Drei Krimis Spezialband 1082 (eBook)
500 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-8577-1 (ISBN)
11
Wir fuhren auf das Gelände des Autofriedhofs. Es war 9 Uhr vorbei. Vor der Werkstatt waren einige Fahrzeuge abgestellt. Die Tore waren geöffnet, drei Fahrzeuge standen in der Werkstatt, an denen Mechaniker beschäftigt waren.
Wir hielten vor dem Bürogebäude und stiegen aus. Gleich darauf betraten wir das Office. Die Ältere der beiden Angestellten schaute uns fragend an. »Zu Mister Sheridan«, sagte ich.
Sie erhob sich. »Einen Moment, ich melde Sie an.« Sie ging zu der Tür, klopfte, öffnete und verschwand in Sheridans Büro. Sogleich erschien sie wieder. »Bitte.«
Sheridan schaute nicht gerade erfreut drein. Er war nicht unser Freund. Das spürte ich instinktiv. Die Unbehaglichkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß«, sagte er. »Und das ist so viel wie gar nichts.«
Mir entging nicht, dass er trotz seiner Unfreundlichkeit ein hohes Maß an Unsicherheit verströmte.
Ich griff in die Innentasche meiner Jacke, holte ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus und hielt es Sheridan hin.
»Was ist das?«
»Ein Durchsuchungsbeschluss.«
Er prallte regelrecht zurück und schluckte würgend. »Weswegen?«
»Wir haben Sie im Verdacht, mit gestohlenen Autos zu handeln.« Ich nahm mein Handy, stellte eine Verbindung her und sagte: »Ihr könnt kommen.«
Sheridan hatte den Bogen Papier auseinandergefaltet und las. Seine Brauen hatten sich zusammengeschoben, über seiner Nasenwurzel hatten sich zwei senkrechte Falten gebildet. Dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück, warf den Durchsuchungsbeschluss auf den Schreibtisch und stieß hervor: »So ein Unsinn!«
»Das wird sich herausstellen«, versetzte ich. Draußen waren Motorengeräusche zu hören. Ich ging in das Vorzimmer. Einige Männer kamen herein. Es waren Kollegen aus dem Police Department, die uns für die Durchsuchung zur Verfügung gestellt worden waren.
Sie übernahmen. Milo und ich gingen in die Werkstatt. Bei den drei Fahrzeugen, die die Mechaniker in Bearbeitung hatten, handelte es sich um einen Mitsubishi, einen Dodge und ein Chrysler. Der Mitsubishi stand auf einer ausgefahrenen Hebebühne. Milo schrieb die Fahrgestellnummern der drei Fahrzeuge auf. Dann kehrten wir ins Büro zurück.
Einer der Kollegen aus dem Police Department sagte: »Die Lady ist so nett, uns eine Liste aller derzeit zum Verkauf angebotenen Gebrauchtfahrzeuge auszudrucken. Wir werden die Liste dann mit dem tatsächlichen Bestand abchecken und die jeweils vorliegenden Papiere zu den einzelnen Fahrzeugen überprüfen.«
Sheridan kam aus seinem Büro und funkelte mich an. »Ich habe meinen Anwalt angerufen.«
»Das ist Ihr gutes Recht«, antwortete ich. Dann fügte ich hinzu: »Ich will die Fahrzeugpapiere der drei Autos sehen, die gerade in der Werkstatt stehen.«
»Geben Sie sie ihm, Carry!«, wies Sheridan die jüngere der beiden Angestellten an. Sie legte mir die Papiere vor. Kaufverträge und Fahrzeugbriefe waren in Ordnung. Milo und ich überließen den Kollegen vom Police Department das Feld.
Zwei Stunden später, wir befanden uns wieder im Field Office, erhielt ich einen Anruf. Es war Sergeant Smith aus dem Detective Bureau. »Wir haben sämtliche Gebrauchtwagen gecheckt, Trevellian. Die Papiere sind in Ordnung. Wie es scheint, war die Aktion ein Schuss in den heißen Ofen. Der Anwalt von Sheridan will sich beschweren, weil er der Auffassung ist, dass kein begründeter Tatverdacht für eine Durchsuchung vorlag.«
»Das ist ihm unbenommen.« Ich bedankte mich und beendete das Gespräch. An Milo gewandt sagte ich: »Nichts. Der Laden scheint sauber zu sein.«
»Als Liz Cavendish zu verstehen gab, dass ihr Mann mit irgendwelchen dubiosen Geschäften leichtes Geld verdient, dann war das nicht nur so dahergesagt, dann hatte das einen realen Hintergrund. Vielleicht sollten wir noch einmal mit ihr sprechen.«
Wir begaben uns also in die 92nd Street. Liz Cavendish war zu Hause. Sie ließ uns in die Wohnung. »Haben Sie etwas über meine Tochter in Erfahrung gebracht?«
Ich schüttelte den Kopf. Das hoffnungsvolle Leuchten in ihren Augen erlosch und machte dem Ausdruck grenzenloser Enttäuschung Platz. »Es ist alles Burts Schuld«, murmelte sie.
»Deswegen sind wir hier«, sagte ich. »Bei unserem ersten Besuch sprachen Sie von Geschäften, mit denen Ihr Mann leichtes Geld verdient. Die weitere Auskunft blieben Sie uns schuldig.«
Wie geistesabwesend starrte die Frau blicklos vor sich hin. Ihre Lippen bewegten sich, als formten sie tonlose Worte. Ihre Nasenflügel vibrierten leicht. Plötzlich begann sie zu sprechen. »Es ist eine Organisation. Burt gehört dazu. Er stiehlt teure Autos. Die Wagen werden mit neuen Fahrgestellnummern und entsprechenden Papieren versehen und ins Ausland verschoben. Hauptsächlich nach Saudi Arabien.«
»Gehört Sheridan zu der Organisation?«
Sie nickte. »Wer der Kopf der Bande ist, weiß ich nicht. Von Burt weiß ich, dass mehrere Werkstätten involviert sind, so auch Sheridans Betrieb. Ich habe Burt immer wieder gebeten, auszusteigen. Pro gestohlenem Wagen erhielt er tausend Dollar. Diese Einnahmequelle wollte er nicht aufgeben.«
»Er hat nie irgendwelche Namen genannt?«
»Nein. Aber ich weiß, dass Sheridans Werkstatt einen Keller hat. Burt hat mir die Mechanik erklärt. Eine Plattform, die in den Boden eingebaut ist, ist versenkbar.«
Vom Auto aus rief ich Sergeant Smith an. Er versprach, noch einmal mit einigen Beamten zu dem Gebrauchtwagenhandel zu kommen. Milo und ich fuhren los. In der 78th Avenue mussten wir kurze Zeit warten, dann kamen aber schon die Beamten des Detective Bureaus.
Sheridan kam aus dem Bürogebäude. Er verströmte Feindseligkeit. Wir gingen sofort in die Werkstatt. Milo ordnete an, dass die Fahrzeuge ins Freie gefahren wurden. Der Dodge hatte auf einer eisernen Platte gestanden. Daneben stand eine blaue Säule mit einem schwarzen Knopf, den ich drückte. Sofort senkte sich die Platte.
Ich beobachtete Sheridan. Er war bleich geworden.
Einer der Beamten sagte: »Ich habe die Einrichtung gesehen. Aber ich habe es für eine Hebebühne gehalten.«
»Ist auch gut getarnt«, musste ich eingestehen.
Fast lautlos fuhr die Eisenplatte in die Tiefe. Dann setzte sie auf. Unten war es finster.
»Wie kommt man da hinunter?«, fragte ich.
»Mit der Bodenplatte«, murmelte Sheridan kleinlaut. »Wir haben aber auch eine Leiter.«
»Was werden wir da unten wohl finden?«
Sheridan zog den Kopf zwischen die Schultern. Die Mechaniker hatten sich zusammengerottet und beobachteten uns düster.
»Lassen Sie die Leiter herbeischaffen«, gebot ich.
»Bring die Leiter, Chris!«, rief Sheridan. Seine Stimme klang belegt. Er war jetzt die personifizierte Unruhe.
Ein Mann brachte eine etwa vier Yards lange Eisenleiter und ließ sie in die Öffnung gleiten.
»Gibt es da unten Licht?«, fragte ich.
»Geh mit ihm hinunter, Chris«, ordnete Sheridan an.
Der Mechaniker stieg vor mir hinunter. Licht flammte auf. Der Keller war genauso groß wie oben die Werkstatt. Auch hier standen Werktische an der Wand. Da stand aber auch ein Cadillac STS Sport Luxury. Ich hatte genug gesehen und stieg wieder nach oben. »Haben Sie Papiere zu dem Cadillac?«, fragte ich.
Sheridan senkte den Kopf.
»Okay«, sagte ich. »Ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes wegen Hehlerei und Handels mit gestohlenen Autos. Sie haben das Recht zu schweigen …«
Nachdem ich Sheridan über seine Rechte aufgeklärt hatte, fesselte ihm Milo die Hände. An die Mechaniker gewandt sagte mein Kollege: »Ihr könnt nach Hause gehen. Der Betrieb ist bis auf weiteres geschlossen.«
Wir veranlassten, dass Sheridan ins Field Office gebracht wurde. Dann fuhren wir nach Rikers Island. Burt Cavendish wurde in den Vernehmungsraum geführt. Unruhig fixierte er uns. Als er Platz genommen hatte, sagte ich: »Wir haben Sheridan verhaftet.«
Cavendish zuckte zusammen, als hätte ich mit einer Peitsche nach ihm geschlagen. Hart traten die Backenknochen in seinem Gesicht hervor, als er die Zähne zusammenbiss.
Schließlich sagte er: »Paul ist auch nur ein kleiner Fisch. Hinter dem Geschäft mit den gestohlenen Autos steht eine Mafia, deren Köpfe keiner von uns kennt. Haben Sie von Liz den Tipp erhalten?«
»Sie hätten auf Ihre Frau hören und aussteigen sollen«, bemerkte ich.
»Zu spät«, murmelte Cavendish. Seine Stimme hob sich. »Ja, verdammt, ich habe teure Autos gestohlen. In Sheridans Werkstatt wurden sie mit neuen Fahrgestellnummern und Papieren versehen. Dann wurden sie abgeholt. Die Fahrzeuge wurden ins Ausland verschoben.«
»Wie viele Autos haben Sie gestohlen?«
»Vierzehn.«
»Wie arbeiteten Sie?«
»Ich benutzte einen Laptop mit eingebautem Microreader. Damit gelang es mir, die Codesequenz abzufangen und zu entschlüsseln, dann gegebenenfalls den Alarm auszuschalten, die Türen zu entriegeln und den Wagen zu starten.«
»Erklären Sie mir das?«, forderte ich.
Cavendish räusperte sich, schien sich seine nächsten Worte im Kopf zurechtzulegen, und sagte dann: »Wegfahrsperren und Funkzündanlagen funktionieren nur in Gegenwart des richtigen Chips. Anders als Funkschließsysteme verhalten sie sich jedoch passiv. Sie senden kein Signal, sondern warten auf ein Signal vom Fahrzeug. Da der Wagen also...
Erscheint lt. Verlag | 28.9.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-8577-8 / 3738985778 |
ISBN-13 | 978-3-7389-8577-1 / 9783738985771 |
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