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Caspar David Friedrich (eBook)

Eine Biografie | Zum 250. Geburtstag | Mit über 100 farbigen Abbildungen
eBook Download: EPUB
2023 | 1., Originalausgabe
319 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77822-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Caspar David Friedrich - Boris von Brauchitsch
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Caspar David Friedrich, zu Lebzeiten umstritten und nach seinem Tod für ein halbes Jahrhundert vergessen, ist heute der bedeutendste Maler der deutschen Romantik.

In seiner prägnanten Biografie zeigt Boris von Brauchitsch überraschende Zusammenhänge auf, nimmt die Wiederentdeckung und enthusiastische Rezeption des Malers in den Blick und macht anschaulich, warum die Faszination seines Werkes gerade heute eine besondere Wirkung entfaltet.



<p>Boris von Brauchitsch, geboren 1963 in Aachen, studierte Kunstgeschichte in Frankfurt am Main, Bonn und Berlin und promovierte über Fotografiegeschichte. In seinen prägnanten Biographien herausragender Künstlerpersönlichkeiten (<em>Caravaggio, Michelangelo, Gabriele Münter</em> u.a.) und legt in seinen Schriften besonderes Augenmerk auf die Geschichte der Fotografie und der klassischen Moderne. Er arbeitet als Kurator, Autor und Fotograf und lebt in Berlin und Las Palmas.</p>

Allgemeiner Beifall


Erste Schritte in die Selbstständigkeit

Im Juli 1802 kehrt Caspar David Friedrich mit dem vier Jahre jüngeren Friedrich August von Klinckowström, der ebenfalls bei Quistorp in Greifswald Malstunden genommen hatte, nach Dresden zurück. Klinckowströms autoritärer Vater hatte Friedrich beauftragt, ein Auge auf seinen Sohn in dessen Dresdener Anfangszeit zu werfen und offenbar kam ihm der Maler vertrauenserweckend genug vor, um diese Aufgabe auch erfüllen zu können. Als Künstler nahm Friedrich den Kollegen nicht ernst und äußerte sich wiederholt herablassend, auch weil sich Klinckowström vor allem dem Kopieren widmete und wenig Eigenschöpferisches vorzuweisen hatte. Dass sich der in physischer und psychischer Hinsicht labile junge Kollege allerdings schon bald mit dem wortgewandten Runge anfreundete, den er vermutlich durch Friedrich kennengelernt hatte, und dem neuen Freund 1804 vorübergehend nach Ludwigsburg und Hamburg folgte, schien Friedrich auch nicht zu behagen.

Für Friedrich sollte Dresden bis zu seinem Tod Lebensmittelpunkt bleiben, auch wenn der Kontakt mit der Heimat nie abriss und er bereits 1803 erneut wandernd auf Rügen anzutreffen war. Im Juli bezog Friedrich eine Sommerwohnung in Dresden-Loschwitz, wo er unmittelbar Glücksgefühle entwickelte und erste Bekanntschaften machte, vermutlich auch die von Christoph und Friederika Christiana Bommer und deren Kindern, darunter die damals elfjährige Tochter Caroline. Sie wird Friedrich 1818 heiraten.

Künstlerisch haderte er mit sich, zeigte sich unzufrieden, auch wenn seine Sepie Mein Begräbnis bei der Akademieausstellung im Frühjahr 1804 besondere Aufmerksamkeit erregte und sich nach und nach Kunden in der Dresdener Gesellschaft fanden, wenn man Philipp Otto Runge glauben darf, der bereits am 6.April 1803 seinem Bruder Daniel von Friedrich und dessen ausgestellten Sepiablättern berichtet hatte:

Sie finden allgemeinen Beyfall und verdienen es. Ich dachte zu einem Versuch damit sie ihm abzukaufen und euch zu schicken, nun hat er aber das eine Stück an Hrn. v. Racknitz41 verkauft und das andere auch schon halb und halb; hat aber jetzt wieder eine Aussicht vom Rugard nach Jasmund, der Prora, und weit in die See, fertig, die weit reicher und schöner ist. Diese und eine andere […] hab’ ich ihm für 30 Thlr. jedes abgekauft. Ich werde sie mit nach Leipzig bringen, sie werden euch viel Vergnügen machen.42

Friedrich war niemand, der in Kriegszeiten hineingeboren worden war, umso mehr empörte er sich über die politischen Verwerfungen, die das neue Jahrhundert so massiv mit sich brachte.

Dresden – bereits in den Österreichischen Erbfolgekriegen und im Siebenjährigen Krieg unter Beschuss geraten – sah keinen entspannteren Zeiten entgegen. Bis 1804 ging die Einwohnerzahl um dreißig Prozent auf 45000 zurück. Stadtbrände und Bombardements hatten die Dresdener zermürbt.

Friedrich hat mir nach seiner Krankheit geschrieben, welche er, wie ich glaube, sich durch Aerger über die vaterländischen Angelegenheiten zugezogen. Wer nicht Beruf hat, Alle zu befreyen, der halte doch nur sich selbst frey, und wäre es so, wie jener die brennende Stadt verließ. Nichts ist zweckloser, als teilnehmend sich verlieren in das Nichts des Mitleidens. Entweder Alles thun, oder sich um nichts bekümmert. Es sollte mir leid thun, wenn er nicht mit dir nach Rügen käme, da es dort gewiß recht für ihn Gegenden sind.43

Diese Zeilen Klinckowströms an Runge sind vielsagend. Der militärisch geschulte Künstler hatte sich während der Napoleonischen Kriege für zwei Jahre auf das väterliche Schloss in Loissin zurückgezogen, sich folglich aus allem herausgehalten. Die Argumentation seines Briefes ist also zunächst einmal Rechtfertigung des eigenen Handelns. Friedrich, so scheint er andeuten zu wollen, habe es ebenfalls gerade noch geschafft, sich physisch aus Dresden zu verabschieden, die brennende Stadt zu verlassen, allerdings nicht ohne seelische Schäden davonzutragen. Rügen empfiehlt er als Kurort, als Balsam für die Psyche. An der Seite Runges wäre, so deutet der Runge-Verehrer an, zudem eine künstlerische Inspiration garantiert. Doch die gemeinsame Reise kam nicht zustande. Dennoch trug die Bekanntschaft mit Runge auch für Friedrich Früchte, wie sein Jahreszeitenzyklus in Sepia zeigt, in dem er sein Vokabular weiterentwickelte.44

Zwei Versionen gibt es. Die eine wird auf 1803 datiert, die zweite auf 1826. Sie unterscheiden sich vor allem dadurch, dass Friedrich vermutlich in der frühen Version nur die vier Jahreszeiten zeichnete, während er die spätere durch drei weitere Blätter ergänzte. Außerdem variiert die Anzahl der abgebildeten Figuren. 1803 sind fünf Kinder im Frühlingsbild präsent, der Herbst ist menschenleer, im Winter bleibt ein Mann am offenen Grab zurück. 1826 sind in allen Blättern außer dem Eröffnungsblatt des Schöpfungsmorgens immer zwei Gestalten zu sehen: zwei Kinder im Frühling, ein junges Paar im Sommer, das sich im Herbst auf Wanderschaft begibt, zwei Alte am Grab, zwei Skelette in einer Höhle, zwei Engel auf dem Weg gen Himmel.

Den Jahreszeiten der Natur setzte Friedrich die Lebensalter des Menschen gleich, was seinen Freund Gotthilf Heinrich von Schubert zu einer mehrseitigen Eloge in seinen Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft veranlasste. Über Friedrichs »Bildungsgeschichte der Natur« in vier Blättern ergießt er einen Schwall an Deutungen: Kaum zum Leben erwacht, so Schubert, streben wir als Kinder im Frühling begeistert zum Licht und greifen nach der Sonne, die wir für ein nahes Objekt halten, »doch schon die ersten Schritte sind ein Irrthum, und wir eilen von dem einsamen Hügel der kindlichen Träume, auf dem wir die ersten aufgehenden Strahlen empfiengen, hinabwärts, in das tiefe Gewühl des Lebens, wo uns neue Dämmerung umfängt«. Oder, um es mit den Worten des Kunsthistorikers Martin Kirves zu sagen: »Das präreflexiv wirksame Ursprungsstreben, das – reflexiv geworden – zur Sehnsucht wird, resultiert aus dem unüberbrückbaren Hiatus einer fundamentalen Differenz, die das Apriori des Bewusstseins bildet.«45 Friedrich selbst beschreibt das Stadium der Kindheit als köstliche Gegenwart, als Genuss des Moments ohne Bewusstsein von Vergänglichkeit, wobei in seinem Frühlingsbild die Natur diesen Zustand illustriert: »Kein Stein ist hier zu sehen, kein dürrer Zweig, kein abgefallenes Laub.«46

Abb.16-18: Schöpfungsmorgen, Frühling und Sommer, um 1826

Am Mittag dann eröffnet sich uns die weite Welt, die wir kühn zu erobern suchen, wobei uns »das ferne hohe Gewölk noch als fernes Gebürge erscheint«, das wir leicht zu erreichen wähnen, doch zunächst gilt es in den Armen jugendlicher Liebe ein erstes und letztes Mal auszuruhen, bevor es herbstlich-abendlich wird. Die Blüten sind dahin, »die meisten waren fruchtlos, und auf dem herbstlichen Boden blühet nur noch einsam, mit der Farbe des Abendroths, die späte Zeitlose, deren Früchte erst in einem andern Frühling reifen«. Einsamkeit ist hier das Stichwort, denn der Herbst ist in der Version von 1803 reine Landschaft. Zeugnisse menschlicher Anwesenheit finden sich in kleinen Details, einem Kreuz auf den Felsen vorne rechts und einigen Gebäuden dahinter, doch die Lesart der Bildfolge als Lebensalter scheint unterbrochen.47 Es entspräche Friedrichs Denkweise, nach Kindheit und Partnersuche die Welterfahrung und -erkundung durch Abwesenheit darzustellen. Der Mensch ist unterwegs und folglich außerhalb des Bildes, erst zum Lebensende wird er zurückkehren. Betont Friedrich im Frühling das Sanfte der Landschaft, die nichts Steiniges zeigt, so ist der Stein nun zum alles überragenden Felsmassiv geworden. Der ferne Berg, den wir nur erahnen, gibt in seiner Erhabenheit über den Wolken und bedeckt von ewigem Schnee eine Idee des Überirdischen und Ewigen, seine Dreigliederung mag ein Hinweis auf die göttliche Dreifaltigkeit sein.

Doch unsere Kräfte schwinden, der Weg wird öder, steiniger, so dass er uns auf Erden unerreichbar...

Erscheint lt. Verlag 11.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte aktuelles Buch • Biographie • Bücher Neuererscheinung • bücher neuerscheinungen • Das Eismeer • Der Wanderer über dem Nebelmeer • Deutsche Romantik • Dresden • Erwin von Steinbach • Greifswald • Hamburger Kunsthalle • insel taschenbuch 5023 • IT 5023 • IT5023 • Kreidefelsen • Kunstreligion • Landschaftsmaler • Naturmaler • Neuererscheinung • Neuerscheinungen • neues Buch • Romantik • Rückenfigur • Rügen
ISBN-10 3-458-77822-5 / 3458778225
ISBN-13 978-3-458-77822-6 / 9783458778226
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