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Schaurige Weihnachten. Klassische Horror- und Geistergeschichten (eBook)

Weihnachts-Gruselgeschichten aus England
eBook Download: EPUB
2024
160 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-32430-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schaurige Weihnachten. Klassische Horror- und Geistergeschichten - Arthur Conan Doyle, D. H. Lawrence, Algernon Blackwood
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Im viktorianischen England war ein Weihnachtsfest ohne Schauergeschichte nicht komplett: Man erzählte sie am Kaminfeuer im Musikzimmer oder Salon. So verbreitet war dieser Brauch, dass etliche namhafte Autor*innen ihre Storys dafür schrieben. In diesem Band erzählen Autor*innen wie D. H. Lawrence, A. C. Doyle und weitere Meister*innen des Horrors von verfluchten Herrenhäusern, Schiffen im Eismeer und kalten Londoner Mietswohnungen, in denen das Grauen lauert. Wohlig-schaurige Gruselstunden für die Winter-Weihnachtszeit garantiert!
  • Ho Ho Horror
  • Weihnachten mal anders: 7 erlesene Gruselgeschichten für die Adventszeit
  • Mit spannenden Texten von A.C. Doyle, D.H. Lawrence, Edith Nesbit, Lettice Galbraith und anderen
  • Originalausgabe mit einem Vorwort von Jochen Veit


Arthur Conan Doyle (1859-1930) war Arzt im südenglischen Southsea. 1887 erfand er die Figur des genial-exzentrischen Detektivs Sherlock Holmes, der allein mit Hilfe seines überragenden Intellekts, durch genaue Beobachtung und logisches Kombinieren seine Fälle löst. Ab 1891 erschienen die Abenteuer des Meisterdetektivs als Serie im »Stand Magazine«, eroberten schnell eine große Fangemeinde und erlaubten es Doyle, fortan als freier Schriftsteller in London zu leben.

Amelia B. Edwards


Die Geisterkutsche


Die Ereignisse, von denen ich nun berichten werde, zeichnen sich durch ihre Wahrheit aus. Sie sind mir selbst passiert, und meine Erinnerung daran ist so lebendig, als wäre es gestern gewesen. Und doch sind seit jener Nacht zwanzig Jahre vergangen. In diesen zwanzig Jahren habe ich die Geschichte nur einem einzigen Menschen erzählt. Nun erzähle ich sie mit einem Widerstreben, das ich schwer überwinden kann. Unterdessen bitte ich lediglich darum, davon Abstand zu nehmen, mir eigene Schlussfolgerungen aufzudrängen. Ich suche nicht nach Erklärungen. Ich wünsche keine Diskussionen. Meine Meinung in dieser Sache steht fest, und da ich mich auf meine eigenen Sinneseindrücke berufen kann, ziehe ich es vor, ihnen zu trauen.

Es war also vor genau zwanzig Jahren, einen oder zwei Tage vor dem Ende der Moorhuhn-Jagdsaison. Ich war den ganzen Tag mit meinem Gewehr draußen gewesen und hatte nichts Nennenswertes erlegt. Der Wind wehte gen Osten, der Monat war Dezember, der Ort ein ödes, breites Moor ganz im Norden Englands. Und ich hatte mich verlaufen. Es war kein angenehmer Ort, um sich zu verlaufen, denn gerade fielen die ersten federleichten Flocken eines heraufziehenden Schneesturms auf das Heidekraut, und der bleierne Abend brach um mich herein. Ich schirmte mir die Augen mit der Hand ab und blickte besorgt in die zunehmende Dunkelheit, wo das violette Moorland etwa zehn, zwölf Meilen in der Ferne mit einer niedrigen Hügelkette verschmolz. Nicht die zarteste Rauchfahne, nicht das kleinste bebaute Stück Land, noch ein Zaun oder Schafspfad weit und breit waren zu sehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiterzugehen und zu hoffen, dass ich unterwegs irgendeinen Unterschlupf finden würde. Also schulterte ich wieder mein Gewehr und schleppte mich müde voran, denn ich hatte mich eine Stunde nach Tagesanbruch auf den Weg gemacht und seit dem Frühstück nichts gegessen.

Inzwischen begann der Schnee mit unheilvoller Beständigkeit zu fallen, und der Wind ließ nach. Dann wurde die Kälte durchdringender, und die Nacht kam schnell. Meine Aussichten verdunkelten sich mit dem dunkelnden Himmel, und das Herz wurde mir schwer, als ich daran dachte, wie meine junge Frau bereits durchs Fenster unseres kleinen Gasthauszimmers nach mir Ausschau halten würde, und mir vorstellte, wie viel Leid ihr diese beschwerliche Nacht wohl noch bringen würde. Wir waren seit vier Monaten verheiratet, und nachdem wir den Herbst in den Highlands verbracht hatten, wohnten wir nun in einem abgelegenen Dörfchen direkt am Rand der großen englischen Moorlandschaft. Wir waren sehr verliebt und natürlich sehr glücklich. Beim Abschied an diesem Morgen hatte sie mich inständig gebeten, vor der Abenddämmerung zurückzukehren, und ich hatte es ihr versprochen. Was hätte ich nicht darum gegeben, mein Wort halten zu können!

Auch jetzt noch, trotz meiner Müdigkeit, glaubte ich, nach einem Abendessen, einer Stunde Rast und einer Wegbeschreibung bis Mitternacht wieder bei ihr sein zu können, wenn ich nur jemanden treffen und irgendwo einkehren könnte.

Und die ganze Zeit über fiel der Schnee, und die Nacht verfinsterte sich. Immer wieder blieb ich stehen und rief, aber meine Rufe schienen die Stille nur noch tiefer zu machen. Dann überkam mich ein vages Gefühl des Unbehagens, und mir fielen Geschichten von Wanderern ein, die im Schneefall immer weitergegangen waren, bis sie sich vor Erschöpfung hinlegen und im Schlaf ihr Leben lassen mussten. Wäre es mir möglich, fragte ich mich, so die ganze lange, dunkle Nacht hindurch auszuhalten? Käme nicht ein Moment, in dem meine Glieder versagen mussten und meine Entschlossenheit schwand? In dem auch ich den Schlaf des Todes schlafen musste? Der Tod! Mich schauderte. Wie schwer wäre es, gerade jetzt zu sterben, wo das Leben gar so strahlend vor mir lag! Wie schwer für meine Liebste, deren ganzes liebendes Herz … doch dieser Gedanke war unerträglich! Um ihn zu verbannen, rief ich wieder, lauter und länger, und lauschte dann angestrengt. Wurde mein Rufen beantwortet, oder bildete ich mir nur ein, dass ich aus der Ferne einen Schrei hörte? Ich rief wieder, und wieder folgte das Echo. Dann kam plötzlich ein flackernder Lichtfleck aus der Dunkelheit, schwankte, verschwand, erschien dann immer näher und heller. So schnell ich konnte, rannte ich darauf zu, und stand zu meiner großen Freude bald vor einem alten Mann mit einer Laterne.

»Gott sei Dank!«, stieß ich unwillkürlich hervor.

Blinzelnd und stirnrunzelnd hob er die Laterne und starrte mir ins Gesicht.

»Für was?«, brummte er ärgerlich.

»Nun ja – für Sie. Ich hatte schon befürchtet, mich im Schnee zu verirren.«

»Tja, in dieser Gegend gehn schon hie und da mal Leute verlorn, warum solln Se dann nich auch verlorn gehn, wenn Gott es so will?«

»Wenn Gott es so will, dass Sie und ich uns zusammen verirren, Freund, dann müssen wir uns fügen«, antwortete ich, »aber ich habe nicht vor, mich ohne Sie zu verirren. Wie weit bin ich jetzt von Dwolding entfernt?«

»Gut zwanzig Meilen, mehr oder weniger.«

»Und das nächste Dorf?«

»Das nächste Dorf is Wyke, und das is zwölf Meilen zur andern Seite.«

»Und wo wohnen Sie dann?«

»Da drüben«, sagte er und schwenkte leicht die Laterne.

»Sie gehen nach Hause, nehme ich an?«

»Kann sein.«

»Dann komme ich mit.«

Der Alte schüttelte den Kopf und kratzte sich nachdenklich mit dem Laternengriff an der Nase.

»Bringt nichts«, knurrte er. »Der lässt Se nich rein – der nich.«

»Das werden wir sehen«, antwortete ich knapp. »Wer ist denn ›der‹?«

»Der Herr.«

»Wer ist der Herr?«

»Geht Se nichts an«, war die unumwundene Antwort.

»Na, na, gehen Sie mal voran, ich kümmere mich dann schon darum, dass der Herr mir heute Abend ein Dach über dem Kopf und eine Mahlzeit gibt.«

»Versuchn könn’ Se’s ja!«, murmelte mein widerwilliger Führer, und noch immer kopfschüttelnd schlurfte er gnomartig durch den fallenden Schnee davon. Bald darauf ragte etwas Großes aus der Dunkelheit auf, und ein riesiger Hund schoss wild bellend hervor.

»Ist dies das Haus?«, fragte ich.

»Jawoll, das is das Haus. Ruhig, Bey!« Er kramte in seiner Tasche nach dem Schlüssel.

Ich hielt mich dicht hinter ihm, um ja nicht die Gelegenheit zu verpassen, hineinzugehen, und sah im kleinen Lichtschein der Laterne, dass die Tür dicht mit Eisennägeln beschlagen war wie eine Gefängnistür. Eine Minute später hatte er den Schlüssel umgedreht, und ich hatte mich an ihm vorbei ins Haus gedrängt.

Sobald ich drinnen war, sah ich mich neugierig um. Ich befand mich in einer großen Eingangshalle mit freiliegenden Deckenbalken, die anscheinend verschiedenen Zwecken diente. Am einen Ende stapelte sich Getreide bis zum Dach wie in einer Scheune. Am anderen lagerten Mehlsäcke, landwirtschaftliche Geräte, Fässer und alles mögliche Gerümpel, und von den Balken oben hingen mehrere Reihen Schinken, Speckseiten und getrocknete Kräutersträußchen für die Nutzung im Winter herab. In der Mitte des Raums stand ein riesiges Objekt, das dürftig mit einem schmutzigen Stoffüberwurf bedeckt war und fast bis an die Balken reichte. Als ich eine Ecke des Stoffs anhob, sah ich zu meiner Überraschung ein Teleskop von beträchtlicher Größe, das auf einer einfachen, beweglichen Plattform mit vier kleinen Rädern befestigt war. Das Fernrohr aus lackiertem Holz wurde von groben Metallbändern zusammengehalten; der Spiegel hatte, soweit ich seine Größe in dem dämmrigen Licht einschätzen konnte, einen Durchmesser von mindestens fünfzehn Zoll. Während ich das Instrument noch betrachtete und mich fragte, ob es nicht das Werk eines Autodidakten sein mochte, klingelte laut eine Glocke.

»Das is für Sie«, sagte mein Führer mit einem gehässigen Grinsen. »Da drüben is sein Zimmer.«

Er deutete auf eine niedrige schwarze Tür auf der anderen Seite der Eingangshalle. Ich ging hinüber, klopfte ziemlich laut an und ging hinein, ohne auf eine Einladung zu warten. Ein riesiger, weißhaariger alter Mann erhob sich von einem Tisch voller Bücher und Papiere und trat streng auf mich zu.

»Wer sind Sie?«, fragte er. »Wie sind Sie hierhergekommen? Was wollen Sie?«

»James Murray, Rechtsanwalt. Zu Fuß übers Moor. Speis und Trank und ein Nachtlager.«

Er zog seine buschigen Augenbrauen zu einem unheilvollen Stirnrunzeln zusammen.

»Das hier ist kein Wirtshaus«, sagte er geringschätzig. »Jacob, wie konntest du es wagen, diesen Fremden hereinzulassen?«

»Ich hab’n nich reingelassen«, grummelte der Alte. »Der is mir übers Moor gefolgt und hat sich vor mir reingedrängelt. Mit knapp eins neunzig kann ich’s nich aufnehm.«

»Und Sie, Sir, mit welchem Recht haben Sie sich gewaltsam Einlass in mein Haus verschafft?«

»Mit demselben, mit dem ich mich auch in Seenot an Ihr Boot geklammert hätte. Dem Recht der Selbsterhaltung.«

»Selbsterhaltung?«

»Es liegt schon ein Zoll Schnee«, antwortete ich knapp; »bis Tagesanbruch wird er tief genug sein, um meine Leiche zu bedecken.«

Er trat ans Fenster, zog einen schweren schwarzen Vorhang beiseite und blickte hinaus.

»Das ist wahr«, sagte er. »Wenn es Ihnen beliebt, können Sie bis zum Morgen bleiben. Jacob, bring das Essen.«

Damit wies er mir einen Platz zu, nahm seinen eigenen wieder ein und vertiefte sich sogleich erneut in die Studien,...

Erscheint lt. Verlag 18.9.2024
Übersetzer Marion Herbert, Heike Holtsch
Sprache deutsch
Original-Titel Christmas Ghost Stories
Themenwelt Literatur Anthologien
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Adventsgeschenke • Adventszeit • Algernon Blackwood • algernon blackwood geschichten • anti-Weihnachten • Arthur Conan Doyle • arthur conan doyle bücher • bauch-slitter • creepmas • Dark Christmas • D. H. Lawrence • d.h. lawrence erzählungen • dunkle jahreszeit • eBooks • geister zum fest • Gothic • goth stories • Gruselgeschichten • gruselige weihnachten • gruslig • Horror • horror-weihnachtsfilm • Jul • Klassiker • Krampus • literarisch • Literatur • Mari Lwyd • Neuerscheinung • Nikolausgeschenk • Perchta • Perchten • scary • Schaurig • spooky • Weihnachten • Weihnachtsbuch • Weihnachts-Horror • Yule
ISBN-10 3-641-32430-0 / 3641324300
ISBN-13 978-3-641-32430-8 / 9783641324308
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