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Der letzte Genderman - Mark Jischinski

Der letzte Genderman

(Autor)

Buch
143 Seiten
2024
adakia Verlag
978-3-941935-99-0 (ISBN)
CHF 19,55 inkl. MwSt
Peter Rutkowski ist ein alter weißer Mann. Er ist vergiftet durch die niederen Versprechungen des Patriarchats und wird entsprechend in der Pflegestufe vier für toxische Männlichkeit behandelt. Seine weiblich gelesene Partner…in Maria und deren Freund…in Ingo, die lieber Penelope gerufen werden will, kümmern sich aufopferungsvoll um den Pflegefall Peter. Doch der stürzt von einer gesellschaftlich längst geächteten Mikroaggression in die nächste.
TRIGGERWARNUNG!
Dieses Buch könnte Ihre Gefühle verletzen. Es setzt sich auf satirische Art und Weise mit relevanten gesellschaftlichen Themen auseinander. Dabei geht es um sprachlichen Wahnsinn, alternativlose Deutungshoheit, männliches Dominanzverhalten, alte Rollenmuster, den Glauben an das geschlechtlich Binäre und die Hoffnung, dass am Ende doch noch Vernunft und Liebe siegen werden.

MARK JISCHINSKI wurde 1974 in Mühlhausen (Thüringen) geboren. Zuletzt erschienen von ihm im adakia Verlag »Swinging Village« (Roman), »Karla, das Leben und ich« (Stories), »Bitte Anstand halten!« (skurrile Geschichten zur Corona-Krise) und »Bibliomanie« (Roman). Er arbeitet bundesweit als Berater und Coach. Über jeden Vorwurf des Missbrauchs von Genderthemen ist er erhaben, da er im Alter von vier Jahren als Rotkäppchen beim Fasching war, auch wenn man ihm damit nachträglich unterstellen könnte, er sei lupophob.

»Im Auftrag der Guten.« »Und zum Wohle aller.« »Bitte nennen Sie Ihr Geschlecht.« »Männlich.« »Wirklich?« »Ja.« »Sind Sie sich sicher?« »Ja.« »Okay. Sind Sie hetero-, homo-, bi- oder transsexuell? Anderes?« Noch eine dumme Frage und ich schlage den Automaten kurz und klein. Ich will einen verdammten Schokoriegel und mich nicht beim Gesinnungsministerium bewerben. »Normal«, antworte ich. »Diese Auswahl ist unbekannt. Sind Sie hetero-, homo-, bi- oder transsexuell? Anderes?« Ich schlucke die aufkommende Wut runter. »Heterosexuell.« »Ich habe verstanden. Ein heterosexueller Mann. Danke.« Es blinkt und rattert, der Schokoriegel liegt wie ein schwer erreichbarer Lottogewinn hinter dem Glas. »Bitte nennen Sie Ihre Personen-ID.« »340489583590.« »Danke.« Der Rechner rechnet emsig und der Schokoriegel grinst hämisch. »Sie sind Peter Rutkowski. Ist das richtig?« »Ja.« »Bitte treffen Sie Ihre Auswahl.« »Schokoriegel Nummer 14, bitte.« »... Sie sind nicht zum Erwerb der Ware autorisiert. Bitte treffen Sie eine andere Auswahl.« »Das muss ein Fehler sein. Ich möchte den Schokoriegel Nummer 14, bitte.« Es blinkt und rattert. »Diese Produktgruppe wurde gesperrt durch ... Maria Rutkowski. Bitte wenden Sie sich an Ihre Pflegeperson oder treffen Sie eine andere Auswahl.« »Welche Produkte sind für mich freigeschaltet?« »... Produkte 28 bis 30.« Ich beuge mich nach unten in die letzte Reihe und schaue nach. Wirsingkohlchips, eine Miniportion Seealgensalat und Mehlwurmriegel. Rechts oben blinkt die Uhrzeit. Nur noch knappe fünfundzwanzig Minuten, dann ist mein Ausgang beendet und ich muss wieder zu Hause sein. Bei einer Verspätung gibt es für jede Minute einen Minuscredit. So einfach darf ich es Maria und Inge nicht machen. »Fick dich«, flüstere ich in Richtung Automat, wende mich ab und gehe. »Möge Ihr Leben bunt bleiben«, höre ich leise hinter mir. In der Baerbockstraße klopfe ich an die schäbige Tür eines noch schäbigeren Hauses. Schritte nähern sich, dann räuspert sich die wohlbekannte tiefe Stimme. »Wer da?«, rumort es aus den Eingeweiden einer Hütte, in der niemand Social Credits vergibt und in der es egal ist, was du zu welcher Zeit isst, wer du bist und wie oder als was du dich heute fühlst. Kein Urteilen oder Verurteilen, bloßes Sein, vor allem pures Normal-Sein. »Peter«, sage ich, fast an die Tür gepresst. Sie wird geöffnet und Frank blinzelt mich müde an. »Im Auftrag der Guten«, begrüße ich ihn. »Halts Maul und komm rein«, sagt er leise, schiebt den Kopf an mir vorbei nach draußen, späht und schnuppert wie ein Wachhund, dann zieht er mich rein. Ein wohliger Geruch nach eingetrocknetem Bratenfett, Knoblauch, Bier und menschlichen Ausdünstungen jeder Art umfängt mich wie eine wärmende Decke, mit der ich mich sofort zudecken will. »Wie immer?«, fragt Frank. Ich nicke und er biegt zur Küche ab. Am Ende des dunklen Flurs gelange ich zum schummrig beleuchteten Wohnzimmer, in dem die üblichen Gestalten auf Sofa, Sessel und Stühlen sitzen, Bier und Whisky trinken, Fritten und Fleisch essen, quatschen, rülpsen und lachen. Im Hintergrund dudelt Musik. »Hey, Peter, schön, dass du da bist!«, ruft Dennis, ein ehemaliger Banker, der nur noch ein Schatten seines früheren Selbst ist und heute in Pflegestufe sechs dahinvegetiert. Micha, Chris, Helmut, Uwe und Torsten nicken mir stumm zu und essen und trinken weiter. »Wie viel Zeit hast du heute?«, fragt Dennis. »Eine knappe Viertelstunde. Kaum Zeit zum Essen und für ein Bier, aber besser als nichts.« »Die hat dich gut an der Kandare. Aber besser so und Stufe vier als das hier und deutlich tiefer, nicht wahr?« »Du sagst es, mein Freund«, antworte ich und setze mich auf einen freien Stuhl an der Wand neben dem Fernseher. Über allem im Raum liegt der Schatten der Mittelmäßigkeit und in der Nase brennt der Geruch der Verlierer. »Was hören wir da eigentlich für ein Gejaule?«, frage ich, weil der elektronische Beat nervtötend und der Text aus Genderkauderwelsch kaum zu ertragen ist. »Das ist die neue Single von DJane Glottis Schlag.« »Du verarscht mich, oder?« »Nein, kein Scherz. Leider.« »Und warum tut ihr euch das an?« »Wir dürfen nur diesen Sender hören. Auf Stufe sechs werden die Optionen weniger, mein Lieber.« »Glaub mir, auch bei mir ist der Preis hoch. Einmal in der Woche ein Termin bei der Therapeutin Klingbeil-Jansen und ihrem schleimigen Lakaien Zwangsjacke, dazu Hausaufgaben, Benimmkurse mit Maria und Inge und schließlich die übliche ideologische Dauerbeschallung. Wenn ich endlich einmal Zeit für mich habe, starre ich auf ein Bücherregal mit feministischen Bestsellern.« »Bestsellerinnen, mein Lieber. Dein Weg ist noch weit«, sagt Dennis, lacht, prostet mir zu und trinkt einen großen Schluck. Dann wischt er sich mit dem Unterarm über den Mund. »Magst du einen Whisky trinken? Wir sind auf dem Schwarzmarkt an eine Flasche Famous Grouse gekommen.« »Besser als nichts. Aber ich habe striktes Alkoholverbot.« Dennis winkt ab, kratzt sich am Kinn und schüttelt den Kopf. »Du weißt nicht, ob du jemals wieder einen Whisky trinken darfst. Die guten Zeiten sind längst vorbei. Sieh uns an. Und was kann dir schon passieren? Ein paar Minuscredits auf einem Score, der eh keinen interessiert.« Er trinkt nun direkt aus der Flasche. »Warum also den Whisky verschmähen?« »Schon gut. Gib her.« Zehn Minuten später verlasse ich die Männergruppe in der Baerbockstraße. Ich habe einen Döner mit Fleischersatz reingeschlungen und einen Whisky gekippt. Pflegestufe vier für toxische Männlichkeit heißt neben vielen anderen Einschränkungen kein Zucker, kein Fleisch und keinen Alkohol. Das mit dem Fleisch ist kein Problem, weil ich – an dieser Stelle sehr zur Freude meiner Frau und Inge – seit Jahren Vegetarier aus Überzeugung bin. Aber der Alkohol ... der fehlt mir eben. Nicht im Sinne der betäubenden Substanz, die vergessen lässt, wenigstens für ein paar Stunden. Nein, ich vermisse den Genuss eines rauchigen Whiskys, den ledernen und torfigen Geschmack eines Ardbeg oder die Eleganz, Ausgewogenheit und Perfektion eines Macallan. Das sind Erinnerungen, die schmerzhaft in mir ruhen. Ich habe noch knappe fünf Minuten bis nach Hause. An der nächsten Kreuzung biege ich direkt auf unsere Straße und dann wandelt sich das Gesicht des Viertels. Die Gegend hier erinnert mich an einen dünn besiedelten Stadtteil von Detroit, in dem nur noch Sozialhilfeempfänger und Kriminelle leben. Jedenfalls in meiner Vorstellung davon, denn ich war noch nie dort. Es ist viel zu dunkel und hinter jeder Ecke könnte ein Gesetzloser lauern, einer, der es nicht mal mehr zur Pflegestufe zehn schafft und auf den niemand etwas gibt, weil er irgendwann einmal in seinem Leben falsch abgebogen war. Zu weiß, zu europäisch, zu eitel, zu satt, zu fett und to male to fail, aber dann kam es anders. Weitere drei Minuten vergehen und ich biege auf die Alice-Schwarzer-Allee ein. Hundert Meter noch bis zu unserem Haus – nein, es ist inzwischen das Haus meiner Frau – und dann bin ich da, pünktlich und gehorsam.

Erscheinungsdatum
Verlagsort Leipzig
Sprache deutsch
Maße 125 x 195 mm
Gewicht 144 g
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Gendern, Woke, Cancel Culture • Humor, Satire, Parodie • Kulturelle Aneignung, Deutungshoheit, Toxische Männlichkeit
ISBN-10 3-941935-99-2 / 3941935992
ISBN-13 978-3-941935-99-0 / 9783941935990
Zustand Neuware
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