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One Dark Window - Die Schatten zwischen uns (eBook)

Spiegel-Bestseller
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
490 Seiten
Lyx (Verlag)
978-3-7363-2186-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

One Dark Window - Die Schatten zwischen uns -  RACHEL GILLIG
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»Ich bin der Wind in den Bäumen, bin Schatten und Schrecken. Das Echo in den Blättern - der Nachtmahr, dich zu wecken.«

Wer von der Magie befallen ist, die im Nebel von Blunder lauert, wird von der Königsgarde vernichtet. Doch Elspeth Spindle hat überlebt, dank des düsteren Wesens, das in ihrem Geist gefangen ist und ihr enorme Kräfte verleiht. Eines Nachts begegnet sie im Wald einem geheimnisvollen Mann. Ravyn Yew, Hauptmann der königlichen Streiter, will den Fluch des Nebels brechen. Dazu benötigt er zwölf magische Karten, die nur Elspeth finden kann. Und so muss sie nicht nur dem Mann vertrauen lernen, den sie immer als ihren größten Feind sah, sondern sich auch der Anziehung zwischen Ravyn und ihr stellen. Und es gibt noch eine Wahrheit, der sie nicht entrinnen kann: Das Wesen in ihr droht alsbald ihren Geist zu verschlingen ...

»Eine Geschichte mit Zähnen und Klauen, die ganz und gar verzaubert. Gilligs Sprache wird euch in ihren Bann ziehen.« ALLISON SAFT

Band 1 der THE SHEPERD KING-Dilogie



<p><strong>Rachel Gillig</strong> wuchs an der Küste Kaliforniens auf und hat Literaturtheorie und -kritik an der UC Davis studiert. Wenn sie nicht unter kuschligen Decken über ihre neuesten Roman nachdenkt, findet man sie in ihrem Garten oder auf Spaziergängen mit ihrem Mann und ihrem Sohn - und natürlich ihrem Hund Wally.</p>

1. KAPITEL


Ich war neun Jahre alt, als die Ärzte zum ersten Mal in unser Haus kamen.

Mein Onkel und seine Männer waren fort. Meine Cousine Ione und ihre Brüder spielten lautstark in der Küche, weswegen meine Tante das Hämmern an der Tür erst hörte, als der erste Mann in weißem Gewand bereits in der Stube stand.

Sie hatte keine Zeit, mich zu verstecken. Ich schlief, schlummerte wie eine Katze am Fenster. Als sie mich wachrüttelte, war ihre Stimme voller Angst. »Lauf zum Wald«, flüsterte sie, entriegelte das Fenster und schob mich sanft durch die Öffnung hinaus.

Ich landete nicht auf warmem Sommergras. Mein Kopf schlug auf Stein und ich blinzelte gegen die schwarzen Flecke an, die die schwindelerregende Übelkeit vor meinen Augen tanzen ließ, mein Kopf umkränzt von roter, klebriger Wärme.

Ich hörte sie drinnen im Haus, ihre schweren Schritte, die von ihren bösen Absichten zeugten.

Steh auf, rief die Stimme in meinem Kopf. Steh auf, Elspeth.

Ich kam wankend auf die Beine, den Blick sehnsüchtig auf die Baumgrenze direkt hinter dem Garten gerichtet. Nebel umfing mich, und obwohl ich mein Amulett nicht in der Tasche hatte, rannte ich auf die Bäume zu.

Doch der Schmerz in meinem Kopf war zu stark.

Wieder stürzte ich und Blut lief meinen Hals hinunter. Sie werden mich fangen, rief ich, besinnungslos vor Angst. Sie werden mich töten.

Niemand wird dir ein Leid zufügen, Kind, knurrte er. Aber jetzt steh auf!

Ich versuchte es. Versuchte es mit aller Kraft. Doch mein Kopf war zu schlimm verletzt, und nach fünf verzweifelten Schritten – der Waldrand so nah, dass ich ihn bereits riechen konnte – stürzte ich zu Boden, umfangen von einer kalten, leblosen Ohnmacht.

Ich wusste, dass das, was als Nächstes geschah, kein Traum war. Es konnte keiner sein. Wenn ein Mensch ohnmächtig war, träumte er nicht. Ich träumte keineswegs. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich es sonst bezeichnen sollte.

In meinem Traum sickerte der Nebel, dicht und dunkel, in mich hinein. Ich befand mich, genau wie einen Augenblick zuvor, im Garten meiner Tante. Ich konnte sehen und hören – die Luft riechen, die Erde unter meinem Kopf spüren –, doch ich war erstarrt, konnte mich nicht rühren.

Hilfe, rief ich kläglich. Hilfe.

Schritte ertönten in meinem Kopf, schwer und eilig. Tränen rannen meine Wangen hinunter. Ich erschrak, konnte jedoch nichts erkennen, sah nur verschwommen, als wäre ich von Meerwasser umgeben.

Plötzlich durchfuhr ein brennender, wilder Schmerz meine Arme und meine Adern färbten sich schwarz wie Tinte.

Ich schrie. Schrie, bis die Welt um mich herum verschwand – bis mein Sichtfeld sich so weit verengte, dass alles schwarz wurde.

Ich erwachte unter einer Erle, verborgen vom Nebel und dem dichten Grün des Waldes. Der Schmerz in meinen Adern war verschwunden. Irgendwie hatte ich es, mit aufgeschlagenem Kopf, geschafft, die Baumgrenze zu erreichen. Ich war den Ärzten entkommen.

Ich würde leben.

Meine Brust schwoll an und ich schluchzte vor Freude auf, während mein Geist noch immer gegen die abebbende Panik ankämpfte, die mich zu überwältigen gedroht hatte.

Erst als ich mich aufsetzte, spürte ich den Schmerz in meinen Händen. Ich blickte auf sie hinab. Meine Handflächen waren zerkratzt und aufgerissen, und dort, wo meine nun erdverkrusteten Nägel abgebrochen waren, waren meine Finger blutverschmiert. Um mich herum war die Erde aufgewühlt und das Gras umgeknickt. Etwas – oder jemand – hatte es platt gedrückt.

Etwas, oder jemand, hatte mir geholfen, durch den Nebel zu kriechen und mich in Sicherheit zu bringen.

Er verriet mir nie, wie er meinen Körper bewegt hatte, wie er es an jenem Tag geschafft hatte, mich zu retten. Das blieb eines seiner zahlreichen Geheimnisse, die unausgesprochen, teilnahmslos in der Dunkelheit, die wir hüteten, ruhten.

Trotzdem hörte ich damals zum ersten Mal auf, mich vor dem Nachtmahr zu fürchten – vor der Stimme in meinem Kopf, dem Wesen mit merkwürdigen, gelben Augen und einer unheimlichen, weichen Stimme. Inzwischen waren elf Jahre vergangen und ich fürchtete ihn überhaupt nicht mehr.

Obwohl ich es sollte.

An jenem Morgen ging ich den Waldweg entlang, um Ione in der Stadt zu treffen.

Graue Wolken verdunkelten den Himmel und der Pfad war rutschig – dicht mit Moos bewachsen. Der Wald hielt sein Wasser fest, schwer und nass, als wolle er sich gegen den unvermeidlichen Wechsel der Jahreszeiten auflehnen. Nur hier und da hob sich aus dem smaragdgrünen Schimmer ein Hartriegel ab, der seine rotorangefarbenen Blätter flammend und stolz im Nebel leuchten ließ.

Eine Schar Vögel flatterte unter einem Buchsbaum auf, aufgeschreckt von meinen plumpen Schritten, und stieg wirr empor, durch den Nebel, der so dicht war, dass sie ihn mit ihren Flügeln aufzuwirbeln schienen. Ich zog die Kapuze tief in die Stirn und pfiff eine Melodie. Es war eines seiner Lieder, eines der vielen, die er in den dunklen Winkeln meines Geistes zu summen pflegte. Alt, klagend und sanft tönte es durch das leise Rauschen des Waldes. Es klang angenehm in meinen Ohren, und als die letzten Töne trillernd über meine Lippen kamen und den Pfad entlangschallten, bedauerte ich, sie verklingen zu hören.

Kurz zog ich mich in meinen Hinterkopf zurück – tastete in der Dunkelheit umher. Als ich keine Antwort erhielt, trottete ich weiter den Weg entlang.

Als der Weg zu schlammig wurde, lief ich im Wald weiter, wurde jedoch von einem Gestrüpp mit Brombeeren – schwarz und saftig – aufgehalten. Bevor ich sie aß, nahm ich mein Amulett, den Fuß einer Krähe, und drehte es, während der Nebel, der am Wegesrand waberte, sich um mich legte.

Der klebrige Saft an meinen Fingern lockte Ameisen an. Ich schnippte sie weg, schmeckte die scharfe Säure derjenigen, die ich versehentlich mitgegessen hatte und die meine Zunge verbrannten. Dann wischte ich mir die Finger an meinem Kleid ab, dessen dunkle Wolle so schwarz war, dass sie die Flecke vollständig verschluckte.

Ione erwartete mich am Ende des Weges jenseits der Bäume. Wir umarmten uns. Anschließend ergriff sie meinen Arm und betrachtete prüfend mein von der Kapuze verborgenes Gesicht.

»Du hast den Weg nicht verlassen, oder, Bess?«

»Nur für einen Moment«, antwortete ich und betrachtete dabei die Straßen, die vor uns lagen.

Wir standen am Rande von Blunder. Das Netz aus kopfsteingepflasterten Straßen und Geschäften flößte mir mehr Angst ein als jeder finstere Wald. Die Leute eilten emsig umher, und nachdem der Wald so viele Wochen mein Zuhause gewesen war, dröhnten die Laute der Menschen und Tiere unangenehm in meinen Ohren. Ein Fuhrwerk sauste an uns vorbei, das Klappern der Hufe scharf auf dem uralten Straßenpflaster. Ein Mann kippte drei Stockwerke über uns schmutziges Wasser aus dem Fenster und etwas davon spritzte auf den Saum meines schwarzen Kleides. Kinder weinten. Frauen schrien und schimpften. Händler priesen lautstark ihre Waren an, irgendwo läutete eine Glocke und der Ausrufer von Blunder gab Kunde von der Verhaftung dreier Räuber.

Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich Ione die Straße entlang folgte. Wir verlangsamten immer wieder unsere Schritte, um uns die Stände der Händler anzusehen, um mit den Fingern über neue Stoffe zu streichen, die aus der Auslage geholt wurden. Ione bezahlte eine Kupfermünze für ein Knäuel rosa Band, und als sie dem Verkäufer zulächelte, sah man die kleine Lücke zwischen ihren Schneidezähnen. Iones Anblick wärmte mein Herz. Ich hatte meine blonde Cousine sehr gern.

Meine Cousine und ich waren so unterschiedlich. Sie war aufrichtig – echt. Ihre Emotionen standen ihr ins Gesicht geschrieben, während meine sich hinter einer sorgfältig eingeübten Fassade der Gleichmut verbargen. Sie war in jeder Hinsicht lebendig, posaunte ihre Wünsche und Ängste und alles, was dazwischenlag, laut in die Welt hinaus wie einen Dankeszauber. Sie strahlte eine Ungezwungenheit aus, die Mensch und Tier für sie einnahm. Selbst die Bäume schienen sich im Einklang mit ihren Schritten zu wiegen. Jeder liebte sie. Und sie erwiderte diese Liebe. Selbst wenn es zu ihrem Nachteil war.

Ione spielte niemandem etwas vor. Sie war einfach, wie sie war.

Ich beneidete sie darum. Ich war ein verängstigtes Tier, kam nur selten zur Ruhe. Ich brauchte Ione – ihren Schutzschild aus Wärme und Ungezwungenheit –, insbesondere an einem Tag wie diesem, meinem Namenstag, an dem ich das Haus meines Vaters besuchte.

Weit weg, in den Tiefen meines Geistes, erscholl träge das Klicken von Zähnen. Ich biss meine eigenen fest zusammen, ballte die Fäuste, doch es war sinnlos – ich konnte sein Kommen und Gehen nicht kontrollieren. Ein Junge drängte sich an mir vorbei und sein Blick verharrte dabei ein wenig zu lange auf meinem Gesicht. Ich schenkte ihm ein falsches Lächeln, bevor ich mich abwandte und mit der Hand über die angespannten Muskeln an meiner Stirn strich, bis ich spürte, wie meine Miene ausdruckslos wurde. Das war ein Trick, an dessen Perfektionierung ich jahrelang vor dem Spiegel gearbeitet hatte – mein Gesicht zu formen wie Ton, bis es den nichtssagenden, sittsamen Ausdruck einer Person annahm, die nichts zu verbergen hatte.

Ich spürte, wie er Ione durch meine Augen beobachtete. Als er sprach, war seine Stimme geschmeidig wie Öl....

Erscheint lt. Verlag 28.6.2024
Reihe/Serie The Shepherd King
The Shepherd King
Übersetzer Katrin Reichardt
Sprache deutsch
Original-Titel ONE DARK WINDOW
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 12 magische Karten • Aktion Kulturpass • düsteres Wesen • Elspeth Spindle • enemies to lovers • Fluch brechen • Folklore • Gefangen • Geist • Gothic-Romance-Vibes • Große Gefühle • Holly Black • Kerri Maniscalco • kingdom of the wicked • königsgarde • Kräfte • kulturpass • Leidenschaft • Liebe • Magie • Nebel • Paranormal • Ravyn Yew • Romance • Romantasy • Romantic Fantasy • Romantik • Romantische Fantasy • Sarah J. Maas • Slow Burn
ISBN-10 3-7363-2186-4 / 3736321864
ISBN-13 978-3-7363-2186-1 / 9783736321861
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