Perry Rhodan 3288: Die Geister von Gotham (eBook)
64 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-6288-5 (ISBN)
1.
Ein gescheiterter Plan
Aurelia Binas Plan war gescheitert. Vorerst jedenfalls.
Damar Feyerlant glaubte nicht, dass sich die Posmi derart leicht geschlagen gab. Sie war nicht umsonst die Leiterin des Liga-Geheimdienstes TLD.
Damar trat aus dem glatten, blaugoldenen Korridor und ging durch den bogenförmigen Ausgang, den die VORSICHTERBARMEN für ihn bildete, hinaus auf die ausgeformte Rampe. Er verließ den uralten Blaugoldraumer, der lange vor der Erhöhung der Hyperimpedanz gebaut worden war, und folgte den Positionslichtern im Schatten des hoch aufgewölbten Rumpfes. Die Lichter führten ihn zur Schirmschleuse. Dort erkannte er den Umriss einer Frau im SERUN. Sie trat gerade durch eine geschaltete Lücke in die Schleusenkammer. Zuerst dachte Damar, es handelte sich um Sichu Dorksteiger. Doch dann fiel ihm ein, dass Sichu bereits vor einer halben Stunde aufgebrochen war. Die Frau vor ihm war die Leiterin des Sicherheitsteams, das seit einem Tag an Bord war.
»Warte, Akthra!«, rief Damar und lief schneller.
Die hünenhafte, leicht untersetzte Majorin drehte sich zu ihm um. Der Blick ihrer schwarzen Augen wirkte amüsiert. »Du bist spät, Maschinenflüsterer. Liegt das an deinen kurzen Beinen?«
Damar lächelte verkniffen. Akthra Tafari hielt sich nicht an die Etikette der Liga, die davon absah, andere abwertend auf Körperlichkeiten hinzuweisen. Er überging die Frage und ersparte sich und Akthra eine Klarstellung. Er konnte nur mit biopositronischen Maschinen sprechen, nicht mit allen Maschinen. Aber den Begriff »Biopositronikschnittstellenkonnektor und -manipulator« hätte er selbst nicht flüssig über die Lippen gebracht.
Akthra war eine herausragende Einsatzleiterin, die bereit war, ihr Leben für eine Mission zu geben, und das schon drei Mal unter Beweis gestellt hatte. An ihrer Schläfe glänzte in der ebenholzfarbenen Haut ein silberner Einschluss. Sie hatte einen Streifschuss aus einem Strahler abbekommen, wobei ein Teil ihres Kopfes verbrannt worden war. Laut der Dienstakte war schon vor dieser Verletzung eines ihrer Markenzeichen gewesen, andere zu provozieren. Es hieß weiter, die mehrmalige Begegnung mit ihrem »Beinahe-Tod« habe diesen Zug noch verstärkt.
In den vergangenen Stunden hatte Damar bemerkt, dass Akthras Leute sie trotzdem mit höchstem Respekt behandelten und sie bei Abwesenheit flüsternd »Tatra« oder »Tara-Tatra« nannten. Man sagte ihr die Kampfwut, Kompromisslosigkeit und Romantik eines TARA-Kampfroboters nach. Es schien niemanden in ihrem Team zu geben, der sie nicht bewunderte.
»Wir werden pünktlich ankommen«, sagte Damar, während sie gemeinsam die Schleuse verließen und auf den Schirm zugingen.
Damar empfand es als unheimlich, so dicht an ihn heranzutreten. Es war anders, einem derartigen Monster von Paratronschirm gegenüberzustehen, als in einem SERUN konturnah geschützt zu werden. Die schiere Menge an Energie beeindruckte ihn.
Auf der anderen Schirmseite wartete ein voll automatisierter, gepanzerter Zwei-Personen-Gleiter, der an ein Tortenstück erinnerte. Die meisten Transporte und Entladungen auf dem Raumhafen liefen über die Robotflotte ab. Es gab etliche Gebäude, in deren Hangars ganze Parks von Maschinen standen und auf ihren Einsatz warteten.
Sie stiegen über eine Rampe nahe der Spitze ein und setzten sich.
Akthra verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich bin sicher, die teilen uns mit, dass sie nun einen Schritt weitergehen. Ich sage, Atlan wird darauf drängen. Wetten?«
»Worum?«, fragte Damar.
»Ich habe die Bewirtungsliste eingesehen. Rein aus Sicherheitsgründen, versteht sich. Es steht Dabo drauf. Nach einem Rezept meiner Familie. Mein Großvater hat das beste Dabo im Solsystem gebacken. Wenn ich recht habe, gibst du mir deine Platte.«
Damar hätte Akthra seinen Anteil an Honigbrot auch geschenkt und natürlich hätte sie vorab mehr für sich bestellen können, aber so funktionierte das Spiel nun mal nicht. Er lächelte und berührte den SERUN dort, wo auf der Haut darunter sein Lieblingsanhänger lag. »Wette angenommen!«
Sie flogen in den Hangar des nahen Sicherheitsgebäudes ein. TARAS empfingen sie zusammen mit einer zwölfköpfigen Wachmannschaft. Das war kein Wunder, denn das Raumhafengebäude hatte einen ganz besonderen Besucher: Cascard Holonder. Der Resident der Liga Freier Galaktiker war höchstpersönlich zu dieser Besprechung angereist. Sein schnittiger Gleiter stand bewacht an Ort und Stelle. Er glänzte im Licht der Deckenstrahler wie ein Kunstobjekt. Auch die Terranische Residentin würde zugeschaltet sein.
Langsam wurde Damar doch nervös. Waren sie zu spät dran? Er gab sich Mühe, mit den langen, schnellen Schritten Akthras mitzuhalten.
Ein wenig außer Atem erreichten sie den Besprechungsraum. Das Zimmer war so schnörkellos gestaltet wie der Rest des funktionsmäßigen Baus. Statt eines Fensters trennte eine durchsichtige Energiewand sie vom Landefeld.
Vor Damar saßen eine Frau, die aussah wie Xenia Biefang, Resident Cascard Holonder, Sichu Dorksteiger und mehrere Personen, die per Holo zugeschaltet waren. Ihre Körper waren durchsichtig. Damar kannte jeden von ihnen: Atlan da Gonozal, Homer G. Adams, der als Cascard Holonders Berater fungierte, Laura Sakinga, die Residentin des Solsystems, und Admiralin Satou Bezpalky, die Oberkommandierende der Solaren Flotte.
Cascard Holonder hielt einen Stift in der Hand und kritzelte auf einer Folie. Der zweieinhalb Meter große Ertruser saß als Einziger ebenerdig auf einem robusten Stuhl. Alle anderen hatten reale oder virtuelle Plätze auf einem Podest erhalten, das den Höhenunterschied zu Holonder ausglich. Der Resident der Liga schätzte es, mit seinen Gesprächspartnern auf Augenhöhe zu sitzen. In diesem Fall jedoch überragte Major Akthra die illustre Runde.
Damar dachte an die märchenhafte Karriere, die Cascard Holonder hingelegt hatte. Vom einfachen Piloten der RAS TSCHUBAI über Raumschiffs- und Flottenkommandant bis zum Residenten. Er selbst hingegen war in seinem Leben kaum die Karriereleiter hinaufgefallen – und zufrieden damit. Das Einzige, was er sich wirklich wünschte, war das Wiedersehen mit Shema Ghessow. Was war aus ihr, Antanas Lato und Perry Rhodan geworden?
»Wir sind vollzählig«, sagte die Frau, die aussah wie Xenia Biefang. Er erkannte aber, dass sie in Wirklichkeit Aurelia Bina war, die Leiterin des TLD in einer nahezu perfekten Maske.
Cascard Holonder hob den kahlen Kopf. Seine gut gepflegte Glatze glänzte im Licht. »Kannst du die Ereignisse der letzten Stunden für alle Anwesenden knapp zusammenfassen?«
»Selbstverständlich. Ich habe die Gestalt Xenia Biefangs angenommen und bin von der Solaren Residenz aus unter einem großen Bewachungsaufgebot zur VORSICHTERBARMEN geflogen. Inzwischen ist ein Einsatzteam unter Leitung von Akthra an Bord des Blaugoldraumers. Ich bin plangemäß unverzüglich auf das Schiff gegangen. Ziel war, die Zukunfts-Gataserin Tenxü aus der Reserve zu locken. Wir haben zuvor über die Investigativjournalistin Claire Bezpalky ein Gerücht streuen lassen. Demnach wollten wir den Mentalarchitektur-Prozessor an Bord der VORSICHTERBARMEN einem ersten Test unterziehen. Angeblich sollte ein erstes, wegweisendes Experiment zur Wiederherstellung von ES gestartet werden.«
Illustration: Swen Papenbrock
Cascard Holonder verzog säuerlich das Gesicht. Damar stellte sich vor, wie viele Anfragen und Beschwerden der Resident seitdem aus dem restlichen Galaktikum erhalten hatte. Er war froh, kein Politiker zu sein. Wie abgesprochen hatte Holonder dieses »Gerücht« dementiert.
»Leider«, fuhr Aurelia Bina fort, »hat der Fisch den Köder nicht geschluckt. Tenxü hat sich nicht blicken lassen. Es gibt derzeit keine Anzeichen von ihr oder von Aktivitäten, die mit ihr in Verbindung stehen. Selbstverständlich sucht der Terranische Liga-Dienst mit Unterstützung von NATHAN weiter.«
Sichu Dorksteiger beugte den Oberkörper vor. Wie so oft hatte sie ihre langen, silbernen Haare auf dem Hinterkopf zu einem kunstvollen Zopf zusammengefasst. »Vielleicht war der Köder nicht verlockend genug?«
»Unwahrscheinlich.« Aurelia Bina saß unbewegt, wie es nur ein Wesen konnte, durch dessen Körper kein Blut floss und das keine Knochen hatte, sondern ein Endoskelett aus hochverdichteten Verbundstoffen. »Wir wissen, dass Tenxü ein hohes Interesse hat, die Zusammensetzung von ES zu verhindern.« Binas Kopf bewegte sich genau abgemessen in Damars Richtung. Der Blick der intensiv blauen Augen war stechend.
Damar räusperte sich. »Das stimmt. Der Chronokontrakt bindet sie. Sie wird alles tun, um ihr Ziel zu erreichen. Ich denke, unser Problem liegt darin, dass wir ihre Mittel unterschätzen. Auf eine gefälschte Xenia Biefang fällt sie nicht herein. Sie kann das Original von der Kopie unterscheiden.«
»Das denke ich auch!«, sagte Atlan, der von Bord eines anderen Blaugoldraumers – außerhalb des Solsystems – per Hyperfunk-Relais-Kette zugeschaltet war. Die VORSICHTERBARMEN war das einzige Schiff, das derzeit auf Terra weilen durfte. Der Arkonide kniff die rötlichen Augen zusammen. »Deshalb ist es Zeit, mit dem Spielen aufzuhören. Wir müssen Xenia Biefang tatsächlich an Bord der VORSICHTERBARMEN bringen.«
Damar schob Akthra wortlos seine dreieckige Kuchenplatte zu. Die Majorin griff danach, ihre Hände berührten sich. Etwas wie ein Stromschlag traf Damar, eine Entladung verbunden mit einem Flüstern. Er zuckte zusammen.
Als Akthra die Platte zu sich zog und ihre Hände sich lösten, verschwand der Eindruck sofort. Damar spürte, wie sich die Haut zwischen seinen Augenbrauen zusammenzog. Was war da gerade...
Erscheint lt. Verlag | 22.8.2024 |
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Reihe/Serie | Perry Rhodan-Erstauflage | Perry Rhodan-Erstauflage |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-6288-X / 384536288X |
ISBN-13 | 978-3-8453-6288-5 / 9783845362885 |
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Größe: 5,1 MB
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