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1365. Das Erwachen -  Gwénola Brux

1365. Das Erwachen (eBook)

Historischer Fantasy-Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
306 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-7157-5 (ISBN)
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Tauche ein in den Heldenepos im Herzen des historischen Europas und erlebe erstklassiges Kopfkino wie bei einer Netflix-Serie! Frankreich im 14. Jahrhundert: das Land ist in Aufruhr. Während die Engländer in ihrem erbarmungslosen Eroberungswahn durch das Land streifen und Vernichtung und Tod verbreiten, erblickt in der Burg de Blois ein Zwillingspaar das Licht der Welt, das dazu bestimmt ist, den Lauf der Geschichte zu verändern. Doch Edward of Woodstock, der blutrünstige schwarze Prinz, steht bereits vor den Toren der Burg und überrennt sie mit seiner unerbittlichen und schwer bewaffneten Streitmacht. Sein grausames Ziel: die Neugeborenen mit dem Schwert zu richten und ihnen ihr Geburtsrecht zu nehmen. Vom Vater verstoßen und von Druiden entführt, beginnt das Zwillingspaar seine schicksalhafte Reise in den düsteren und magischen Wäldern von Brocéliande. Doch ihre Mutter, die Herzogin Jeanne de Blois, kann den Verlust ihrer Kinder nicht kampflos hinnehmen. Zusammen mit Folkvin, dem Söldnerführer, und zwei weiteren Kriegern aus dem Norden flieht sie aus der Burg, um den Fängen des schwarzen Prinzen zu entkommen und ihre verlorenen Kinder wiederzufinden. Von Furcht und Hoffnung getrieben, vom Feind verfolgt und von spirituellen Mächten heimgesucht, kämpfen sich die Gefährten verbissen ihren Weg in die Freiheit. Während ihrer Flucht durch den englischen Widersacher entzweit, stellen sie sich am Ende ihrem unausweichlichen Schicksal und trotzen allen Gefahren, bis es einigen von ihnen gelingt, sich einen Weg aus dem von Feinden besiedelten Land zu bahnen.

Gwénola Brux hat galloromanische und iberoromanische Philologie, sowie Philosophie an der Universität Würzburg studiert. Sie lebt mit ihrer Familie in Würzburg und liebt Bücher, die Bretagne und lange Waldspaziergänge mit ihrem Hund. "1365 - Das Erwachen" war ihr erster Roman.

Der Regen umspülte die dunkle Erde.

Ein Rinnsal bahnte sich seinen Weg in die Mulde, die sie gegraben hatte. Das Wasser tropfte auf den leblosen Körper. Sie keuchte, wischte mit einer Handbewegung die salzigen Tränen aus dem alten Gesicht, welche sich mit den Regentropfen mischten. Ein stechender Schmerz umfasste ihre Brust und ihre Beine gaben nach. Sie ließ sich auf die Knie sinken und die Schaufel glitt achtlos aus ihrer Hand. Ihr Herz schmerzte, doch es war kein physischer Schmerz. Es war der beißende Schmerz einer Trauernden, die ihren treuen Gefährten zur Erde geben musste.

Mit den Händen schaufelte sie die durchweichte Erde in das Loch und langsam verschwand der Körper des Tieres. Sie war durchnässt und schmutzig und sah kaum, was sie tat, doch nun wollte sie es schnell beenden. Mühsam richtete sie sich auf und stöhnend kam sie auf die Beine, wankte einen Moment, bevor sie festen Halt fand. Sie bückte sich erneut, um die Schaufel aufzuheben und keuchend beendete sie ihr Werk, schaufelte den letzten Rest der Erde in das Grab. Langsam drehte sie sich um, ließ erneut die Schaufel fallen und ging gebückt zur Tür. Bevor sie sie öffnete, warf sie erneut einen Blick zurück, betrachtete in tiefem Schmerz das Grab des treuen und alten Hundes, sah hinüber zur Klippe, wo die tosenden Wellen des Meeres an den Felsen zerbrachen und kurz zögerte sie. Es wäre so einfach. Das Leben schien ihr zu mühsam geworden und den Wunsch, es zu beenden, verspürte sie nun umso mehr, nun, da sie dazu verdammt war, den restlichen Weg ihres Daseins allein zu bewältigen. Seufzend schloss sie einen Moment die Augen, bevor sie sich innerlich aufrichtete, den salzigen Geruch des Meeres wahrnahm und den negativen Gedanken zumindest für diesen Augenblick zur Seite schob und nun endlich öffnete sie die Tür ihrer Hütte.

Ein gellender Schrei ertönte in ihren Ohren und lauschend ließ sie den schweren Holzlöffel zurück in ihre bereits kalte Brotsuppe sinken. Seit etlichen Tagen hatte sie nichts anderes zu sich genommen, der Winter in diesem Jahr war hart und karg und es gab kaum etwas zu Essen. Sie hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, ihr hartes Brot in einem Gemisch aus Wasser und heißer Milch aufweichen zu lassen und es mit etwas von dem kostbaren Salz zu würzen, um zumindest für sich selbst den Anschein zu wahren, sie würde eine einigermaßen annehmbare Mahlzeit zu sich nehmen. Und immerhin ließ diese spärliche Kost ihr hungriges Magenknurren für einige Stunden verstummen.

Wieder ein Schrei. War es ein Wort? Etwa ihr Name? Das durchdringende Heulen des Windes verschluckte alle übrigen Geräusche und das wütende Toben des Meeres tat sein Übriges. Seit einigen Tagen herrschte ein übler Sturm über der Küste und Corentine hatte sich kaum mehr aus dem Haus getraut. Lediglich am späten Nachmittag, wenn die Flut die Ebbe ablöste und der Wind ein wenig abschwächte, lief sie zum Bach, der hinter ihrer Hütte verlief, um ihre Messingschüssel mit frischem Wasser aufzufüllen und um den Eimer, in welchem sie ihr Geschäft erledigte, in hohem Schwung über den wackeligen Gartenzaun zu gießen.

Wieder hörte sie den Schrei und diesmal war sie sich sicher, dass es sich um ihren Namen handelte. Sie ließ den Löffel vollends in die Suppe gleiten und erhob sich stöhnend von ihrer morschen Holzbank. Sie hatte Mühe, sich aufzurichten, denn die feuchte Kälte hatte sich in ihren alten Knochen eingeschlichen und lähmte ihren Körper. Corentine war alt geworden, alt und müde und manchmal wünschte sie sich nichts sehnlicher, als frühmorgens die Augen geschlossen halten zu können, um wieder und diesmal für immer in das Land der Träume zurückgleiten zu können. Denn dort fühlte sie sich am wohlsten, fühlte sich wieder jung und in der Lage, über weite Felder zu rennen und Steinküsten hinaufzuklettern. Was würde sie darum geben, sich noch einmal so fühlen zu können, doch das Alter hatte sie eingeholt, unbarmherzig und kalt hatte es sich ihren Körper gekrallt und ihn gebrechlich gemacht, so dass ihr Wille allein nun nicht mehr zählte. Auch jetzt hätte sie sich am liebsten wieder zurück auf die Bank sinken lassen, denn ihr Körper fühlte sich so steif und kalt an, dass sie glaubte, nicht einen einzigen Schritt vollbringen zu können. Doch die Neugierde siegte auch diesmal. Es war genau diese Neugierde, die ihr ein einigermaßen annehmbares Leben beschert hatte, da es sie jedes Mal zu den wundersamsten und aufregendsten Orten geführt hatte.

Und schließlich war es auch dieselbe Neugierde, die ihr immens großes Wissen über all die Heilkräuter geformt hatte, mit welchem sie sich stets ihr Überleben gesichert hatte, denn das harte und karge Leben brachte für viele Menschen Krankheiten und Gebrechen mit sich und diese Menschen suchten sie auf, um mit Hilfe der Heilkräuter ihr Leiden zu lindern. Corentine hatte stets ein Mittel parat, sei es Eibisch gegen Heiserkeit und Husten, Wachholder gegen Magengeschwüre oder zum Vertreiben bösartiger Dämonen, Schöllkraut gegen Gelbsucht oder Zahnschmerzen oder gar Alant gegen Lungenbeschwerden. Nur selten war sie ratlos gegenüber einer Krankheit und dies wussten die Menschen zu schätzen und belohnten sie stets mit etwas Essen oder Holz, so dass sie auch diesen Winter bis jetzt beinahe gut überstanden hatte. Ja, bis auf diese letzten harten Wochen, denn bei dem Wetter hatte sich kaum jemand zu ihrer Hütte vorgewagt, wohnte sie doch auf einem freien Felsplateau oberhalb der Küste, wo der Wind ungeschützt und unbarmherzig sein raues Spiel treiben konnte.

Daher trieb Corentine jetzt die Hoffnung, dass tatsächlich jemand verzweifelt genug war, ihre Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen und mit schwerem Schritt ging sie ächzend auf das einzige Fenster ihrer Hütte zu, welches sie zum Schutz vor Regen und Sturm mit einer Tierhaut vernagelt hatte, die jedoch kaum vor Kälte schützte. Vorsichtig versuchte sie, einen Blick nach draußen zu erhaschen, doch der ergiebige und unnachlässige Regen hinderte ihre Sicht und seufzend beschloss sie, die schwere Holztür zu öffnen, in der stummen Hoffnung, es möge sich lohnen. Die Aussicht auf ein Stück Speck oder ein Ei, oder womöglich gar einen Krug Bier ließ ihr bereits das Wasser im Munde zusammenlaufen und so schob sie entschlossen die Tür auf.

Die kühle Luft schlug ihr entgegen und sie kniff die Augen zusammen. Nicht nur ihre Knochen waren alt und gebrechlich geworden, auch ihre Augen hatten mittlerweile Mühe, etwas in der Ferne erkennen zu können. Durch den dichten Regen kam nun tatsächlich eine Gestalt auf sie zu und Corentine erschrak, denn, gehüllt von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Umhang konnte sie auf den ersten Blick nur eine riesige Hakennase erkennen. In dem Moment hob die Gestalt den Blick und sie blickte in eisige, blau funkelnde Augen. Die Arroganz, die in diesem Blick lag, war unverkennbar und Corentine seufzte und strich sich den Regen vom Gesicht. »Was kann ich für euch tun, edler Herr? Was treibt euch bei diesem Wetter nach draußen?«, rief sie und trat einen Schritt zurück, als der Mann noch näher an sie herantrat. Beinahe drängte er sie in ihre Hütte zurück, doch dem Anschein nach hatte er es recht eilig aus dem Regen zu kommen. Tatsächlich schob er sich nun hastig an ihr vorbei und betrat ihre Hütte. Corentine unterdrückte ihre Wut ob der Dreistigkeit dieser Person und drehte sich zu ihm um. Der Mann schlug die Kapuze seines Umhangs zurück und blickte sie aufmerksam an. Sein Gesicht war spitz und kantig und sein gesamtes Äußeres wirkte etwas hager. Sein leicht mürrischer Gesichtsausdruck verärgerte sie und schnaubend schloss sie die Tür.

»Corentine? Corentine Gueguén? Bist du das?«, brummte der Mann mit tiefer und ausdrucksloser Stimme.

Corentine nickt stumm. »Wie kann ich euch helfen?«, sagte sie schließlich. Mit einer weit ausholenden Bewegung ließ der Mann den Arm durch den Raum gleiten.

»Pack alles ein, was du zur Geburtshilfe brauchst und begleite mich aufs Schloss. Die Herrin De Blois liegt in den Wehen.«, sagte er knapp und blickte sie ungeduldig an.

Der Raum veränderte sich, die Luft schwirrte und Corentine schloss für einen Moment die Augen und versuchte, gegen die aufkommende Übelkeit anzukämpfen. Der Säugling lag blutverschmiert in ihren Armen, sein Kopf fiel schlaff nach hinten und sie hatte sofort gewusst, ja bereits lange vorher geahnt, dass diesem Kind das Leben nicht beschert sein würde. Kraftlos streckte die erschöpfte Mutter die Arme nach ihm aus und forderte ihr Baby, doch Corentine schüttelte nur stumm den Kopf und ging vorsichtig einen Schritt auf sie zu. »Es tut mir leid. Dein Baby ist tot.«, sagte sie so sanft, wie es ihre innere Aufruhr erlaubte, wohl wissend, dass diese Worte die Frau in eine tiefe Verzweiflung und innere Ohnmacht stürzen würde. Sie nahm den blutigen Leichnam und umhüllte ihn in ein weißes Leinentuch.

»He!...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7597-7157-2 / 3759771572
ISBN-13 978-3-7597-7157-5 / 9783759771575
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