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Perry Rhodan Neo 335: Mondbeben (eBook)

Staffel: Primat
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5535-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Perry Rhodan Neo 335: Mondbeben -  Lucy Guth,  Michael Tinnefeld
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Im Jahr 2116: Nachdem die Menschen zahlreiche Schwierigkeiten überwunden haben, hoffen sie auf eine friedliche Zukunft. Auf der Erde und den Kolonialwelten arbeitet man vertrauensvoll an gemeinsamen Projekten, häufig zusammen mit Partnern aus anderen Sternenreichen. Aber dann erscheint ein neuer Gegner: ein mysteriöser Junge mit blauen Haaren, der Laumae heißt, sich aber auch als Primat bezeichnet. Er hat ein klares Ziel: Perry Rhodan muss sterben. Nur wenn Rhodan getötet wird, so glaubt Primat, ist es möglich, eine Katastrophe von der Milchstraße abzuwenden. Es gelingt zwar, Laumae zeitweilig festzunehmen. Er kann jedoch entkommen und taucht in einer der Kuppelstädte des Erdmonds wieder auf. Als er dort ein verheerendes Chaos anrichtet, greifen Perry Rhodan und seine Gefährten ein. Sie wollen den Amoklauf von Primat beenden - dabei geraten sie in schwere MONDBEBEN ...

2.

Die Sache mit den Gefühlen

 

Haki Robinson riss die Augen auf, als sein Privatschweber auf einer der Gleiterbahnen mitten in Selene City abrupt abbremste und zum Stehen kam. Sein Oberkörper fiel nach vorn, wurde aber von einem Prallfeld automatisch abgefedert. Der Puls des 78-jährigen Statikers raste, was er als äußerst unangenehm empfand. Und das an seinem freien Vormittag! Wieder mal wünschte sich Robinson die Zeit der reinen Vernunft zurück. Der Aphilie, wie sie gemeinhin genannt wurde, als sei sie eine Krankheit gewesen. Wieder mal verfluchte er sich sogleich dafür.

Ein schwarzer Schatten war auf die Gleiterbahn gehuscht: ein dunkelhäutiges Kind, das seinem winzigen Spielroboter nachgerannt war, der offenbar eine Fehlfunktion hatte und erratisch umhertorkelte. Momente später trat ein Erwachsener von gedrungener Statur mit ebenfalls tiefbrauner Haut auf die Gleiterbahn. Ein Lunarer? Der Mann nickte Robinson mit zusammengekniffenen Lippen zu. Sollte das ein Dankeschön sein? Es fiel Robinson schwer, Gefühle zu lesen, bei sich selbst ebenso wie bei anderen. Er war unsicher. Sollte er zurücknicken? Seine Augen füllten sich mit Feuchtigkeit. Warum passiert das?

Der Mann schnappte sich den Roboter, der immer wieder gegen die Abgrenzung zum Fußgängerbereich stieß, und schob das Kind von der Fahrbahn. Beide verschwanden im Menschenstrom der Passanten.

Mit geringer Geschwindigkeit nahm der Schweber seinen bodennahen Flug wieder auf. Robinson sah weiterhin durch einen Tränenfilm. Er wischte ihn aus den Augen, aber seine Tränendrüsen produzierten emsig Flüssigkeitsnachschub. Warum? Er fuhr sich durch die grauen Haarsträhnen und betastete seinen ebenfalls grauen, kurz gehaltenen Vollbart.

Das Bild des Manns, vermutlich der Vater, der sich um das Kind gesorgt und es von der Straße genommen hatte, ging ihm nicht aus dem Kopf. Lag es daran? Robinson selbst konnte sich kaum an seinen Vater erinnern. Er war die meiste Zeit seiner Kindheit und Jugend in einem Internat aufgewachsen und hatte seine Eltern nur selten zu Gesicht bekommen. Wenn doch, ging es meist darum, etwas zu regeln oder zu organisieren, nie um Gefühle. Die hatte er auch nicht vermisst. Warum also die verdammten Tränen?

Er lenkte seine Gedanken auf sicheres Terrain, um die Gefühle sowie die Fragen, auf die er ohnehin keine Antwort erhielt, sozusagen auszuhungern. Er dachte an die Gruppe der Mondbewohner, die sich analog den irdischen Terranern stolz als »Lunarer« bezeichneten. Diese auf dem Erdmond zum Teil schon seit Generationen dauerhaft heimischen Menschen waren durch künstliche Veränderung ihres Genoms an die im Vergleich zu Terra erheblich niedrige Schwerkraft und intensivere Sonnenstrahlung von Luna angepasst.

Lunarer waren meist eher kleiner und körperlich schwächer als durchschnittliche Erdgeborene, hatten relativ dunkle, melaninreiche Haut. Dazu kamen dichte, kräftige, ebenfalls melaningesättigte Haare, die auf zahlreichen Körperpartien wuchsen. Sie verfügten über eine gesteigerte Muskel- und Beweglichkeitskontrolle, was ihnen eine fast artistische Gewandtheit in allen Arealen von Luna ermöglichte, wo die natürliche Gravitation von nur einem Sechstel der Erdschwerkraft nicht künstlich erhöht war.

Robinsons Ablenkungsstrategie zeigte erste Wirkung. Der Tränenfluss ließ nach, war aber noch nicht gänzlich versiegt. Gut, weiter! Robinson zog Verbindungen zu den Paddlern.

Diese aus Andromeda stammenden, humanoiden Fremdwesen unterhielten oft eine gute Beziehung zu den Lunarern. Ob sie sich aufgrund der Hautfarbe verbunden fühlten? Diese Assoziation erschien Robinson interessant. Die Haut der Paddler war sogar noch dunkler als die der Lunarer, nämlich pechschwarz. Und viele Lunarer färbten sich die Haupthaare blutrot sowie trugen ihre Bärte auf eine ähnliche Art und Weise wie die Paddler. Robinson entschied, dass seine Schlussfolgerung korrekt sein müsse.

Er seufzte. Ja, die Paddler! Sie waren begnadete Techniker, Handwerker und noch vieles mehr. Wie gern hätte Robinson die Zeit zurückgedreht. Er hatte handwerkliche Tätigkeiten als Hobby für sich entdeckt, allerdings erst vor zwei Jahren. Etwas in den Händen zu halten und zu bearbeiten, beruhigte sein häufiges Gedanken- und Gefühlskarussell. Für eine Weile fand dann er so etwas wie innere Ruhe.

Wie gern würde er dieses Hobby – vielleicht war es auch seine persönliche Therapie – zum Beruf machen, aber dazu fühlte er sich zu alt. Deshalb setzte er stattdessen die Tätigkeit fort, die er schon während der Herrschaft der reinen Vernunft auf der Erde ausgeübt hatte: als Statiker bei der Stadtplanung. Nur eben mittlerweile auf Luna, in Selene City, einer der größeren Siedlungen auf der erdzugewandten Mondseite, die allesamt von komplexen Kuppelsystemen überspannt wurden.

Robinson hatte gehofft, auf Luna neu anfangen und alle belastenden Erinnerungen hinter sich lassen zu können. Erinnerungen, die indes erst mit dem Untergang des Zeitalters der reinen Vernunft belastend geworden waren. In dem komplett neuen Umfeld hatte er zudem lernen wollen, besser mit dem Wust an Gefühlen umzugehen, die ihn seit der sogenannten Heilung von der Aphilie plagten. Beides war nicht in Erfüllung gegangen.

Stattdessen hatte er nach wie vor Schwierigkeiten, mit der geringen Mondschwerkraft zurechtzukommen. Mikrogravitatoren waren leider teuer und fraßen viel Energie. Nur die wenigsten auf dem Mond lebenden Menschen und Außerirdischen konnten sich diese Geräte leisten, die in der unmittelbaren Körperumgebung die gewohnte Normgravitation ihrer Heimatwelt schufen. Es hatte lange gedauert, bis Robinson sich angewöhnt hatte, nur langsam und behutsam zu gehen sowie grundsätzlich zurückhaltend zu agieren. Ruckartige, schwungvolle Gesten, Schritte und Armbewegungen galt es zu vermeiden.

War es für andere, die von Geburt an immun gegen die Aphilie gewesen waren, eigentlich ebenso schwierig, Gefühle zu verstehen und zu verändern wie für ihn? Robinson bezweifelte es. Er ärgerte sich, dass er so viel Aufwand betreiben musste, um wieder klarsehen zu können. Und ärgerte sich über seinen Ärger. Ein ewiger Teufelskreis aus anstrengenden Gefühlen.

 

Mühsam konzentrierte er sich wieder auf seine Besorgungen. Er erreichte den Westrand von Selene City, parkte seinen Gleiter, stieg aus und ging zum lokalen Marktareal hinüber. Er tauchte ein in das dortige Getümmel von Händlern, Käufern und Neugierigen. So etwas hätte ihm in der Zeit der Vernunft keine Probleme bereitet. Er hätte lediglich sich und sein Ziel vor Augen gehabt und wäre gleichmütig durch die Menge geglitten.

Nun jedoch strömten von allen Seiten irritierende Sinneseindrücke auf ihn ein: Gelächter, Geschrei, blinkende, piepende Geräte, stechende Gerüche, Terraner, Lunarer, Paddler, die meisten zu Fuß unterwegs, einige in Elektrorollstühlen. Viele Lunabewohner, die sich keine Mikrogravitatoren leisten konnten, bewegten sich in der Niedrigschwerkraft schneller und sicherer mithilfe eines solchen Gefährts fort. Alles wuselte kreuz und quer und löste Gefühle aus. Mehrmals wurde Robinson angerempelt. Seine Hände zitterten, und er verkrampfte innerlich.

Er versuchte, seine Atmung zu kontrollieren, was ihm in schlaflosen Nächten meist half. Dann schaute er von seinem Bett aus durch die transparente Stadtkuppel gern ins All. Allerdings war dieser Himmel in den langen Mondnächten nicht schwarz, übersät mit weißen Lichtpunkten, sondern schimmerte in einem Blauton. Das lag an dem gigantischen Energieschirm, der das Solsystem umhüllte und schützte. Wenigstens war stets die zumindest teils von der Sonne beleuchtete Erde zu sehen – eine blau schimmernde Kugel auf blauschwarzem Hintergrund. Robinson nahm an, dass andere Wehmut zu dem sagten, was er dabei empfand. Es war angenehm und brachte einen gewissen inneren Trost und Frieden. Auch Erleichterung mischte sich darunter, dass Terra so weit weg war. Und somit das, was er dort getan hatte.

Er steuerte auf seinen Lieblingsstand zu. Bei dem Anblick lächelte er, das erste Mal an diesem Tag. Es war einer der seltenen Momente mit einem angenehmen Gefühl. Freude?

»Haki!«, rief der Verkäufer, als er Robinson erkannte. Momentan belagerten keine weiteren Kunden seinen kleinen Freiluftladen. »Schön, dass du vorbeischaust.« Er war etwa im selben Alter wie Robinson – und saß in einem Rollstuhl.

Robinson nickte in Richtung der Fortbewegungshilfe. »Damit habe ich ja dich noch nie gesehen, Marvin. Was nützt er dir hinterm Verkaufstresen?«

»Ah, bist du wieder im analytisch-aphilischen Verarbeitungsmodus?« Marvin zeigte auf die eigene Stirn und beschrieb mit dem Finger eine kreisende Bewegung. »Das Ding ist funkelnagelneu! Habe mir die Bauteile hierherliefern lassen und sie heute früh frisch zusammengesetzt. Das hätte kein Paddler besser hingekriegt.« Marvin strahlte über das ganze Gesicht. »Jetzt muss ich ihn natürlich testen. In dieser Sitzhöhe komme ich viel besser an die unteren Regale ran. Und er ist sehr bequem. Willst du mal Probe sitzen?«

Robinson überlegte kurz und sagte dann: »Warum eigentlich nicht?«

Beide lachten. Marvin betätigte eine Schaltung. Ein Teil des Verkaufstresens zwischen ihm und Robinson fuhr summend in die Höhe, um Marvin zu ermöglichen, samt Rollstuhl nach vorn zu kommen. Plötzlich stockte das Paneel in Brusthöhe.

Mehrere Explosionen ließen den Boden erbeben. Robinson verlor das Gleichgewicht und landete auf den Knien. Es schrillte unangenehm in den Ohren. Der Ton mischte sich mit dem Aufheulen einer Alarmsirene.

Gedämpft, wie durch Watte um seinen Kopf, vernahm Robinson ein...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2024
Reihe/Serie Perry Rhodan Neo
Verlagsort Rastatt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction
ISBN-10 3-8453-5535-2 / 3845355352
ISBN-13 978-3-8453-5535-1 / 9783845355351
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