The Gray Man - Undercover in Syrien (eBook)
640 Seiten
Festa Verlag
978-3-98676-133-2 (ISBN)
Mark Greaney schloss u. a. ein Studium der Politikwissenschaft ab. Er spricht neben Englisch noch Spanisch und Deutsch. Zusammen mit Tom Clancy schrieb er mehrere Nr.1-Bestseller. Auch seine eigenen Gray Man-Romane wurden zu Bestsellern und unter der Regie von Joe und Anthony Russo (Avengers: Endgame) verfilmt. In den Hauptrollen Ryan Gosling und Chris Evans. Mark lebt in Memphis, Tennessee, wo er auch zur Welt kam. Die GRAY MAN-Serie bei Festa: Band 1: THE GRAY MAN - Unter Killern Band 2: THE GRAY MAN - Unter Beschuss Band 3: THE GRAY MAN - Tod eines Freundes Band 4: THE GRAY MAN - Deckname Dead Eye Band 5: THE GRAY MAN - Operation Back Blast Band 6: THE GRAY MAN - Tödliche Jagd Band 7: THE GRAY MAN - Undercover in Syrien Die weiteren Bände sind in Vorbereitung.
PROLOG
Mit der Regelmäßigkeit eines unbarmherzigen Uhrwerks wurden die Gefangenen erschossen, einer nach dem anderen. Zwei Dutzend Tote bereits, und der Vollstrecker kam gerade erst so richtig in Fahrt.
Das reihenweise Abschlachten ergab eine Szenerie des Grauens – es stank nach frischem Blut, und von den im braunen Seewasser dümpelnden Leichen wehte ein süßlicher Geruch her, wie auch von den ekelhaften, auf den sonnengebleichten Stegplanken verspritzten und allmählich gerinnenden Bröckchen Gehirnmasse.
Im Hintergrund dieses Massakers reflektierten helle Felshänge die heiße Mittagssonne, übersät mit aufblitzenden Glassplittern und verbogenen Metalltrümmern aus einer vor Monaten geschlagenen Schlacht mit vielen Toten und nur wenigen Überlebenden, die am Ende um ihr Leben gerannt waren und die zerstörte Landschaft den Siegern überlassen hatten.
In der nächsten Ortschaft flatterten nun die schwarzen ISIS-Banner über dem zentralen Marktplatz und auf den Dächern der beschädigten Häuser, desgleichen am Heck fast aller Pritschenwagen, die noch durch die kaputten Straßen kurvten – jedenfalls am Heck aller mit bärtigen jungen Männern überladenen Wagen, Männern in schäbiger Kämpferkluft, stolz bewaffnet, den Irrsinn ihres Todeswahns in den starren Augen.
Hier am Seeufer zog sich zwischen den felsigen Anhöhen und dem Wasser ein schmaler Grünstreifen dahin, salz- und hitzeresistentes bräunliches Gestrüpp. Von den 67 Gefangenen, die vor 20 Minuten in orangeroten Overalls hierhergekarrt worden waren, knieten jetzt noch 43 auf dem Boden, umzingelt von maskierten Kämpfern mit schussbereiten Gewehren.
Damit niemand einen ohnehin vergeblichen Fluchtversuch unternahm, hatte man ihnen die Hände vor dem Bauch mit groben Seilen gefesselt und diese wiederum alle an eine einzige lange Leine gebunden. Niemand würde entkommen. Bis zur türkischen Grenze waren es fast 100 Kilometer durch die Todeszone des syrischen Kriegsgebiets, wozu also überhaupt davonrennen?
Die Gefesselten harrten auf den Knien ihres Schicksals, ergeben, denn wenn Auflehnung zwecklos war, so die letztendliche Einsicht fast aller dieser Männer, dann widmete man seinen allerletzten Augenblick auf dieser schnöden Welt doch am besten dem stillen Gebet.
Am Gürtel des Scharfrichters prangten zwei Dolche. Aber bloß zur Zierde. Er tötete nicht mit einer scharfen Klinge, nein, als Instrument des Todes hielt der Mann mit der Kapuze am Ende des Bootsstegs eine Awtomat Kalaschnikowa, Modell 74U, in seinen Armen bereit.
Wie schon die letzten 20 Minuten immer wieder, zerrten zwei Wachen nun einen Knienden zum Vollstrecker mit der Kapuze, der dem Opfer kurzerhand die Mündung hinters rechte Ohr hielt und ohne ein Wort oder einen Moment des Innehaltens abdrückte.
Blut spritzte vom Kopf des Getöteten, sein Körper zuckte nach vorn und kippte mit dem durchschossenen Gesicht voraus ins Wasser. Wie alle anderen zuvor, platschte er auf die Oberfläche des Sees – und wie all jene, die noch hinter ihm auf ihren Tod warteten.
Und das ganze Massaker wurde als Video aufgezeichnet, für die Nachwelt.
Die sich verkürzende Reihe der Gefangenen blieb passiv, am Seeufer kniend, umringt von über einem Dutzend wachsamer Bewaffneter. Manche zuckten bei jedem Schuss zusammen, manche beim anschließenden Aufplatschen des Körpers, jedenfalls im Bewusstsein, ihre verunstaltete Leiche würde bald eine der nächsten sein. Und schon schritten wieder zwei bewaffnete ISIS-Kämpfer den 15 Meter langen Holzsteg entlang, traten aufs steinige Ufer und packten den nächsten Orangefarbenen an den Schultern. Zwei andere hatten ihm bereits die Handfesseln von der langen Leine geschnitten, sodass der Kniende nun auf die Füße gehoben werden konnte, zum Ende des Stegs geleitet und wenn nötig geschubst, falls er sich widerstrebend zeigte. Mit immer noch vor dem Bauch gefesselten Händen flüsterte der Todgeweihte ein arabisches Gebet, blickte auf die Holzplanken hinunter, nicht aufs Wasser daneben, nicht auf die Dutzende von Leichen, die am Stegende im See trieben … auf seine toten Freunde und Kameraden.
Sein kurzer Marsch dauerte etwa 30 Sekunden, bis seine Sandalenfüße in die Blutlache am Ende des Holzstegs tappten. Der Scharfrichter erwartete ihn mit der tief am Schulterriemen hängenden Kalaschnikow.
Er sprach kein Wort. Der Gefangene in Orange kniete nieder. Zeigte keinerlei Emotionen, schloss nur die Augen und betete weiter leise vor sich hin.
Seine beiden Begleiter traten einen Schritt zurück; auch ihre Stiefel und Hosen und sogar die Munitionsgurte auf ihrer Brust waren blutbespritzt, und die Läufe ihrer Waffen hielten sie auf den Kopf ihres Opfers gerichtet, direkt hinter jedes Ohr, doch sie feuerten nicht, sahen bloß zu, als der Kapuzenmann seine Kalaschnikow anhob, dann zum Kameramann am anderen Stegende blickte, ob der auch alles richtig ins Bild bekam, und schließlich dem jungen Mann kurzerhand in die rechte Schläfe schoss.
Der halbe Kopf wurde weggesprengt und drei Meter weit übers Wasser verstreut; der Körper verrenkte sich und kippte vornüber, Gesicht voraus, ins blutrote Seewasser, mit demselben Platschgeräusch wie die 24 Male zuvor.
Und schon machte das Eskortkommando kehrt, um den Nächsten aus der rasch schrumpfenden Gefangenenreihe zu holen.
Nur noch 42.
Irakis, Syrer und Türken würden hier in dieser Reihe am Ufer des Al-Azzam-Sees heute Vormittag noch ermordet werden. Die Zweiereskorte packte einen 28-Jährigen mit dreckverkrusteten Afrolocken, einem blauen Auge und blutverschmiertem Gesicht an den Schultern, zerrten ihn hoch und mit sich auf den kurzen Weg zu seiner Hinrichtung.
Der Nächste in der nun 41-köpfigen Reihe gefesselter Kniender in orangefarbenen Overalls sah eigentlich wie alle anderen aus. Das verfilzte dunkle Haar voller winziger Dreck- und Glasstückchen hing ihm bis in die Augen. Den Kopf in flehender Haltung gesenkt, den Blick vom Horrorszenario vor sich abgewandt. Blutflecken im bärtigen Gesicht, von den Prügeln in der improvisierten Gefängniszelle letzte Nacht, dazu eine geschwollene Nase. Sein Kiefer war verschrammt und angeknackst, er konnte den Mund nicht mehr ganz öffnen. Obendrein klaffte ein böser Schnitt über seinem rechten Ohr und ein blutiger Riss über seinem linken Auge.
Immerhin ging es ihm damit kaum schlechter als den restlichen noch lebenden Gefangenen.
Was ihn von ihnen unterschied, war nur eine Kleinigkeit, die den anderen nicht zum Trost gereichte. Er würde als Erster sterben, und sie erst nach ihm.
Der Gefangene zur Linken des Mannes mit dem zerschundenen Gesicht hob den Kopf, entgegen den Anweisungen seiner Bewacher, und ließ seinen Blick über das Grauen ringsum schweifen. Er war Syrer, hieß Abdul Basset Rahal und gehörte der Rebellentruppe an, der Freien Syrischen Armee. Gemeinsam mit dem Gesichtsverletzten, dem Nächsten in der Todesreihe, war er am vorigen späten Nachmittag in Gefangenschaft geraten. Obwohl ein tapferer 24-Jähriger, hatte ihn nun doch Furcht überkommen, was nur allzu menschlich war. Immerhin lag ein gewisser Trost darin, dass er einen Märtyrertod sterben würde, genau wie alle anderen hier – außer dem Mann zu seiner Rechten. Dieser schwer Geschlagene, hier nun Schulter an Schulter mit ihm, tat ihm leid, hatte er doch immens viel getan, nur um ihm zu helfen. Wie ein Löwe hatte er gekämpft, heldenhaft für ihre gerechte Sache, doch als Märtyrer würde er nicht sterben.
Denn dieser Mann war kein Moslem.
Abdul Basset Rahal war ihm vorgestern zum allerersten Mal begegnet, dennoch betrachtete er diesen Amerikaner als Kampfgenossen, als Gleichgesinnten und, ja, sogar als Freund.
Dem Syrer war es ein Trost, dass er seine letzten Atemzüge mit diesem großen Kämpfer teilen würde und dass es den ISIS-Männern entgangen war, dass er Westler war. Denn sonst hätten sie gewiss für die Kamera eine größere Show aus seiner Exekution gemacht. Hätten ihn auf irgendeine weitaus entsetzlichere Weise hingerichtet als mit einem simplen Gewehrschuss in die Schläfe.
Zu seinem Glück würde der Amerikaner bloß eine Kugel in den Kopf bekommen, aus und vorbei.
Rahal blickte hinab auf den salzigen Uferboden zwischen seinen Knien. Die beiden Geleitwachen kehrten zurück.
Der Amerikaner wurde von den Übrigen getrennt; Stiefelsohlen scharrten über den steinigen Boden, und er wurde an beiden Schultern gepackt, auf die Füße gezerrt und davongeschubst, am Wasserrand entlang, zum Bootssteg hin.
Rahal rief ihm hinterher, wohlweislich auf Arabisch, denn obwohl er fließend Englisch sprach, wollte er die ISIS-Bestien keinesfalls auf die wahre Identität des Amerikaners hinweisen.
»Habibi!« Freund! »Ich schwöre, es ist mir eine große Ehre, an deiner Seite zu sterben.«
Diese Worte brachten ihm einen Gewehrstoß gegen den Hinterkopf ein, der ihn vorwärts aufs Gesicht warf, wodurch er die nächsten Gefangenen an der Fesselleine mit sich nach unten riss.
Aber entweder hatte der Amerikaner ihn nicht gehört oder nicht verstanden, vielleicht war auch schlicht sein Kiefer zu arg geschwollen, jedenfalls antwortete er nicht.
Barfuß schlurfte Court Gentry über den Holzsteg. Das raue Handfesselseil vor seinem Bauch rieb ihm die Haut auf. Die beiden Geleitwachen stießen ihm die Gewehrläufe ihrer Kalaschnikows in die Nieren, und er konnte die Blicke der 14 anderen Bewaffneten in seinem Rücken spüren. Als sie ihren Trucks entstiegen waren, hatte er die ISIS-Kämpfer gezählt, und noch einmal, als er zusammen mit allen anderen...
Erscheint lt. Verlag | 5.3.2024 |
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Übersetzer | Robert Schekulin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-98676-133-0 / 3986761330 |
ISBN-13 | 978-3-98676-133-2 / 9783986761332 |
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