Das Sternbild des Alchemisten (eBook)
468 Seiten
Sternensand Verlag
978-3-03896-310-3 (ISBN)
Katja Segin, Jahrgang 1980, liebt Geheimnisse aller Art. Besonders gern verfasst sie deswegen geheimnisvoll-dramatische Fantasy- und Familiengeschichten mit einem historischen Hintergrund. Dafür durchforstet sie regelmäßig Geschichtsbücher und alte Fotoalben und sucht nach Inspiration. Privat lebt sie ganz ohne Drama mit ihrem Mann und zwei Schildkröten in der Altstadt von Paderborn.
Katja Segin, Jahrgang 1980, liebt Geheimnisse aller Art. Besonders gern verfasst sie deswegen geheimnisvoll-dramatische Fantasy- und Familiengeschichten mit einem historischen Hintergrund. Dafür durchforstet sie regelmäßig Geschichtsbücher und alte Fotoalben und sucht nach Inspiration. Privat lebt sie ganz ohne Drama mit ihrem Mann und zwei Schildkröten in der Altstadt von Paderborn.
Kapitel 1
Leia
Deutschland, 2021 – Gegenwart
»Du bist ein Arsch, Mick.« Gähnend ließ sich Leia am Küchentisch nieder und strich die dunkelblonden Locken zurück, die schon wieder nachdrücklich damit drohten, ihr in die Augen zu fallen.
Der Tisch wackelte, als sie dagegen stieß, und der Stuhl knarrte unter ihrem Gewicht. In dieser Wohnung war wirklich alles schrottreif, und sie selbst ganz vorn mit dabei. Wie so oft checkte sie ihren Körper auf Symptome, doch sie fühlte nichts, was sich nicht durch die vergangene Nacht erklären ließ.
»Ich bin was?«, erklang es aus dem Bad.
Das konnte sie gut orten, denn seine Stimme hallte von den hässlichen hellblauen Wandfliesen wider, die so gar nicht zu dem Boden mit Schachbrettmuster passten.
Dann erklangen seine Schritte im Flur.
»Du hast es garantiert richtig verstanden«, sagte sie und verkniff sich ein Grinsen. Sie hatte schließlich laut genug gesprochen, und das Bad war nicht weit entfernt in ihrer winzigen Zweizimmerwohnung. »Was sollte der Lärm so früh?«, fügte sie etwas versöhnlicher hinzu und sah ihrem Mitbewohner entgegen, der in diesem Moment die kleine Küche betrat.
Er sah viel weniger verschlafen aus, als sie sich fühlte. Aber er wirkte ohnehin stets jünger und frischer. Glatte Haut, glänzendes, schulterlanges Haar und minimaler Bartwuchs sorgten dafür, dass er optisch nicht zu altern schien, seit sie vor sieben Jahren die Schule gemeinsam hinter sich gebracht hatten. Wer ihn nicht kannte, würde ihn immer noch auf achtzehn schätzen.
Sie dagegen fühlte sich wie einundachtzig. Es war einfach ungerecht.
»Früh?« Mick warf sich auf den zweiten Stuhl und legte ein paar Blatt Papier vor sich. »Wir haben Mittag. Warum kommst du nicht mal direkt nach der Arbeit nach Hause und schläfst, anstatt dich noch stundenlang irgendwo herumzutreiben? Das Sappho war schon um zwei dicht.« Er grinste sie herausfordernd an und sah dadurch noch mehr wie der Junge aus, mit dem sie schon früher als Kind Räuberbande gespielt hatte.
Das war stets ein Zeichen dafür, dass er etwas ausheckte.
»Und?« Herausfordern konnte sie genauso gut wie er.
Er streckte sich genüsslich. »Und du warst erst kurz vor fünf hier.«
»Spionierst du mir nach?« Sollte sie davon genervt sein oder eher gerührt, dass er sich so um sie sorgte?
Sie entschied sich für genervt, denn mit dieser Empfindung war sie schon seit jeher besser klargekommen. Rührung bewegte sich viel zu nah an Trauer.
Er schüttelte den Kopf. »Quatsch. Ich wollte mit Hanne noch was bei dir trinken. Deshalb weiß ich das.«
Jetzt war sie wirklich genervt. Dass er sich mit der braven Hanne herumtrieb, gefiel ihr nicht. Die passte einfach nicht in ihr gemeinsames Leben, dafür war sie zu neugierig, zu aufdringlich und redete zu viel. Doch bei Mick hatten Frauenbekanntschaften ohnehin keine lange Halbwertszeit. Sie würde es einfach aussitzen.
Also sollte sie lieber diplomatisch antworten. »Du warst um fünf ja auch noch wach, sonst hättest du mich wohl kaum gehört. Ich war still wie ein E-Roller.« Sie scannte die Umgebung nach Kaffee ab, die Maschine war aber aus, die Kanne leer.
»Eher wie ein Kettenbagger Außerdem war das kein Lärm vorhin. Es war der Drucker. Im Gegensatz zu dir hab ich nämlich schon gearbeitet.«
Müde rieb sie sich die Stirn. »Ohne Kaffee?«
Manchmal hatte sie das Gefühl, Mick schlief überhaupt nicht. Oder wie Einstein, immer nur zwei Stunden am Stück. Das war doch Einstein gewesen, der das so gemacht hatte? Oder war es Steve Jobs?
Er seufzte und seine braunen Augen ruhten für zwei Atemzüge auf ihrem Gesicht. »Wenn ich dir Kaffee mache, hörst du mir dann zu?«
Sie beugte sich vor, legte den Kopf auf die Tischplatte und schloss die Augen. »Vielleicht.«
Mick stand auf, der Stuhl scharrte über den Boden. »Na, hoffentlich hat sich die Nacht gelohnt.«
Sie erinnerte sich an weiche Haut, einen duftenden Hals und schwarze Locken, die sie kitzelten, und grunzte zustimmend.
Während das Wasser aus der Filterkanne in den Behälter der Maschine plätscherte, sagte er: »Du solltest vorsichtig sein. Irgendwann gerätst du mal an den Falschen.«
Sie öffnete die Augen wieder.
Er drehte ihr den schmalen Rücken zu, allerdings kannte sie seinen Gesichtsausdruck, wenn er so etwas sagte: gerunzelte Stirn und zusammengezogene Brauen.
Diese Vorstellung sorgte dafür, dass auch sie die Stirn runzelte. »Ich kann dich beruhigen. Sie war mir körperlich absolut unterlegen. Ich stehe nicht auf Schmerzen, wie du weißt.« Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie das Wort »Schmerzen« aussprach.
Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und griff nach dem Kaffeepulver. »Oder du fängst dir was ein.«
Leia richtete sich auf und schob eine Strähne zurück. »Ja. HIV. Oder Hepatitis. Ach, wär das schön, in dreißig Jahren an Aids draufzugehen. Was würde ich nicht dafür geben.«
Er hasste es, wenn sie so redete, doch sie konnte nicht anders. Sollte er halt nicht immer wieder mit der gleichen Leier kommen.
Die Kaffeemaschine gurgelte los.
Mick setzte sich und starrte schweigend auf die Tischplatte. Die Falte über seiner Nase bildete ein V, dessen Spitze direkt auf seine zusammengepressten Lippen zeigte.
Alles in ihr zog sich zusammen, wenn sie ihn so sah. Verdammter Mist, warum konnte sie nicht ihre Klappe halten? Er machte sich ja nur Sorgen … Manchmal hatte sie das Gefühl, für ihn war ihre Diagnose schlimmer als für sie selbst.
Ihre Stimme klang brüchig in ihren Ohren, als sie erneut das Wort ergriff. »Mick? Tut mir leid. Du hast recht.«
»Ja.« Er räusperte sich, und hob seinen Blick. »Hab ich. Die machen so große Fortschritte in der Forschung. Erst neulich hab ich was über eine Huntington-Studie gelesen, für die sie Probanden suchen, bei denen noch keine Symptome aufgetreten …«
»Nein, danke«, fiel sie ihm ins Wort. »Dafür hab ich in diesem Leben nicht mehr genug Zeit.« Sie versuchte, den Kloß herunterzuschlucken, der sich in ihrer Kehle festsetzen wollte und ihr beinahe die Luft zum Atmen raubte.
Das V auf Micks Stirn wurde eine Spur spitzer. »Verdammt, Leia. Bei anderen Erkrankungen, wie Mukoviszidose oder so, verlängert sich auch ständig die durchschnittliche Lebenserwartung. Ich verstehe nicht, wie du einfach aufgeben kannst.«
Nein, das verstand er nicht. Vermutlich konnte das nur jemand verstehen, der sich in einer ähnlichen Situation befand. Dass es nämlich befreiend sein konnte, wenn man wusste, woran man sterben würde, und wann ungefähr … und wie dieses Wissen einem die Angst vor allem anderen nahm.
»Ich will einfach nur mein Leben solange genießen, wie es geht«, presste sie durch zusammengebissene Zähne.
Er seufzte. »Ja. Ich weiß.«
»Ohne dauernd daran erinnert zu werden.« Sie sprach so ruhig sie konnte, auch wenn es in ihr alles andere als ruhig zuging.
»Schon klar.« Seine Stimme wurde mit jedem Wort leiser.
»Also, was hast du für mich?«
Er straffte sich, vermutlich selbst froh über den Themenwechsel. »Einen neuen Auftrag. Die Mail kam heute Nacht. Soll am Dreiundzwanzigsten steigen.«
Leia unterdrückte ein Stöhnen. »Was? Morgen? Auf keinen Fall.«
»Nein, nicht morgen.«
»Ach, nächsten Monat erst?«
Das war gut. Sie konnten einen Job brauchen, in ihrer Kasse war Ebbe. Kellnern brachte bei weitem nicht genug ein, um den Lebensstil zu pflegen, den sie sich vorstellte … oder überhaupt irgendeinen Lebensstil. Micks Webdesign genauso wenig. Kein Job tat das, um ehrlich zu sein.
»Übermorgen. Der Dreiundzwanzigste ist übermorgen.«
Mist. »Auf keinen Fall.«
Ihr Kumpel hob den Zeigefinger. »Hör dir erst mal an, was …«
Sie schüttelte den Kopf. »Muss ich mir nicht anhören, Mick. Das ist viel zu wenig Zeit für die Vorbereitung.«
Er nickte, als könnte er dadurch ihr Kopfschütteln aufheben. »Ich wusste, dass du das sagen würdest. Aber …«
»Kein Aber. Ich hab gar keine Zeit, das auszukundschaften. Die Gewohnheiten des Bewohners oder Inhabers oder um was auch immer es geht.« Ihr entfuhr ein Seufzen. »Und wann soll ich den Bauplan besorgen?«
Mick schob ihr eines der Blätter zu, eine gefaltete DIN A3 Seite. Sie entfaltete das Papier. Es zeigte den Grundriss eines Hauses, Keller, Erdgeschoss und erster Stock.
»Aha. Trotzdem. Da gehört noch ein bisschen mehr zu, das weißt du.« Es stimmte, was sie sagte, auch wenn in ihrem Bauch bereits dieses fiese Kribbeln eingesetzt hatte, das sie immer dann befiel, wenn es auf einen Job zuging.
Mick schien das zu spüren. »Der Bewohner ist jeden Mittwoch in irgend so einem Club. Keine Disko oder Strip-Bude, ein echter Gentlemen’s-Club, Rotarier oder so. Geht um neun und kommt...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2024 |
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Verlagsort | Hirzel |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Abenteuer • Magie • Mythen • Sterne • Urban Fantasy • Verschwörung |
ISBN-10 | 3-03896-310-0 / 3038963100 |
ISBN-13 | 978-3-03896-310-3 / 9783038963103 |
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