The Kinder Poison (eBook)
500 Seiten
Leaf (Verlag)
978-3-911244-20-6 (ISBN)
Natalie Mae, die von den Kritikern gefeierte Autorin der Kinder Poison Trilogie und anderen Jugendromanen. Sie war auch als freiberufliche Lektorin und Schreibberaterin tätig, und hält es für erwähnenswert, dass sie einmal einen Job hatte, bei dem sie Spinnen füttern musste. Ihr findet sie online unter nataliemaebooks.com. Natalie Mae auf Instagram: https://www.instagram.com/bynataliemae/
Natalie Mae, die von den Kritikern gefeierte Autorin der Kinder Poison Trilogie und anderen Jugendromanen. Sie war auch als freiberufliche Lektorin und Schreibberaterin tätig, und hält es für erwähnenswert, dass sie einmal einen Job hatte, bei dem sie Spinnen füttern musste. Ihr findet sie online unter nataliemaebooks.com. Natalie Mae auf Instagram: https://www.instagram.com/bynataliemae/
Kapitel 1
Alle guten Geschichten fangen mit schlechten Entscheidungen an.
Dieses fragwürdige Mantra wiederhole ich in Gedanken, während wir beobachten, wie das Schiff einläuft. Es ist wunderschön, ganz anders als die schlichten Holzkanus, von denen es in den Flusshäfen Ateras nur so wimmelt. Der Rumpf ist aus Glas. Durch ihn hindurch kann ich die Morgendämmerung und den orangefarbenen Sand der Wüste sehen, das Wasser und das von Schilf bewachsene Ufer. Als das Schiff näher kommt, lässt die Sonne seine Umrisse wie Feuer erstrahlen und der dunkelblaue Baldachin darüber flimmert in der Hitze. Wachen mit goldenen Leopardenmasken und Sichelschwertern patrouillieren an der Reling entlang und die Magie, die es antreibt, hinterlässt einen Schweif aus verblassenden Sternen.
Es ist ein Schiff, auf dem Legenden entstehen.
Und eins, auf dem wir schlechte Entscheidungen treffen werden. Aber Hen hat gesagt, ich soll aufhören, daran zu denken.
Schließlich habe ich tausendmal morgens auf diesem Dach gelegen und mir vorgestellt, an all die unglaublichen Orte zu segeln, von denen die Wüstenreisenden erzählen. Und auf Nummer sicher zu gehen, hat mir kein einziges Mal dazu verholfen, in ihre Fußstapfen zu treten. Denn beginnen ihre Abenteuer jemals mit den Worten »Nun, ich saß geduldig zu Hause und wartete darauf, dass etwas passiert, und dann passierte es!«? Nein – richtige Geschichten fangen an mit Risiken – jemand nimmt eine falsche Identität an, schluckt einen Trank ungewisser Herkunft, vertraut einem geheimnisvollen Fremden.
Ich bin mir zwar nicht sicher, ob jemals eine Geschichte damit losging, einen Priester zu belügen, aber wie schon gesagt, darüber denke ich jetzt lieber nicht nach.
»Da ist er«, stellt Hen fest und zeigt auf besagten Priester, einen kahlköpfigen Mann ohne Hemd, der vorn auf dem Schiff steht.
Wir liegen auf dem Dach ihres Hauses, eines der vielen Flachdachhäuser, die das Flussufer säumen. Über dem Obergeschoss bietet sich ein perfekter Blick auf das Schiff, ohne dass wir selbst Aufmerksamkeit auf uns ziehen.
Der Priester hält den Blick gesenkt und sieht den Kindern zu, die in ihren bunten, flatternden Tuniken jubelnd das schlammige Ufer entlangtoben.
Die Gebetstätowierungen rund um seine bleichen Arme und das reine Weiß seines Tergus-Kilts hätten den Priester verraten, selbst wenn Hen mich nicht auf ihn aufmerksam gemacht hätte.
Er ist derjenige, der das Passagierbuch bei sich führt, das wir brauchen. Niemand geht an Bord, wenn sein Name nicht darin aufgeführt ist. Aber wenn ich jetzt nicht zum Palast gelange …
Eine zweite Gelegenheit wird sich mir nicht bieten. Es ist das erste Mal seit sechshundert Jahren, dass ein königliches Schiff im Hafen von Atera anlegt.
»Die da müssen wir wirklich im Auge behalten«, erklärt Hen und zeigt auf eine Frau in einer atemberaubenden blauen Jole, einem formellen Wickelkleid, wie der Adel es bevorzugt. Ihres ist geschmückt mit Perlen und echten Lilien und ich versuche blinzelnd, die Warnung meiner Freundin zu verstehen. Diese Frau hat absolut nichts Einschüchterndes an sich. Verglichen mit den bewaffneten Wachen und der finsteren Miene des Priesters bietet sie einen weiteren erfreulichen Anblick.
»Wer ist das?«, flüstere ich.
»Galena von Juvel«, brummt Hen. »Königliche Materialistin und meine Erzfeindin. Sie hat die Lotusstiefel bekannt gemacht.«
Ich betrachte die Füße der Frau. Ihre Sandalen sehen nicht anders aus als die, die Hen oft trägt, aber statt am Knöchel zu enden, schlängeln sich bis zu den Knien schwarze Lotusblüten an ihren braunen Beinen empor.
»Ich finde die Sandalen süß«, gestehe ich.
»Natürlich sind sie das! Sie waren meine Idee!«
Eine der Wachen schaut zu unserem Dach und wir ducken uns.
»Wir haben das doch besprochen«, flüstere ich. »Nur weil du jede Woche einen Bericht über das Leben berühmter Personen bekommst, heißt das nicht, dass sie auch nur die geringste Ahnung haben, wer du bist. Ich bin mir sicher, dass das nur ein Zufall war.«
»Ach ja?«, erwidert Hen und funkelt die Frau an, die auf dem Schiff an uns vorbeigleitet. »Oder war es eine Verschwörung?«
»Nun, wenn du die Königliche Materialistin bist, kannst du sie fragen.«
»Oh, das werde ich.« Sie beißt die Zähne zusammen. »Darauf kannst du Gift nehmen.«
Ich kichere. Was ich an Hen mit am liebsten mag, ist ihr absolutes Selbstvertrauen. Als wäre es nur eine Frage der Zeit, dass aus der einfachen – wenn auch anerkannten – jungen Materialistin in Atera die Person wird, die die neueste Mode für die Königin anfertigt. Obwohl sie in Wirklichkeit bereits auf dem Weg dorthin ist. Wir sind beide sechzehn und dieser Sommer wird der letzte unserer Lehrzeit sein. Hen hat bereits Dutzende Anfragen von Adeligen aus Orkena erhalten, die gern ihre Dienste in Anspruch nehmen wollen, sobald sie Meisterin geworden ist. Schon bald wird sie das Land bereisen und ihr seltenes Talent nutzen, die ungewöhnlichsten Materialien miteinander zu kombinieren. Feuer, Licht oder einen Streifen Wasser (von Sternen beleuchtet) für die Kleidung der Auserwählten. Sie kann aus Mondschein Kleider fertigen und Umhänge mit Tau durchtränken, sodass sie selbst an den heißesten Nachmittagen kühl bleiben.
Den Beginn meines Weges als Meisterin dagegen kann hier nur eine Person kaum erwarten: Das bedeutet mir zwar auch viel, aber es ist eben nicht das Gleiche.
Hens Name steht bereits auf der Passagierliste. Ich versuche, nicht allzu genau darüber nachzudenken, warum meiner es nicht tut und dass das einer der vielen Gründe ist, warum sich unsere Wege trennen werden.
»Bitte sprich sie nicht heute auf die Stiefel an«, sage ich, denn ich kenne das Glitzern in Hens Augen.
Ihr schwarzes Haar schwingt um ihre Schultern, als sie mich ansieht. »Ich verspreche nichts, wenn es um Krieg geht.«
»Und ich werde dir später mit Freuden helfen, ein Komplott zu schmieden. Aber können wir uns jetzt auf die größere Sache konzentrieren, die ich wahrscheinlich bereuen werde? Sie haben die Anlegestelle fast erreicht.«
Hens braune Augen werden schmal, während sie dem Schiff nachschaut. Sie klopft sich mit einem Finger auf die Lippen und steht auf. »Komm mit.«
Sie verschwindet die Leiter durchs Dach hinunter. Ich folge ihr hastig und fange mir einen Splitter ein, als ich zu schnell am Holz hinuntergleite und auf den gefliesten Boden des Flurs im Obergeschoss falle. Kühle Luft dringt aus den verzauberten Lehmziegelmauern. Der Kältezauber ist unter einer Schicht cremeweißen Stucks versteckt. In Kürze wird es im Haus sehr viel kühler sein als draußen in der Hitze. Ich versuche, so viel wie möglich davon durch mein dünnes Arbeitskleid in mich aufzunehmen. Im Stall ist es zwar nie unerträglich heiß, aber es ist definitiv kein Vergleich zu der Kälte in Hens Haus.
Während wir über Matten in Regenbogenfarben laufen, kommen wir an Räumen vorbei, die ich genauso gut kenne wie meine eigenen.In Hens Schlafzimmer türmen sich Stapel aus dunklem, schimmerndem Stoff; das Zimmer ihrer Mutter ist fast genauso vollgestopft, die Wände und Kommoden mit seltenen Gegenständen bedeckt, die sie gegen ihre Tränke eintauscht. Ein leuchtender bunt gewebter Teppich aus dem Flussland strahlt mit dem Licht um die Wette und auf dem Nachttisch steht eine geschnitzte Giraffe aus Sandel- und Ebenholz.
Bevor meine Mutter krank wurde, ist sie mit Hens Mutter durch alle Länder der Erde gereist, hat Tränke verkauft und die Eindrücke der ganzen Welt in sich aufgesogen. Ich habe ihr oft erzählt, dass Hen und ich es eines Tages genauso machen werden, bevor ich verstanden habe, dass die Magie, mit der ich geboren wurde, mir nicht dabei helfen wird, Atera zu verlassen. Anscheinend beeindruckt die Fähigkeit, mit Tieren sprechen zu können, tatsächlich niemanden – auch die meisten Tiere nicht. Und so fehlt mein Name leider im Passagierbuch des Schiffes.
Aber nicht einmal unsere Mütter waren je im Palast.
Und das Fest heute Abend, das eine einzige herrliche, von Wundern erfüllte Nacht sein wird, ist meine einzige Chance, einen Blick auf das Leben zu erhaschen, das Hen und ich niemals werden führen können.
Ich darf dieses Schiff nicht verpassen.
»Wir halten uns an den Plan: ablenken und beherrschen«, sagt Hen, während sich der Saum ihres grünen Wickelkleids aufbauscht, als sie die Rosenholztreppe hinabsteigt. »Du wirst für die Ablenkung sorgen, damit ich dem Priester das Buch aus der Tasche klauen kann. Ich mache mich aus dem Staub, füge deinen falschen Namen hinzu und bringe es zurück. Wenn sie später die Passagiere überprüfen – tada –, stehst du mit drauf.«
»Und du trägst mich als Trankmacherin ein, richtig?«, frage ich.
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es das Sicherste ist, eine falsche Identität anzunehmen, um auf das Schiff zu gelangen, damit niemand mich als Flüsterin erkennt, die absolut nicht dorthin gehört. Es schien mir nur natürlich, den Namen und die magische Fähigkeit meiner verstorbenen Mutter zu benutzen (und die von Hens Mutter). Deshalb weiß ich einige grundlegende Dinge darüber, falls jemand fragt. Ganz zu schweigen davon, dass es an Bord durch und durch unpraktisch wäre, die Herstellung von Tränken zu demonstrieren. Anders als die Kräfte der Elementarmagie, die sich aus der Luft heraufbeschwören...
Erscheint lt. Verlag | 19.11.2024 |
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Reihe/Serie | The Kinder Poison |
Übersetzer | Michaela Link |
Verlagsort | Geretsried |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | 1001 Nacht • Arabian Setting • Bookstagram • Booktok • Die Tribute von Panem • enemies to lovers • Hörbuch • Leigh Bardugo • Liebesgeschichte • Love Triangle • Natalie Mae • New Adult Fantasy • Page Turner • Red Queen • Romantasy • Romantic Fantasy • Romantische Fantasy • Shadow and Bone • Shatter Me • Suzanne Collins • the cruelest mercy • The Sweetest Betrayal • Thron • tiktok made me buy it |
ISBN-10 | 3-911244-20-7 / 3911244207 |
ISBN-13 | 978-3-911244-20-6 / 9783911244206 |
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