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Schatten über Monte Carasso (eBook)

Moira Rusconi ermittelt. Ein Tessin-Krimi. Befristeter Einführungspreis
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
367 Seiten
Eichborn AG (Verlag)
978-3-7517-5962-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schatten über Monte Carasso -  Mascha Vassena
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Ambrogio muss zur Kur, der Tessiner Rotwein und das Osteria-Essen sind ihm auf die Hüften geschlagen, und Moira begleitet ihren Vater kurz entschlossen. Sie begeben sich in die todschicke Wellnessklinik Villa Carasso und versuchen dort zu entspannen. Doch das ist bei Spürnase Moira natürlich zum Scheitern verurteilt, denn eine der Kurteilnehmerinnen verschwindet plötzlich spurlos. Was ist mit der jungen Frau passiert - hat sie das Interesse am Klinikprogramm verloren oder ist etwas Schlimmeres geschehen?

Moira und Ambrogio nehmen - als Kurgäste getarnt - die Ermittlungen auf. Und stoßen bald auf ein Geflecht aus familiären Konflikten, Betrügereien und gebrochenen Herzen. Von wegen Wellness!





<p>Mascha Vassena, 1970 geboren, studierte Kommunikationsdesign, war Mitherausgeberin einer Literaturzeitschrift und arbeitete als freie Journalistin in Hamburg. Sie erhielt diverse Auszeichnungen, u. a. den HAMBURGER LITERATURFÖRDERPREIS. Bisher sind von ihr ein Erzählband sowie mehrere Romane erschienen. Seit 2004 wohnt sie mit ihrer Familie am Luganer See und möchte nie mehr weiter als einen Spaziergang vom Wasser entfernt leben.</p>

3


Die Augusthitze brachte die Tessiner Berge zum Flimmern. Unerbittlich brannte die Sonne von einem Himmel, dessen intensives Blau jede Hoffnung auf Regen zunichtemachte. Moira steuerte den klapprigen Geländewagen ihres Vaters die Kantonalstraße entlang. Auf der Rückbank stapelten sich Koffer und Reisetaschen – ihr Vater hatte anscheinend seine komplette Garderobe eingepackt.

In einer lang gezogenen Kurve wurde sie von einer Goldwing in Metallicblau überholt. Ambrogio hob grüßend die Hand, bevor er beschleunigte und innerhalb von Sekunden aus ihrem Blickfeld verschwand. Er hatte darauf bestanden, eines seiner geliebten Motorräder mitzunehmen, weil er so gerne kurvenreiche Bergstrecken fuhr.

»Angeber«, sagte Moira laut, schaltete einen Gang zurück und drückte das Gaspedal durch. Gleich darauf wurde sie langsamer, denn der Motor des alten Autos gab ein grauenhaftes Heulen von sich, als würde er sich in Qualen winden. In gesittetem Tempo gelangte Moira zur nächsten Ausfahrt, wo Schilder auf die Villa Carasso und auf die tibetanische Hängebrücke hinwiesen. Nach dem Abbiegen wurde die Straße einspurig und wand sich in lang gezogenen Serpentinen bergauf, flankiert von kleineren Weinbergen, Privatgärten und Natursteinmauern. Immer wieder bot sich weite Sicht über die Magadino-Ebene und die jenseits gelegene Hügelkette. Sie wagte allerdings nur kurze Blicke, denn die Kurven verlangten ihre ganze Aufmerksamkeit.

Ganz unvermittelt führte die Straße durch ein offen stehendes Eisentor, das zu beiden Seiten von geflügelten Sphinxen auf Granitpfeilern bewacht wurde. Am rechten Pfeiler hing ein unaufdringliches Messingschild mit der Gravur Villa Carasso in eleganter Schrift, das Moira beinahe übersehen hätte. Sie war also richtig. Links und rechts ragten jetzt Palmen auf, dazwischen wuchsen dicht belaubte Sträucher und Farne. Der Geländewagen rollte knirschend über Split. Mit wachsender Neugier folgte Moira dem Weg, der in einer Kurve aus dem Gehölz herausführte, direkt auf die Villa zu, die weiß in der Sonne leuchtete als wäre sie frisch gestrichen. In der Glasverkleidung der Seitenflügel spiegelte sich die Auffahrt mit ihren Blumenrabatten und Palmen. Vor der Eingangstreppe stand Ambrogio neben seinem Sofa auf zwei Rädern in Metallicblau, den Helm unter dem Arm, und winkte ihr. Moira nahm schwungvoll die Biegung, brachte den Geländewagen vor der Treppe zum Stehen und zog die Handbremse an. »Das ist ja wie bei Downton Abbey!«

»Fehlt nur noch der Butler.« Ambrogio öffnete seine recht eng sitzende Lederjacke und ächzte, als sein Bauch endlich wieder ausreichend Raum erhielt.

Offensichtlich hatte ihre Ankunft Aufsehen erregt, denn die zweiflügelige Eingangstür aus schwarz lackiertem Holz öffnete sich, und ein Mann Mitte zwanzig, ganz leger in eine locker sitzende Jeans und ein weißes T-Shirt gekleidet, trat auf den Treppenabsatz. »Entschuldigung, hier können Sie nicht stehen bleiben«, sagte er auf Italienisch mit einem schweren deutschen Akzent. »Bringen Sie die Hähnchen? Der Lieferanteneingang liegt hinten.« Seine Augen hatten einen etwas schläfrigen Ausdruck, waren aber gleichzeitig auffallend groß und hell, sodass er sowohl müde als auch erstaunt wirkte.

»Junger Mann, wir sind Gäste«, entgegnete Ambrogio würdevoll.

»Oh, scusate!« Der Mann zog die Schultern hoch und rieb sich einen Oberarm wie ein verlegener Teenager. »Ich kann Ihr Motorrad parken, wenn Sie möchten.«

»Meine Goldwing rührt niemand an außer mir«, erklärte Ambrogio. »Aber die Klapperkiste da können Sie abstellen – meinetwegen in der nächsten Schlucht.«

Der Mann nickte gehorsam und kam die Treppe herunter.

»Der normale Parkplatz tut es auch«, sagte Moira auf Deutsch, stieg aus und gab ihm den Schlüssel, der an einem Katzenkopf aus Silber hing. Der Mann zupfte an seinem T-Shirt und nuschelte: »Okay.«

Moira bedankte sich, dann stieg sie zusammen mit Ambrogio die Treppe hinauf und betrat die Eingangshalle, wo sie von einer Atmosphäre aus herrschaftlicher Eleganz und klinischer Klarheit umhüllt wurden. Die Treppe aus hellem Marmor und die dorischen Halbsäulen entlang der Wände wurden von einer blitzenden Empfangstheke aus Stahl und Glas kontrastiert, und von der fünf bis sechs Meter hohen Decke hing ein Gebilde, bei dem es sich entweder um moderne Kunst oder eine Deckenleuchte handelte. Die Akustik war hervorragend: Schon am Eingang verstand man jedes Wort der Tirade, die aus dem Mund einer Dame im weißen Bademantel und mit einem Handtuchturban über dem Haar auf den dunkelhaarigen Mann mit auffallend kantigen Zügen, der hinter dem Tresen stand, niederging.

»Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Sie erst zur Massage bestellen und dann fast eine Stunde lang warten lassen würde?« Die Frau klopfte mit dem Knöchel auf die Glasplatte, und der Rezeptionist hob entschuldigend die Hände. »Ich werde mich sofort erkundigen, was schiefgegangen ist, Signora.« Er griff zum Telefon und sprach aufgeregt, aber leise in den Hörer. Ambrogio und Moira traten neben die Frau an den Empfang, die ihnen einen kurzen Blick zuwarf, sich abwandte und dann wieder umdrehte, diesmal mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht.

»Neue Gäste, wie aufregend!« Sie hielt Ambrogio, der ihr am nächsten stand, eine Hand mit kurzen, unlackierten Fingernägeln hin, den Handrücken nach oben gedreht, als erwartete sie einen Handkuss. »Muriel Valadon, sehr erfreut.«

Ambrogio nahm die Hand, dachte jedoch nicht daran, sich zum Handkuss darüber zu beugen, sondern schüttelte sie herzlich. »Valadon wie die Malerin? Schöner Name. Ambrogio Rusconi.«

Die Miene der Signora legte sich in freundliche Falten, als sie erneut lächelte, diesmal natürlicher. »Ein Mann, der etwas von Kunst versteht! Sie müssen unbedingt im Speisesaal an meinem Tisch sitzen, ich bin sicher, wir haben zahlreiche Gesprächsthemen.«

Der Rezeptionist legte den Hörer auf. »Signora Valadon, es gab eine Doppelbuchung, mi spiace tantissimo. Carlo ist jetzt frei und erwartet Sie. Die Massage geht natürlich aufs Haus.«

»Wie schön, danke für Ihre Hilfe.« Muriel Valadon neigte gnädig den Kopf. Zu Ambrogio gewandt, flötete sie: »Wir sehen uns beim Abendessen, mein Lieber.« Sie winkte ihm zu und entschwand in einen Korridor neben der Theke, der einem Schild zufolge in den Wellnessbereich führte.

Der Rezeptionist straffte die Schultern und wandte sich Ambrogio zu. »Benvenuti, ich heiße Lorenzo. Womit kann ich dienen?«

Moira trat auf den Balkon und legte ihr Handy auf die Marmorbalustrade, die an den Ecken von stilisierten Pinienzapfen dekoriert wurde. Ihr Zimmer blickte nach hinten und bot einen Blick über die breite Ebene und Bellinzona hinweg auf die bläuliche Bergkette, deren Grate und Gipfel sich im Dunst auflösten. Moira hielt ihr Gesicht in die leichte Brise, die hier oben die Sommerhitze erträglich machte.

Unterhalb von Moiras Balkon waren cremefarbene Sonnenschirme aufgespannt, unter denen Stimmen und das leise Klimpern von Löffeln gegen Kaffeetassen hervordrangen. Von dort schlängelten sich sandbestreute Wege durch den Park, der durch die geschickte Platzierung von Hecken und Büschen größer wirkte, als er war. Es gab einen kleinen Teich, in dem weiße und rot-goldene Flecken schwammen, wahrscheinlich Kois, außerdem kleine geschützte Bereiche mit Ruhebänken. Auf einer von ihnen saß ein lesender Mann mit Strohhut. Ein paar Leute schlenderten herum, und eine zierliche Frau mit dunklem Haar fütterte die Karpfen mit Brotstücken. Weiter hinten harkte der Hausmeister mit einem Rechen einige Blätter zusammen und verschwand dann in einem kleinen Gewächshaus. Obwohl die Leute nichts Besonderes oder Interessantes taten, war es reizvoll, sie zu beobachten, weil sie nichts davon ahnten. Wir sind doch alle Voyeure, dachte Moira. Es verschafft einem das Gefühl, überlegen zu sein.

»Ecco, da wären wir also«, erklang Ambrogios Stimme rechts von ihr. Er war ebenfalls auf seinen Balkon getreten. Seine Bikerkluft hatte er gegen wadenlange Leinenhosen und ein kurzärmeliges Hemd getauscht und breitete jetzt die Arme aus, als wollte er die Szenerie umarmen. »Ich fühle mich wie Hans Castorp, in eine andere Welt versetzt.«

»Ich hoffe doch, du hast nicht vor, sieben Jahre hierzubleiben.«

»Ich würde die Katzen viel zu sehr vermissen.«

»Gabriella wird sich gut um sie kümmern, aber sieben Jahre wären doch etwas zu viel verlangt.«

Moira nahm ihr Handy von der Balustrade und kontrollierte die Uhrzeit. »Genieß die Aussicht, Hans Castorp, ich muss jetzt zur Anfangsuntersuchung.«

»Ich in einer Stunde.« Ambrogio schüttelte sich. »Ich hoffe, sie pieksen einen da nicht.«

Sie pieksten einen. Moira sah zu, wie ihr Blut in der Spritze anstieg, bis sie gefüllt war. Dann tauschte eine gelangweilt wirkende medizinische Assistentin sie gegen eine zweite aus, während die Nadel weiter in Moiras Armbeuge steckte. Glücklicherweise war sie weniger empfindlich als ihr Vater.

»Wozu brauchen Sie das noch gleich? Ich bin eigentlich nur zum Entspannen hier.«

»Eine Kontrolle der Blutwerte ist Standard bei uns.« Die Assistentin, auf deren Namensschild Anna M. stand, zog mit zufriedener Miene die Spritze aus Moiras Arm und drückte ein Stückchen Mull auf den Einstich. »Draufhalten bitte. Wir führen hier, abgesehen von unserer Spezialität, zwar keine größeren medizinischen Behandlungen durch, aber individuell angepasste Ernährung und Bewegung wirken oft genauso...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2024
Reihe/Serie Moira Rusconi ermittelt
Moira Rusconi ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Affäre • ambrogio • Bellinzona • Berge • Destinationskrimi • Dometscherin • Eifersucht • Ermittlung • Gebirge • Hermann Hesse • Jugendliebe • Katzen • Krimi • Krimis • Kur • Kurhotel • Liebesgeschichte • Luca Cavadini • Luganer See • Lugano • Menschenhandel • Moira Rusconi • Montagnola • Mord • Regionalkrimi • Reise • Tessin • Urlaub • Verschwinden • weibliche Ermittlerin • Wellnessklinik
ISBN-10 3-7517-5962-X / 375175962X
ISBN-13 978-3-7517-5962-5 / 9783751759625
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