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Das Haus Zamis 77 (eBook)

Nächte des Wahnsinns

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5467-5 (ISBN)

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Lydia Zamis presste sich an die klammen Ziegel. Es war dunkel im Keller, und nur ein Hexenlicht warf seinen kalten Schein auf sie und das Ding, das neben dem Regal mit den Salben und Tinkturen hockte und sie aus seinen aufgequollenen Augen anglotzte.
Lydia war, was Männer betraf, erfahren genug, um deutlich das Begehren im Blick des Wesens zu erkennen. Als habe es ihre Gedanken gelesen, setzte sich das hässliche Ding in Bewegung und schob seinen aufgeblähten Leib auf sie zu. Die Gier in seinem Blick wuchs.
Lydia verzog das Gesicht. »Wag es nicht«, drohte sie leise. Aber da war der Freak schon an ihrer Seite, kniete vor ihr, sah mit seinen Glupschaugen zu ihr hoch.
»Schöne Frau«, flüsterte er. »Junges Blut. So fein, so edel ...«


2. Kapitel


Plötzlich lag eine Hand auf meiner Schulter. Angenehm kühle Finger legten sich auf meinen Mund, stoppten meinen Schrei.

»Sie sind nicht echt«, brüllte mir Peter ins Ohr. Seine Stimme übertönte den quälenden Gesang. »Sie sind nur Projektionen. Ihr Wahnsinn kann dir nichts anhaben.«

Aber ich spüre ihn doch!

Peter las die Antwort in meinen Gedanken. »Es ist deine eigene Fantasie, die sie gegen dich wenden«, beschwor er mich.

Aber der Lama, sein Lächeln, der Rauch und der Tanz.

»Du träumst, Georg. Ein Teil von dir ist schon in ihrer Schattenwelt. Aber nur ein Teil! Lass nicht zu, dass sie dich ganz holen!«

Ich konnte nicht sprechen, nur husten und schreien, aber dank Peters klarer, besonnener Stimme konnte ich wenigstens wieder denken. Was tun?

»Konzentriere dich auf den Ausgang«, befahl Peter sanft. »Dann durchbrich den Kreis. Und denk daran, sie sind genauso wenig greifbar wie ich.«

Der Tanz ging weiter. Das grausame Lächeln schwebte über mir, aber ich sah nicht mehr hin. Stattdessen schloss ich die Augen und dachte an das weite Land draußen, an die braunen Hänge und Täler, die schneebedeckten Gipfel, die klare, kalte Luft. Obwohl meine Lider fest geschlossen waren, fand ich einen hellen Fleck in der Dunkelheit, einen Schimmer.

Ich kroch darauf zu. Noch immer quälte jede Bewegung meine Muskeln aufs Äußerste, aber der Gesang verlor an Kraft, ebenso der Gestank des Rauchwerks. Der helle Fleck wuchs. Ich wagte es und schlug die Augen auf. Die Konturen gewannen an Schärfe. Die Tür. Draußen ein heller Himmel. Ich kroch schneller. »Ja, weiter so.« Auch Peters Stimme verlor an Macht, und ich spürte seine kühle, beschützende Berührung nicht mehr, doch ich brauchte sie auch nicht.

Hinter mir kreischte der Schwarze Lama wütend. Ich wusste, dass sein Lächeln noch in der Dunkelheit lauerte, aber ich drehte mich nicht um. Der Himmel über den Gipfeln gab mir die Kraft, mich aufzurichten, und so erreichte ich schließlich den Innenhof auf eigenen Füßen. Ich taumelte wie ein betrunkener Matrose, aber ich stand.

Nicht lange jedoch. Kaum hatte ich die ersten Schritte in den Hof gemacht, gaben meine Knie nach, und ich lag keuchend auf der Erde, presste die Wange gegen den kühlen Grund. In diesem Moment war es mir egal, ob Kiesel meine Haut zerkratzten. Ich atmete ein, so tief ich konnte, und freute mich daran, dass das Hämmern im Kopf nachließ.

Als ich mich endlich wieder rühren konnte, drehte ich mich auf den Rücken und starrte ins weite Blau. Eine leichte Drehung des Kopfes, und ich erkannte Peter, der neben mir hockte und versonnen auf die Mauern des Tempels starrte. Das Gebäude stand noch, aber es zeigte nun deutliche Zeichen der Alterung.

Vorsichtig richtete ich mich auf, setzte mich neben meinen grauen Begleiter.

»Ich bin sauer«, verkündete er, ohne mich anzusehen. »Wieso musstest du so lange überlegen, bis du dem Drecksmönch – möge seine Seele für immer im Himmel schmoren – befohlen hast, mich in Ruhe zu lassen? Magst du mich etwa nicht?«

»Natürlich mag ich dich nicht«, erklärte ich gelassen. »Ich bin ein Dämon, ich mag niemanden. Außerdem nervst du.«

»Aber ich meine es nur gut mit dir.«

Ich seufzte. »Ich weiß.«

Er hatte mich schon wieder gerettet. Langsam wurde das zur Gewohnheit. Und es gefiel mir nicht, so von ihm und seiner Hilfe abhängig zu sein. Was, wenn er mich am Ende doch verriet?

»Ich kann dir nicht trauen.«

Nun seufzte Peter. »Ich weiß. Du bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst.«

»Kein Dämon traut einem anderen, wenn er klug ist«, gab ich zu bedenken.

Unvermittelt kicherte Peter los. »Du magst mich ja doch, sonst hättest du mich verrecken lassen.«

»Du bist mir lediglich nützlich.«

»Du mir auch«, gestand er zu. Wir schwiegen einvernehmlich und jeder hing seinen Gedanken nach.

»Nachdem das geklärt ist«, nahm ich schließlich den Faden unseres Gesprächs wieder auf. »Was für ein Ort ist das eigentlich? Waren wir etwa die ganze Nacht dort drin?«

Peter summte leise vor sich hin. »Schon möglich. Vielleicht sogar mehrere Tage. So etwas kann schnell passieren, wenn man mit dem Weltgefüge herumspielt.« Er zog die Stirn kraus. »Ein Fenster zwischen den Welten«, sagte er schließlich. »Ich denke, das trifft es am ehesten.« Er nickte sich selbst zu. »Ja, je länger ich darüber nachdenke, scheint mir der Tempel ein Knotenpunkt zwischen den Welten zu sein. Als wir hineingegangen sind, haben wir in eine andere Welt geblickt und diejenigen gesehen, die sich dort aufhalten. Vielleicht haben wir auch in die Vergangenheit geschaut. Es ist dem, was ich tue, in der Tat sehr ähnlich. Ich bin auf einer anderen Ebene gefangen, aber ich habe ein Fenster, durch das ich dich sehe. Und du siehst mich. In einigen seltenen Augenblicken und Orten wird die Fensterscheibe durchlässig, und wir können einander berühren. So wie im Bergwerk. Oder eben hier. Das heißt aber nicht, dass wir uns wirklich am selben Ort befinden.«

»Ich verstehe.« Das klang auf bizarre Art einleuchtend.

»Wenn wir noch einmal hineingingen«, sinnierte Peter, »dann würden wir womöglich etwas ganz anderes sehen und erleben.«

»Du meinst, es war Zufall, dass wir dem Schwarzen Lama begegnet sind? Er sprach von Coco und wusste einiges über Nocturno. Außerdem passt er gut hierher.«

»Das Böse hat viele Gestalten.« Peter kicherte. »Das müsstest du doch am besten wissen.«

»Weiß ich auch. Aber alles, was er sagte, war einleuchtend, bis zu dem Punkt, an dem er versuchte, mich seiner Göttin zu opfern.«

»Stimmt schon. Mag sein, dass Nocturno dieses Kloster wirklich erschaffen und die Mönche eingesetzt hat. Durchaus möglich, dass sie für ihn das Tor bewachen sollten. Er hat wohl bloß nicht bedacht, dass sie ihn im Laufe der Zeit verraten und sich einem mächtigen Wesen von der anderen Seite ergeben würden. Es war übrigens kein Wort gelogen.« Peter drehte sich mir zu und zwinkerte verschmitzt. »Das hätte ich gemerkt«, verkündete er stolz. »Und ich glaube, er wusste das. Darum war er so versessen darauf, mich loszuwerden. Und darum hat er dir so viel enthüllt, bevor das Gift seine Wirkung bei dir gezeigt hat.«

»Und das Tor?«, fragte ich frustriert. »Wenn das nur ein Fenster war, wo ist dann das richtige Tor?«

In dem Punkt war Peter genauso ratlos wie ich. »Keine Ahnung. Hat er nicht etwas von einem See gesagt? Oder vielleicht gibt es einen Hinweis auf den Münzen.«

Die Zwillingsmünzen. Ich zog sie aus der Innentasche meiner gefütterten Jacke, wo ich sie über dem Herzen sicher verwahrte. Sie blinkten stumpf im Sonnenlicht. Aber sie hatten sich nicht verändert.

Nachdenklich sah ich mich um. Mit mehr Ruhe als beim letzten Mal studierte ich jedes Detail der Umgebung, achtete auf jede Unregelmäßigkeit, jedes verräterische Detail. Wieder fiel mein Blick auf die Fratze über dem Tempeleingang. Sie grinste noch immer, auch wenn mir der Stein nun poröser erschien. Hier und da hatten Wind und Wetter an dem Dauergrinsen gekratzt. Die hohlen Augen glotzten dumpf vor sich hin. Lediglich das Stirnauge starrte mich an, aber der Blick hatte im Gegensatz zur Nacht an Einschüchterung verloren, war zahm und leblos.

Ich erwiderte das Steingrinsen ironisch und dachte an Coco, die sich allein durchschlagen musste, weil ihr Bruder zu blöd war, ein Tor zu öffnen. Ich hatte laut Peter in eine andere Welt geblickt, aber Coco hatte ich nicht gesehen.

Jäh traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Ein Blick. Augen. Die Münzen.

»Das ist es!« Ich sprang auf. Peter kommentierte meine Hektik mit einem eloquenten »Hä?« und einem Gähnen. Ich ignorierte ihn und hastete zu der Fratze. Dann drückte ich die beiden Münzen in die leeren Augenhöhlen.

Im nächsten Augenblick erklang ein Kratzen und Rumpeln, der Boden bebte. Der Tempel und die Mauern um uns brachen zusammen wie ein Spielzeughaus.

»Georg, was hast du getan?«

Steine polterten herab. Die Fratze grinste, zwei silberne Augen verfolgten mich mit boshaftem Blick, das dritte strahlte schwarz. Und funkelte. Wie ein dunkler Diamant.

Mit einem hässlichen, ohrenbetäubenden Kreischen riss der bebende Fels auf, als wolle er mich auslachen. Ich ruderte mit den Armen, doch hatte ich längst den Halt verloren. Ich stürzte in die Tiefe.

Wien (Gegenwart)

Ein schrilles Summen zerriss den Moment des Friedens im Wohnzimmer der Zamis. Es klingelte Sturm. Seufzend legte Thekla die Zeitschrift beiseite, mit der sie sich für ein paar Minuten von dem riesigen Berg an Problemen geflüchtet hatte.

Nun türmte er sich vor ihrem inneren Auge wieder auf wie ein kleines Gebirge. Ein schwarzer Abgrund zugleich. Sie stand an der Klippe, die Zehenspitzen bereits ohne Halt.

Obwohl es Thekla Zamis erschien, als müsse...

Erscheint lt. Verlag 23.9.2023
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-5467-9 / 3751754679
ISBN-13 978-3-7517-5467-5 / 9783751754675
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