Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Vielleicht hat das Leben Besseres vor (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-32098-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Vielleicht hat das Leben Besseres vor -  Anne Gesthuysen
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
(CHF 19,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Eine junge Pastorin am Niederrhein, eine Mutter, die unermüdlich für ihr Kind kämpft, und eine Dorfgemeinschaft, die Schicksal spielt: Anne Gesthuysens neuer Roman ist da! In der kleinen Gemeinde Alpen am Niederrhein laufen die Vorbereitungen für das jährliche Spargelfest auf Hochtouren. Während die Zelte aufgebaut werden und der Chor rund um Ottilie Oymann über »diskriminierungssensible Sprache« in alten Liedtexten streitet, hat die Pastorin Anna von Betteray ganz andere Sorgen. Raffaela, ein Mädchen, das seit einem Unfall geistig behindert ist, liegt im Koma. Sie wurde bewusstlos aufgefunden, niemand weiß, was passiert ist. Umso mehr brodelt die Gerüchteküche. Wurde das Mädchen Opfer einer Gewalttat? Stecken Drogendealer oder Spargelstecher dahinter? Die Polizei folgt den spärlichen Spuren, das Dorf ermittelt eifrig mit. Auch ihre eigene Familie bereitet Anna Kummer: Ihre Schwester Maria kämpft mit ihrer Sucht und Ängsten, ihr Neffe Sascha sucht nach Halt, und ihre Mutter versucht ständig, sie zu verkuppeln. Als unvorhergesehene Ereignisse die Familien zusammenbringen, zeigt sich: Hoffnung kann blühen, wenn man es am wenigsten erwartet. Voll psychologischem Feingefühl und mit hinreißendem Witz erzählt Anne Gesthuysen von Schuldgefühlen und Mutterliebe, der Kraft einer Gemeinschaft und einem Leben, das endlich gelebt werden will.

Anne Gesthuysen wurde 1969 am unteren Niederrhein geboren. Nach dem Abitur in Xanten studierte sie Journalistik und Romanistik. In den 90er-Jahren arbeitete sie bei Radio France. Als Reporterin hat sie für WDR, ZDF und VOX gearbeitet, schließlich auch als Moderatorin. Ab 2002 moderierte sie das »ARD-Morgenmagazin«. Diese Nachtschichten gab sie nach dem großen Erfolg ihres ersten Romans »Wir sind doch Schwestern« Ende 2014 auf, um sich tagsüber an den Schreibtisch zu setzen und weitere Bücher zu schreiben. 2015 erschien ihr zweiter Roman »Sei mir ein Vater«, 2018 folgte »Mädelsabend«. Sie lebt mit ihrem Mann, Frank Plasberg, ihrem Sohn und dem Goldendoodle Freddy in Köln.

Anne Gesthuysen wurde 1969 am unteren Niederrhein geboren. Nach dem Abitur in Xanten studierte sie Journalistik und Romanistik. In den 90er-Jahren arbeitete sie bei Radio France. Als Reporterin hat sie für WDR, ZDF und VOX gearbeitet, schließlich auch als Moderatorin. Ab 2002 moderierte sie das »ARD-Morgenmagazin«. Diese Nachtschichten gab sie nach dem großen Erfolg ihres ersten Romans »Wir sind doch Schwestern« Ende 2014 auf, um sich tagsüber an den Schreibtisch zu setzen und weitere Bücher zu schreiben. 2015 erschien ihr zweiter Roman »Sei mir ein Vater«, 2018 folgte »Mädelsabend«. Sie lebt mit ihrem Mann, Frank Plasberg, ihrem Sohn und dem Goldendoodle Freddy in Köln.

1 »Der Lenz ist da«


»Pffft«, machte Tante Ottilie und zuppelte sich ein Stück Schale aus dem Mund. »Den haste aber nicht ordentlich geschält«, tadelte sie ihre Nichte.

»Ich habe den geschält gekauft«, antwortete Mechthild von Betteray. »Also meiner schmeckt ganz hervorragend. Ist auch wirklich à point gekocht, Anna, das muss ich dir lassen.«

»Die haben doch ’ne Maschine, warum ist der denn so schlecht geschält?«, fragte Tante Ottilie und kaute angestrengt. »Ist halt nicht die Qualität wie bei uns. Aber das sage ich dir ja jedes Jahr.« Sie schmatzte wie ein Sommelier bei der Weinverkostung.

»Unsinn. Ein königliches Gemüse wie Spargel kann nur von einem Schloss kommen.« Mechthild nickte unterstützend mit dem Kopf, konnte dann aber auch nicht mehr an sich halten, als Tante Ottilie sich vor Lachen fast verschluckt hätte.

»Herrlich«, sagte die schließlich. »Was geht es uns gut, wenn wir uns darüber streiten können, welcher von den wunderbaren Spargelorten hier am Niederrhein der bessere ist.«

Anna von Betteray saß mit den beiden alten Damen in ihrer Küche. Ihre Mutter Mechthild hatte aus Walbeck, einem berühmten Spargeldorf an der niederländischen Grenze, die ersten Stangen mitgebracht. Walbeck und dort vor allem das Schloss Walbeck, eine malerische Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert, eröffnete die Saison immer etwas früher als die anderen Orte am Niederrhein. In Veen, wo seit nun drei Jahren Anna lebte und als evangelische Pastorin arbeitete, ging der Verkauf erst in ein paar Tagen los.

Sie hatte den obligatorischen Schinken direkt vom Bauernhof besorgt, die Kartoffeln organisiert.

Ottilie Angenendt hatte mit über neunzig Jahren zum voraussichtlich letzten Mal geheiratet, es war bereits ihre fünfte Ehe, aber, als Katholikin betonte sie das stets, sie sei kein einziges Mal geschieden: Sowohl ihr letzter Ehemann, Hannes Oymann, als auch der davor, Hektor Mathiopoulus, als auch der davor, Albrecht Hansen, und der davor, Günter Kamps, hatten je früh das Zeitliche gesegnet. Mit dem, was sie ihr hinterlassen hatten, konnte sich Tante Ottilie zusammen mit ihrem aktuellen Ehemann, Bernd Angenendt, ein bequemes Leben in der Seniorenresidenz Burg Winnenthal leisten. Sie bewohnten dort ein schönes Apartment mit barrierefreiem Bad, einem Schlafzimmer und einer geräumigen Wohnküche.

Wenn sie Familie oder Freundinnen zu Besuch hatte, zog sich Bernd höflich zurück und ließ die Damen »allein schnattern«. So drückte er es aus, und niemand nahm es ihm krumm. »In unserem Alter sind Klischees wie Fahrbahnbemalung: einfach hilfreich«, sagte Tante Ottilie nur und lachte schelmisch.

Anna wusste, wie sehr sie die Spargelzeit schätzte. Es waren die besten Monate im Jahr, beteuerte sie.

Nicht nur, weil sie das edle Gemüse schätzte. Sie freute sich auf den alljährlichen Auftritt des Winnenthaler Seniorenchors, denn Tante Ottilie liebte das Rampenlicht.

Jedes Jahr zur Saisoneröffnung gab der Gesangsverein im berühmten Veener Spargelzelt ein Potpourri der guten Laune zum Besten. Die Zutaten waren immer gleich: ein paar bekannte Lieder, passend zum Frühling, die Bernd Angenendt, ehemaliger Leiter des Veener Kirchenchors, mit den Damen einübte, und Texte, die sich über das junge Gemüse und den aktuellen Dorftratsch lustig machten. Den steuerte Ottilie bei. Sie hatte Mechthild und Anna gebeten, mit ihr zu »brähnstormen«.

Doch noch bevor die Teller leer waren, hatten sich die Damen bereits ihrem Lieblingsthema zugewandt: Annas Liebesleben, das, zugegeben, nicht gerade ereignisreich war. Sie verausgabten sich mit Feuereifer an dem Projekt, Anna an den Mann zu bringen, respektive den Richtigen für sie, geschiedene, adelige, evangelische Pastorin, zu finden, was kein leichtes Unterfangen war, zumal die Definitionen von »Mr Right« deutlich auseinandergingen.

»Aber Graf Maximilian Konstantin Petrus Maria von Egmond zu …«

»Mama, wir kennen seinen Titel«, ging Anna genervt dazwischen. Ihre Mutter war eine gebürtige Bürgerliche und ausgesprochen stolz auf ihren Adelsstatus, den sie durch ihre Heirat mit Heinrich von Betteray erlangt hatte. Sie hatte die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, dass auch ihre jüngste Tochter, Anna von Betteray, geschiedene Khoi, eines Tages »nach oben« heiraten, sich mit einem Grafen, Herzog oder vielleicht sogar einem Prinzen vermählen würde. Die erste Ehe mit Tyiam Khoi, geschlossen in Las Vegas vor einem Friedensrichter, hatte sie als strenge Katholikin schlicht ignoriert, die Scheidung wortlos nickend zur Kenntnis genommen, während Anna vor Kummer kaum hatte atmen können.

Freddy kam angelaufen und legte das Köpfchen auf Annas Knie. Sie glaubte ein missbilligendes Schnauben zu hören. Freddy war ein Mini-Goldendoodle, der bedingungslos auf sein Frauchen fixiert war, jede emotionale Schwingung wahrnahm und es als seine Pflicht ansah, für Ausgleich zu sorgen.

Tante Ottilie betrachtete den Hund. »Sie wird jedenfalls keinen Mann finden, der ihr so zu Füßen liegt wie dieser«, sagte sie nachdenklich. »Und der junge Herr Graf ist dazu ohnehin zu eitel, wenn du mich fragst. Aber was ist denn mit den anderen Kandidaten, die noch im Rennen sind?«

»Wer soll das bitte sein?«, fragte Anna mürrisch.

»Na der Bestatter und der Kriminalist.«

»Haha.« Anna räumte die Teller zusammen. »Ihr fallt doch nicht auf das Dorfgequatsche rein, oder? Und bevor wir das Niveau noch weiter senken, lasst uns lieber über existenziellere Dinge reden. Wir müssen endlich eine Lösung für den Jungen finden. So kann es doch nicht weitergehen: Sein Vater sitzt im Knast, und seine Mutter ist alle halbe Jahre in der Klap…«, sie biss sich in letzter Sekunde auf die Lippen, »…in der Klinik.«

Mechthild von Betteray senkte den Kopf. Ihre blonden Haare waren sorgsam auftoupiert und mit Elnett-Haarspray zu einem Helm verklebt. Keine einzige Strähne wagte es, aus der Reihe zu tanzen. Sie hielt die Augen geschlossen, als koste es sie Kraft, nicht in Tränen auszubrechen. Ihre Lippen zitterten.

Es machte Anna traurig, ihre Mutter so zu sehen. Eine Flut von Gefühlen übermannte sie, einige davon waren kindisch, geprägt von Eifersucht auf Maria. Alle Aufmerksamkeit und aller Stolz der Mutter hatte seit jeher der schönen, sensiblen großen Schwester gegolten, dem Prinzesschen, das einen Grafen geheiratet hatte, sich in Gesellschaft der Reichen und Schönen bewegte und nun mit einem kräftigen Rumms in ihrer persönlichen Hölle gelandet war.

Sie empfand keine Genugtuung bei dem Gedanken, im Gegenteil, Anna schüttelte sich. Es ging Maria im Moment so schlecht, dass ihr Sohn Sascha bei Anna lebte und niemand wusste, ob und wann sich dieser Zustand wieder ändern würde.

»Mama«, sagte sie beschwichtigend, »wir kriegen das schon wieder hin. Sie ist in Behandlung, das ist das Wichtigste. Und ich würde deshalb auch dafür plädieren, dass sie noch ein paar Monate in der Obhut der Ärzte bleibt.« Damit es diesmal endlich klappt mit dem Entzug, dachte Anna, aber sie sprach es nicht aus.

»Der Junge braucht seine Mutter«, warf Mechtild schniefend ein. »Du darfst ihn ihr nicht wegnehmen!«

Wieder versetzte es Anna einen Stich. Sie liebte ihren Neffen aus tiefstem Herzen, und sie hatte die zwei Jahre genossen, in denen er bei ihr und Freddy gewohnt hatte. Ein bisschen wie ihr eigenes Kind. Und doch lebte Sascha nicht bei ihr, weil sie es so wollte, sondern weil seine Mutter nicht in der Lage war, sich um ihn zu kümmern. Sie schnaubte verächtlich und fragte sich, ob sie sich empörte, weil der Gedanke ihrer Mutter so gemein war oder weil sie sich ein bisschen ertappt fühlte.

»Sascha ist bei Anna fantastisch untergebracht. Er bekommt alles, was er braucht!«, warf Tante Ottilie ein und lächelte sie versöhnlich an.

»Ihm fehlt eine vernünftige Vaterfigur«, antwortete Mechtild trotzig.

»Du meinst den Vater, der mit seinem blöden Adelstitel im Knast gelandet ist?« Langsam reichte es ihr.

»Er ist unschuldig«, sagte ihre Mutter.

»Er ist rechtskräftig verurteilt.« Anna spürte die Hand ihrer Tante auf ihrem Arm, als ihre Mutter den Lieblingsschwiegersohn weiter verteidigte.

»Als er die Cum-ex-Geschäfte gemacht hat, waren sie noch nicht gegen das Gesetz. Man kann das nicht einfach rückwirkend ändern. Ein Gottfried von Moitzfeld wird sich noch dagegen zur Wehr setzen.«

Anna wollte etwas erwidern, doch Tante Ottilie schüttelte beschwichtigend den Kopf.

»Und ja, genau!«, fuhr Mechthild von Betteray fort, »Sascha braucht einen Vater, der seinen Sohn im christlichen Glauben erzieht und ihn unsere Werte lehrt, genau so einen braucht der Junge.«

Nun sah auch Tante Ottilie Mechthild entgeistert an. »So was wie ›Du sollst nicht stehlen‹, ›Du sollst nicht lügen‹ oder ›Du sollst nicht ehebrechen‹, das sollte ausgerechnet er ihm beibringen?« Selbst ihre sonst immer harmoniebestrebte Großtante konnte sich den Sarkasmus dabei nicht verkneifen.

Mechthild schnappte nach Luft, schwieg aber. Offenbar fiel ihr nichts mehr ein, womit sie den geliebten Schwiegersohn, dessen verwandtschaftliche Verflechtungen bis ins englische Königshaus reichten, verteidigen könnte. Graf Gottfried von Moitzfeld saß in Düsseldorf im Gefängnis, er war wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Zwei Jahre davon hatte er bereits abgesessen und die Zeit hinter verschlossenen Türen verbracht, wie fast alle Menschen, die währenddessen durch die Pandemie an ihr Zuhause gefesselt waren.

»Sascha braucht tatsächlich einen Vater«, seufzte Anna schließlich, da sie die Stille...

Erscheint lt. Verlag 7.11.2024
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Dorf • Dorfgemeinschaft • Dorfgeschichte • Dorfleben • Dorftratsch • Entspannen • Ewald Arenz • Familie • Familienzusammenhalt • Frauenunterhaltung • Freundinnen-Geschenk • Generationengeschichte • Gerüchte • Geschenkbuch • Humor • Krisenüberwindung • Landleben • Mädelsabend • Mutter-Geschenk • Roman für Frauen • Sei mir ein Vater • Suche nach dem Glück • Suche nach Wahrheit • Wir sind doch Schwestern
ISBN-10 3-462-32098-X / 346232098X
ISBN-13 978-3-462-32098-5 / 9783462320985
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,9 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
CHF 20,50