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Ein schwarzer Tag im Juli (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60685-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein schwarzer Tag im Juli -  Dörte Schipper
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Ein schwarzer Tag im Juli | Historischer Roman über das gescheiterte Stauffenberg-Attentat 20. Juli 1944: Es war der Tag, an dem der Krieg enden sollte. Es wurde ein schwarzer Tag. In dem historischen Roman »Ein schwarzer Tag im Juli« setzt sich Dörte Schipper mit einem der dramatischsten Tage der deutschen Geschichte auseinander: dem 20. Juli 1944. Egon ist ein junger Offiziersanwärter. Bevor er in wenigen Wochen an die Front muss, will er seine schwangere Freundin heiraten. Die Familie ist zerstritten: Stramme Nazis stehen den Kritikern Hitlers unversöhnlich gegenüber. Über seinen Onkel lernt Egon einen ranghohen Militär aus dem Stauffenberg-Kreis kennen, der ihn um einen vertraulichen Botengang bittet. Unwissentlich wird Egon so Teil der Widerstandsgruppe, die den grausamen Krieg endlich beenden will: Nur wenige Tage, dann soll das 'Unternehmen Walküre' starten. Tage, die Egons Leben und das seiner Familie dramatisch verändern werden ... Dieser historische Roman über einen düsteren Schicksalsmoment der deutschen Geschichte ist nicht nur fesselnd geschrieben, sondern auch exzellent recherchiert. Während ein paar hochrangige Offiziere ihr Leben für das Ende des Zweiten Weltkriegs riskieren, zerbricht eine Berliner Familie an den Folgen dieser mutigen Tat. Die AutorinDörte Schipper über ihren Beweggrund, einen Roman über das Stauffenberg-Attentat zu schreiben: Dieses Ereignis aus der Sicht einer normalen Familie zu erzählen, bietet die Chance, den Menschen dieses wichtige Kapitel unserer Geschichte auch heute noch nahe zu bringen. Je mehr ich in die Historie eintauchte, desto neugieriger wurde ich. Die Invasion der Alliierten in Frankreich, die ausweglose Situation an der Ostfront - der Krieg war im Juli 1944 längst verloren. Dennoch ging er weiter, weil Hitler nicht zu stoppen war. Nach langer Vorbereitung mussten die 'Verschwörer' schnell handeln.

Dörte Schipper, Jahrgang 1960, ist Autorin, TV-Journalistin und recherchiert und filmt u. a. für die Reihe ARD-exklusiv. Ihre gemeinsam mit einem Kollegen erstellte Fernsehreportage 'Der Luxuskoch vom Hospiz' wurde im Januar 2009 mit dem 'Erich-Klabunde-Preis' des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg ausgezeichnet, einem der ältesten deutschen Journalistenpreise. Über die Frauensiedlung Loheland hat Dörte Schipper einen Dokumentarfilm gedreht. Die Frauen dieses außergewöhnlichen Projekts fand sie so faszinierend, dass sie ihnen gleich noch einen Roman gewidmt hat. Die Autorin lebt in Hamburg.

Dörte Schipper, Jahrgang 1960, ist Autorin, TV-Journalistin und recherchiert und filmt u. a. für die Reihe ARD-exklusiv. Ihre gemeinsam mit einem Kollegen erstellte Fernsehreportage "Der Luxuskoch vom Hospiz" wurde im Januar 2009 mit dem "Erich-Klabunde-Preis" des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg ausgezeichnet, einem der ältesten deutschen Journalistenpreise. Über die Frauensiedlung Loheland hat Dörte Schipper einen Dokumentarfilm gedreht. Die Frauen dieses außergewöhnlichen Projekts fand sie so faszinierend, dass sie ihnen gleich noch einen Roman gewidmt hat. Die Autorin lebt in Hamburg.

1


Brandenburg – Sonntag, 2. Juli 1944


In der Nacht hatte es heftig gestürmt, was für die Jahreszeit ungewöhnlich war. Mit Besen, Kehrblech und einem Sack in der Hand machte Paula sich an die Arbeit. Sie sammelte die abgerissenen Zweige und Blätter ein, die der Wind von den Bäumen an der Straße in den Hof geweht hatte. Dabei ließ sie Bruno, auf den sie aufpassen sollte, nicht aus den Augen. Paula mochte das Spiel nicht, das sich der Sechsjährige vor ein paar Tagen ausgedacht hatte. Wie ein Besessener lief er hin und her und jagte die Hühner. Manchmal blieb er plötzlich stehen, legte sein aus Holz geschnitztes Schießgewehr an und zielte: »Peng! Kopfschuss! Wieder ein Russe weniger.« Dann riss er den Arm hoch und fuchtelte jubelnd mit der Flinte: »Sieg Heil!«

»Hör auf damit!«, rief Paula ihm zu. »Du sollst nicht Hitler spielen. Wie oft muss ich dir das noch sagen?«

Bruno ließ sich von Paulas Ermahnung nicht beirren, im Gegenteil. Mit dem Spielzeuggewehr im Anschlag rannte er erneut hinter den aufgeschreckten Hühnern her und knallte eins nach dem anderen ab – so lange, bis Paula ihn unsanft an den Hosenträgern packte und festhielt. »Was hier herumläuft, sind keine bolschewistischen Feinde, sondern fleißige Hennen. Wenn du sie noch länger durch die Gegend scheuchst, legen sie vor Schreck keine Eier mehr.«

Paula musterte Bruno. »Wie du wieder aussiehst!« Sie zog ihr Taschentuch aus der Schürzentasche, spuckte drauf und wischte dem Kleinen den Schnurrbart weg, den er sich mit Ruß unter die Nase gerieben hatte.

Bruno verzog das Gesicht. »Das ist ekelig! Ich mag deine Spucke nicht. Wann fährst du endlich zurück nach Berlin?«

Paula tat so, als hätte sie die Frage überhört. Bruno wusste noch nicht, dass ihre Zeit auf dem Gutshof bald vorbei war. Egal, wie böse er sie gerade anschaute, in Wirklichkeit hatte er sie lieb gewonnen und würde sie vermissen, genau wie sie ihn auch. Trotz aller Zuneigung blieb die Neunzehnjährige dennoch hart. »Der Bart ist ab sofort verboten! Verstanden?«

»Und was soll ich denn sonst spielen?«, maulte Bruno und schulterte sein Gewehr, als wollte er auf die Pirsch gehen.

»Du könntest mir helfen«, sagte Paula leicht genervt und hob demonstrativ einen Zweig auf, der vor seinen Füßen lag. »Meinetwegen kannst du auch Winnetou, Häuptling der Apachen, spielen oder was weiß ich. Aber keinen obersten Befehlshaber, der …«

»Pass auf, was du sagst. Er ist noch ein Kind«, unterbrach sie eine kräftige Stimme. Baron Leopold von Schürlow kam mit langsamen Schritten aus der Scheune, blieb stehen und wischte sich die Hände mit einem Lappen ab. In seiner Arbeitshose und dem verschlissenen langen Hemd sah er mal wieder aus wie ein einfacher Bauer, nicht wie ein adeliger Gutsherr. Lediglich die Größe der Ländereien, die sich hinter der Scheune und den Stallungen erstreckten, wiesen auf seine Herkunft hin, über die er Paula gegenüber kaum sprach.

»Titel und Besitz sind wie Schall und Rauch. In diesen Zeiten geht es nur ums Überleben«, hatte er ihr noch am Morgen nach dem Frühstück zu verstehen gegeben und sich dann auf den aktuellen Wehrmachtsbericht in der Sonntagsausgabe der Zeitung konzentriert. Nach einer Weile las er laut vor: »Die Truppe kämpft allerorts heldenmütig und aufopfernd.« Er schüttelte den Kopf. »In meinen Ohren klingt dieser Satz nach Untergang und nicht nach Zuversicht. Spätestens seit der Landung in der Normandie kann doch kein halbwegs gescheiter Mensch mehr an einen Endsieg glauben«, war sein lakonischer Kommentar gewesen. Kurz darauf hatte er die Küche verlassen, um ein wichtiges Telefonat zu führen. Wie Paula ihn inzwischen kannte, würde er ihr später sicherlich davon berichten – unter vier Augen, wie immer.

Paula hatte diese vertraulichen Gespräche schätzen gelernt. Der Baron war zwar schon Mitte fünfzig, aber zum Glück nicht der Typ Mann, der ihr bei jeder passenden Gelegenheit über den Mund fuhr, als wäre sie ein kleines, dummes Mädchen. Schon allein deshalb fand sie ihn sympathisch. Zudem war er ein enger Freund ihres verstorbenen Vaters gewesen, den sie als »Onkel Leo vom Land« seit Kindertagen kannte. Andere junge Frauen mussten ihr hauswirtschaftliches Pflichtjahr weit weg von zu Hause bei wildfremden Menschen ableisten. Da hatte sie es besser getroffen, obwohl sie vor keiner Arbeit verschont blieb und die tägliche Routine sie langweilte. Jeden Morgen nach dem Frühstück abwaschen, anschließend nach draußen gehen und fegen …

 

»So sieht es ja schon wieder ganz anständig aus bei uns«, rief Leopold von Schürlow von der Scheune aus quer über den Hof. Paula sah ihm die Schmerzen an, die ihn gerade plagten.

Der Baron senkte den Blick und starrte auf sein rechtes Knie, als würde es nicht zu ihm gehören. Dann biss er die Zähne zusammen und wagte sich endlich von der Stelle. Mühsam humpelte er über das Kopfsteinpflaster.

»14/18 lässt mal wieder grüßen«, murmelte er und lächelte tapfer, um die Situation zu überspielen – was ihm nicht gelang. Bruno ließ sofort das Gewehr fallen, rannte auf ihn zu und reichte ihm die Hand. »Opa, ich helfe dir.«

»Schon gut.« Der Baron strich seinem Enkel über den Kopf. »Sei bitte artig und tu, was Paula sagt«, mahnte er dann. »Du bist noch zu klein, um der größte Feldherr zu sein. Der Führer würde übrigens nie an vorderster Front kämpfen. Dafür hat er seine Soldaten und Offiziere.«

»Offiziere wie mein Papa?«

»Ja, wie dein Papa, den wir alle hier – vermissen.« Schürlows Stimme stockte, er räusperte sich verlegen. »So, und jetzt ab mit dir. Deine Mutter wartet bestimmt schon auf dich. Sie ist in der Küche und bereitet das Mittagessen vor.«

»Jetzt schon?«, fragte Paula dazwischen. »Ich wollte ihr doch dabei helfen, die Kartoffeln und Möhren zu schälen.«

»Das wird Christa ja wohl alleine schaffen. Du bleibst bitte hier«, entgegnete der Baron und sah seinem Enkel hinterher, bis er im Haus war.

»Es ist noch schlimmer, als ich dachte«, wandte er sich dann an Paula. »Ich habe meinen alten Kameraden in Berlin erreicht. Du weißt, er verkehrt in ranghohen Militärkreisen und beschreibt die Lage als ›katastrophal‹. Der Krieg ist längst verloren, aber unsere Truppen müssen trotzdem weiterkämpfen, in Frankreich, in Russland. Wie lange soll das noch weitergehen? Ein Jahr? Zwei Jahre? So lange, bis auch der letzte Soldat tot ist?«

Schürlow raufte sich die Haare, und Paula schaute in sein sorgenvolles Gesicht, das sie zu deuten wusste. Onkel Leos Gedanken waren bei Richard. Seit vielen Wochen schon quälte ihn die Ungewissheit über das Schicksal seines einzigen Sohns, der an der Ostfront im Einsatz war.

»Man kann nur hoffen, dass jetzt schnell das Richtige geschieht. Deutschland steht am Abgrund, wir brauchen einen Neuanfang«, sagte Schürlow unvermittelt.

»Wie meinst du das?«, fragte Paula ihn.

»Wer zu laut über die Zukunft nachdenkt, begibt sich in Gefahr«, war seine knappe Antwort.

»Bist du das nicht sowieso schon?«, hakte Paula vorsichtig nach. »Bei den vielen Verboten, die du missachtest? Bei allem, was du unverblümt von dir gibst?«

Schürlow schmunzelte. »Du solltest mich inzwischen kennen. Ich bin ein freier Geist, ich lasse mich von keinem mehr verbiegen. Egal, wer kommt.«

Er deutete mit dem Finger auf die schmale Straße, die hinter seinem Grundstück endete und zwischen den Bäumen bis zum weitab gelegenen Nachbarhof einsehbar war. Ein Wagen mit offenem Verdeck näherte sich. Am Steuer konnte nur Ortsgruppenleiter Baumann sitzen, sein ungeschickter Fahrstil war unverkennbar. Wann immer er versuchte, einem Schlagloch auszuweichen, landete er mittendrin, hob kurz ab, schlug wieder auf und rückte seine Schirmmütze zurecht. Mit Schadenfreude sah Paula ihm zu. Seitdem der Ortsgruppenleiter vor einigen Monaten mit Genehmigung von »oben«, wie er...

Erscheint lt. Verlag 31.5.2024
Reihe/Serie Schicksalsmomente der Geschichte
Schicksalsmomente der Geschichte
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. Juli 1944 • Deutsche Geschichte • Dramatischer Roman • Familienschicksal • Historische Romane • historischer Roman 20. Jahrhundert • Historischer Roman Berlin • historsicher Roman • Jahrestag 2024 • Operation Walküre • realer Hintergrund • Reihe Schicksalsmomente • Roman deutsche Geschichte • Roman nach wahren Begebenheiten • Roman Schicksal • Roman Stauffenberg • Roman Zweiter Weltkrieg • Schicksal • Schicksalsmomente • Stauffenberg • Stauffenberg-Attentat • Tragischer Roman • Widerstand im Dritten Reich • Widerstandskämpfer • Wolfsschanze
ISBN-10 3-492-60685-7 / 3492606857
ISBN-13 978-3-492-60685-1 / 9783492606851
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