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G. F. Unger 2254 (eBook)

Der letzte Ritter

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6244-1 (ISBN)

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G. F. Unger 2254 - G. F. Unger
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Ich war damals auf einem der großen Dampfboote den Mississippi heruntergekommen. Eigentlich hatte ich mal den Golf von Mexiko sehen wollen, doch ich kam nur bis New Orleans.
Gegen drei Uhr - also etwa eine Stunde vor Morgengrauen - verließ ich eines der vielen Tingeltangel an der Uferstraße.
Ich ging zu einer kleinen Landebrücke, an der kein Schiff lag. Von diesem Platz aus konnte ich den ganzen Flusshafen überblicken.
Unter den Planken der Landebrücke plätscherten die Wellen. Und auf einmal war es mir, als wäre das Stöhnen eines Menschen zu hören. Aber dann war ich wieder sicher, dass es die Planken und Pfähle waren, die unablässig knirschten, rieben und knarrten.
Doch plötzlich kamen zwei Männer am Ufer entlang und zu mir auf die Brücke. Ich begriff schnell, dass es keine Müßiggänger waren, die wie ich in der linden Nacht die Lichterpracht des Hafens bewundern wollten.
Sie kamen zu mir und starrten mich im Mond- und Sternenlicht an. Ich fragte ruhig: »Nun, Freunde, was soll's denn sein?«
Aber sie wandten sich schon wieder ab.
»Ach, rutsch uns doch mal den Buckel runter ...«, hörte ich einen von ihnen knurren ...


Der letzte Ritter

Ich war damals auf einem der großen Dampfboote den Mississippi heruntergekommen. Eigentlich hatte ich mal den Golf von Mexiko sehen wollen, doch ich kam nur bis New Orleans.

Gegen drei Uhr – also etwa eine Stunde vor Morgengrauen – verließ ich eines der vielen Tingeltangel an der Uferstraße.

Ich ging zu einer kleinen Landebrücke, an der kein Schiff lag. Von diesem Platz aus konnte ich den ganzen Flusshafen überblicken.

Unter den Planken der Landebrücke plätscherten die Wellen. Und auf einmal war es mir, als wäre das Stöhnen eines Menschen zu hören. Aber dann war ich wieder sicher, dass es die Planken und Pfähle waren, die unablässig knirschten, rieben und knarrten.

Doch plötzlich kamen zwei Männer am Ufer entlang und zu mir auf die Brücke. Ich begriff schnell, dass es keine Müßiggänger waren, die wie ich in der linden Nacht die Lichterpracht des Hafens bewundern wollten.

Sie kamen zu mir und starrten mich im Mond- und Sternenlicht an. Ich fragte ruhig: »Nun, Freunde, was soll's denn sein?«

Aber sie wandten sich schon wieder ab.

»Ach, rutsch uns doch mal den Buckel runter ...«, hörte ich einen von ihnen knurren ...

Sie verließen die Landebrücke, begannen jedoch vom Ufer aus in die Verstrebungen der Brücke zu klettern.

Nun war mir klar, dass sie etwas suchten.

Und nun erinnerte ich mich auch wieder an die merkwürdigen Geräusche, welche ich vorhin zu hören geglaubt hatte. Plötzlich bekamen sie für mich einen anderen Sinn.

Suchten die beiden Pilger vielleicht einen Menschen, der sich vor ihnen unter dieser Landebrücke im Fluss versteckte?

Ich war ein misstrauischer Bursche mit einem scharfen Instinkt. Denn dort, wo ich herkam, musste man höllisch auf sich aufpassen, wollte man überleben.

Natürlich wusste ich, dass der Hafen von New Orleans ein gefährliches Pflaster war. Hier gab es gewiss mehr Banditen als dort, von wo ich herkam. Und auch auf dem Mississippi spielten sich Machtkämpfe großer Interessengruppen ab, welche um Monopole kämpften und dabei über Leichen gingen.

Aber dies hier war nicht mein Revier. Ich hatte nur mal mein Pokerglück auf einem dieser Saloon-Dampfer probieren wollen, welche zwischen Saint Louis und New Orleans verkehrten.

Dabei war ich recht erfolgreich gewesen. Ich hatte mehr als dreitausend Dollar in meinem Geldgürtel und noch mehr als zweihundert in meinen Taschen.

Ich sah nun, dass die beiden Kerle einen Mann unter der Landebrücke hervor- und das Ufer hinaufzerrten. Der Mann wehrte sich, und er wehrte sich mit der Kraft und Wildheit der Verzweiflung.

Ich begriff, dass es dort ums nackte Leben ging.

Er rief nun auch heiser und keuchend um Hilfe.

Ich war kein Bursche, der sich in fremden Verdruss einmischte. Irgendwann nämlich hatte ich begriffen, dass man zuerst mal sein eigener Hüter sein musste und zumeist was auf die Nase bekam, wenn man sich um Dinge kümmerte, die einen nichts angingen.

Aber dort kämpfte ein Mann um sein Leben.

Ich sah Messer blinken.

Und so sprang ich los und rief scharf: »He, hört auf!«

Ich war schnell. Obwohl ich ein großer und schwergewichtiger Bursche war, konnte ich so schnell wie ein Wildkater sein.

Sie ließen ihr Opfer los und sprangen mir entgegen. Denn sie hatten begriffen, dass sie sich zuerst um mich kümmern mussten, wollten sie sich wieder ungestört ihrem Opfer zuwenden können.

Sie hatten den Mann schon so schlimm verletzt, dass er sich nur noch kniend bewegen konnte. Dabei hielt er sich die Wunden mit den Händen zu.

Aber zugleich sah er zu mir her und natürlich auch auf die Kerle, die mich angriffen.

Nun, es waren zwei harte Burschen, die ihr Geschäft verstanden. Sie hielten noch ihre blutigen Messer in den Händen und wollten sie gerne in mich hineinjagen. Ich hätte meinen Colt herauszaubern können, den ich unter der Jacke im Schulterholster trug. Aber irgendwie wäre mir das unfair vorgekommen. Denn die beiden Burschen wussten nicht, in was sie hineinrannten.

Sie hatten keine Chance gegen mich, obwohl sie zu zweit waren. Aber ich hatte schon gegen Apachen und Comanchen gekämpft. Ich war Town Marshal gewesen in wilden Städten. Und ich hatte Wildpferde gefangen und zugeritten. Auch war ich im Krieg gewesen und hatte dort eigentlich immer gegen eine Übermacht gekämpft.

Nein, sie hatten trotz ihrer Messer keine Chance gegen mich.

Einen trat ich in die Seite. Und dem anderen renkte ich den Messerarm aus. Dann warf ich den brüllenden Burschen in den Fluss, wo er einarmig kaum schwimmen konnte.

Den anderen, den ich in die Seite trat, sodass er sich überschlug wie ein getretener Hund, erwischte ich nochmals. Ich warf ihn ebenfalls in den Fluss.

Dann kniete ich neben dem Überfallenen. Er war ein alter Bursche. Und er war schon dabei, seinen Löffel abzugeben. Das sah ich gleich und spürte es auch, als ich ihn in meine Arme nahm.

Ich wollte ihn zu einem Doc tragen. Weiter oben an der Hafenstraße hatte ich ein Schild gesehen.

Und so beeilte ich mich.

Ich schaffte es auch mit ihm bis zu diesem Doc. Dieser war auch im Haus und ließ uns ein, wobei er knurrte: »He, Sie brauchen mir nicht die Tür einzutreten.«

Aber dann beeilten wir uns, legten den stöhnenden Mann auf eine Liege und entkleideten ihn.

Dabei erklärte ich dem Doc mit kurzen Worten alles.

Er knurrte: »In diesem Dreckshafen hier werden jede Nacht Menschen überfallen und ausgeraubt. O je, der schafft es nicht mehr. Da kann ich nichts machen – gar nichts. Die haben ihm wichtige Organe zerstochen. Der ist hin. Armer Bursche. An der Kleidung erkenne ich, dass er aus dem Norden kommt. Ein Goldgräber wahrscheinlich. Der hatte einen weiten Weg den Missouri und den Mississippi herunter. Ob er Gold in seinen Taschen hat?«

Als der Doc das fragte, öffnete der Sterbende seine Augen. Er sah mich an. Und dann sagte er: »Danke, mein Freund. Du hast mir beigestanden wie einer der letzten Ritter. Es ging dich nichts an, aber du kamst, mir zu helfen. Und deshalb habe ich ein wenig Hoffnung. Nimm diese Papiere aus meiner Tasche und bringe sie zu Clementine Lasalle. Du erkennst sie am kleinen Fleck neben dem linken Mundwinkel.«

Oha, ich begriff schon in dieser Sekunde, dass ich jetzt dabei war, in irgendeine Sache hineinzugeraten, die wie ein brausender Fluss war, dessen Strömung auch einen guten Schwimmer mitreißt. Ich begriff instinktiv, dass der Sterbende von mir etwas verlangte, dessentwegen er nun sterben musste.

»Clementine Lasalle«, wiederholte er mit letzter Kraft den Namen. »Wenn du einer der letzten Ritter bist auf dieser Erde, dann geh zu ihr und hilf ihr, so wie ich ihr geholfen hätte. Denn sonst wird auch sie umgebracht werden wie ich. Willst du zulassen, dass diese Hurensöhne ein Mädchen umbringen – ein jetzt noch völlig ahnungsloses Mädchen? Das kannst du doch wohl nicht wollen. Such sie und ...« Weiter kam er nicht.

Er hatte den letzten Atemzug getan auf dieser Erde und in diesem Leben. Vielleicht würde er in den Himmel kommen. Es konnte aber auch sein, dass er für die Hölle bestimmt war.

Ich wusste es nicht. Er war mir fremd. Und dennoch hatte er mir jetzt eine Verantwortung übergeben, der ich mich nicht würde entledigen können.

Er war aus ganz bestimmten Gründen getötet worden.

Und jene Clementine Lasalle war aus den gleichen Gründen in Gefahr, wenn ich sie nicht vor den Mördern fand und beschützte. Ihr Leben lag gewissermaßen in meiner Hand. Es hing von mir ab, ob sie vielleicht davonkommen konnte.

Der Doc betrachtete mich aufmerksam.

Ich erwiderte seinen Blick und fragte: »Wie ist das mit der Polizei in dieser Stadt?«

Er grinste verächtlich. »Dies ist eine Hafenstadt kurz nach dem Krieg«, sagte er. »Hier muss alles erst wieder organisiert und neu aufgebaut werden. Vielleicht wird New Orleans in einigen Monaten wieder sauberer, friedlicher, ehrlicher, sicherer. Aber jetzt ...«

Er verstummte verächtlich.

»Diese Stadt«, sagte er, »ist wie eine Hure. Während des Krieges wurden hier Geschäfte gemacht, wie sie nur während eines Krieges möglich sind. Hier gibt es eine Menge korrupte Beamte. Freund, Sie sollten erst mal herausfinden, was der Tote für Papiere in der Tasche hat, was er also nach New Orleans zu dieser Clementine Lasalle bringen wollte. Ich weiß nicht mal Ihren Namen. Meiner steht auf dem Schild vor der Tür.«

Ich grinste schief.

»Ach«, murmelte ich, »mein Name ist nur einer von vielen. Ich bin Caleb Spade. Ich bin weit von meiner Heimatweide entfernt. Ich kam zu weit den Strom hinunter. Und jetzt ...«

Ich verstummte und blickte auf den Toten.

Aber dann machten wir seine Taschen leer.

Und in einer schmiegsamen Ledertasche, welche nicht viel größer als eine Brieftasche war, fanden wir dann das versiegelte Päckchen. Mit Tinte geschrieben stand darauf: Miss Clementine Lasalle, New Orleans, postlagernd.

Ich öffnete das Päckchen.

Der Doc sah mir dann über die Schulter.

Und bald wussten wir es beide.

Es war die...

Erscheint lt. Verlag 13.1.2024
Reihe/Serie G.F.Unger
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6244-2 / 3751762442
ISBN-13 978-3-7517-6244-1 / 9783751762441
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