Morgenröte (eBook)

640 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-31345-6 (ISBN)
Gerade hat sich Sonya MacTavish von ihrem untreuen Verlobten getrennt und ihren Job gekündigt, da steht plötzlich ein Anwalt vor ihrer Tür, der ihr von einem unbekannten Onkel erzählt. Dieser habe ihr ein majestätisches Herrenhaus an der Küste von Maine vermacht. Als Sonya ihr ominöses Erbe besichtigt, verliebt sie sich sofort in das verwunschene Anwesen, das eine düstere Geschichte verbirgt. In dieser entdeckt Sonya das jahrzehntealte Rätsel, das stets die Frauen in ihrer Familie beschäftigte und bis heute nicht gelöst ist. Inspiriert von ihren beeindruckenden Vorfahrinnen, macht sich Sonya an die Aufgabe, an der bisher Generation um Generation gescheitert ist. Stets hilfreich zur Seite steht ihr dabei der attraktive Trey, den Sonya in ihrem neuen Zuhause kennenlernt und dem sie schnell näherkommt.
Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von über 500 Millionen Exemplaren. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.
Unter dem Namen J. D. Robb veröffentlicht Nora Roberts seit Jahren ebenso erfolgreich Kriminalromane.
Kapitel 1
Gegenwart
Eine Hochzeit zu planen, war der reinste Irrsinn. Aber wenn man diese unumstößliche Tatsache einmal akzeptiert hatte, konnte man, wie Sonya fand, auch einfach weitermachen.
Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie auf den gesamten Zirkus verzichtet. Sie hätte sich ein tolles Kleid gekauft, das sie auch später wieder würde tragen können, und hätte Familie und enge Freunde zu sich nach Hause eingeladen, um sich im heimischen Garten trauen zu lassen. Eine kurze, ergreifende Zeremonie, die am Abend in die beste Party aller Zeiten münden würde.
Kein eleganter Schnickschnack, kein förmlicher Empfang, kein Stress, kein Brimborium. Dafür jede Menge Spaß.
Aber Brandon wollte den ganzen Schnickschnack, das Förmliche und das Brimborium.
Also hatte sie sich ein tolles Kleid gekauft – das so viel kostete wie zwei Monatsraten für die Hypothek und das sie nur ein paar Stunden lang tragen würde, nur um es anschließend reinigen zu lassen und für immer wegzupacken.
Sie hatten ein schickes Hotel in der Back Bay für die Gäste gebucht. Die Gästeliste hatte die Marke von dreihundert bereits überschritten und näherte sich der von vierhundert, dabei waren die Einladungen noch nicht mal verschickt worden.
Letztere hatte sie selbst entworfen – immerhin verdiente sie ihren Lebensunterhalt als Grafikdesignerin. Allerdings galt das auch für Brandon, weshalb er sie natürlich auch mitgestaltet hatte. Vielleicht waren die Einladungen letztlich förmlicher geworden, als sie es sich ursprünglich vorgestellt hatte, aber trotzdem waren sie fantastisch.
Schon Monate zuvor hatten sie »Save the Date«-Karten verschickt und beinahe einen ganzen Tag bei einem Fotografen verbracht, um Verlobungsfotos schießen zu lassen.
Eigentlich hatte sie eine Freundin bitten wollen, ein paar zwanglose, fröhliche Schnappschüsse zu machen. Er aber legte sein Veto ein, was sie zugegebenermaßen ziemlich geärgert hatte. Doch letztlich waren die Fotos wunderschön geworden.
Kultiviert. Eine elegante, kultivierte Anzeige für die Hochzeit des perfekten, glücklichen, aufstrebenden Paares.
Sie hatten gefühlt Tage damit verbracht, die Speisefolge festzulegen – natürlich würde es ein mehrgängiges, formelles Menü geben. Danach Kuchen. Sie mochte Kuchen und war fest davon überzeugt, dass mit Menschen, die keinen Kuchen mochten, irgendetwas nicht stimmen konnte.
Aber herrje, wer hätte gedacht, dass die Gestaltung einer Hochzeitstorte – Geschmacksrichtung, Füllung, Guss, Design, Etagen, Figuren obendrauf – ein dermaßen frustrierendes Unterfangen sein konnte?
Heute wusste sie es.
Und nicht zu vergessen die Petit Fours mit ihren Initialen in Gold obendrauf.
Dann noch die Blumen, die Musik, die Platzkarten, die Farben – das alles war trotz der effizienten und unglaublich geduldigen Hochzeitsplanerin ein Albtraum.
Und sie konnte das Ende dieses Irrsinns kaum erwarten.
Wodurch sie wohl deutlich von der Norm abwich.
Sollten zukünftige Bräute den Wirbel und den Stress vor der Hochzeit nicht eigentlich in vollen Zügen genießen? Wünschte sich nicht jede Braut, dass dieser Tag etwas Besonderes, Einzigartiges wurde, eine Märchenhochzeit?
Dabei wünschte sie sich durchaus einen besonderen, einzigartigen Tag, und noch mehr sehnte sie sich nach einem glücklichen Zusammenleben bis an ihr Lebensende.
Aber …
Derlei »Abers« hatten sich in den letzten Wochen gehäuft. Aber es fühlte sich gar nicht an wie ihr Tag, ihr besonderer, einzigartiger, absolut aufregender Tag. Überhaupt nicht. Irgendwie war ihr alles entglitten. Und als sie sich ins Gedächtnis rief, dass es sich schließlich auch um Brandons Hochzeitstag handelte und er durchaus ein gewisses Mitspracherecht hatte, wurde ihr klar, dass er im Grunde alles bestimmte.
Nichts von alldem spiegelte ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche wider. Sondern ausschließlich seine.
Und wenn ihre Vorstellungen und Wünsche sich dermaßen grundlegend voneinander unterschieden, bedeutete das dann nicht automatisch auch, dass sie gar nicht zueinanderpassten?
Sobald sie intensiver darüber nachdachte, beschlich sie ein ungutes Gefühl. Ebenso wie sie sich Sorgen machte, wenn sie drei Samstage mit der Suche nach dem perfekten Haus verbrachten und er für die schicke, moderne Allerweltsvilla plädierte, während sie sich ein großes, altes Haus mit Charakter wünschte.
Aber …
Wenn sie nicht intensiver darüber nachdachte, sondern mit ihren Gedanken eher bei den letzten achtzehn Monaten ihrer Beziehung verweilte, waren ihre Sorgen wie verflogen.
Der Hochzeitstag war nichts weiter als ein Tag, und warum sollte sie Brandon nicht das ganze Brimborium gönnen, das er sich wünschte? Und das Haus? Eigentlich war die Inneneinrichtung doch viel wichtiger als die Architektur. Sie würden einen Kompromiss finden und sich ein gemeinsames Zuhause schaffen.
Wahrscheinlich gingen so kurz vor der Hochzeit einfach nur die Nerven mit ihr durch, sagte sie sich. Schließlich wurde die Sache jetzt real. Den – buchstäblichen – Beweis dafür trug sie in Form des Probedrucks für die Hochzeitseinladungen in der Tasche mit sich herum.
Sie akzeptierte ihre Nervosität, sagte den Termin mit dem Floristen ab – der hätte sie heute definitiv überfordert – und machte sich auf den Heimweg.
Sie würde sich ein paar ruhige Stunden gönnen. Brandon hatte seinerseits ebenfalls irgendetwas für die Hochzeit zu erledigen, weshalb sie das Haus bis zu seiner Rückkehr für sich haben würde.
Und dann, so beschloss sie, würden sie eine Flasche Wein öffnen, den Probedruck checken und ihn ebenso unter Dach und Fach bringen wie die immer weiter anwachsende Gästeliste. Sie würden die Einladungen bestellen und diesen Punkt damit endlich abhaken können, denn er hatte einen Kalligrafen damit beauftragt, die Adressen auf die Umschläge zu schreiben.
Das hätte sie natürlich auch selbst machen können, aber hey, darüber, dass ihr die Beschriftung mehrerer Hundert Einladungen erspart blieb, würde sie sich wohl kaum beklagen.
Mit heruntergekurbelten Fenstern und laut aufgedrehter Musik schob sie sich durch Bostons Samstagsverkehr. In acht Wochen, so dachte sie, würden die Farben des Herbstes – ihrer Lieblingsjahreszeit – schier explodieren. Und sie würde diesen ganzen Stress hinter sich haben.
Sie war jetzt achtundzwanzig, beinahe neunundzwanzig, und stand damit am Ende eines Lebensjahrzehnts. Sie war bereit, sesshaft zu werden, eine Familie zu gründen. Und in acht Wochen würde sie den Mann heiraten, den sie liebte.
Brandon Wise – smart, talentiert, romantisch. Ein Mann, der es langsam und entspannt angehen ließ, als sie gezögert hatte, sich auf eine Beziehung mit einem Kollegen einzulassen.
Irgendwann hatte er sie dann doch herumgekriegt, und sie hatte es genossen, sich herumkriegen zu lassen.
Sie stritten nur selten miteinander. Zu ihrer Mutter war er unglaublich liebenswert, und das war alles, was zählte. Er war gern mit ihren Freunden zusammen und sie gern mit seinen.
Zugegeben, es gab jede Menge Unterschiede zwischen ihnen. Er ließ keine Cocktailparty, Dinnerparty, Ausstellungseröffnung – oder jedes andere gesellschaftliche Ereignis – aus und war allabendlich unterwegs. Sie hingegen ließ sich zwischendurch gern einen gewissen Freiraum und genoss ruhige Abende zu Hause.
Er besaß mehr Schuhe als sie – dabei liebte sie Schuhe.
Wenn sie über den Kauf eines Hauses sprachen, überlegte er sogleich, welches Gartenbauunternehmen er für die Pflege des Grundstücks engagieren wollte, während sie sich vorstellte, wie sie den Rasen mähte und Blumen pflanzte.
Aber wer wollte schon mit einem Klon zusammenleben und ihn überdies auch noch heiraten?
Unterschiede machten das Leben doch erst spannend.
Als sie vor ihrem Haus einparkte, bereute sie bereits, den Termin mit dem Floristen gecancelt zu haben. Sie hätte sich um die Blumenarrangements doch schon heute kümmern sollen. Genau wie Kuchen sollten Blumen einen schließlich glücklich machen.
Aber sie würde ihren Lapsus wiedergutmachen, indem sie etwas zum Abendessen zauberte.
Oder wollte sie nur nicht mit ihm essen gehen? Denn das würde er unweigerlich vorschlagen. Nachdenklich ging sie auf ihre Doppelhaushälfte zu. Würde sie ihn auf diese Weise dazu bewegen können, zu Hause zu bleiben? Denn wenn er nach Hause käme, würde das Essen beinahe fertig und die Flasche Wein bereits geöffnet sein, es gäbe also keinen Grund zur Klage.
Sie würden essen, etwas trinken und diese verdammte Gästeliste in trockene Tücher bringen.
Diesen Batzen abzuhaken, würde ihr schon mal einige Last von den Schultern nehmen.
Solchermaßen erleichtert könnten sie den Samstagabend genüsslich im Bett verbringen.
Als sie die Tür öffnete und den Eingangsbereich betrat, hörte sie Musik. Und entdeckte im Durchgang zum Wohnzimmer einen Frauenschuh.
Einen roten Pumps.
Sie stellte die Handtasche auf dem Beistelltisch neben der Eingangstür ab und ließ die Schlüssel in die Schüssel fallen, die sie dort aufgestellt hatte. Langsam beugte sie sich vor, um den Schuh aufzuheben.
Sein Gegenstück lag achtlos hingeworfen vor der Schlafzimmertür auf dem Boden – ebenso wie ein weißes, trägerloses Kleid mit knielangem, weit schwingendem Rock.
Die...
Erscheint lt. Verlag | 12.2.2025 |
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Reihe/Serie | Die Frauen von Maine |
Übersetzer | Nicole Hölsken |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Inheritance. The Lost Brides Trilogy, Book 1 |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Altes Herrenhaus • Bestsellerautorin • Braut • dunkles familiengeheimnis • eBooks • Frauenromane • Geschenk für Frauen • Haus am Meer • Hochzeit • Maine • Romane für Frauen • Unerwartetes Erbe • Weltbestsellerautorin |
ISBN-10 | 3-641-31345-7 / 3641313457 |
ISBN-13 | 978-3-641-31345-6 / 9783641313456 |
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