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Die Bücher waren Zeuge -  Amelia Green

Die Bücher waren Zeuge (eBook)

Ein Krimi in bester Whodunit-Tradition

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
334 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-3282-1 (ISBN)
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Eigentlich sollten Clifford Walker, Laurentius Newcombe und Adriana Shilling nur im Fall einer gestohlenen Uhr ermitteln. Doch als sie auf dem düsteren Landhaus Lonemoor Estate eintreffen, wendet sich das Blatt: Ein Schneesturm zieht herauf und zwingt die Detektive dazu, fünf rätselhaften Fremden, die durch das Wetter ihre Reise unterbrechen müssen, im Haus Unterschlupf zu gewähren. Kaum wird es Nacht, wird einer der ungebetenen Gäste in der verschlossenen Bibliothek kaltblütig ermordet. Durch den Schnee im Haus gefangen, machen sich Clifford, Laurentius und Adriana daran, den Mord aufzuklären. Aber es scheint, als wären sie alle nur Marionetten in den Händen eines Mörders, der unter ihnen heimlich die Fäden zieht.

Amelia Green hat ihre früheste Kindheit in England verbracht, bevor sie in Süddeutschland heimisch wurde. Ihre Liebe zu Cottages, Tea Time und Crime lebt sie seither beim Schreiben aus.

Der Fall: Erster Teil


Sprich vom Norden


Als wir am Freitagmittag den Bahnsteig des kleinen Örtchens Lonemoor Hollow verließen, hatte sich meine Einstellung zu diesem entwürdigenden Auftrag kaum geändert. Der Zug war eine ältere Eisenbahn gewesen, die unermüdlich pfiff und klapperte und in der man sich nur hatte unterhalten können, wenn man sich gegenseitig anschrie. Erst hatte ich gehofft, dass uns das eine Fahrt in angenehmem Schweigen bescheren würde, aber nein, Clifford und Adriana hatten leidenschaftlich den neuesten Kriminalfilm diskutiert, den sie im Kino gesehen hatte, er aber nicht. Es war entsetzlicher Krach gewesen, von dem ich zusehends Kopfschmerzen bekommen hatte, die sich auch an der frischen Luft noch nicht ganz verflüchtigten.

Wir mussten den Weg von der Bahnstation zum Anwesen laufen, denn wie sich herausstellte, war Lonemoor Hollow so klein, dass es keine Taxe im Dorf gab. Leider konnten wir Mr. Woolf nicht um Rat bitten, weil er erst zur Teezeit mit dem Zug aus dem Norden eintreffen würde. Die ganze Situation wurde auch wirklich nicht besser. Raureif, Frost und eine dünne Schicht pulvriger Schnee lagen auf den gefrorenen Feldern zu beiden Seiten der ungepflasterten Straße. Mit jedem Atemzug bliesen wir Nebelwölkchen in die Luft, es hatte knapp ein Grad über null. Adriana redete nach wie vor ohne Punkt und Komma. Die eisige Luft schmerzte in meinen Lungen. Nach dem Verlassen des Zuges hatte meine Nase prompt zu laufen angefangen, sodass ich gezwungen war, auf sehr beschämende Art vor mich hin zu schniefen. Enerviert dachte ich, dass ein Schnupfen mir gerade noch gefehlt hatte und jemand bitte Adriana zum Schweigen bringen möge.

»Jetzt erklärt ihr beiden mir bitte mal den Fall von damals, in dem ihr mit Mr. Woolf zu tun hattet, ganz genau«, ordnete Adriana an. Ich fragte mich, wie sie einen Koffer durch die Kälte tragen und immer noch Atem zum Reden haben konnte. Sie marschierte strammen Schrittes vor uns her, als ginge es überallhin, aber nicht zum abgelegensten Haus mit dem unterfordernsten Auftrag aller Zeiten. »Ich muss alles wissen!«

»Wir wurden von drei Männern angeheuert, die Geld beim Pferderennen verloren hatten«, antwortete Clifford. Ich war froh, dass er das Antworten übernahm, weil mir mittlerweile so sehr die Luft ausging, dass ich alle paar Schritte danach schnappte wie ein Karpfen an Land. »Weißt du, wie das Wetten funktioniert?«

»Du meinst, wie man auf welches Pferd setzt oder wie die Wettläden aufgebaut sind?«

»Letzteres.«

»Ich glaube schon, aber du kannst es noch einmal zusammenfassen, wenn du darauf bestehst.«

»Ich musste es damals jedenfalls selbst erst lernen.« Clifford lachte. »Man kann natürlich zum Rennen gehen und vor Ort wetten, oder man bleibt zu Hause, wettet in einem örtlichen Wettbüro und hört sich die Ergebnisse im Radio an. Vorteil daran ist, man spart sich die Fahrtkosten und kann lauter fluchen, wenn man verliert. Nun ja. Diesem Montrose gehörte ein kleines Imperium an solchen lokalen Wettbüros. Vom Prinzip her war dieser Wettveranstalter nicht außergewöhnlich. Montrose führte den Laden und Woolf war sein – Sekretär? Buchhalter? Laurentius?« Er drehte sich fragend zu mir um.

»Stellvertreter«, keuchte ich. »Aber auch zuständig für die Verwaltung.«

»Also ja. Wir versuchten, durch Beschattung und Befragungen Licht in die Angelegenheit zu bringen, und fanden bald heraus, dass Montrose und seine Mitarbeiter die Wetteinsätze, wenn nicht sogar die Ergebnisse, so manipulierten, dass die ganzen normalen Leute, die auf ein Pferd setzten, ständig ordentlich Geld verloren und Montroses reiche Freunde, egal wie viel sie wie schlecht platzierten, dauernd nur größere Summen gewannen. Ich langweile dich nicht mit Details, wie er das angestellt hat. Fest steht nur, dass er selbst dadurch ziemlich reich wurde, ein Haufen wohlhabende Pferdenarren genauso, und die einfachen Wetter genau das Gegenteil. Intern war das ein offenes Geheimnis, aber um Montrose zu überführen, hätten wir entweder einen einflussreichen Mitarbeiter oder einen der reichen Profiteure benötigt, um gegen ihn auszusagen.«

»War dann Mr. Woolf euer Vertrauter?«

»Leider nein. Wir hatten ihn zunächst im Verdacht, haben ihn beschattet und ausgefragt. Es hat sich hinterher herausgestellt, dass er dachte, wir kämen von Montrose, der herausfinden wollte, wer wie viel weiß. Und die Namen der wohlhabenden Wetter wurden geheim gehalten. Wir kamen nicht dran, egal was wir versuchten. Vermutlich steckten da was auch immer für Leute mit drin – Politiker, Bankiers, Landadel – solche Kandidaten.« Er stellte den Koffer ab. »Wie weit ist das denn, bitte schön?«

Das Dorf war hinter uns nicht mehr zu sehen. Links von der Straße lag ein Feld, das um diese Jahreszeit nur frostige Erde war, rechts davon eine Schafweide ohne ein einziges Schaf. Der Himmel war vollständig weiß und der Boden steinhart gefroren. Ein unangenehmer Wind pfiff über das offene Land. Vor uns schlängelte sich die Straße in eine hügelige Landschaft hinein.

»Wenn wir den falschen Weg genommen haben, wird es frustrierend.« Adriana lachte. »Aber es hieß ja, Lonemoor Estate läge weit draußen. Sehr weit. Und das nächste Dorf ist ja auch nur mikroskopisch. Kann schon sein, dass der Landsitz irgendwo da hinten in den Hügeln liegt. Da vorne ist doch schon was!« Sie zeigte in Richtung Horizont. »Könnte das ein Haus sein? Ich hoffe es.«

Ich fragte mich, ob es besser war, länger stehen zu bleiben und sich von dem Marsch zu erholen, auch wenn man dabei akute Hypothermie riskierte, oder ob man in Bewegung bleiben sollte, zwar atemlos, aber doch wenigstens nicht steif gefroren. Die anderen nahmen mir diese Entscheidung ab, als Clifford seinen Koffer wieder hochnahm und hinter Adriana her weiter die Straße entlangmarschierte.

»Und ihr musstet dann an die Polizei übergeben, weil ihr niemanden finden konntet, der aussagen wollte?«

»Mehr oder weniger. Einen der Profiteure konnten wir finden, weil er uns rein zufällig in der Tür begegnete und wir danach von Montroses Leuten seinen Namen erfuhren. Aber wir konnten ihn nicht befragen, aus … persönlichen Gründen. Damit war der Fall für uns gelaufen.«

»Und was waren diese persönlichen Gründe?«, hakte Adriana nach. »Eines von Laurentius’ Geheimnissen?«

Wäre ich nicht mittlerweile fünf Yards hinter den beiden zurückgefallen, hätte ich sie für die Formulierung und für die Verwendung meines Vornamens gerügt, aber ich wollte nicht hinter ihnen herrufen wie ein verstoßenes Kind. So schniefte ich nur verächtlich und verfluchte mich dafür, dass ich in meinem Koffer unsere schwere Kamera eingepackt hatte, anstatt das meinem Partner zu überlassen, der im Gegensatz zu mir über die Fähigkeit verfügte, Gegenstände über längere Distanzen zu tragen.

»Nein, in dem Fall lag es an mir, und glaub mir, wenn diese Befragung möglich gewesen wäre, hätten wir sie durchgeführt.« Clifford seufzte. »Nun ja. Manchmal kassiert man als Detektei Pleiten. Aber wir hatten genügend Vorarbeit geleistet, sodass die Polizei Montrose festnehmen konnte. Er hat auch ordentlich Zeit hinter Gitter verbringen müssen, das waren Beträge in Millionenhöhe, die er da unrechtmäßig einkassiert hat. Die profitierenden Kunden, in Anführungszeichen, haben behauptet, von nichts gewusst zu haben, und kamen davon. Den Geschädigten wurde ihr Geld leider nur teilweise erstattet, weil in Montroses Büchern natürlich keine Nachweise existierten, wie viel ihnen genau zugestanden hätte.«

»Und Mr. Woolf hatte mit alldem nichts zu tun?«

»Nicht nichts. Aber er war unschuldig. Er hat weder die Bücher gefälscht noch irgendjemanden angelogen noch irgendetwas vertuscht noch in irgendeiner Weise damals einen Gewinn aus der Geschichte gezogen.«

»Das heißt, er ist kein dubioser Auftraggeber.« Adriana seufzte. »Schade. Das wäre spannend.«

Es wäre schön gewesen, hätte dieser Auftrag irgendetwas Spannendes beinhaltet, aber diese Meinung hatte ich schon zur Genüge kundgetan, daher schwieg ich.

»Wenn wir nicht noch etwas über ihn finden, ist er nicht dubios, nein. Er kennt eben die Detektei aus einem eventuell unüblichen Kontext. Nach der Montrose-Affäre hat er sich selbstständig gemacht, schlau investiert, ist relativ rasch zu Geld gekommen und hat dann dieses Stadthaus gekauft – und den Landsitz, zu dem wir gerade unterwegs sind.«

»Und das wisst ihr einfach über alle möglichen Leute auswendig?«

»Nein, wir haben Recherche betrieben, bevor wir seine Einladung angenommen haben.«

»Und jetzt suchen wir seine Uhr.«

»Genau.«

Der Weg führte jetzt durch eine Allee –...

Erscheint lt. Verlag 30.1.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7583-3282-6 / 3758332826
ISBN-13 978-3-7583-3282-1 / 9783758332821
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