noch immer, obwohl die Berührungen schon längst vorbei sind. Es gibt Pancakes und ich sitze Toms Vater gegenüber. Ein freundliches Lächeln zieht sich über sein Gesicht, als er mich fragt: „Na, Kira, willst du noch einen Schuss Ahornsirup über die kleinen Meisterwerke?“ Nein, eigentlich will ich das nicht! Am liebsten würde ich Tom zur Rede stellen. Ihn vor seinen Eltern konfrontieren, ihn beschimpfen, ihn anschreien, ihn mit Pancakes und Ahornsirup bewerfen, dann weinen und wegrennen. Ganz weit weg. Aber das mache ich nicht. Stattdessen erwidere ich das Lächeln und nicke zustimmend.

Meine Gedanken sind nicht am Tisch, sondern bei dem, was zuvor im Zimmer passiert ist. Mir ist übel, weshalb ich mich dazu zwingen muss, etwas zu essen. Ich meide den Blickkontakt zu Tom. Ich habe Angst, ihm in die Augen zu schauen, Angst davor, seinen unschuldigen Gesichtsausdruck zu sehen, als wäre nichts passiert. Meine Hand zittert und das kleine Stückchen Pancake auf meiner Gabel fällt zurück in den goldbraunen Sirup. Ich überspiele es mit einem gezwungenen Lachen und verschwinde im Badezimmer.

Das Fenster steht offen, und während ich die kalte Luft einatme, versuche ich verzweifelt, meine Gefühle zu ordnen. Jeder dieser Atemzüge fällt mir schwer. Ich wasche mein Gesicht mit kaltem Wasser und zwinge mich dazu, die Tränen zu unterdrücken. Das Gefühl, kein Recht darauf zu haben, verletzt zu sein, plagt mich. Schließlich war all das auch meine eigene Schuld. Ich hatte mich zu ihm ins Bett gelegt. Ich hatte meine Klamotten ausgezogen. Normalerweise mache ich das nicht.

In der letzten Zeit war es zur Gewohnheit geworden, bei Tom zu übernachten. Seitdem Anton seinen Abschluss gemacht hat und in seine Ausbildung gestartet ist, verlässt er oft schon frühmorgens das Haus. Da ich ungern allein bei seinen Eltern bleibe, stehen wir fast immer gemeinsam auf. Er fährt zur Arbeit und ich schlafe bei Tom weiter. Er ist jetzt schon seit über zwei Jahren mein bester Freund und weiß so gut wie alles über mich. Die Tatsache, dass wir schon so viel miteinander geteilt haben, macht all das noch unverständlicher. Unsere Freundschaft schien für mich immer so unzerstörbar, zumindest bis heute.

Noch immer stehe ich im Badezimmer und schaue in den Spiegel. Als ich in mein blasses Gesicht blicke, empfinde ich Wut und Schuld. Wut, weil ich mich nicht genug gewehrt habe. Wut, weil ich das Gefühl habe, ich hätte die Macht über die Situation haben können. Wut weil ich mich dumm und naiv fühle und Anton damit auch noch bestätige, schließlich hält er mir genau diese Eigenschaften immer wieder vor. Und zwischen all dem frage ich mich, ob es meine Schuld gewesen ist. Habe ich ihm womöglich Signale gesendet und ihn dadurch eingeladen? War es wirklich so schlimm, was gerade eben passiert ist? Oder bilde ich mir all das nur ein und überreagiere? Mir fehlen die Worte, um auszudrücken, was ich denke und fühle. Das Gefühl von Ekel überschattet alles.

***

Die nächsten Monate übe ich mich darin, das Geschehene so gut wie möglich zu verdrängen. Ich schaffe es so weit, dass ich mir in manchen Augenblicken nicht einmal mehr sicher bin, ob der Morgen tatsächlich so stattgefunden hat. „So schlimm ist es nicht gewesen“, rede ich mir hin und wieder ein. Aber selbst in den Momenten, in denen die Erinnerung zum Greifen nah ist, behalte ich es für mich. Die Angst vor den möglichen Konsequenzen ist über all die Zeit geblieben. Denn was wäre, wenn mir die anderen nicht glauben und mich für eine Lügnerin halten würden? Oder wenn sich Anton nicht auf meine, sondern Toms Seite stellen würde? Das Schlimmste wäre, wenn sich etwas in meinem Freundeskreis ändern und ich von den Menschen um mich herum anders gesehen und behandelt werden würde. Auf keinen Fall möchte ich irgendetwas von dem verlieren, was ich gerade habe.

Also unterdrücke ich weiterhin meine Sorgen und entscheide mich aufgrund dieser Ängste, das Erlebnis für mich zu behalten. Stattdessen beginne ich, den Kontakt zu Tom langsam und unauffällig zu minimieren. Insgeheim hoffe ich, dass ich mit der Zeit einen Frieden über das Geschehene finde und es irgendwann gänzlich vergesse.

***

In den Winterferien veranstaltet ein Klassenkamerad eine Hausparty für seine engsten Freunde. Es ist kurz vor ein Uhr und ich sitze gemeinsam mit Celine in den gemütlichen Gartensesseln auf der Terrasse. Wir nippen beide an unserer Weißweinschorle, die sich in der letzten Zeit zu meinem Partygetränk entwickelt hat, und unterhalten uns über ihren aktuellen Freund. Durch die Glastür höre ich das dumpfe Gelächter der Jungs, die im Wohnzimmer die verschiedenen Gin-Sorten der Eltern kosten. Ich genieße den ruhigen Moment hier draußen, schaue in den sternenklaren Himmel und entscheide mich dazu, Celine endlich etwas anzuvertrauen. Wenn mich jemand verstehen kann, dann sie.

„Kann ich dir etwas erzählen?“, frage ich vorsichtig, während ich die schwarze Kuscheldecke enger über meine Schultern ziehe. Celine sieht mich mit besorgten Augen an, runzelt die Stirn und nickt zustimmend. „Klar, Bby, was ist los?“, sagt sie einfühlsam und greift nach meiner Hand. Ihr Atem riecht nach Wein und mein Gefühl sagt mir, dass sie sich in ein paar Stunden vermutlich nicht mehr an unser Gespräch erinnern wird. Es ist lange her, dass wir so viel getrunken haben, aber ohne die entsprechende Menge Alkohol hätte ich vermutlich auch nie den Mut gehabt, ihr das Folgende anzuvertrauen. Ich spüre, wie meine Hand auf der Stuhllehne zittert, als ich ihr von dem Morgen bei Tom erzähle.

Als ich alles losgeworden bin, was sich seit Monaten angestaut hatte, schaut Celine mir in die Augen und lacht. Sie lacht nur. Ich bin verwirrt. „Ach, bby, du kennst doch Tom, der hatte doch noch nicht mal eine Freundin, der würde so etwas niemals tun. Vielleicht hat er dich einfach aus Versehen berührt“, antwortet sie mir. Ich nicke und sage nichts mehr. Enttäuschung macht sich in mir breit. Ihre Worte treffen mich mehr, als ich erwartet hätte. Ich dachte, sie wäre zornig oder enttäuscht, würde sich auf meine Seite stellen, den Kontakt zu Tom abbrechen oder wenigstens minimieren. Schon unzählige Male hatte ich hinter ihr gestanden und sie gedeckt oder ihr den Rücken frei gehalten. Ich weiß, dass sie ein anderes Verständnis von Intimität hat, aber es war kein Versehen gewesen. Ich weiß, was passiert ist. Ich spüre die Berührungen manchmal noch heute. Ich weiß, dass er mich absichtlich angefasst hat.

Ein paar Stunden später sind nur noch wenige Partygäste übrig, die jetzt im Wohnzimmer Schnipsen spielen. Ich lausche dem Klappern der Münzen, das sich mit der leisen Musik im Hintergrund vermischt. Landet die Geldmünze in einem der Gläser, muss der Nachbar den Becher austrinken, bis die Münze am Boden sichtbar wird. Trifft man in die kleine Mitte zwischen den Bechern, in das goldene Auge, müssen alle Becher von dieser Person geleert werden. Ich bin überraschend gut in diesem Trinkspiel und treffe fast immer.

Gerade setze ich aber...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2024
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Essstörung • Generation Z • gen z • influencer • Miss Deutschland • Miss Germany • Schönheitskönigin • Selbstzweifel • sprachrohr
ISBN-10 3-86334-881-8 / 3863348818
ISBN-13 978-3-86334-881-6 / 9783863348816
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