Das rabenschwarze Rätsel (eBook)
456 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-3855-4 (ISBN)
Klaus-Dieter Soja, geboren 1945 in Berlin, wuchs in Espelkamp (Ostwestfalen) auf. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft wandte er sich der Informatik zu und blieb ihr 26 Jahre treu. Die letzten 15 Berufsjahre war er als Informatikleiter (Anwendungsentwicklung) in einem weltweit operierenden Chemiekonzern tätig. Mit 51 Jahren beendete er seine Informatik-Laufbahn. Seitdem widmet er sich seinen Interessen, als da sind: Mathematik, Physik, Astronomie, Kosmologie, Musik (Keyboard, Klavier) und Literatur. Mit dem achtbändigen Märchenroman (20 Arbeitsjahre) hat er sich einen Jugendtraum erfüllt. Klaus-Dieter Soja lebt heute auf einem Bauernhof nahe Münster (Westfalen).
Beowulf und Rabea hatten das Zwergenreich durch das westliche Nebentor verlassen. Ihr Plan war einfach. Sie wollten das Mutantenlager am Westtor beobachten und danach Shardik und den Räubern entgegengehen.
Für Rabea, die noch das dunkle Zwergenreich im Kopf hatte, war die lichtdurchflutete Welt keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern ein Erlebnis besonderer Art. Ihr Hunger nach Licht und Landschaft glich einem nach Wasser dürstenden Menschen. Vergnügt blickte sie umher. Der böige Wind zauste ihr Haar. Damit gab er sich nicht zufrieden. Unbarmherzig fegte er über das Land, wirbelte den Sand auf und stahl nebenbei die Sonnenwärme. Rabea nahm es hin und schaute nach Südwesten. Dort bereitete sich die müde dreinblickende Sonne auf ihren Untergang vor.
Beowulf sah sich schon nach einem schützenden Lagerplatz um. Er wusste, dass der stürmische Nordwind die nachts angreifende Kälte verdoppeln würde. Schließlich fand er eine Mulde mit Büschen und Dornengestrüpp. Während Beowulf mit seinem Schwert den Lagerplatz freischlug, sammelte Rabea Holz.
Thor hatte seine Aufgaben bereits erledigt. Zwei fette Fasanen lagen im Gras. Die Jagd schien ihm großen Spaß gemacht zu haben. Er war noch unruhig und hechelte. Seine Augen blitzten voller Tatendrang.
Als das Feuer brannte, nahmen Beowulf und Rabea je einen Fasanen und rupften ihn.
Als Rabea dem Fasanen sein Kleid ausgezogen hatte, rief sie: »Ich möchte ein neues Sternbild kennenlernen.«
»Erst das Abendessen, dann die Sterne.«
Wenig später hingen die nackten Hühnervögel über dem Feuer. Anfangs tat sich nicht viel, dann fingen sie an zu schwitzen. Ihr Fett tropfte laut zischend ins Feuer und verbreitete einen verführerischen Duft. Rabeas Nasenflügel bebten geradezu. Noch rechtzeitig fielen ihr die Gewürze ein. Sie kehrte das Unterste zuoberst, um die unscheinbaren Kostbarkeiten zu finden. Die Zwergenfrauen hatten ihren Rucksack mit allerlei nützlichen Dingen vollgepackt. Selbst der berüchtigte Obstschnaps fehlte nicht.
Beowulf nahm den ersten Fasanen vom Feuer und teilte ihn. Sie aßen nur die besten Stücke. Schließlich hatten sie ja noch einen zweiten. Den Rest bekam Thor, der alles gierig herunterschlang.
Das reichliche Essen verlieh Rabea neue Energie. Es drängte sie zu den Sternen. Beowulf gab nach. Beide entfernten sich vom Feuer und blickten zum funkelnden Sternenmeer auf.
Minutenlang blieb es still. Jeder schaute nur.
Beowulf entschied sich für das Sternbild Andromeda. Auf den ersten Blick schien es keine gute Wahl zu sein. Die Königstochter ließ sich selbst mit viel Fantasie nicht aus den Sternen herauslesen. Trotzdem hatte das Sternbild etwas zu bieten, um das es von vielen anderen beneidet wurde.
Rabea war enttäuscht. Ihr zaghafter Versuch, aus den Sternen eine strahlende Königstochter herauszulesen, scheiterte kläglich. Das Sternbild war klein und aufreizend nichtssagend – überhaupt kein Vergleich zum Sternbild Pegasus.
»Die paar Sternchen sollen eine Königstochter darstellen?«, rief Rabea verwundert. »Selbst eine hässliche Königstochter hätte mehr verdient!«
»Das Sternbild gibt tatsächlich nicht viel her. Trotzdem siehst du eine Königstochter – eine, die im Verborgenen blüht.«
Rabea hatte kein Interesse an einer im Verborgenen blühenden Königstochter. Stattdessen wollte sie wissen: »Was weißt du über die Sterne?«
»Nichts.«
»Warum zeigst du mir dann so ein unscheinbares und nichtssagendes Sternbild?«
»Warte ab«, erwiderte Beowulf und fuhr fort: »Schau zum zweiten Stern, dann nach oben. Du wirst ein nebliges Fleckchen sehen.«
Rabea fand den Nebelfleck, obwohl er nur schwach leuchtete.
»Was ist das?«
»Es ist eine Milchstraße – ähnlich der unseren. Der Volksmund nennt diese Galaxie Andromeda-Nebel. Die Astronomen der Alten Zeit gaben ihr die Katalognummer M31. Weißt du noch, was eine Galaxie ist?«
»Ja«, rief Rabea. »Eine Sterneninsel im Kosmos.«
»Diese Sterneninsel ist die einzige Galaxie, die mit dem bloßen Auge gesehen werden kann. Sie steht unserer Milchstraße am nächsten.«
»Am nächsten? Was verstehst du darunter?«
»Die Entfernung beträgt rund 2,2 Millionen Lichtjahre. Das hört sich zwar nicht nach unmittelbarer Nachbarschaft an, aber alle anderen Galaxien sind deutlich weiter entfernt.«
Rabea brauchte einige Sekunden, um die 2,2 Millionen Lichtjahre zu verdauen. Hundert und mehr Lichtjahre waren ihr mittlerweile vertraut. Sie wusste auch, dass die ihr vertraute Milchstraße einen Durchmesser von rund 100000 Lichtjahren hat. Ihre Gedanken wirbelten. Eine Lichtsekunde sind ziemlich genau 300000 Kilometer; ein Lichtjahr rund 10 Billionen Kilometer, das ist eine 10 mit zwölf Nullen. Diese Zahl muss mit 2200000 multipliziert werden. Rabea kam zu dem Schluss: Zwischen den Sterneninseln klafft ein unvorstellbarer Abgrund. Leicht eingeschüchtert wollte sie wissen: »Wie groß ist der Kosmos eigentlich?«
»Die Alten Menschen beobachteten noch Galaxien in einer Entfernung von circa 13,7 Milliarden Lichtjahren. Der ganze Kosmos ist wesentlich größer. Es macht aber keinen Sinn, über etwas zu reden, was man nicht beobachten kann.«
Mit dieser Antwort konnte Rabea überhaupt nichts anfangen. Sie kehrte zum Andromeda-Nebel zurück. »Wieviel Sterne besitzt die Galaxie?«
»Vermutlich 200 bis 300 Milliarden.«
Überrascht blickte Rabea zum schwachen Nebelfleckchen. Von den vielen Milliarden Sternen war nichts zu sehen. Im selben Moment fiel ihr das Fernrohr ein.
»Ich brauche das Fernrohr«, rief sie, eilte zu Beowulfs Sachen und nahm alles Notwendige an sich. Schnell hatte sie Stativ und Fernrohr aufgebaut.
»Nimm das Okular mit der schwächsten Vergrößerung«, riet Beowulf ihr. »Der scheinbare Durchmesser des Andromeda-Nebels beträgt nahezu drei Grad.«
Rabea nahm das richtige Okular, stellte es anhand der im Bildfeld stehenden Sterne scharf und suchte nach dem Andromeda-Nebel. Ihn zu finden, war gar nicht so einfach. Sie musste mehrmals am Fernrohr entlangpeilen und die Richtung korrigieren.
Der erste Anblick war enttäuschend. Der neblige Fleck war zwar hell und beeindruckend groß, blieb aber nichtssagend. Nicht ein Stern der erwarteten Milliarden war zu sehen.
Nach längerer Beobachtung sah sie einen zarten Schleier. Er umfing den hellen Nebelfleck. Rabea zog sofort den richtigen Schluss: Der helle Nebelfleck ist der Kern der Galaxie.
Der zarte Schleier machte die Galaxie erheblich größer. Doch immer wieder verschwand der zarte Schleier. Er verschwand, sobald Rabea genauer hinschaute.
»Der Anblick ist enttäuschend.« Rabea gab dem Fernrohr einen zarten Stoß und murmelte: »Du kleines Ding bist an allem schuld.«
Ihre gefühlsmäßige Schuldzuweisung war verständlich, aber selbst ein größeres Fernrohr hätte ihr kaum mehr gezeigt.
Beowulf aktivierte Janus. Urplötzlich schwebte eine prächtig anzuschauende Sterneninsel mitten in der Luft.
»Du siehst jetzt den Andromeda-Nebel, wie ihn die Alten Menschen fotografiert haben.«
Rabea staunte und wollte wissen: »Wie haben sie das gemacht?«
»Sie hatten große Fernrohre, an denen hochwertige Kameras angeschlossen waren.«
»Was ist eine hochwertige Kamera?«
»Ein technischer Ersatz für das menschliche Auge – allerdings kann so eine Kamera das Licht über viele Stunden sammeln.«
»Und meine Augen können das nicht?«
»Deine Augen können das Licht nur für den Bruchteil einer Sekunde sammeln. Sie müssen ständig neue Bilder erzeugen. Wäre es anders, würde deine Netzhaut verbrennen. Darüber hinaus sind wir Menschen auf ständig wechselnde Bilder angewiesen. Sie sind lebensnotwenig.«
»Wieso das?«
»Ständig wechselnde Bilder sind notwendig, um zu erkennen, dass sich etwas bewegt.«
Rabea nahm es kommentarlos hin und konzentrierte sich wieder auf das Bild. Sie sah eine wunderschöne Sterneninsel mit einer unverkennbaren Spiralstruktur, die ihren Ursprung im hellen Kern der Galaxie zu haben schien. Milliarden Sterne hatten sich dort zu einer weißen Masse zusammengeballt. Die dunklen Staubregionen zeigten sich durch die Abwesenheit von Licht. Staunend dachte Rabea: Solche Galaxien gibt es milliardenfach in unserem Kosmos. Wer hat sich das alles ausgedacht?
Kopfschüttelnd ging sie zum Fernrohr und baute es ab. Das kleine Ding konnte ihr nicht mal ansatzweise bieten, was Janus ihr gerade gezeigt hatte. Fast mitleidig betrachtete sie es.
Als sie alles weggepackt hatte, setzte sie sich ans Feuer und sagte: »Andromeda muss etwas Besonderes sein. Kein noch so verständigerGott würde einer normalen...
Erscheint lt. Verlag | 8.4.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7597-3855-9 / 3759738559 |
ISBN-13 | 978-3-7597-3855-4 / 9783759738554 |
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