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Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Alles rund um Belletristik!
Kommissar Jörgensen kommt auf den Hund
von Alfred Bekker
1
Hunde sind die besten Freunde des Menschen, so sagt man.
Das trifft aber nicht immer zu. Und vor allem muss man sich auch immer fragen, von welchem Menschen der jeweilige Hund jetzt gerade der beste Freund ist.
Wenn man zum Beispiel einem Luden aus St. Pauli begegnet, der gerade seinen Pitbull spazieren führt, dann sollte man immer bedenken, dass der Pitbull der beste Freund des anderen ist - und nicht von einem selbst.
Genau das ist mir passiert.
Ich saß am Hafen an der Kaimauer, um zu angeln. Ich will nicht behaupten, dass ich viel gefangen habe, aber darauf kam es mir auch gar nicht an. Mein Job ist ziemlich stressig und die raren Momente an der Kaimauer sind so etwas wie eine Auszeit von allem, was damit zu tun hat, die ich mir ab und zu einfach gönne. Ab und zu bedeutet: immer dann, wenn ich mal wieder etwas von dem gigantischen Überstundenberg abfeiern kann, den jeder aus unserer Abteilung îrgendwann vor sich herschiebt. Dieser Berg wird trotzdem immer nur größer, nie kleiner.
Wie auch immer. Mein Name ist übrigens Uwe Jörgensen und ich bin Kriminalhauptkommissar bei der ‘Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes’. Wir sind in Hamburg angesiedelt und kümmern uns um die schwierigen Fälle. Um alles, was mit organisierter Kriminalität zu tun hat zum Beispiel oder Serientäter. Kurz: Alles das, wozu man besondere Ressourcen braucht. Meinen Kollegen Roy Müller kenne ich wie sonst niemanden auf der Welt. Wir verbringen mehr Zeit miteinander im Büro oder im Dienstwagen als die meisten Ehepaare. Und genau deswegen bin ich dann ab und zu auch mal froh, wenn ich ihn nicht sehe.
Zumindest für einen freien Tag.
Oder für einen halben.
In diesem Fall hätte ich ihn allerdings ganz gern dabei gehabt, denn eins kann man über Roy wirklich mit Fug und Recht sagen: Man kann sich auf ihn verlassen.
Als dieser Lude aus St. Pauli an der Kaimauer auftauchte, hätte ich ihn jedenfalls gerne dabei gehabt. Der Mann war übrigens ein alter bekannter. Maik ‘Lulatsch’ Müggendorff. Lulatsch deshalb, weil er eben so ein langer Lulatsch war. Wir hatten vor Jahren mal im Rahmen von Ermittlungen gegen ein Drogenkartell eine Razzia in einem Bordell durchgeführt, an dem der Lulatsch beteiligt war.
Drogen hatten wir nicht gefunden.
Dafür aber ein Waffenarsenal, mit dem man sich um die Mitgliedschaft in der NATO hätte bewerben können.
Und so ist der lange Lulatsch dann für ein paar Jahre in den Bau gewandert - wegen Verstoßes gegen die Waffengesetze. Er war da nämlich schon einschlägig vorbestraft gewesen. Mit Bewährung war da nichts mehr.
Vielleicht erklärte das, wieso er etwas sauer auf mich war.
»Na, du Spacken!«, meinte er, als er mich sah. Sein Pitbull fletschte die Zähne. Er hatte ihn nicht angeleint.
»Moin, Herr Müggendorff«, sagte ich.
»Was denn so förmlich?«, meinte er. »Labert man so im Puff? Und daher kennst du mich doch, du Spacken!«
»Hören Sie, ich würde mich vielleicht etwas entspannter mit Ihnen unterhalten, wenn Sie den Hund an die Leine nehmen würden.«
»Tut mir Leid.«
»Was tut Ihnen leid?«
»Hab keine Leine.«
»Hören Sie…«
»Nee, hör du mal, du Spacken: Der Hund hier hat ein Gespür für böse Menschen, verstehst du? Der spürt, wenn jemand böse ist und dann wird er auch böse. Ich habe zum Züchter gesagt, ich will einen Hund, der nur böse Menschen zerfleischt. Insofern brauchen sich auch nur böse Menschen Sorgen machen…«
»Nehmen Sie den Hund an die Leine oder gehen Sie anderswo spazieren.«
»Nee, ich gehe extra hier spazieren. Hier, wo Sie sind. Habe ich mich da vielleicht getäuscht? Ist dieser Spacken namens Jörgensen gar nicht böse? Dieser Typ, der unbescholtene Geschäftsleute in den Knast bringt? Und das nur, weil man ein paar Waffen besitzt, um sich zu schützen?«
»Sie waren im Besitz eines Arsenals, das zum Teil als Kriegswaffen gilt«, stellte ich fest. »Ich wüsste nicht, dass man Sturmgewehre zur Selbstverteidigung braucht.«
»Ja, wenn ihr Spacken einen nicht schützt?«
»Wir schützen jeden.«
»Ihr könnt doch gar nicht jeden schützen, ihr Spacken! Und was die Sturmgewehre und MPis angeht: Die Tschetschenien-Clans haben sowas auch! Und die Rumänen! Sowas nennt man Gleichgewicht des Schreckens. Schonmal von gehört? Ich hoffe ja nicht, dass es eines Tages so schlimm wird, dass wir Atombomben auf dem Kiez brauchen.«
Dem Pitbull tropfte der Speichel aus dem Maul. Der knurrte jetzt so laut, dass man sich kaum noch unterhalten konnte. »Ja, nun überleg mal, mein Guter«, sagte Maik Müggendorff. »Ist das jetzt ein guter Mensch? Oder Hundefutter? Na…?«
Er kam näher. Der Hund auch.
Ich legte die Angel zur Seite.
Jetzt reichte es mir.
Ich griff unter meine Jacke und zog meine Dienstwaffe.
Dann richtete ich die Waffe auf den Hund.
»Du verziehst dich jetzt mit deinem Hund!«, sagte ich.
»Ey, dies ist ein freies Land! Da kann jeder spazieren, wo er will!«
»Ich sag das nicht zweimal!«
»Aggressiver Hundehasser - oder wie? Der tut nix, du Spacken.«
»Der vielleicht nicht, aber ich schon. Und wenn du jetzt nicht auf der Stelle auf mindestens 500 Meter Abstand gehst, dann durchsuche ich dich nach Waffen. Ich wette nämlich, die Beule da unter deinem Arm hat was zu bedeuten…«
»Ey, Mann!«
»Und dann wanderst du gleich wieder in die JVA Fuhlsbüttel.«
»Das ist ungesetzlich, was du machst, du Spacken! Ich bin jetzt informiert!«
»An die Leine mit dem Hund! Sofort! Und dann hau ab. Und ich rate dir, dich nicht dabei erwischen zu lassen, dass das Tier irgendwo kackt und du nimmst den Köttel nicht mit!«
»Ist ja gut, ist ja gut!«
Er holte die Leine aus der Tasche seiner Bomberjacke.
Die Leine, die er angeblich nicht besaß. Dann legte er sie dem Pitbull an. »Ja, das ist ein böser Mensch, du kannst ihn ein anderes Mal zerfleischen. Nicht heute. Er hat was dagegen, der Spacken.«
Dann zog er ab.
Die wütenden Beschimpfungen, die er auf den Lippen hatte, wurden zum Großteil von dem auffrischenden Wind verschluckt, der jetzt das Wasser der Elbe kräuselte.
Ich steckte die Waffe wieder ein.
In unserem Job macht man sich nicht überall beliebt.
Aber darum kann es ja wohl auch nicht gehen, oder?
*
»Sie sollen Maik Müggendorff, diesen Luden von St. Pauli mit einer Waffe bedroht haben«, sagte Kriminaldirektor Bock, als ich am nächsten Tag bei ihm im Besprechungszimmer saß. Neben mir hatte mein Kollege Kriminalhauptkommissar Roy Müller Platz genommen.
Herr Bock sah mich an.
Er hob die Augenbrauen.
»Das ist doch nicht wahr, oder?«
»Nein, ist es nicht«, sagte ich. »Ich habe nicht Maik Müggendorfff bedroht, sondern seinen Hund.«
In knappen Worten schilderte ich meinem Chef den Vorfall.
»Jedenfalls will Herr Müggendorff Sie anzeigen«, sagte Herr Bock.
»Soll er machen.«
»Da Aussage gegen Aussage steht, wird das ganze vermutlich im Sand verlaufen.«
»So wird es sein.«
»Vielleicht wird er seine Strategie ändern und dich wegen Tierqälere anzeigen«, warf Roy ein. »Ich meine, du hast ja die Bedrohung des Hundes vor Zeugen hier eingeräumt und wenn der Hund jetzt einen seelischen Schaden bekommen hat, weil du dich nicht zerfleischen lassen wolltest…«
»Ja, so sieht Polizeibrutalität in der heutigen Zeit aus«, nickte ich.
»Ich glaube, bis zu zwei Jahre kann man für Tierquälerei bekommen«, sagte Roy...