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Türkische Märchen - Neuausgabe des Standardwerks des großen Orientalisten (eBook)

Ein literarischer Türkei-Reiseführer

Friedrich Giese (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024
320 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-31848-2 (ISBN)

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Türkische Märchen - Neuausgabe des Standardwerks des großen Orientalisten -
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In Kleinasien ist die mündliche Märchenüberlieferung bis heute lebendig. Beeinflusst von indischen, arabischen und persischen Erzählstoffen, entfaltet sich in den Märchen der Türkei die volle Pracht der orientalischen Märchenwelt. Dieser Band versammelt 66 fantastische Volks- und Kunstmärchen von der »Geschichte vom schönen Halwaverkäufer« bis »Der dankbare Fuchs«. Hier begegnet man dem sagenhaften smaragdenen Ankavogel, den Peri-Geistergestalten, den Padischahs und ihren edlen, klugen Söhnen und Töchtern. Eine bunte Märchensammlung wie aus Tausendundeiner Nacht in der kunstvollen Übersetzung des Orientalisten Friedrich Giese.
  • Der "Giese" (Erstausgabe 1925): kurzweilig - bildend - preiswert!
  • Die ideale Begleitung für Türkeireisende!
  • Das Standardwerk des großen Orientalisten Friedrich Giese (Erstausgabe 1925)

Die Geschichte von dem Kristallpalast
und dem Diamantenschiff

Die Geschichtenüberlieferer und die Märchenerzähler berichten Folgendes. Die Kinder eines Padischahs blieben in der Welt nicht am Leben und starben immer. Eines Tages kam dem Padischah ein weiblicher Nachkomme in dieser Welt zum Leben. Zu dieser Zeit sagten ihm der Arzt und der Hodscha1, nachdem sie Untersuchungen angestellt hatten: »Padischah, wir wollen für deine Tochter unter der Erde eine Grube machen lassen, dort mag sie dann aufwachsen, da es keinen anderen Ausweg gibt.«

Dem Padischah der Welt gefiel diese Rede. Es wurde dann unter der Erde eine an allen vier Ecken bewachte Grube hergestellt. Man brachte das Kind in die Grube, bestimmte eine Kinderfrau, die ihm morgens und abends sein Essen brachte. Um es kurz zu sagen: das Kind kam so hier in sein vierzehntes oder fünfzehntes Lebensjahr. An Schönheit hatte es nicht seinesgleichen.

Eines Tages langweilte sie sich an diesem Ort und stellte alle Stühle, die in der Grube vorhanden waren, übereinander und stieg darauf. Sie brach die Glasdecke entzwei, steckte den Kopf hinaus und sah hinaus. Da sah sie ein weites Meer. Als die Sonne darauf leuchtete, glänzte es so, dass man nicht hinschauen konnte. »Ach«, sagte sie, »wenn die Erde ein Unten hat, muss sie auch ein Oben haben«, und war einige Zeit in Staunen versunken. Dann stieg sie herab und blieb, wo sie war. Danach kam ihre Kinderfrau. Die sah auf einmal, dass die Glasdecke zerbrochen war. Jetzt fragte sie das Mädchen: »Wer hat das Glas zerbrochen?« Da fing die Prinzessin an zu sagen: »Führe mich von hier fort oder ich bringe mich selber um.«

Die Kinderfrau ging von dort zum Padischah und erzählte alle die Worte, die die Prinzessin gesagt hatte, eins nach dem andern. Der rief wieder die Ärzte zusammen. Die sagten nach wiederholter Prüfung: »Padischah, hole sie heraus, aber nicht sofort. Bis sich ihr Auge gewöhnt hat, mag sie etwas spazieren gehen, und dann bringe sie wieder in die Grube.« Die Wärterin ging und führte die Prinzessin aus der Grube in einen Rosengarten. Als sie (die Prinzessin) dort spazieren ging, sah sie den Ozean und verfiel in Nachdenken. Sie ging von dort zu ihrem Vater und sagte: »Vater, lass mir sofort auf dem Meer, das wir dort sehen, einen Glaspalast machen, darinnen sollen auch Diamant- und Goldstühle und schön gestickte Möbel sein. Wenn du ihn nicht machen lässt, bringe ich mich sofort um.«

Der Padischah sagte: »Aber mein Kind, der Palast soll sein, wie du ihn dir wünschst.« Dann gab er den Glasmachern Befehl. Sie fingen sofort an, auf dem Meer einen Palast zu machen. Genau in einem Jahr wurde er fertig. Dann gaben sie dem Padischah Kunde. Er ging an das Gestade des Meeres und sah ihn sich an. Das war ein solcher Glaspalast, dass jeder, der ihn sah, geblendet wurde. Mit Worten ihn zu beschreiben, ist unmöglich. Sein Glanz erfüllte die Welt.

Die Prinzessin kam und küsste ihrem Vater die Hand. Der Padischah sagte: »Mein Kind, der Glaspalast, wie du ihn gefordert hast, ist fertig geworden. Nimm dir einige Sklavinnen, geh hinein und wohne darin mit Vergnügen.«

Darauf nahm die Prinzessin, da sie jung war, einige Sklavinnen zu sich und betrat in feierlichem Zug mit ihnen den Palast. Sie zogen ein und gingen dort spazieren.

Die mögen sich nun Tag und Nacht vergnügen, wir kommen jetzt zum Dschihan-i-alem2. Manche kamen zu Schiff und manche zu Boot und sahen sich den Palast an. Eines Tages, als der Sohn des Padischahs von Jemen von diesem Palast hörte, wunderte er sich. Sofort ging er zu seinem Vater und sagte: »Mein mächtiger Vater, der Padischah von Stambul hat auf dem Meer einen Glaspalast bauen lassen, der sich nicht mit Worten beschreiben lässt. Wenn Sie erlauben, möchte ich hinreisen und ihn ansehen. Nach ungefähr drei bis vier Monaten komme ich wieder.« Da gab sein Vater die Erlaubnis.

Er nahm einige Gefährten zu sich, bestieg ein Schiff und machte sich auf den Weg. Tag und Nacht fuhren sie, ohne sich aufzuhalten. Nach einiger Zeit erschien in der Ferne etwas Wunderbares. Sein Glanz erfüllte die Welt. Der Prinz sagte zu seinen Gefährten: »Das, was dort erscheint, muss das erwähnte Schloss sein.«

Endlich nach einigen Tagen kam er an das Schloss heran und umfuhr es von allen vier Seiten. »Sehe ich ein Luftschloss oder träume ich?«, sagte er und verfiel in Nachdenken. Schließlich als es Abend wurde, ging er dort vor Anker.

Der Prinz mag nun auf dem Verdeck liegen; wir wollen uns jetzt wieder zur Prinzessin wenden. Sie ging vor das Vestibül, blickte nach draußen und sah, dass vor dem Palast ein Schiff lag. Als sie noch sagt: »Wem gehört das wohl?«, sieht sie den Prinzen. Das war ein Jüngling, gleich dem Mond am vierzehnten. Sofort verliebt sie sich in ihn bis über die Ohren. Auch der Prinz, als er die Prinzessin sieht, wird bewusstlos und fällt ohnmächtig auf die Erde. Nach einiger Zeit kommt er wieder zu sich und steht auf. Er blickt auf das Fenster, kann aber das Mädchen nicht sehen. Während er sagt: »Ach, einmal möchte ich sie noch sehen!« und hinblickt, verfällt er in Schlaf. Jetzt kommt die Prinzessin an das Fenster und sieht, dass der Prinz eingeschlafen ist. Da seufzt sie, und aus ihren Augen fließt statt Tränen Blut. Während sie weint, fällt auf das Gesicht des Prinzen ein Tropfen. Sofort wacht er auf und sieht, dass aus den Augen der Prinzessin statt Tränen Blut fließt. Jetzt sagt der Prinz zum Mädchen: »Da ist das Schiff und da ist ein günstiger Wind nach Jemen!« Das Schiff setzt sich in Bewegung und er fuhr in sein Land. Eines Tages kam er nach Jemen und blieb dort. Wir wollen uns jetzt wieder zur Prinzessin wenden. Ihre beiden Augen waren eine Quelle (d. h. sie weinte andauernd in Strömen). Sie ging zu ihrem Vater und sagte: »Vater, ich wünsche von dir ein Schiff von reinen Diamanten, dessen Kabinen mit Edelsteinen geschmückt und dessen Masten aus Rubinen sein und in dessen Innern sich vierzig weiße, junge, schöne Sklaven befinden sollen. Wenn du mir das nicht machst, werde ich mich töten.« Er sagte: »Schön, mein Kind, das Schiff soll sein, wie du es wünschst.« Dann rief er die Goldschmiede zusammen und gab ihnen Befehl. Noch an jenem Tag fingen sie mit dem Schiff an. Nach genau zwei Jahren war es fertig. Jetzt kam die Prinzessin zu ihrem Vater, küsste seine Hand und sagte: »Vater, gib mir Erlaubnis, ich werde einen Luftwechsel vornehmen und, wenn Gott will, bald wiederkommen.« Da ihr Vater auf der Welt nur eine teure Tochter hatte, so tat er, was sie wollte, und gab ihr gezwungenerweise wohl oder übel die Erlaubnis und sagte: »Mein liebes Kind, lass mich nicht lange auf dich warten! Allah möge Heil geben!«

Das Mädchen nahm dann vierzig weiße Sklavinnen und vierzig weiße Sklaven zu sich und außerdem eine Palasteinrichtung, ging auf das Diamantschiff und blieb dort die Nacht. Am nächsten Morgen, als es Tag wurde, wurden zweiundzwanzig Kanonenschüsse auf der rechten und auf der linken Seite des Schiffes gelöst. Dann fuhr man ab.

An jenem Tag lobte sie die ganze Welt, und Hunderttausende priesen sie mit den Worten: »Was ist das für eine geschickte Prinzessin!« Die Prinzessin war der Kapitän, ihr Gehilfe ein alter Kapitän und die Sklaven und Sklavinnen in ihrer Begleitung wurden als Soldaten gebraucht und von ihr befehligt. Eines Tages kamen sie nach Jemen. Sie lief in den Hafen ein, ging dort vor Anker und blieb jene Nacht dort.

Der dortige Aufsichtsbeamte hörte davon und kam, es sich anzusehen. Als er es sah, sagte er: »Wer ist das wohl? Solch ein Schiff habe ich in meinem Leben nicht gesehen, Allah möge es vor dem bösen Blick bewahren!« Dann ging er sofort zum Schloss und machte Meldung: »Mein Padischah, gestern ist ein Schiff angekommen, das unbeschreibbar ist. Reiner Diamant und Juwelen! Es lohnt sich, es einmal anzusehen.« Da schickte der Schah seinen Lala3 und sagte: »Forsche nach und komm wieder mit der Nachricht, wer es ist.«

Dann bestieg sein Adjutant eine Schaluppe und fuhr nach dem Diamantschiff. Als nun die Prinzessin sah, dass der Adjutant kam, kleidete sie ihre Mannschaft vom Kopf bis zu den Füßen in rote Kleider. Als endlich die Schaluppe sich der Landungstreppe näherte, ging die gesamte Mannschaft ihm entgegen und führte ihn nach oben geradewegs zur Kabine des Kapitäns. Er setzte sich auf einen Stuhl und wurde freundlich begrüßt. Er sagte: »Aber mein Bey, ich möchte noch gern länger bleiben, aber der Schah erwartet mich, ich bin gekommen, um Kunde einzuholen. Wenn Sie mir Ihren schönen Namen sagen würden, würde ich den Padischah benachrichtigen.«

Der Kapitän sagte: »Ich bin ein Kaufmannssohn und bin auf die Reise gegangen, um mich zu vergnügen.« Da ging er dann zum Padischah und sagte: »Padischah, das angekommene Schiff ist ein Handelsschiff, sein Kapitän ist ein junger Mann ohne Schnurr- und Backenbart, schön wie ein Mond am vierzehnten. Seine Mannschaft ist ihm ganz entsprechend. Ja, mein Herr, es lohnt sich wirklich, es einmal anzusehen.« Der Padischah bekam Lust und wünschte hinzugehen. Dann bestieg er eine Schaluppe mit sieben Doppelrudern und ging mit seinem ganzen Hofstaat auf das Schiff.

Als der Kapitän sah, dass der Herrscher kam, ließ er die ganze Mannschaft gelbe Kleider anziehen. Als der König sich der Landungstreppe näherte, gingen sie ihm alle entgegen und führten ihn nach oben. Als er in die Kabine des Kapitäns kam, empfingen sie ihn mit Ehren und bewirteten ihn mit Kaffee und Tabak. Der Padischah war erstaunt. Danach brach er wieder auf und ging in sein Schloss.

Als der Prinz das hörte, verstand er sofort die Sache. Dann...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Märchen / Sagen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Antalia • eBooks • Fabelwesen • Fabelwesen Buch • Istanbul Reiseführer • Legenden • märchen aus der türkei • Märchenbuch • Märchensammlung • Mythen • Neuerscheinung • Sagen • Türkei • türkei bildband • türkei buch • türkei geschenke • türkei krimi • türkei lektüre • Türkei Reise • türkei romane • türkei souvenirs • türke reiseführer • Volksglaube • Volksmärchen
ISBN-10 3-641-31848-3 / 3641318483
ISBN-13 978-3-641-31848-2 / 9783641318482
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