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Das Haus Zamis 92 (eBook)

Töte Dorian Hunter (Teil 2)
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6781-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 92 - Michael M. Thurner
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»Dorian?«, röhrte der Untote. »Ihr habt ihn? Ihr könnt mir Dorian Hunter endlich liefern?«
»So ist es. Nicht wahr, Coco?«
Vater schubste mich ein Stück weiter nach vorne. Ich war nun beinahe in Reichweite unseres Gastes. Er schlug nach mir, ich fühlte einen Windzug auf meiner Haut.
Ich wollte nicht antworten; doch je länger ich mich weigerte, desto mehr näherte ich mich diesem widerlichen Wesen. Schon berührte er mich mit seinen langen Fingernägeln ... »Ja!«, sagte ich rasch. »Morgen bekommst du deinen Bruder.«
»Du bist ein braves Mädchen«, sagte Bruno Guozzi. »Wir könnten uns auch vergnügen, ohne dass ich dich verspeise. Ich würde dir bloß Arme und Beine abknabbern und deinen Rumpf behalten. Ich würde dir geben, wonach dir verlangt, sodass deine Schwarze Seele befriedigt wäre, ja, das würde ich tun ...«


1. Kapitel


»Ganz sachte, ganz vorsichtig«, sagte er mit steigender Erregung. »Nur da und dort kosten, abbeißen, kauen. Nichts, das man mir verbieten könnte. Coco wird ja wohl nicht wollen, dass ich verhungere.«

Mehrere seiner Tentakel tasteten über Kopf und Gesicht Dorian Hunters. Menschen waren tolle Opfer. Sie besaßen viele leicht erreichbare Körperöffnungen. Er fädelte sich in die Ohren ein, in die Nasenlöcher, in den Mund. Da war auch eine schlecht verheilte Narbe am Hals, die er vorsichtig erweiterte.

Wie gut, wie gut ... Das Fleisch schmeckte ein wenig eitrig, war zäh und trug das Odeur von Verdammnis in sich. Oh, es würde ihn wachsen lassen, auch wenn Vindobene sich vorrangig von Bewohnern dieser widerlichen Stadt nährte.

Zwei seiner Fühler erreichten Dorian Hunters Gehirn. Er berührte seinen Geist. Es war elektrisierend zu spüren, wie hier einander Gut und Böse die Waage hielten, wie sich die beiden Grundstimmungen bekämpften und einmal diese, dann die andere die Oberhand gewann.

Der Mann bewegte sich unruhig. Er fühlte die Berührungen; doch er war gebannt, und er würde nicht so rasch wieder aufwachen. Und er würde keinerlei Erinnerungen an das behalten, was hier geschah. Dafür würde Vindobene sorgen.

Mehr Tentakel ... Er musste noch mehr von seiner Nahrungsquelle spüren!

Er kroch in Dorian Hunters Hose. Ertastete den Anus und machte sich auf den Weg durch den Darm, glitt immer höher, hinein in das Durcheinander der Innereien. Einen weiteren Fühlarm setzte er am schrumpeligen Schwanz Dorian Hunters an. Auch hier gab es eine Öffnung, durch die er vordringen konnte. Er nahm sie, ohne besondere Vorsicht walten zu lassen. Der Mann würde womöglich Blut pissen, wenn er wieder zu sich kam, doch was machte das schon?

Aah, die Augen! Er hatte sie beinahe übersehen. Vindobene musste bloß die Lider ein wenig hochstülpen, die Augäpfel zur Seite drücken und sich dann vorbeizwängen, tiefer hinein in den Schädel, der so viel Schmackhaftes barg.

Der Bauchnabel. Hier musste man recht vorsichtig vorgehen, wollte man die Nahrungsquelle nicht zu sehr verletzen, und sich ganz dünn machen. Aber auch diese Übung gelang problemlos.

Ein Dutzend seiner Tentakel steckte nun in Dorian Hunter, und er saß auf dessen Leib. Vindobene pulsierte vor Lust. Es bedurfte bloß weniger Bewegungen, um ein Opfer zu stimulieren und körperliche Reaktionen hervorzurufen.

Eigentlich war's schade, dass dieser Hunter schlief. So konnte er ihm nicht diesen ganz besonderen Beigeschmack der Panik und erwachenden, wahnsinnig machenden Grauens vermitteln, den er so sehr schätzte.

Er beschäftigte sich seit seinem Erwachen mit Menschen. Sie waren labile Geschöpfe und leicht zu manipulieren. Mittlerweile hatte er es zu einer Meisterschaft gebracht, die in Dämonenkreisen kaum noch wo zu entdecken war.

Doch seiner Leistungsfähigkeit waren Grenzen gesteckt. Er war an Wien gebunden, an diese böse, verachtenswerte Stadt, konnte sie niemals für längere Zeit verlassen. Andernfalls hätte sich Vindobene längst zum Fürst über die Heerscharen der Dämonen aufgeschwungen, genährt von Myriaden schlechter Gedanken des Menschenvolks.

So aber war er in die Dienste Anderer gezwungen. Wie sehr er Skarabäus Toth doch hasste! Der hagere Schiedsrichter der Schwarzen Familie ließ sich nicht manipulieren, und er durchschaute ihn.

Was war denn da?! Oha! Vindobene hatte das Zentrum alles Bösen in Dorian Hunter entdeckt. Brocken, die den Gedanken entstammten, vermengten sich mit dem, was diese Nahrungsviecher die »Seele« nannten, und schufen etwas, das als Gelee Royale des Menschen galt. In diesem Gemenge entschied sich, wie ein Geschöpf veranlagt war. Was es tat, und warum es Dinge unternahm, die gemeinhin als »gut« oder »schlecht« bezeichnet wurden.

Und wenn er nun das Spiel mit seinem Opfer auf eine neue, eine größere Ebene hob? Wenn er Einfluss nahm auf Dorian Hunter? Seinen Geist veränderte, seine Denkweise, sein Verhalten?

Nein, das durfte er nicht! Coco Zamis würde ihn schrecklich bestrafen, wenn sie dahinterkam.

Aber wie sollte sie es denn bemerken? Würde sie auf die verräterischen Zeichen achten, auf geplatzte Äderchen in den Augen, auf blutverkrustete Ohren und auf den leicht gestörten Stuhlgang seines Opfers?

Vindobene hätte gelacht, hätte er die Möglichkeit dazu besessen. Er war allein. Niemand sah, was er tat.

Dennoch: Er gehorchte einem gewissen Ehrenkodex. Selbst unter Dämonen wurden Grundregeln eingehalten.

Oder auch nicht.

Nein, er würde es lassen und den Mann nicht manipulieren. Vindobene war schläfrig geworden. Er würde nun Dorian Hunter verlassen, sich in eine Ecke zurückziehen und in aller Ruhe verdauen. Coco Zamis konnte sich auf ihn verlassen ...

Hoppla.

Ich stürzte in Zeitlupentempo zu Boden, und je tiefer ich fiel, desto größer war das Grauen. Unter mir, in diesem schillernden See aus Farbe und Wasser und Blut, tummelten sich miniaturisierte Monstren, die ihre Krakenarme gierig nach mir ausstreckten. Doch sie waren nicht das Schlimmste, das ich zu sehen bekam. Denn das Dahinter, dort, wo ich landen würde, bescherte mir weit mehr Übelkeit. Dort wartete ewige Verdammnis. Unheilige Flammen. Verderben. Unsägliche Qualen. Ein Tod der tausend Tode, der doch wieder in einer neuen, schier unerträglichen Existenz münden würde, damit ich mein Leid nochmals von vorn erlebte, immer wieder.

Ich sträubte mich gegen mein Schicksal. Wollte nicht akzeptieren, dass ich verlor. Ich suchte nach Lösungen, plötzlich gefangen in meinem eigenen Zeitfeld, das mich mein Schicksal in grausamer Zeitlupe erleben ließ – und fühlte mit einem Mal Resonanz.

Da war ein Geist. Ein fremdes, unbekanntes Bewusstsein, das nach mir griff und mit mir zu kommunizieren begann, auf einer Ebene, die keine Worte kannte.

Er/sie/es nannte keinen Namen. Er/sie/es ließ mich bloß wissen, dass ich Hilfe erhalten würde und dass er/sie/es ein »Schutzdämon« war.

Ich fühlte mich angehoben und mit neuen Kräften versehen. Meine Flugkurve veränderte sich. Ich trieb weiter und weiter, auf den Schatten zu, auf meinen Feind, der mittlerweile zu einer formlosen Nebelbank geworden war, wie ein weit wallender Mantel, der frei in der Luft schwebte.

Ich durchdrang meinen Gegner. War plötzlich in ihm drin. Und berührte sein Wesen.

Oh, er war voll Bösartigkeit und voll düsterer Gefühle, für die es keinerlei Begrifflichkeit gab. Er stammte aus einer Epoche des Menschenzeitalters, das vor über fünfhundert Jahren sein Ende gefunden hatte.

Er nannte sich Dantiche, zweiundsiebzigster Sohn des Dantalion, einundsiebzigster der zweiundsiebzig Geister des Salomon ...

»Du kannst mich nicht besiegen, Tochter des Zamis«, sagte er, während er sich unter Qualen wand. »Ich bin hier, um jenes Tor zu öffnen, das einstmals versiegelt worden ist.«

Ich ließ ihn reden und tastete indes um mich. Sah mich um, griff nach meinem Feind. Das Schattenwesen bestand aus knotiger Substanz, die umso mehr verhärtete, je stärker ich mich auf sie konzentrierte.

»Dieses Tor gehört uns! Es hätte niemals geschlossen werden dürfen. Dein Tod wird es erneut öffnen, und niemals mehr wieder werden die Kreaturen der Erde ein Refugium besitzen, in das sie sich zurückziehen können. Niemals, hörst du, Weib?!«

Ja, ich hörte die Stimme des Schattens, doch ich achtete nicht darauf. Nicht jetzt. Denn da war mein Helfershelfer, der neuerlich eingriff und mir Gedanken in den Kopf setzte, wie ich Dantiche beikommen konnte.

Ich folgte seinen Anweisungen und betastete die Knoten in einer bestimmten Reihenfolge. Knetete sie kräftig durch und zerstörte sie Stück für Stück, dank einiger Sprüche, die ich mir in Erinnerung rief.

Der Schatten lachte. »Du kannst mir nichts anhaben, Weib! Ich bin Legion. Ich bin wie der Wind, dem du dich entgegenzustemmen versuchst, und wie der Sand in der Wüste, den du wegschaufeln möchtest. Ich bin überall. Ich bin alles. Ich habe mehr Substanz, als du jemals berühren könntest in deiner bemitleidenswert naiven Art ...«

Mein Verbündeter gab Rhythmus und Reihenfolge vor, in der ich die Knoten bearbeitete. Es war, als würde ich höchstpersönlich Eingriff in die Zellstruktur eines Dämons nehmen – und vielleicht war es auch so? Bewegte ich mich auf mikrobiologischer Ebene, war ich eingetaucht in einen subatomaren Brei, der alles Übel eines höllischen Wesens repräsentierte?

»Ich bin Dantiche, und ich hole zurück, was rechtens uns gehört. Niemand besitzt das Recht, ein Eck aus der Realität auszusparen. Dieser Fleck war einstmals unser, und es wird neuerlich unser sein. Hör auf, dich zu quälen, Coco Zamis! Gib den Widerstand auf; dann gewähre ich dir einen Tod ohne allzu große Schmerzen.«

Er verlegte sich auf Versprechungen. Gut so. Also fühlte Dantiche Unwohlsein. Er ahnte, dass er in Gefahr geriet. Ich war auf dem richtigen Weg.

Ich öffnete mich dem...

Erscheint lt. Verlag 20.4.2024
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-6781-9 / 3751767819
ISBN-13 978-3-7517-6781-1 / 9783751767811
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