Professor Zamorra 1298 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6194-9 (ISBN)
In letzter Sekunde drückte Nicole auf die Bremse, sodass der Wagen zum Stehen kam. Gerade noch rechtzeitig, bevor er in voller Fahrt im Schlossgraben gelandet wäre.
'Nanu', wunderte sich Zamorra, 'Wer hat denn die Zugbrücke hochgezogen?'
In dem Moment senkte sich die Zugbrücke knarrend.
Doch losfahren konnte Nicole immer noch nicht.
Genau in der Mitte der Zufahrt stand Butler William.
In den Händen trug er eine Kettensäge.
Die er in diesem Moment anwarf ...
Monster-KI
von Veronique Wille
Unvermittelt hatte sich die Erde unter Zamorra und Taran geöffnet. Ein gewaltiger Schlund drohte den Parapsychologen in die Tiefe zu reißen. Taran reagierte blitzschnell. Er umfasste Zamorra und riss ihn mit sich, flog trotz seiner menschlichen Last mit unglaublicher Geschwindigkeit durch den Gang.
Doch fast ebenso schnell folgte ihm das Wesen aus der Tiefe. Überall riss die Erde auf. Zuckende Tentakel peitschten nach den Flüchtenden, bekamen Taran aber nicht zu fassen. Es war, als umgebe ihn ein unsichtbares Schutzfeld.
Hinter ihnen brach die Decke ein. Der gesamte Gang drohte einzustürzen ...
Kneipe »Zum Teufel«, Saint-Cyriac, Frankreich
»Dein Archivar, Zamorra, hat sich neulich schon bei mir beworben.« Dorfschmied Charles Goudon ließ den Satz bedeutungsvoll vorerst im Raume stehen. Wie erwartet trat gespannte Stille ein.
Goudon nahm einen Schluck aus seinem riesigen Bierglas, blickte dabei aber Zamorra über den Rand gespannt an.
Zamorra seinerseits fiel nicht auf die Finte herein. Er sagte nichts dazu, griff ebenfalls zum Glas, allerdings zum Weinglas, und stieß mit seiner Lebensgefährtin Nicole wortlos an. Dabei kniff er ihr ein Auge zu.
»Ja, und, Zamorra?«, unterbrach schließlich André Goadec die Stille, Zamorras größter Weinbergpächter. »Willst du ihm nicht erklären, dass unser Freund Goudon ein Lügenbold ist? Nie und nimmer würde Pascal bei ihm in die Lehre gehen!«
»Stimmt!«, donnerte Malteser-Joe dazwischen. »Goadec ist ein verdammter Lügner!«
»Woher willst ausgerechnet du das wissen?«, giftete der Schmied zurück.
»Tja ...« Auch Malteser-Joe griff nun erst mal zum Bierglas und nahm einen tiefen Schluck. Danach beugte sich der Ex-Fremdenlegionär angriffslustig über die Tischplatte Gouadec entgegen. »Ganz einfach. Pascal hat sich nämlich bei mir beworben!«
Jetzt waren alle baff.
Justine Rameau fand als Erste die Sprache wieder: »Und als was soll er sich bei dir beworben haben? Etwa als Witzeerzähler?«
»Nichts gegen Witzeerzähler!«, entgegnete Malteser-Joe. »Jeder hier weiß, dass ich der beste weit und breit bin! Kennt ihr den ...«
Jedermann und jedefrau am Stammtisch stöhnte auf. Nicole hielt sich sogar demonstrativ die Ohren zu.
»Na schön, dann kommt ihr eben nicht in den Genuss meiner neuesten Witz-Kreation. Ihr Kunstbanausen! Jawohl: Auch Witze sind eine Kunstform!« Malteser-Joe wirkte leicht verschnupft.
»Lenk nicht ab!«, sagte Gouadec. »Du hast mich einen verdammten Lügner genannt. Ich behaupte, dass du ein noch größerer bist!«
»Genau, Malteser-Joe!«, rief Mostache, der Wirt des »Zum Teufel« von der Theke herüber. Wie üblich, wenn sich die Kneipe zu später Stunde geleert hatte, verfolgte er umso lieber die Gespräche am Stammtisch. Die Zecher hatten in der Regel Sitzfleisch und brachten viel Trinkgeld in die Kasse. Außer von Malteser-Joe, der meistens klamm war und anschreiben ließ. Früher hatte er sogar eine Wohnung an Madame Claire, Zamorras Haushälterin, vermietet, aber die Wohnung hatte er ebenso versoffen wie sein Erspartes.
»Also, es war folgendermaßen ...«, begann Malteser-Joe, der es genoss, aller Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben. »Gestern kam dein Archivar, Zamorra, zu mir. Er wirkte ziemlich niedergeschlagen. Als ich ihn fragte, welche Laus ihm denn über die Leber gelaufen sei, meine er nur, er müsse wohl bald betteln gehen, um seine Familie ernähren zu können. Seine Stelle auf eurem Schloss würde ja nun bald von einer KI wegrationalisiert werden.«
Nicole wollte protestieren, spürte aber Zamorras Hand auf ihrem Arm. Der Schlossherr wusste genau, dass Nicoles Lunte bei Weitem kürzer war als seine eigene. Normalerweise ertrug sie Malteser-Joes Aufschneidereien und konnte sogar über seine Witze lachen, auch wenn die einen Bart so lang wie Rübezahl hatten. Aber was er jetzt von sich gab, ging zu weit!
»Ja, und wieso ist er dann gerade zu dir gekommen?«, mischte sich nun auch Pater Ralph ein.
»Wieso nicht? Bei dir hätte er ja nur geistigen Beistand erhalten.«
»Mach's kurz!«, verlangte Gouadec. »Bis dahin nenne ich dich weiterhin einen verdammten Lügner!«
»Selber Lügner. Also gut. Ich habe eurem Archivar angeboten, ihn im Nahkampf und Waffengebrauch auszubilden, damit er sich bei der Fremdenlegion bewerben kann.«
Keiner lachte. Damit hatte Malteser-Joe offenbar nicht gerechnet.
»Jetzt reicht es, Malteser-Joe!«, ergriff endlich Zamorra das Wort. »Damit scherzt man nicht. Schreibt es euch alle hinter die Ohren, Leute: Pascal Lafitte war, ist und bleibt unentbehrlich. Das betrifft auch Faolan und alle anderen im Château Montagne. So! Schluss und aus mit euren schlechten Scherzen!«
Er trank den Rest seines Weines mit einem Schluck aus.
»Halt! So leicht kommst du nicht davon!«, sagte Marie-Claire, die den einzigen Krämerladen in Saint-Cyriac betrieb. »Was ist mit der KI? Ich hab so was neulich auch in der Zeitung gelesen: dass die KI alle Arbeitsplätze vernichten tut!«
»Meinen nicht!«, widersprach Mostache. »Keine KI der Welt kann euch Schluckspechten Wein und Bier kredenzen!«
»Und ob!«, rief Gouadec. »Hab erst kürzlich im Fernsehen gesehen, dass es in New York schon Roboter gibt, die dir den Cappuccino kochen!«
Zamorra verdrehte die Augen. »Nicht nur in New York, André. Das gibt's mittlerweile überall und hat nichts KI nicht zu tun.«
»Aber so was von überhaupt nicht!«, ergänzte Nicole, die fast platzte.
»Also ...«, hob Zamorra bedächtig an. »Fakt ist, wie die meisten von euch wahrscheinlich schon durch den Dorffunk erfahren haben, dass wir auf Château Montagne eine neue moderne Computeranlage bekommen, deren Software in der Tat hauptsächlich mit KI-Unterstützung arbeitet. Das bedeutet zum Beispiel für unsere beiden Archivare, insbesondere für Pascal: Die entsprechende KI-Software sortiert für ihn bereits weltweit die Fälle heraus, die er wiederum für uns entsprechend vorbereitet, ob sie für Nicole und mich von Relevanz sind.«
»Wir können so viel schneller reagieren, wenn Gefahr in Verzug ist«, setzte Nicole hinzu.
»So weit, so gut«, ergriff Pater Ralph erneut das Wort. »Ihr wisst, dass ich alles andere als ein Technikgegner bin, aber KI sehe ich als Werk des Teufels an. Führende KI-Experten haben erst neulich davor gewarnt, wohin das führen könnte!«
Zamorra seufzte. »Du beziehst dich wahrscheinlich auf den Appell des Center Of All Safety, den übrigens unter anderem keine Geringere als Monicas Peters unterzeichnet hat, Chefin von Tendyke Industries. Und ratet mal, wem wir die neue Anlage verdanken: Tendyke Industries!«
»Im Übrigen, Pater, ist jener Appell ein Weckruf, eben vernünftig mit jeder Form von KI umzugehen«, ergänzte Nicole. Sie hatte inzwischen ihr TI-Gamma gezückt und die Seite mit dem Wortlaut aufgerufen. »Es heißt hier, das Ziel muss sein, das Risiko einer Vernichtung durch KI zu verringern, und sie sollte eine globale Priorität neben anderen Risiken gesellschaftlichen Ausmaßes sein, wie etwa Pandemien und Atomkrieg.«
»Und damit erkläre ich die Debatte für heute beendet«, entschied Mostache, der sich während des Disputs von seinem Platz an der Theke gelöst und zum Abkassieren an den Stammtisch gekommen war. »Schluss für heute! Es ist spät genug, meine Damen und Herren. André und Malteser-Joe: Los, reicht euch die Hände, und gut ist!«
Die beiden Kontrahenten warfen sich zwar noch unfreundliche Blicke zu, taten aber wie geheißen. Im »Zum Teufel« hatte allein Mostache das Sagen.
Es war nach Mitternacht, als sich die Runde nach einem letzten Absacker endlich auflöste.
Da Nicole weit weniger dem Alkohol zugesprochen hatte als der Meister des Übersinnlichen, hatte Zamorra ihr ausnahmsweise das Steuer der »Göttin« überlassen. Dabei handelte es sich um einen schneeweißen Citroën DS 23 Pallas, dessen Inneres es dank der innovativen Technologie von Tendyke Industries in sich hatte und mit allerlei Gimmicks aufzutrumpfen wusste. Letzte Neuerung war, dass Zamorra mithilfe der im Wagen installierten Computeranlage jederzeit auf das Netzwerk im Château zugreifen konnte.
Wobei die Installation der Anlage, die die TI-Techniker sinnigerweise TI-Ultra getauft hatten, so gut wie vor dem Abschluss stand. Nachdem über Wochen eine ganze Brigade an IT-Technikern und -Spezialisten im Château ein- und ausgegangen war, waren es nun nur noch zwei Fachleute, die letzte Hand anlegten. Gleich morgen wollten sie abreisen. Zamorra und Nicole hatten sie eingeladen, mit ihnen hinunter ins Wirtshaus zu fahren und auf ihren letzten Abend anzustoßen, aber die beiden waren wahre Nerds und hatten Arbeit vorgeschützt.
»Ich kann unsere Freunde unten im Dorf ja verstehen«, sagte Nicole, während sie das schwere Gefährt lässig mit einer Hand...
Erscheint lt. Verlag | 24.2.2024 |
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Reihe/Serie | Professor Zamorra |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-6194-2 / 3751761942 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6194-9 / 9783751761949 |
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