G. F. Unger Western-Bestseller 2670 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6596-1 (ISBN)
Dass Fort Benton ein ziemlich mieser und ruhiger Ort war, kümmerte mich nicht besonders. Denn es gab Dolly Boston hier. Sie war die Besitzerin von Dolly's Saloon und gebot über zwei Dutzend Mädchen und ein Dutzend Barkeeper, Bankhalter und Hauspolizisten. Von Dolly konnte ich alles haben, jawohl, alles. Wenn ich gewollt hätte, wäre ich in Dolly's Saloon der Prinzgemahl gewesen. Aber das wollte ich nicht. Mir genügten Dollys Wärme und Zärtlichkeiten. Sie war eine Frau, die einem Mann das Paradies bereiten konnte, wenn sie ihn liebte. Und mich liebte sie, da gab es keinen Zweifel.
Es war am frühen Mittag, als ich nach einer langen Nacht erwachte. Dolly lag noch in meinem Arm, so wie sie eingeschlafen war. Sie lächelte im Schlaf. Ich wollte sie auf die Nasenspitze küssen, doch das hätte sie wahrscheinlich geweckt, und so ließ ich es bleiben und sah zum Fenster. Von dort kam nicht viel Heiligkeit herein, obwohl es schon fast Mittag war. Es war auch merkwürdig still, sehr viel stiller als sonst um diese Tageszeit in Fort Benton.
Unwillkürlich seufzte ich. Denn meine Zeit des Faulenzens war vorbei. Gleich darauf klopfte es auch schon leise an der Tür ...
Blizzard-Kämpfer
Dass Fort Benton ein ziemlich mieser und ruhiger Ort war, kümmerte mich nicht besonders. Denn es gab Dolly Boston hier. Sie war die Besitzerin von Dolly's Saloon und gebot über zwei Dutzend Mädchen und ein Dutzend Barkeeper, Bankhalter und Hauspolizisten. Von Dolly konnte ich alles haben, jawohl, alles. Wenn ich gewollt hätte, wäre ich in Dolly's Saloon der Prinzgemahl gewesen. Aber das wollte ich nicht. Mir genügten Dollys Wärme und Zärtlichkeiten. Sie war eine Frau, die einem Mann das Paradies bereiten konnte, wenn sie ihn liebte. Und mich liebte sie, da gab es keinen Zweifel.
Es war am frühen Mittag, als ich nach einer langen Nacht erwachte. Dolly lag noch in meinem Arm, so wie sie eingeschlafen war. Sie lächelte im Schlaf. Ich wollte sie auf die Nasenspitze küssen, doch das hätte sie wahrscheinlich geweckt, und so ließ ich es bleiben und sah zum Fenster. Von dort kam nicht viel Heiligkeit herein, obwohl es schon fast Mittag war. Es war auch merkwürdig still, sehr viel stiller als sonst um diese Tageszeit in Fort Benton.
Unwillkürlich seufzte ich. Denn meine Zeit des Faulenzens war vorbei. Gleich darauf klopfte es auch schon leise an der Tür ...
Als ich mich erhob, rollte sich Dolly auf die andere Seite und ließ ein leises, katzenhaftes Schnurren hören. Sie schlief also immer noch fest. Und das war mir recht.
Als ich die Tür einen Spalt öffnete, stand der alte Jake draußen. Und er sagte: »Du sollst sofort zu Kip Williams kommen. Er sagt, dass es eilig ist.«
»Ich weiß«, flüsterte ich zurück, machte die Tür wieder zu und fluchte leise.
Dolly hörte plötzlich mit dem Schnurren auf und saß mit einem Ruck aufrecht, hielt sich die Bettdecke bis unter das Kinn. Denn es war kalt im Zimmer. Und sie war unter der Bettdecke nackt.
»He, warum schleichst du dich weg wie ein Wolf, der im Stall ein Huhn fraß?«
So fragte sie geradeheraus. Das war ihre Art.
Ich ging zu ihr hin, setzte mich auf den Bettrand, zog jedoch erst meine Stiefel an. Dann aber nahm ich sie noch einmal in meine Arme. Und nachdem ich sie geküsst hatte, sagte ich: »Ich muss fort, mein Engel. Ein Blizzard kommt. Und du weißt, warum ich im Blizzard fort muss. Du allein weißt es außer mir und Kip Williams.«
Sie ließ ein zorniges Fauchen hören.
»Oh, du Blizzard-Kämpfer«, sagte sie. »Du blauäugiger Narr. Die ganze Welt verkriecht sich vor einem Blizzard. Jedes Lebewesen bringt sich in Sicherheit. Doch du wartest auf einen Blizzard, um hunderttausend Dollar nach Last Chance City zu bringen. Du glaubst, dass sich auch die Banditen verkriechen und die wenigen Wege und Pfade nicht bewachen werden. Du glaubst, dass ein Blizzard weniger schlimm ist als Banditen. Was macht es für einen Unterschied, ob sie dich wegen des Geldes erschießen oder ob du im Blizzard umkommst? Tot ist tot – oder?«
Ich grinste.
»Ich komme in keinem Blizzard um«, sagte ich. »Die Indianer, bei denen ich aufwuchs, bevor ich in die Missionsschule kam, lehrten mich, einen Blizzard zu besiegen. Und sie gaben mir einst den Namen Blizzard-Kämpfer. Mach dir also keine Sorgen, Dolly, mein Engel.«
Ich erhob mich, ohne sie noch einmal in meine Arme zu nehmen.
Sie schwieg, bis ich an der Tür war.
»Komm wieder«, sagte sie dann. »Verdammt, ich werde Tag und Nacht an dich denken müssen. Jeder andere Bursche würde bei mir bleiben und das Leben genießen. Aber du willst in die Hölle eines Blizzards hinaus. Steve, das ist es, was dich von anderen Männern unterscheidet. Das ist es! Und deshalb liebe ich dich. Verdammt, du bist einer wie sonst keiner von zehntausend Kerlen. Hau ab!«
Sie war zuletzt nicht etwa zornig, als sie »Hau ab!« sagte – o nein. Sie wollte nur nicht, dass ich sie weinen sah. Und sie wollte auch nicht darum betteln, dass ich blieb. Sie war nämlich sehr stolz, diese Dolly Boston.
Ich verließ das Zimmer.
Und es kostete mich wirklich eine Menge Energie, nicht umzukehren und wieder in Dollys Luxusbett zu steigen. Denn was auf mich wartete, wusste ich genau.
Als ich den Saloon verließ und die Uferstraße entlang zur Postagentur ging, da spürte ich schon den Eishauch des Blizzards. Doch vorerst war es nur ein Hauch. Ich wusste, dass aus diesem Hauch ein orgelndes Brüllen werden würde, ein fauchendes Toben, so als wären alle Untiefen der Unterwelt herausgekommen aus der Hölle.
Ich zog meinen Kopf ein, denn ich war nicht zweckmäßig gekleidet.
Als ich in das Office des Postagenten Kip Williams trat, legte dieser soeben einige Scheite Holz in den Ofen. Über die Schulter hinweg sah er dann zu mir her und sagte lässig: »Hallo, Steve McCallum, ich hätte nicht gedacht, dass jemand Sie aus Dollys Bett herausholen könnte.«
»Lassen Sie nur Dolly aus dem Spiel«, sagte ich grob.
Er nickte auch sofort und murmelte: »Pardon. Sie haben Recht, McCallum. Es geht mich nichts an. Und schließlich verdienen Sie meinen ganzen Respekt. Na gut! Der Blizzard kommt. Und Sie müssen los. So lautet unser Vertrag, auf den Sie einen Vorschuss erhielten, weil Ihr indianischer Name Blizzard-Kämpfer ist.«
Ich grinste.
»Und was ist, wenn ich mit den hunderttausend Dollar auf Nimmerwiedersehen abhaue, anstatt sie zum Agenten der Post- und Frachtlinie in Last Chance City zu bringen?«
Er kam vom Ofen zu mir herüber und hielt vor mir an. Er war stark und knochig wie ein Maultier, und er hatte sich vom Maultiertreiber hochgearbeitet zum Agenten der Post- und Frachtlinie von Fort Benton.
Von hier gingen ein halbes Dutzend Routen zu den Goldfeldern nach Helena, nach Blackfoot und Diamond City, auch nach Deer Lodge, Bozeman, Virginia City, Gallatin und Livingston. Es gab noch mehr Camps, zu denen diese Station hier an der Schiffslandestelle von Fort Benton Verbindung hielt. Er war also ein wichtiger Agent geworden, ein Mann mit einiger Macht, der eine kleine Privatarmee anwerben durfte, wenn dies die Interessen der Post- und Frachtlinie erforderlich machten.
Denn die US-Armee hatte hier nichts zu sagen, gar nichts. Das Land war laut Friedensvertrag den Indianern garantiert worden.
Eigentlich hielten sich alle Weißen widerrechtlich hier auf. Und es waren nun schon Zehntausende.
Das Gold hatte sie hergelockt, und sie pfiffen auf die Verträge mit den Indianern.
Kip Williams sah mich aus nächster Nähe an. Sein flintsteinharter Blick traf prüfend meine Augen. Dann grinste er wie ich und sagte: »Das machst du nicht. Du haust nicht mit hunderttausend Dollar ab, die ich dir anvertraue. Da sind sie!«
Er deutete auf zwei Segeltuchbeutel, in denen sonst Briefe und kleine Päckchen befördert wurden.
Ich zögerte noch. Aber ich hatte Vorschuss bekommen, weil ich beim Poker aus dem Spiel geblufft werden sollte. Mit vier Damen wollte ich nämlich nicht wegen Geldmangels aussteigen. Der Postagent gehörte zu den Zuschauern. Und er bot mir Geld an. Ich nahm es, bot weiter mit, blieb im Spiel – und hatte dann mit meinen vier Damen gegen einen Royal Flush keine Chance. Ich verlor alles und gehörte gewissermaßen dem Agenten, als hätte ich meine Seele dem Teufel verkauft.
Er wusste, dass ich jetzt so dachte. Und deshalb grinste er wie ein Maultier, das seine Zähne und das Weiße seiner Augen zeigt.
Ich nahm die beiden Geldsäcke und ging zur Hintertür. Als er mich hinausließ, begann der Blizzard zu fauchen.
Ich brauchte etwa fünf Minuten bis zu Blue Crows Hütte, denn ich rannte so schnell ich konnte durch den Schnee- und Eishagel, wurde fürchterlich verprügelt und erfror fast in meiner dünnen Kleidung.
Blue Crow wusste, dass ich beim Einsetzen eines Blizzard kommen würde. Er hatte alles bereit.
Als er mich in seine Hütte ließ, sagte er kehlig: »How, Blizzard-Kämpfer, ich habe auf dich gewartet und halte alles bereit.«
Ich knurrte nur und wärmte mich an seinem Ofen erst wieder auf. Die beiden Geldsäcke lagen achtlos am Boden.
Draußen fauchte und orgelte der Blizzard nun mit aller Wucht.
Wir gingen von Blue Crows Hütte in den Stall hinüber. Er war an die Hütte angebaut. Wir brauchten nicht ins Freie dazu.
Im Halbdunkel sah ich die Hunde, hörte sie knurren oder winseln. Sie waren voller Unruhe, so als ahnten sie, was kommen würde. Sie wollten genauso wenig in den Blizzard hinaus wie ich.
Blue Crow sagte: »Du kennst sie ja inzwischen alle gut genug. Und sie kennen dich. Du weißt, dass du dich auf sie verlassen kannst. Hoffentlich gilt das auch umgekehrt.«
Ich nickte und trat zwischen die Hunde.
Es waren sieben Tiere mit dickem Fell, sogenannte »Huskies«, wie sie weiter oben im Norden – also drüben in Kanada und Alaska – als Schlittenhunde gezüchtet wurden. Sie waren so groß wie Wölfe, und eigentlich unterschieden sie sich auch in ihrer Gefährlichkeit nicht von Wölfen.
Falls man ihnen nicht gründlich klarmachte, dass man der Boss war, dann konnte es sein, dass sie einem irgendwann einmal an die Kehle sprangen, wenn man zu viel von ihnen verlangte oder sie hungern ließ in einem Blizzard.
Es war...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2024 |
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Reihe/Serie | Western-Bestseller |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-6596-4 / 3751765964 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6596-1 / 9783751765961 |
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