John Sinclair 2399 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6586-2 (ISBN)
Rumänien, das Land der Vampire! Graf Dracula, der berühmteste Blutsauger aller Zeiten, hatte vor Jahrhunderten über dieses Land geherrscht!
Nach langer Zeit war auch ich wieder nach Rumänien gekommen, denn hier sollte es das Vampir-Archiv geben, in dem alle Geheimnisse der Vampire eingetragen waren.
Ich fand es - und darin auch den Namen eines zukünftigen Vampirs! Und zwar den Namen von mir, dem Geisterjäger John Sinclair!
Das Vampir-Archiv
von Jason Dark
Die Dunkelheit des Tunnels schien den Zug fressen zu wollen. Es gab zwar Licht in den Waggons, doch das brannte nicht normal, sondern flackerte.
In diesem flackernden Licht war es, als würde der weibliche Fahrgast immer wieder erscheinen und verschwinden.
Das Rattern des Zuges erklang wie eine böse Musik, und in dieses Geräusch hinein peitschte der gellende Schrei der Frau ...
Den Schrei hatten auch die zwei Männer in einem nahen Abteil gehört. Beide zuckten zusammen, dann schüttelte einer der beiden den Kopf, blieb aber angespannt auf seinem Platz sitzen.
Der zweite Mann nicht. Er stand bereits an der Tür. Und dieser Mann war ich, der Scotland-Yard-Inspektor und Londoner Geisterjäger John Sinclair.
Für mich gab es keinen Zweifel, da hatte eine Frau geschrien, und es war alles andere als ein Freudenschrei gewesen. Nein, in diesem Schrei hatten Erschrecken und Angst gelegen, und dafür musste es einen Grund geben.
Ich riss nicht nur die Abteiltür auf, ich hielt auch meine kleine, aber lichtstarke Bleistiftleuchte in der Hand, denn das Licht im Gang war mehr als schummrig und verschwand manchmal völlig.
Ich lief noch nicht los, sondern lauschte zunächst, denn ich rechnete damit, dass sich der Schrei wiederholte, doch das war nicht der Fall.
Ich dachte über den Schrei nach und kam dann zu der Überzeugung, dass er von der linken Seite hergekommen war. Genau da musste ich hin.
Ich war der einzige Fahrgast, der sich vor den Abteiltüren aufhielt. Niemand sonst ließ sich blicken. Entweder gab es kaum andere Fahrgäste, oder niemand hatte Lust, sich um den Schrei zu kümmern.
In diesem alten Zug, der noch mit Dampf angetrieben wurde, gab es nur Abteilwagen, und die wären im Museum gut aufgehoben gewesen. Nicht aber im tiefsten Rumänien. Da hatte sich nicht sehr viel verändert.
Ja, ich befand mich in Rumänien. In letzter Zeit machte ich offenbar eine kleine Weltreise. Noch vor einer Woche hatte ich es in Salzburg, Österreich, mit einem Untoten zu tun gehabt, der meine BKA-Kollegen Harry Stahl und Dagmar Hansen unter seine Kontrolle gebracht hatte. Danach waren Suko und ich in Istanbul aktiv gewesen und hatten einmal mehr gegen Liliths Vollstreckerinnen kämpfen müssen. Mehr noch, Liliths Tochter Lilitu hatte sich mit dem Dämon Prinz Stolas vermählt und dadurch ihre alte Macht zurückerlangt.
Damit hatten alle vier sogenannten Engel der Unzucht und Hurerei ihre vollständigen Kräfte zurück, und mir war klar, dass daraus eine verdammt große Gefahr für meine Freunde und mich, aber auch für die ganze Welt erwuchs ...
Jemand tippte mir auf die Schulter. Es war der andere Mann aus meinem Abteil, dessentwegen ich die Reise überhaupt machte. Er hieß Alexandru Matei und arbeitete in einem staatlichen Archiv in Bukarest. Und dort war er auf Hinweise auf ein mysteriöses Vampir-Archiv gestoßen.
Ja, ein Vampir-Archiv. Offenbar gab es in einem Kloster in der Nähe eines kleinen Ortes ein Archiv, in dem wir mehr über Vampire erfahren konnten, zum Beispiel welche Vampire existieren und welche nicht.
Dass es ein Vampir-Archiv geben sollte, war mir komplett neu. Dass dies aber wiederum in einem staatlichen Archiv der rumänischen Regierung erwähnt wurde, verwunderte mich nicht.
Der damalige kommunistische Diktator Nicolae Ceaușescu, 1989 vom eigenen Volk gestürzt und wegen zahlreicher grausamer Verbrechen exekutiert, hatte insbesondere in den 1970er-Jahren ein Faible für den berühmt-berüchtigten Vampirfürsten Dracula entwickelt, hatte in ihm einen Nationalhelden gesehen und ihn als großes Vorbild für sich selbst bezeichnet. Er hatte sogar einen nationalistischen Propagandafilm namens »Das wahre Leben des Fürsten Dracula« über ihn drehen lassen, der auch in der damaligen DDR gezeigt worden war.
Nun war also Alexandru Matei in dem staatlichen Archiv, in dem er arbeitete, auf einen Hinweis aus kommunistischen Zeiten auf dieses Vampir-Archiv gestoßen, und er hatte seine Vorgesetzten darauf aufmerksam gemacht. Die hatten in keiner Weise darauf reagiert – so hatte es zunächst den Anschein gehabt. Aber über Kanäle, von denen ich nichts wusste und nichts wissen durfte, war mein Freund Harry Stahl darauf aufmerksam gemacht worden. Der hatte lange Zeit für den deutschen Auslandsgeheimdienst gearbeitet und noch immer Connections zur internationalen »Agenten-Szene«. Jetzt gehört er zu einer Sonderabteilung des Bundeskriminalamts, die sich mit übersinnlichen Fällen beschäftigt.
Er hatte mit Alexandru Matai Kontakt aufgenommen, doch da Harrys Einsatzgebiet nun mal Deutschland ist, ich aber häufig auch international tätig bin, hatte er nach den Gesprächen mit Alexandru wiederum mich kontaktiert und mich mit Alex Matei bekannt gemacht.
Und jetzt befand ich mich mit Alexandru Matei auf dem Weg zu jenem mysteriösen Kloster, wo es dieses ominöse Vampir-Archiv angeblich geben sollte.
Wir beide hatten dafür Urlaub genommen, denn Alexandru hatte darauf bestanden, mich zu begleiten, und hatte sich das auch nicht ausreden lassen. Und ein offizieller Scotland-Yard-Einsatz war dies für mich nicht, obwohl Sir James natürlich informiert war.
Klar, ich hätte auch einfach in dem Kloster anrufen oder eine Anfrage per E-Mail schicken können ...
Nein, hätte ich nicht, denn dieses Kloster war von der Außenwelt komplett isoliert. Offenbar gab es dort keine Internet-Verbindung und nicht einmal Telefon. Also hatte ich beschlossen, dort persönlich vorstellig zu werden ...
Alexandru Matei sprach mich mit leiser Stimme an. »Haben Sie etwas gesehen?«
»Nein«, antwortete ich.
Er schluckte. »Und auch nichts mehr gehört?«
»So ist es.«
Nun legte er mir die Hand auf die Schulter. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie herausfinden wollen, wer diesen Schrei ausgestoßen hat.«
»Und ob ich das will. Ich fürchte, dass da eine Frau in Gefahr ist und Hilfe braucht.«
Matei dachte einen Moment nach. Dann meinte er: »Okay, dann halte ich hier die Stellung.«
»Ja, tun Sie das.«
Ich ging weiter nach links und passierte die Abteiltüren. Noch befanden wir uns im Tunnel, aber als ich die zweite Tür erreichte, wurde es hell.
Ich zog die Tür auf.
Das Abteil war leer.
Ich ging weiter.
Das nächste war belegt. Ein bärtiger Mann mit langem glattem Haar saß dort und hatte die Beine nicht nur ausgestreckt, sondern die Füße auf den Sitz vor sich gelegt. Er sah mich nicht, denn er hielt die Augen geschlossen und schnarchte. Offenbar schlief er so fest, dass er den Schrei gar nicht mitbekommen hatte.
Auch negativ.
Ich bewege mich auf das nächste Abteil zu, erreichte es, schaute durch das nicht eben saubere Glas in der Tür und sah den weiblichen Fahrgast.
Die Frau sah mich nicht, denn sie hatte mir den Rücken zugewandt, weil sie am Fenster stand und nach draußen schaute. Ihre Haltung war sehr angespannt.
Ich klopfte an die Tür und zog sie im nächsten Moment auf. Das wurde gehört, und die Frau schrie leise auf und wirbelte herum.
Ich machte eine beruhigende Geste mit der Hand, um meine friedlichen Absichten zu bekunden.
»Bitte, nicht erschrecken.«
Sie holte tief Luft, und es sah so aus, als wollte sie wieder schreien, doch sie blieb ruhig und schloss den Mund.
Ich stand in der offenen Tür und fragte: »Darf ich zu Ihnen kommen?«
»Ja.«
Ich war froh, dass sie meine Sprache verstand, und so trat ich über die Schwelle. Die Tür zog ich hinter mir zu.
Ich schätzte die Frau auf Mitte dreißig. Braunes, leicht gewelltes, aber auch kurz geschnittenes Haar, ein schmales Gesicht mit einem etwas zu großen Mund, und besonders fiel mir die Brille auf, die ein rotes Gestell hatte.
Ich sprach sie an. »Sie können sich vorstellen, weshalb ich zu Ihnen gekommen bin.«
»Mein Schrei?«
»So ist es.«
Sie winkte ab. »Der ist mir so rausgerutscht. Tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das haben Sie auf keinen Fall. Nur hat sich der Schrei angehört, als befinde sich jemand in Gefahr.«
Sie holte Luft, blies die Wangen auf und wirkte wie ein Mensch, der nicht weiß, was er sagen soll.
Ich half ihr. »Gab es denn keinen Grund?«
»Doch.«
»Und?«
Sie senkte den Kopf, als schäme sie sich. Dann sagte sie mit leiser Stimme: »Es war die Dunkelheit.«
Ich war etwas skeptisch. »Nur die Dunkelheit?«
»Ja, bitte, ich habe ...« Plötzlich lachte sie auf und winkte ab.
Auf mich machte sie einen nervösen Eindruck. Vielleicht war sie auch verlegen. Ich kann mich auf meine Menschenkenntnis verlassen, und die signalisierte mir zudem, dass ich die Frau nicht allein zurücklassen sollte.
Ich wollte ihr Vertrauen gewinnen und stellte mich erst mal vor. »Ich heiße John Sinclair und komme aus London.«
Sie lächelte mich an, auch wenn dieses Lächeln sehr bemüht wirkte. »Aus London, das habe ich mir gedacht. Ich konnte es hören,...
Erscheint lt. Verlag | 29.6.2024 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-6586-7 / 3751765867 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6586-2 / 9783751765862 |
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