Gespenster-Krimi 144 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6755-2 (ISBN)
Alain Decousse ist bester Laune, als er auf der Nationalstraße 13 in Richtung Saint Germain fährt. Paris liegt hinter, das Wochenende vor ihm. Ein herrliches Liebeswochenende mit der bezaubernden Madeleine Fleury in der alten Mühle im Forst von Saint Germain.
Es dämmert bereits, als Alain mit seinem Roadster von der Hauptstraße abbiegt. Über die Chaussee sind es nur noch wenige Minuten bis zur Mühle.
Da schreit Madeleine plötzlich auf. Aus dem Asphalt wächst sie urplötzlich auf, die riesige Hand, bedrohlich und erdrückend!
Die Geisterhand
Von Brian Elliot
Alain Decousse war bester Laune, als er an diesem Freitag auf der Nationalstraße 13 in Richtung Saint Germain fuhr. Paris lag hinter, das Wochenende vor ihm. Ein herrliches Wochenende mit der bezaubernden Madeleine Fleury allein in der alten Mühle im Forst von Saint Germain.
Alain und seine Freunde hatten die Mühle modern hergerichtet und zu einem perfekten Liebesnest umgebaut.
Der schwarzhaarige Alain bog nun mit seinem Roadster von der Hauptstraße ab. Es dämmerte schon; er hatte das Licht eingeschaltet. Über die Chaussee waren es nur noch wenige Minuten bis zur Mühle.
Da schrie Madeleine plötzlich auf. Aus dem Asphalt wuchs sie urplötzlich auf, die riesige Hand, bedrohlich und erdrückend. Das Scheinwerferlicht beleuchtete sie. Bleich erschien die Hand, wie die eines Toten!
Jäh trat Alain auf die Bremse. Die Reifen quietschten, und zwei Meter vor der unheimlichen Hand brachte er den gelben Roadster zum Stehen. Alains und Madeleines Augen waren entsetzt aufgerissen.
Das durfte, konnte es nicht geben. Eine riesige Hand, groß genug, um den ganzen Wagen zerdrücken zu können, die urplötzlich von unten durch die Asphaltdecke der Straße gestoßen war. Außer den beiden jungen Leuten im Wagen war kein Mensch in der Nähe.
»Was ist das?«, fragte das blonde Mädchen. »Alain, siehst du, was ich sehe?«
»Und ob«, antwortete der junge Mann. »Wenn mir das einer erzählte, würde ich sagen, er spinnt. Das ist einmal eine Überraschung, dieses Händchen.«
Das Spotten verging ihm, als die unheimliche Hand näher rückte. Eine Eiseskälte ging von ihr aus. Sie schwebte dicht über der Erde. Jetzt hatte die Hand den Wagen erreicht, schloss sich mit stählernem Griff um die Kühlerhaube und rüttelte den Roadster hin und her.
Alain musste sich am Steuerrad festhalten. Madeleine fiel mit einem letzten Seufzer vor Entsetzen in Ohnmacht. Die grausige Hand schüttelte den Wagen nun so gewaltig, dass sie herausgeschleudert wurde.
Madeleine flog in den Straßengraben, wo sie ohnmächtig liegen blieb. Dann hielt die Hand inne, öffnete sich wieder, lauerte gleichsam. Der Kühler des gelben Roadsters war eingedrückt und verformt, der Motor längst abgewürgt.
Alains Gedanken jagten sich. Was sollte er nur machen? Wenn er den Wagen verließ, gab er den geringen Schutz auf, den der offene Roadster ihm bot. Andererseits, wenn er sitzen blieb, was mochte diese fürchterliche Hand noch alles anstellen?
Alain Decousse war von der Höhe angenehmer Liebeserwartung jäh in den Abgrund des Grauens gestürzt. Fast glaubte er, wahnsinnig zu sein.
Die Kälte, die jene fürchterliche Hand ausstrahlte, ließ ihn frieren. Er versuchte, den Motor anzulassen, vielleicht konnte er im Rückwärtsgang wegfahren. Aber nur der Anlasser schnarrte.
Der Motor kam nicht. Irgendetwas war defekt. Die Hand bewegte nun die Finger, als wolle sie Alain ein Zeichen geben. So unheimlich wirkte die bleiche, kalte Geisterhand in der Dämmerung, dass Alain an allen Gliedern zu zittern anfing.
Er musste fort, so schnell wie nur möglich, er hielt diesen Anblick nicht mehr aus. An Madeleine dachte er nicht.
Er sprang aus dem Wagen und wollte davonrennen. Da schnellte die riesige, bleiche Hand auf ihn zu wie eine Raubkatze. Der Mann schrie gellend auf, als er von eiskalten, stahlharten Fingern gepackt wurde.
Er schrie und schrie, und seine Augen traten hervor vor Grauen. Die Geisterhand hob ihn empor und schleuderte ihn in den Wagen. Alain krachte hart auf die Vordersitze und schlug sich den Kopf an der rechten Tür an.
Er war benommen, und er merkte nicht gleich, wie sich ein Schatten über ihn senkte. Die Geisterhand packte den Roadster und quetschte ihn zusammen wie ein Riese eine dünnwandige Blechdose.
Alain Decousse schrie wieder, dann wurden seine Schreie zu einem Stöhnen. Die Riesenhand ballte sich zur Faust und schmetterte ein paarmal auf den Roadster nieder. Der offene Wagen verformte sich, es krachte, reißendes Blech kreischte. Das Stöhnen des Mannes verstummte.
Die Hand wich etwas zurück, und es war, als betrachte sie ihr Werk. Aus den zerrissenen Tankleitungen floss Benzin ins Wageninnere. Alain Decousse lag in dem zerbeulten Blechhaufen eingeklemmt und gab keinen Laut mehr von sich.
Sein Mund war wie zu einem letzten Schrei geöffnet, der Kopf war zur Seite gesunken. Die bleiche Hand wurde blass und blasser, wurde durchscheinend. Dann war sie verschwunden. Keine Spur blieb von ihr, nur das Loch in der Straße und der zertrümmerte Wagen mit dem toten Mann darin. Und das bewusstlose Mädchen im Straßengraben.
Eine Viertelstunde später hielt ein grauer Citroen DS 19 an dem Ort des Schreckens. Der Mann am Steuer kniff die Augen zusammen.
»Ein Verkehrsunfall«, sagte er zu seiner Frau. »Wie der Wagen aussieht, so etwas habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen. Wir müssen die Polizei und die Ambulanz verständigen.«
†
Inspektor Pierre Loudin von der Pariser Kriminalpolizei war herzlich sauer darüber, dass er an diesem Wochenende Dienst machen musste. Eigentlich wäre sein Kollege André Schuster an der Reihe gewesen, aber der war krank geworden. Ausgerechnet im August, wo ganz Paris unter der Hitze stöhnte, legte sich André eine Grippe zu.
Sommergrippe nannte sich so etwas. Pierre bezeichnete es mit ganz anderen Ausdrücken, während er die langen Korridore des Polizeipräsidiums entlangging. Er war ein sehr großer junger Mann mit krausem, braunem Haar und grauen Augen.
Eine Narbe auf der linken Wange gab ihm ein etwas abenteuerliches Aussehen. Aber er hatte sie sich nicht im Polizeidienst geholt, sondern als Junge bei einem simplen Sturz vom Fahrrad.
Pierre war so hager, dass er schon fast dürr wirkte. Dennoch machte er einen sehnigen und kräftigen Eindruck. Von einem passionierten Langstreckenläufer und einem der besten Boxer der Polizeistaffel konnte man das auch erwarten.
Immer noch Verwünschungen murmelnd, betrat er sein Büro im fünften Stock. Der Ausdruck Büro war etwas übertrieben. Pierre behauptete immer, das Räumchen sei ein Vorläufer der Einbauschränke, die lange nach dem Bau des Polizeipräsidiums auf der Ile de la Cité Mode geworden waren.
Immerhin hatte Pierre ein eigenes Büro, und das war schon etwas für den jüngsten Inspektor im Departement für Kapitalverbrechen, Bezirk Paris West. Vier Kollegen saßen im großen Büroraum nebenan. Das Schreibzimmer befand sich auf der anderen Seite des Flures, und der Kommissar, der Leiter des Departements, hatte sein Büro am Ende des Hauptkorridors.
Pierre zog seine helle Jacke aus. Es war jetzt schon warm in dem kleinen Raum, und er konnte sich vorstellen, wie es um die Mittagszeit sein würde. Draußen herrschte der strahlendste Sonnenschein, den man sich vorstellen konnte.
Durchs Fenster schaute Pierre über den Parkplatz und den Place du Parvis-Notre Dame auf die berühmte Kirche von Notre Dame. Er hatte sie schon so oft gesehen, dass der Anblick ihm nicht mehr viel gab. Besonders dann nicht, wenn er an einem solchen Tag Dienst machen musste.
Er war mit Anette Bernier verabredet gewesen, seiner hübschen Braut. Sie hatten aufs Land fahren wollen. Aber damit war es jetzt Essig.
Mit seinem Schicksal hadernd, setzte Pierre sich hinter seinen Schreibtisch und wandte sich den Schriftstücken im Eingangskorb zu. Berichte, dienstliche Papiere.
Pierre seufzte.
Da wurde die Tür geöffnet, und Inspektor Blenard, wegen seiner nicht gerade ranken Gestalt im Präsidium Fettklößchen genannt, streckte den Kopf herein.
»Ah, der Kollege Loudin ist auch schon eingetroffen. Mit nur einer halben Stunde Verspätung. Was sagt man dazu?«
»Erstens könnt ihr froh sein, dass ich überhaupt gekommen bin, zweitens bin ich schon eine Viertelstunde da.«
Das letztere war eine glatte Lüge, und Blenard, der es wusste, kniff ein Auge zu.
»Der Kommissar hat Sehnsucht nach dir, Pierre. Er hat einen heißen Fall für dich.«
Pierre murmelte etwas, das sich verdächtig wie »Merde« anhörte.
»Ich gehe in ein paar Minuten zu ihm.«
»Geh lieber sofort. Er hat schon dreimal angefragt, wo du denn bleibst, und das letzte Mal hörte er sich an, wie der Löwe vor der Fütterung im Zoo.«
»Nun denn«, sagte Pierre lustlos, verließ das Büro und ging zum Kommissar.
Kommissar Cartel war ein stämmiger Bretone, dem man schon an der Nasenspitze ansah, dass er keinerlei Humor hatte. Dafür hatte er ein Magengeschwür, das ihn zu Zeiten sehr cholerisch und reizbar machte.
»Ah, Inspektor Loudin, das Ass des Departements, hat den Weg in die Diensträume gefunden. Haben Sie gut geruht, mein lieber Loudin?«
»Danke, es geht.«
»Vor allem haben Sie lange geruht«, sagte Cartel gallig. »Sie erlauben sich in der letzten Zeit allerhand Extratouren, mein Lieber. Sie handeln eigenmächtig, sind nicht da, wenn man Sie braucht, und kommen ständig zu spät. Hat man Ihnen das auf dem Lyceé beigebracht?«
Kommissar Cartel hatte sich aus dem niederen...
Erscheint lt. Verlag | 13.4.2024 |
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Reihe/Serie | Gespenster-Krimi |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-6755-X / 375176755X |
ISBN-13 | 978-3-7517-6755-2 / 9783751767552 |
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