Two Twisted Crowns - Die Magie zwischen uns (eBook)
496 Seiten
Lyx (Verlag)
978-3-7363-2264-6 (ISBN)
»WO NEBEL TIEF SCHNEIDET, BEI URALTEN BÄUMEN, SCHLÄFT DIE LETZTE DER KARTEN, WARTEND IN TRÄUMEN.«
Elspeth und Ravyn haben fast alle der magischen Vorsehungskarten zusammengetragen - doch die eine, wichtigste bleibt verborgen: »Die Zwei Erlen«, der Schlüssel zur Rettung von Blunder. Bis zur Nacht der Sonnenwende müssen sie die Karte finden, denn nur dann kann der Fluch des Nebels gebrochen werden, der das Reich verschlingt. Sie müssen tief ins Herz des magischen Waldes vordringen, und der Einzige, der weiß, wo sich die Zwei-Erlen-Karte befindet, ist der Nachtmahr, der seit Jahren in Elspeths Geist lebt. Und der ist nicht länger bereit, nur zuzuschauen ...
»Ein Meisterwerk, das die Geschichte von ONE DARK WINDOW weitererzählt und einen unmittelbar wieder in die dunkle magische Welt von Blunder zieht.« THE ART OF READING
Abschlussband der SHEPHERD-KING-Dilogie
<p><strong>Rachel Gillig</strong> wuchs an der Küste Kaliforniens auf und hat Literaturtheorie an der UC Davis studiert. Wenn sie nicht unter kuschligen Decken über ihre neuesten Roman nachdenkt, findet man sie in ihrem Garten oder auf Spaziergängen mit ihrer Familie.</p>
1. KAPITEL
RAVYN
Ravyns Hände bluteten.
Er hatte es erst bemerkt, als er das Blut zu Boden tropfen sah. Dreimal hatte er auf den Samtrand des Spiegels – der violetten Vorsehungskarte – getippt und sich damit verschwinden lassen: Ravyn war vollkommen unsichtbar.
Mit Fingern, Knöcheln, Handballen grub er in der gehärteten Erde der alten Kammer am Wiesenrand.
Es war nicht weiter wichtig. Was machte schon ein weiterer Schnitt, eine weitere Narbe?
Ravyns Hände waren nichts als stumpfe Werkzeuge. Nicht die eines Edelmannes, sondern die eines Kriegers: Hauptmann der Streiter.
Räuber.
Verräter.
Nebel sickerte durch das Fenster in den Raum. Schlüpfte durch die Risse im verrotteten Dach, krallte salzig nach Ravyns Augen. Eine Warnung vielleicht, dass das, wonach er da am Fuße des hohen, breiten Steins grub, nicht gefunden werden wollte.
Ravyn beachtete den Nebel nicht weiter. Auch er war aus Salz. Schweiß, Blut und Magie. Und selbst so hatten seine schwieligen Hände dem Boden der Kammer nichts entgegenzusetzen. Dieser war unversöhnlich, verhärtet von der Zeit, brach Ravyns Fingernägel ab und riss die Schrunden an seinen Händen auf. Dennoch grub er weiter, gehüllt in die Kühle der Spiegel-Karte. Vor seinen Augen verschwamm das Zimmer, in dem er als Kind so häufig gespielt hatte, zu etwas Groteskem – zu einem Ort alter Überlieferungen, zu einem des Todes.
Zu einem der Monster.
Er war vor Stunden aufgewacht, sein Schlaf unterbrochen von Krampfanfällen und der Erinnerung an einen durchdringenden, gelben Blick. Elspeth Spindles Stimme hallte als Missklang in seinen Gedanken wider.
Es war seine Burg – die, die nur noch eine Ruine ist, hatte sie ihm erzählt, ihre kohlschwarzen Augen tränennass, als sie vom Hirtenkönig sprach, der Stimme in ihrem Kopf. Er ist unter dem Stein in der Kammer bei Castle Yew begraben.
Ravyn hatte sich aus dem Bett gezwungen und war von Stone herübergeritten, ein Geist im Wind auf dem Weg zum Zimmer. Er war rastlos, verzweifelt auf der Suche nach der Wahrheit. Denn nichts schien echt zu sein: der Hirtenkönig mit den gelben Augen und einer glatten, unheilvollen Stimme, gefangen im Geist eines Mädchens. Der Hirtenkönig, der ihnen versprochen hatte, bei der Suche nach der verlorenen Zwei-Erlen-Karte zu helfen.
Der Hirtenkönig, der seit fünfhundert Jahren tot war.
Ravyn kannte den Tod, war schon selbst sein Vollstrecker gewesen. Er hatte das Licht in Augen erlöschen sehen. Hatte letzte keuchende Atemzüge gehört. Nur Geister warteten auf der anderen Seite des Schleiers, kein Leben nach dem Tod. Für niemanden, weder Taschendiebin noch Wegelagerer – noch nicht einmal für den Hirtenkönig.
Und dennoch.
Der Boden am Fuß des Steins war nicht durchgängig hart. Teilweise war das Erdreich lose und aufgewühlt. Jemand war vor ihm hier gewesen – vor Kurzem. Elspeth vielleicht, ebenso auf der Suche nach Antworten wie er jetzt. Dort, am Fuß des Steins, eine Handbreit unter der verhärteten Schicht versteckt, war etwas eingraviert. Ein einzelnes Wort, im Lauf der Zeit unlesbar geworden. Ein Grabmal.
Ravyn grub weiter. Als sein Nagel einriss und seine ungeschützte Fingerspitze auf etwas Scharfes traf, fluchte er und bäumte sich auf. Sein Körper mochte unsichtbar sein, aber nicht sein Blut. Es tropfte purpurrot, wurde sichtbar, sobald es seine Hand verließ und in das Loch fiel, das er gegraben hatte; der Boden dürstete danach.
Etwas war in der Erde verborgen, wartete. Als Ravyn es berührte, war es schärfer als Stein – kälter als der Grund.
Stahl.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er weiter grub, bis er ein Schwert freilegte. Es lag schief und war mit Schmutz bedeckt. Doch seine Machart war eindeutig: geschmiedeter Stahl, der Griff kunstvoll gestaltet, zu schmuckvoll für eine Soldatenklinge.
Er griff danach, und das Salz in der Luft stach bei jedem kurzen, fiebrigen Atemzug in seiner Lunge. Doch noch ehe Ravyn das Schwert herausziehen konnte, erhaschte er einen Blick darauf, was darunter vergraben war: in perfekter Ruhe, seit Jahrhunderten ungestört. Ein bleiches, knorriges Objekt.
Menschlich. Skelettartig.
Eine Wirbelsäule.
Ravyns Muskeln spannten sich an. Sein Mund wurde trocken, Übelkeit wogte von seinem Magen in seine Kehle. Blut tropfte immer noch von seiner Hand. Und mit jedem Tropfen, den er aufgab, gewann er eine zersplitterte, beißende Gewissheit: Blunder war voll von Magie.
Wundervolle, schreckliche Magie.
Dies war der Körper des Hirtenkönigs. Er war wirklich tot.
Doch seine Seele lebte fort, tief vergraben in Elspeth Spindle, der einzigen Frau, die Ravyn jemals geliebt hatte.
Er riss sich von der Kammer los und nahm das Schwert mit.
Vornübergebeugt unter der Eibe draußen hustete Ravyn und kämpfte gegen den Brechreiz an. Der Baum war alt, seine Äste verwildert, das Blätterdach ausladend genug, um Ravyn gegen den morgendlichen Regen abzuschirmen. Ravyn blieb eine Weile so stehen, und sein Herzschlag beruhigte sich nur widerwillig.
»Was hast du da zu graben, Rabenvogel?«
Ravyn fuhr herum, den Elfenbeingriff seines Dolchs schon in der Hand. Doch er war allein, die Wiese leer bis auf sterbendes Gras, der Pfad zurück nach Castle Yew menschenleer.
Die Stimme erklang erneut, jetzt lauter als zuvor. »Hast du mich gehört, Vogel?«
In der Eibe über Ravyn, die Beine über den Rand eines alten Asts baumelnd, saß ein Mädchen. Sie war jung – jünger als sein Bruder Emory –, ein Kind von höchstens zwölf Jahren, schätzte er. Ihr Haar fiel ihr in dunklen Zöpfen über die Schultern, einige Strähnen hatten sich gelöst und umrahmten ihr Gesicht. Ihr Mantel war aus ungefärbter grauer Wolle mit einem kunstvoll gesäumten Kragen. Ravyn suchte nach Familieninsignien, aber da waren keine.
Er kannte sie nicht. An ein so markantes Gesicht hätte er sich erinnert – eine so ausgeprägte Nase, so lebhafte gelbe Augen.
Gelb.
»Wer bist du?«, fragte Ravyn, seine Stimme kratzte in der Kehle.
Sie betrachtete ihn aus ihren gelben Augen und legte den Kopf schief. »Ich bin Tilly.«
»Und was machst du hier, Tilly?«
»Was ich immer getan habe.« Für einen sehr kurzen Moment erinnerte sie ihn an Jespyr als junges Mädchen. »Ich warte.«
Windböen peitschten strömenden Regen vor sich her. Kleine Tropfen prasselten seitlich auf Ravyns Gesicht, und der Wind zerrte ihm die Kapuze vom Kopf. Er hob eine Hand, um seine Augen gegen das Stechen abzuschirmen.
Aber das Mädchen im Baum verharrte reglos, obwohl der Ast unter ihm zitterte und die Blätter der Eibe im Wind rauschten. Weder bewegte sich ihr Mantel noch eine einzige lose Haarsträhne. Wasser und Wind schienen geradewegs durch sie hindurchzufegen, als sei sie aus Nebel, aus Rauch.
Aus nichts.
Erst jetzt fiel Ravyn wieder ein, dass er noch immer den Spiegel benutzte.
Das war der Grund, warum er dem Schlaf entsagt hatte und zur Kammer gekommen war. Er hatte mit stumpfen Fingern gegraben, war Knochen mit Blut begegnet und hatte den Körper des Hirtenkönigs gefunden. Aber die Spiegel-Karte barg die Antworten, die er wirklich suchte.
Er hatte den Spiegel schon Tausende Male zuvor eingesetzt, um sich unsichtbar zu machen. Doch stets hatte Ravyn darauf geachtet, ihn nicht zu lange zu nutzen. Er hatte nie das Bedürfnis verspürt, sich den negativen Effekten der Karte auszusetzen und hinter den Schleier in eine Welt der Geister zu blicken. Er hatte nie mit einem Geist sprechen wollen.
Bis jetzt.
Ravyn räusperte sich. Er wusste nichts über Geister oder ihre Launen. Waren sie wie zu Lebzeiten? Oder hatte das Nachleben sie … neu geschaffen?
Er erhob seine Stimme gegen den Wind. »Auf wen wartest du, Tilly?«
Der Blick des Mädchens huschte zu dem Schwert in seiner Hand, dann zurück zur Kammer.
»Kennst du den Mann, der dort begraben liegt?«, fragte Ravyn.
Sie lachte scharf. »So gut, wie ich dieses Tal kenne, Vogel. So gut, wie ich diesen Baum kenne und die Gesichter all jener, die unter ihm verweilt haben.« Sie wickelte das Ende ihres Zopfes um einen Finger. »Du hast von ihm gehört, schätze ich.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Er ist ein seltsamer Mann, mein Vater. Vorsichtig. Klug. Anständig.«
Ravyn stockte der Atem. »Der Hirtenkönig ist dein Vater?«
Ihr Lächeln verblasste, ihre gelben Augen starrten ins Leere. »Sie haben ihm kein königliches Begräbnis gewährt. Vielleicht ist er deshalb nicht …« Ihr Blick fand Ravyns wieder. »Du hast ihn nicht mit deiner Spiegel-Karte gesehen, oder? Er hat versprochen, dass er zu uns kommen würde, sobald er den Schleier durchschreitet. Aber er ist nicht gekommen.«
»Zu uns?«
Das Mädchen wandte sich um, sein Blick glitt über den Wald am anderen Ende der Wiese. »Mutter ist irgendwo da drüben. Sie kommt nicht mehr so oft wie früher. Ilyc und Afton verweilen beim Skulpturengarten. Fenly und Lenor bleiben in deiner Burg.« Sie runzelte die Stirn. »Bennett ist oft woanders. Er ist nicht hier gestorben. Nicht wie wir anderen.«
Gestorben. Ravyn wurde die Kehle eng. »Das ist … deine Familie? Die Familie des Hirtenkönigs?«
»Wir warten«, sagte sie...
Erscheint lt. Verlag | 25.10.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | The Shepherd King | The Shepherd King |
Übersetzer | Sabrina ?elezny? |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Two Twisted Crowns |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 12 magische Karten • Aktion Kulturpass • Booktok • BookTok Germany • düsteres Wesen • Elspeth Spindle • Fluch brechen • Folklore • Gefangen • Geist • Gothic-Romance-Vibes • Große Gefühle • Holly Black • Kerri Maniscalco • kingdom of the wicked • königsgarde • Kräfte • kulturpass • Leidenschaft • Liebe • Magie • Nebel • Paranormal • Ravyn Yew • Romance • Romantasy • Romantic Fantasy • Romantik • Romantische Fantasy • Sarah J. Maas • Slow Burn • TikTok • TikTok books • TikTok Germany • tiktok made me buy it |
ISBN-10 | 3-7363-2264-X / 373632264X |
ISBN-13 | 978-3-7363-2264-6 / 9783736322646 |
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