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Zwiebel - Kind (eBook)

Die Reise beginnt - Eine psychologische Autobiografie
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3885-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwiebel - Kind -  Andrea Urleben
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Von der Dunkelheit ins Licht: Eine bewegende Autobiografie über Missbrauch, Einsamkeit und den Weg zur Selbstliebe. Hättest du mich doch mehr geschlagen, dann hätte ich dich wenigstens gespürt. Ich lebte das Leben von anderen - nur nicht mein eigenes. Ich könnte kotzen. Vor allem mental schreit meine kranke Seele ganz ungeniert. Lieb war gestern. Emotionaler und sexueller Missbrauch, Vernachlässigung, Angst, Beleidigungen, Diebstahl, Einsamkeit, vom Opfer zur Täterin zu werden, Schweigen - all das war beängstigend, aber völlig normaler Alltag.  Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass ich Auszüge aus meinem Tagebuch veröffentlichen würde, hätte ich die Person wohl für verrückt erklärt. War es doch meine persönliche Lebensgeschichte, die niemandem etwas anging. Warum auch? Was sollte es bringen, mich zu öffnen, und was hatte meine Kindheit schon mit meiner Gegenwart und Zukunft zu tun? Aus Verschwiegenheit wurde irgendwann Angst. Meine Mutter hätte mich zu ihren Lebzeiten für dieses Buch und meine Ehrlichkeit wohl gehasst und zum Teufel gejagt. Sie musste erst sterben, damit ich mich frei fühlen und dieses Tagebuch schreiben konnte, das für mich die versöhnlichste Liebeserklärung ist, die ich ihr und mir selbst je geschrieben habe. Ehrlich, so offen wie noch nie, wütend, verletzt, hassend, entschuldigend, verständnisvoll, traurig, fragend. Liebend. Das Buch 'Zwiebel - Kind' macht Mut, sich zu öffnen und zu hinterfragen.

Die 54jährige Autorin Andrea Urleben aus Sachsen wächst in der DDR auf und lebt in einer kinderreichen Familie, deren Zuhause aus ihrer Sicht chaotisch und nicht schön ist. Nach der Schulzeit erlernt sie ihren Traumberuf und arbeitet mit Tieren. Die Mutter zweier Kinder erfüllte sich nach der Wende ihren zweiten Berufswunsch und arbeitet seitdem als freie Autorin für verschiedene Medien. Mit der Veröffentlichung ihrer Tagebuchauszüge erfährt sie Befreiung und Heilung gleichermaßen.

Zwiebel – Kind, meine Reise beginnt:


Ein sehr kalter Dezembertag im Jahre 1969 Der Tag meiner Geburt. Meine Mutter formulierte das Ereignis mir gegenüber später so: „Ich wollte dich nicht haben, bin aber froh, dass ich dich habe.“

***

Erinnerungen aus meiner frühen Kindheit

Wir lebten in einer ostdeutschen Stadt in der DDR. Meine Eltern arbeiteten beide in einer Fabrik und hatten sich gemeinsam für das Drei-Schicht-System entschieden. Deshalb war ich größtenteils in einer Wochenkrippe untergebracht, in der die Kinder auch die Nächte verbrachten. Auf dem Weg in die Einrichtung weinte ich immer heftig und sehr laut. Das sei peinlich gewesen, berichtete mir meine Mutter später. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mir in der Krippe das Kämmen meiner dicken, langen Haare sehr weh getan hatte.

***

Eines Tages erhielt meine Mutter einen Anruf aus der Wochenkrippe. Sie müsse schnell kommen. Die Erzieherinnen meinten, ich hätte Läuse und meine Haare müssten sofort abgeschnitten werden. Die Friseurin fand jedoch keine einzige Laus. Ich bekam trotzdem einen Kurzhaarschnitt. Vor allem wegen der Erzieherinnen, die nun weniger Arbeit mit meiner Haarpflege hatten, erklärte mir meine Mutter.

***

Im späteren Kindesalter durfte ich endlich wieder für immer zu Hause sein. Darüber war ich sehr glücklich. Es war auch nicht schlimm für mich, frühmorgens kurz nach 5 Uhr allein in den Kindergarten zu laufen, weil meine Eltern um diese Uhrzeit zur Arbeit gingen. Die Einrichtung war nicht weit entfernt. Noch heute habe ich ihren Satz im Ohr: Du musst sehr langsam zum Kindergarten laufen und dir viel Zeit lassen! Ich bin auf Bordsteinkanten balanciert, durch Pfützen gesprungen, habe kleine Tiere beobachtet und Blumen gepflückt. Dennoch musste ich oft lange vor der Eingangstür warten, bevor die erste Erzieherin kam. Ich empfand das als völlig normal.

***

Ich habe sehr lange in einem viel zu kleinen Gitterbett geschlafen. Irgendwann passte ich auch in gekrümmter Haltung nicht mehr hinein. Meine Eltern konnten für mich ein größeres Bett organisieren.

***

Meine Eltern und ich besuchten eine Schwimmhalle, um an einem Sportfest mit ihren Arbeitskollegen teilzunehmen. Meine Mutter hockte mit mir am Beckenrand. Ich sah auf die Wasseroberfläche, spürte keine Angst und wollte baden. „Ich möchte ins Wasser springen“, sagte ich sehr selbstsicher. Ich konnte noch nicht schwimmen und trug keine Schwimmhilfen am Körper. Meine Mutter ließ mich ohne Weiteres ins Wasser springen. Ich tauchte unter, schluckte Wasser und hatte Todesangst. Sie saß am Beckenrand und tat einfach gar nichts. Vielleicht war sie auch geschockt. Sie konnte nicht schwimmen. Ein fremder Mann kam mir zu Hilfe und zog mich aus dem Wasser.

***

Im Alter von etwa fünf oder sechs Jahren spielte ich vor unserem Haus, als plötzlich ein dunkel gekleideter Mann auf mich zukam und mir anbot, ihn zu begleiten. „Ich habe auch Bonbons für dich“, meinte er lächelnd. Ich freute mich auf die Süßigkeiten. Meine Schwester, die ein paar Jahre älter ist als ich, hatte das Geschehen beobachtet und meinte: „Nein, wir gehen jetzt lieber nach Hause!“ Als ich meiner Mutter wenig später von dem Vorfall erzählte, kam keinerlei Reaktion von ihr.

***

Eines Tages suchte ich etwas in unserem Keller und fand eine Tüte mit Haaren darin. Ich fand das seltsam und fragte meine Mutter, was das sei. Mein Vater hatte meine semmelblonden langen Haare fein säuberlich in einer Tüte aufgehoben, die mir wegen der Wochenkrippe abgeschnitten worden waren. Irgendwann sagte er sehr liebevoll zu mir: „Du bist ab jetzt meine kleine Zwiebel.“

***

Im Kindergartenalter wollte ich meinen Eltern zu Weihnachten eine Freude machen. Ich hatte Kochlöffel bemalt und in meinem Kleiderschrank versteckt. Eines Tages kam meine Mutter, so wie immer, unangemeldet in mein Zimmer gestürmt und fing an, meine Schränke zu durchwühlen. Einfach so. Ich hatte nichts zu verbergen, aber Sorge, dass sie die Weihnachtsgeschenke finden würde. Dann wäre die Überraschung für meine Eltern dahin gewesen. Ich sage zu ihr: „Bitte nicht, da liegen eure Weihnachtsgeschenke!“

Sie hörte mir nicht zu, fand die Kochlöffel, warf sie unsanft zur Seite und wühlte in meinen Sachen weiter, um dann später unverrichteter Dinge und ohne ein Wort rauszugehen.

***

Meine Freizeit verbrachte ich oft draußen. Eines Abends wollten wir als Familie zu einem Fest in der Stadt gehen. Meine Mutter mahnte mich deshalb, pünktlich zu Hause zu sein. Ich freute mich sehr auf den Abend. Zum Abschluss des Nachmittags vergaß ich beim Blumenpflücken die Zeit. Ich wollte meiner Mutter eine Freude machen. Da stand ich nun mit dem bunten Strauß in der Hand vor ihr und wurde heftig ausgeschimpft, weil ich zu spät nach Hause gekommen war. Meine Mutter meinte zornig zu mir, dass sie nun allein zu dem Fest gehen würden und ich allein zu Hause bleiben müsse. Mir war bewusst, dass ich einen Fehler begangen hatte. Ich bat weinend um Entschuldigung und bettelte förmlich darum, dass sie mich nicht allein zurücklassen sollten. Doch meine Mutter blieb hart, ignorierte mich und ließ mich lange Zeit in dem Glauben, dass ich allein zu Hause bleiben müsse. Wie der Tag ausging, weiß ich nicht mehr.

***

Zum Abendbrot gab es zu Hause Mischpilze. Ich war die Einzige, die nur eine bestimmte Sorte gegessen hatte. Im Fernsehen sah ich wenig später ähnliche Pilze, die als sehr giftig beschrieben wurden. Ich dachte, diese Pilze gegessen zu haben, und machte mir große Sorgen. Ich weinte still in mich hinein und hatte Angst, sterben zu müssen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und sagte mit tränenerstickter Stimme zu meiner Mutter, dass ich bestimmt diese giftigen Pilze gegessen habe. Sie ließ mich weinend und verzweifelt auf der Couch sitzen, ohne mir eine Erklärung zu geben.

***

Es war ein Tag, an dem ich nicht in den Kindergarten musste. Am Morgen wachte ich auf und hörte plötzlich Geräusche in der Wohnung. Wie so oft war ich allein zu Hause und hatte Angst. Ich ging zur Kinderzimmertür, um durch das Schlüsselloch zu schauen. Ich konnte nichts entdecken. Ich ging schnell wieder in mein Bett, wollte mich aber nicht verstecken, weil ich sonst nicht gesehen hätte, was um mich herum passierte. Ich wartete in meinem Bett, bis jemand von meiner Familie nach Hause kam.

***

Auf dem Weg zum Kindergarten entdeckte ich eines Tages mit einem anderen Mädchen an einem Strauch saftige Beeren, von denen wir aßen. Wenig später bekam ich heftige Bauchschmerzen, und meine Mutter musste mich deshalb eher aus dem Kindergarten abholen. Sie ist nicht mit mir zum Arzt gegangen. Ich habe den restlichen Tag zu Hause verbracht. Mir war sehr übel. Am Nachmittag fragten mich meine Eltern: „Oder wolltest du nur eher aus dem Kindergarten nach Hause?“ Ich verstand die Frage nicht.

***

Wegen meiner chronischen Bronchitis bekam ich eine Kur an der Ostsee. Meine Mutter managte es so, dass wir als Familie zusammenfahren durften. Ich erinnere mich an FKK-Strände, die meine Mutter liebte. Ich mochte sie nicht. Einmal verlief ich mich. Ich ging zu einem Leuchtturm, um nach Hilfe zu fragen. Auf dem Weg dahin schämte ich mich sehr und fühlte mich unwohl, weil ich keine Kleidung tragen durfte. Den Geruch nach Strand, Meer, Sand und Sonnencreme sollte ich aber nie wieder vergessen.

***

Meine Mutter erklärte mir lange vor meiner Einschulung, dass ich keine Zuckertüte bekommen würde. Das war nicht spaßig gemeint. Sie sagte es mir mit ernster Stimme immer wieder, und irgendwann glaubte ich ihr. Ich erzählte auch im Kindergarten davon. Dort wollte man mir nicht glauben. Die Erzieherinnen trösteten mich und meinten, dass ich das bestimmt verkehrt verstanden hätte. Letztlich bekam ich doch eine Zuckertüte. Sie war wunderschön und gehörte zu den wenigen, die von einem Warenhaus gefüllt und dekoriert worden waren. Dennoch hatte ich seit diesem Zeitpunkt immer weniger Vertrauen zu meiner Mutter.

Erinnerungen aus den Jahren von 1976 bis 1986

Heiligabend war zu Hause immer sehr schön. Meine Eltern hatten nicht viel Geld, ließen sich aber immer etwas einfallen, damit wir Kinder Geschenke bekamen. Die Wohnung und der Weihnachtsbaum waren geputzt, und es duftete herrlich nach Kaffee. Zum Mittag gab es meist süßen Kakao und herzhafte Käsebrötchen. Am Nachmittag mussten ich und meine Geschwister in unsere Zimmer gehen. Als das Lied „Ihr Kinderlein kommet“ ertönte, durften wir wieder in die Stube kommen. Es war Zeit für die Bescherung. Der Baum leuchtete, und unter ihm lagen unsere Geschenke. Für mich hatte dieser Augenblick immer etwas Magisches, fast schon Wunderbares. Mein Vater wirkte sehr gerührt, kämpfte mit den Tränen und versuchte, seine Emotionen zu verstecken. Das war jeden Heiligabend so. Ich habe nie erlebt, dass sich meine Mutter um die Emotionen meines Vaters kümmerte.

***

Wenn meine...

Erscheint lt. Verlag 16.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Angst • Angststörung • Aufarbeitung • Bewältigung • emotionaler und sexueller Missbrauch • Erinnerungen • Familiengeschichte • Gefühle • Psychologisches Trauma • Selbstverwirklichung • Tagebuch • Tagebuch-Einträge • Tagebuch Opfer • toxische Beziehung • Verstehen
ISBN-10 3-7597-3885-0 / 3759738850
ISBN-13 978-3-7597-3885-1 / 9783759738851
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