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Schattenelfen - Die weinende Stadt (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
448 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-29933-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schattenelfen - Die weinende Stadt - Bernhard Hennen
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Alathaia, die Fürstin von Langollion, schien endgültig besiegt zu sein. Doch dann wendet sie das Blatt der Geschichte: Sie findet eine Waffe, mit der sie binnen Augenblicken eine ganze Stadt vernichten könnte. Nun fordert sie ihr Fürstentum zurück und obendrein den Kopf der Elfenkönigin Emerelle. Sich ihr jetzt noch zu widersetzen, heißt einen grausamen Tod zu sterben - und das Leben tausender Unschuldiger zu gefährden. Finden der Wolfself Melwyn, die Lutin Zafira und der Kobold Broja eine Lösung dieses schrecklichen Dilemmas? Sonst wird in Albenmark ein Zeitalter der Tyrannei anbrechen ...

Bernhard Hennen, 1966 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Vorderasiatische Altertumskunde. Mit seiner »Elfen«-Saga stürmte er alle Bestsellerlisten und schrieb sich an die Spitze der deutschen Fantasy-Autoren. Bernhard Hennen lebt mit seiner Familie in Krefeld.

DAS ENDE

Es war nun an ihm zu entscheiden, auf welche Art sie sterben würden. Swid ließ sich gegen die gut gepolsterte Lehne des Kapitänssessels sinken und legte die Hände auf die Steuerknüppel rechts und links des komfortablen Sitzes, der dazu geschaffen war, dass man endlose Stunden in ihm verbrachte und schwere Entscheidungen traf. Die Bolzenspucker leckte wie ein Sieb. Ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengten, sie würden den Untergang des Tauchboots allenfalls hinauszögern können.

Er lauschte auf das dumpfe Hämmern. Grumgri trieb, wo die Bolzen fehlten, Korkstücke in die wasserspeienden Löcher. Es waren zu viele dieser Lecks. Grumgri führte einen aussichtslosen Kampf, und dennoch gab er nicht auf. Auch das leise Quietschen der Pumpe verstummte keinen Herzschlag lang. Nur die große Kurbelwelle stand still. Die Mannschaft wartete auf Swids Befehle. Sollten sie ausbooten? Er könnte die Bolzenspucker bis auf zehn Schritt ans Ufer heranbringen, bevor sie auf Grund lief. Vielleicht sogar noch ein kleines bisschen näher. Aber sie würden auf jeden Fall ein Stück durch das eisige Wasser waten müssen und völlig durchnässt das unwirtliche Ufer erreichen. Er hatte dort nur Schnee und Felsen gesehen. Kein Holz, um Feuer zu machen, keine Höhle, die Schutz vor dem Wind versprach. Vermutlich würden sie alle, keine Stunde nachdem sie die Bolzenspucker verlassen hätten, erfroren sein. Irgendwann würden die Trolle ihre Leichen finden und einen Festschmaus halten, und dann würden sie die Bolzenspucker nahe dem Ufer ausschlachten und das Eisen nutzen, um Waffen zu fertigen.

Die andere Möglichkeit wäre, aufs Meer hinauszufahren. Darauf zu hoffen, dass sie es zu irgendeinem belebten Küstenflecken schafften oder den Weg eines Seglers kreuzten und an Bord genommen wurden. Doch welches Schiff würde sich schon im Winter hoch in den Norden verirren? Swid lächelte. Außer ihnen wagte das keiner. Wenn sie aufgetaucht fuhren, würde ein Teil der Lecks kein Wasser ziehen. Das würde ihnen ein paar zusätzliche Stunden verschaffen. Aber wozu das Unausweichliche hinauszögern? Im Grunde war die Wahl leicht: Sie würden den Trollen kein Futter und kein Eisen liefern!

Kein Aal, von dem er je gehört hatte, hatte so weite und so abenteuerliche Fahrten unternommen wie die Bolzenspucker. Sie hatten die Blaue Halle entdeckt und Hornboris Turm. Sie waren nach Darna gereist und tief ins Waldmeer. Selbst die Helden der alten Sagen waren nicht so viel herumgekommen wie sie. Nur schade, dass außer ihnen kein Zwerg davon wusste. Swids Lächeln wurde melancholisch, doch nicht bitter. Sie würden sterben, wie sie gelebt hatten: als tollkühne Seefahrer. Das Meer sollte ihr Grab sein. Sie würden tief im Dunkel der See verschwinden. Was aus ihnen geworden war, würde für immer ein Geheimnis bleiben. Das war das passende Ende für ihre Geschichte!

Seine Hände schlossen sich fester um die Griffe der Steuerhebel. »Volle Kraft voraus!«, rief er in das Sprachrohr. Er hörte, wie sich die Kurbelwelle in Bewegung setzte. Niemand hinterfragte seinen Befehl. Alle gaben ihr Bestes. Wussten sie, wohin diese Fahrt führen musste? Oder hofften sie, dass er es irgendwie schaffte, das Schicksal zu wenden?

Swid schluckte hart, als ihm bewusst wurde, dass er genau das gehofft hätte, wenn Harr noch in diesem Sessel säße und er, Swid, statt hier zu sein, mit den anderen nun in die Pedale träte. Er würde ihnen diese Hoffnung nicht nehmen. »Legt euch ins Zeug, Jungs! Da geht noch mehr! Wir retten uns in tieferes Fahrwasser. Dann halten wir einen südlichen Kurs und suchen uns einen trollfreien Küstenstreifen, um die Bolzenspucker wieder auf Vordermann zu bringen. Grumgri? Wenn der letzte Korken in ein Leck gehämmert ist, zersägst du den Stiel des Wischmopps in daumenlange Stücke, spitzt sie an und verschließt damit die letzten Nietenlöcher. Ich wünsche mir, dass wir bis zum Abend wieder im Trockenen sitzen.«

»Aye, Kapitän!« Grumgri klang erschöpft, aber zuversichtlich.

Swid öffnete die Blende vor dem Barinstein, dessen gebündeltes Licht durch das blaugraue Wasser schnitt, nahm die Linke von dem Hebel, mit dem er das Seitenruder bediente, und wechselte zu dem anderen Hebel, mit dem er das Licht schwenkte. Er schätzte, dass ihre Tauchtiefe drei oder vier Schritt betrug.

Der Lichtkegel wanderte über einen Meeresboden aus dunklem Schlick und Geröll. Der Grund senkte sich nur langsam weiter ab. Swid korrigierte den Kurs über das Heckruder und wich einem einzelnen Felsbrocken aus, der sich aus dem Geröll erhob. Voller Sorge horchte er auf die Geräusche im Wasser. Die doppelte Hülle der Bolzenspucker dämpfte alle Laute, doch wenn er sich konzentrierte, vermochte er das Mahlen zu vernehmen, mit dem sich große Eisbrocken aneinander rieben. Trotz der zahllosen Tauchfahrten, die er schon hinter sich hatte, konnte Swid die Distanz zu den jeweiligen Geräuschquellen nur sehr grob einschätzen. Die Eisbrocken des kalbenden Gletschers waren zwischen einer Meile und hundert Schritt entfernt.

Swid bewegte den Hebel, über den sich die Rumpflaterne schwenken ließ. Der kleine bernsteingelbe Lichtkreis glitt über den Meeresboden. Ab und an schob sich ein Kliff aus dem sanft abfallenden Untergrund. Sie würden nur sehr langsam an Tauchtiefe gewinnen. Swid biss die Zähne zusammen. Im Grunde konnte ihm alles egal sein. Sie waren hoffnungslos verloren, und dennoch hatte er den Ehrgeiz, das Unausweichliche so weit wie möglich in die Zukunft zu verschieben. Er würde kämpfen, so wie jeder an Bord kämpfte. Grumgri, der unablässig den Hammer schwang, Hergast und Gemlar an der Pumpe und die Männer um Durbrok und Drombosch, die unablässig in die Pedale traten.

Jetzt gesellte sich noch ein anderer Laut zu den Geräuschen des Eises und dem der Schiffsschraube. Es war ein fremdartiger Singsang, der ihn tief im Innersten berührte. Bevor sie in die Walbucht eingefahren waren, hatte er ihn nur zwei Mal auf ihren Reisen gehört, aber nie so nah. Selbst Harr hatte nicht gewusst, wer da sang, und etwas vom Lied des Meeres gemurmelt.

Ein Geräusch, als krachte ein Holzhammer gegen die äußere Hülle der Bolzenspucker, lenkte Swid ab. So angeschlagen, wie das Tauchboot war, mochte schon ein einzelner Treffer an der falschen Stelle genügten, um die Hülle aufreißen zu lassen. Diese verdammten Eisbrocken reichten weit unter die Wasseroberfläche. Eine Tauchtiefe von drei bis vier Schritt war nicht genug, um ihnen zu entkommen.

Er ließ den kleinen Lichtkreis über den Meeresboden gleiten. Steuerbords gab es eine tiefe Furche, die an ein Bachbett erinnerte, das sich über Jahrhunderte tiefer in einen Hang gegraben hatte. War sie breit genug für die Bolzenspucker? Sie war zu schmal, um den Lichtstrahl aus diesem Winkel bis auf ihren Grund vordringen zu lassen.

Ein Schemen ein Stück voraus ließ Swid das Licht zur Wasseroberfläche hin ausrichten. Dort trieb eine Eiswand, so breit, dass er durch die beiden dicken Glasfenster vor sich keine Enden entdecken konnte. Swid keuchte. Ihr Tauchboot würde zwischen dem Eis und dem Meeresboden zermalmt werden wie ein Korn zwischen Mühlsteinen.

Er griff nach dem Hebel des Seitenruders. Leise knirschend glitt er nach vorn. Quälend langsam veränderte die Bolzenspucker ihren Kurs. Swid spürte das zusätzliche Gewicht durch das Wasser, das eingedrungen war. Es machte den ohnehin schon trägen Aal noch langsamer.

»Die Schonzeit ist vorbei, Jungs«, rief er ins Sprachrohr. »Jetzt tretet mal so richtig in die Pedale.« Überrascht nahm er wahr, dass seine Stimme ruhig klang, obwohl er den Tod vor Augen hatte, ganz, wie es bei einem Kapitän sein sollte.

Stetig glitten sie dem Einschnitt im Meeresboden entgegen. Swid korrigierte leicht den Kurs. Sie mussten in einem möglichst spitzen Winkel auf die tiefe Furche treffen, um nicht darüber hinwegzugleiten. Das war riskant.

Immer noch erklang der unheimliche Singsang. Der Ton hatte sich verändert. Das Lied des Meeres klang nun traurig, wie eine Totenklage.

Ein Knirschen, das Swid durch Mark und Bein ging, ließ ihn in seinem Sessel zusammenzucken. In dem winzigen Lichtkegel war zu sehen, wie die Eiswand vor ihnen zerbrach. Hunderte Eisbrocken, manche groß wie Häuser, wurden durch die Kräfte, die wirkten, ins Wasser hinabgedrückt, statt an die Oberfläche zu schnellen, wie es hätte sein sollen.

»Bei den Alben!«, entfuhr es Swid. Die Bolzenspucker fuhr in die Rinne am Meeresgrund ein. Swid spürte, wie seine Hände schweißnass wurden, als er den Aal in die Tiefe führte. Was auf den ersten Blick wie eine Furche mit schattigem Grund angemutet hatte, entpuppte sich nun, da der Aal in deren Mitte dahinglitt, als etwas völlig anderes. Die sanft abfallenden Böschungen aus Geröll gingen in fast senkrechte, zerklüftete Felswände über. Das goldene Licht der Bolzenspucker reichte nicht bis auf den Grund dieser unterseeischen Schlucht, so tief war sie. Sie mutete an, als sei das Felsgestein in ferner Zeit von einem Beben zerrissen worden und habe eine Wunde empfangen, die niemals heilen wollte.

Swid zögerte – nur einen Herzschlag lang –, dann legte er den Hebel des Tiefenruders ganz nach vorn. Die Nase des Aals senkte sich um fast fünfundvierzig Grad. In den Tiefen der Bolzenspucker hörte er es poltern und dann den unverkennbaren Laut, wenn Fleisch auf Metall klatschte. Grumgri fluchte. In der Kurbelwellenkammer hinter ihm erhob sich besorgtes Gemurmel. Die Pumpe änderte ihren Rhythmus. Das eingedrungene Wasser wogte klatschend durch die...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2024
Reihe/Serie Die Schattenelfen-Saga
Die Schattenelfen-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2024 • eBooks • Elfen • epische Schlachten • Fantasy • Finale • High Fantasy • Intrigen • J. R. R. Tolkien • Kobolde • Liebe • Neuerscheinung • Spiegel-Bestseller-Autor • Spiegel-Bestseller-Serie • Trolle
ISBN-10 3-641-29933-0 / 3641299330
ISBN-13 978-3-641-29933-0 / 9783641299330
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