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Eine halbe Ewigkeit (eBook)

Spiegel-Bestseller

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eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01425-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine halbe Ewigkeit -  Ildikó von Kürthy
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Was ist aus uns geworden? Aus unseren Träumen, Plänen und der Liebe unseres Lebens? Vor 25 Jahren schrieb Ildikó von Kürthy ihren ersten Roman, «Mondscheintarif». Nun ist die Heldin von damals zurück. Sie ist auf der Flucht vor ihren Erinnerungen. Schon seit einer halben Ewigkeit. Bis ihr ein altes Tagebuch in die Hände fällt. Es hatte ein Happy End. Doch das Leben ging weiter. Sie heißt Cora Hübsch, ihre Kinder sind groß, und ihre Ehe ist gebrechlich. Zu viel Alltag, zu wenig Abenteuer. Aber an diesem Wochenende spielt ihr Leben verrückt: das vertauschte Kleid, die alte Schuld, die schemenhafte Gestalt auf dem Foto. Ist das Zufall? Oder eine letzte Chance?

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt. Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt. Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

17.12 Uhr


Der Fuß ist eine weitgehend unerschlossene weibliche Problemzone. Das ist ein grandioser Satz. Ein Satz wie in Stein gemeißelt. Der Fuß ist eine weitgehend unerschlossene weibliche Problemzone. So könnte ein Artikel in einer Frauenzeitschrift anfangen. Oder in «Psychologie Heute». Oder so.

Ich heiße Cora Hübsch, ich bin dreißigdreiviertel Jahre alt und gehöre zu der Mehrheit von Frauen, die auch in fortschreitendem Alter noch kein freundschaftliches Verhältnis zu ihren Füßen aufgebaut hat. Meine Zehen sind krumm wie die Zähne im Mund eines Schuljungen, der sich beharrlich weigert, eine Zahnspange zu tragen. In meiner Bauch-Beine-Po-Gruppe ist eine, deren Zehen sind so kurz, als seien sie ihr in jungen Jahren von einer scharfkantigen Glasplatte guillotiniert worden. Und meine Freundin Johanna hat Füße wie andere Leute Oberschenkel, und in ihren Pumps hätten sich noch einige Zweite-Klasse-Passagiere von der Titanic retten können.

Ich versuche, mich abzulenken. Betrachte angestrengt den Haufen Zehen an meinem Körperende, um nicht über Schlimmeres nachdenken zu müssen.

Darüber zum Beispiel, daß heute Samstag ist. Schlimmer noch, es ist schon fast Samstagabend. Wann beginnt eigentlich der Abend? Gesetzt den Fall, jemand sagt: «Ich rufe dich Samstagabend an.» Was genau meint er dann damit? Heißt das: «Ich rufe dich um 18 Uhr an, um dich zu fragen, ob ich dich um 20 Uhr 30 abholen und zum teuersten Italiener der Stadt ausführen darf»?

Oder heißt das: «Ich klingle gegen 23 Uhr mal durch, um anzutesten, ob du eine vereinsamte Frau bist, die am Samstagabend nichts Besseres vorhat, als auf den Anruf eines smarten Typen, wie ich es bin, zu warten, der sich einmal aus Langeweile dazu hat hinreißen lassen, mit dir ins Bett zu gehen»?

Der Fuß ist eine weitgehend unerschlossene weibliche Problemzone.

Nein, es hilft nichts. Die krummen Gesellen da unten können nicht länger für meine Minderwertigkeitskomplexe geradestehen. Ich heiße Cora Hübsch, bin dreißigdreiviertel und gehöre zu der Mehrheit von Frauen, die sich auch in fortschreitendem Alter hauptsächlich mit einer Problemzone rumschlägt.

Freundinnen, laßt es uns so sagen, wie es ist: Die aller-aller-allerschlimmste weibliche Problemzone heißt: Mann.

 

Ich beneide mein jüngeres Ich um diese vergleichsweise überschaubaren Problemzonen. Was sind schon Füße, was sind schon Männer? Die Vorstellung, dass mein Lebensglück von einer Person mit Y-Chromosom abhängt, habe ich längst als überholt zu den Akten gelegt. Wir haben doch nicht umsonst alle den Bestseller Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest gelesen. Selbstliebe lautet das Gebot der Stunde. Meine Zehen bereiten mir schon lange wesentlich weniger schlaflose Nächte als meine Psyche, und die Tatsache, dass mir immer noch nicht egal ist, mit wem ich verheiratet bin, deutet drauf hin, dass bei mir in Sachen Selbstliebe noch sehr viel Aufholbedarf besteht. Mittlerweile haben sich meine Lebensbaustellen vom Außen ins Innen verlagert. Freundinnen, lasst es uns so sagen, wie es ist: Die aller-aller-allerschlimmste weibliche Problemzone bist du selbst.

 

Ich heiße Cora Hübsch, bin dreißigdreiviertel …

 

Ich betrachte das Heft und blättere durch die Seiten. Meine Handschrift hat sich ein wenig verändert, sie ist nachlässiger geworden, müder und gleichzeitig unverkrampfter. Wie ich. Früher war es mir wichtig, dass meine Schrift exzentrisch und individuell aussieht, heute schreibe ich zweckdienlich. Dasselbe gilt übrigens für meine Kleidung. Die diversen Stilettos, in die ich vor einem Vierteljahrhundert noch nächtelang meine schmerzenden Füße quetschte, habe ich bereits vor Jahren entsorgt. Sie haben mir damals das kurze Gefühl von Eleganz und Überlegenheit, auf lange Sicht ein paar dauerhafte Druckstellen und eine chronisch verkürzte Wadenmuskulatur eingebracht.

Wenn ich ehrlich bin, handelt es sich bei vielen meiner Altersbeschwerden um die Spätfolgen meiner Jugendsünden. Ich habe Kette geraucht, um lässig zu sein, in hauchdünnen Tops gefroren, um sexy zu sein, Haschkekse gegessen, um cool zu wirken, und getrunken, um locker zu werden. Innerlich war ich nie lässig, sexy, cool oder locker und hätte am liebsten immer Unterhemden und Rollkragenpullis getragen.

 

Gute Güte! Warum ruft der denn nicht an? Warum gibt es Dinge im Leben einer Frau, die sich niemals ändern? Die Frage, ob man nach einmal Sex bereits Anspruch auf eine Samstagabendverabredung hat, wurde bisher nicht hinreichend geklärt.

 

Ich muss lächeln, als ich mir die wütende, verzweifelte Cora Hübsch von damals vorstelle. Auf der Suche nach der Liebe. Und dabei oft so rührend verblendet. Ich dachte ein paar Mal, ich hätte den Richtigen gefunden, nicht weil ich ihn tatsächlich gefunden, sondern weil ich mir gewünscht hatte, ihn zu finden. Wir sehen, was wir suchen, manchmal ohne Rücksicht auf die Tatsachen. Ich war bemüht, Typen zu gefallen, denen ich heute nicht mal mehr meine Telefonnummer geben würde.

Richard B. zum Beispiel, an den ich mit siebzehn nur allzu gern meine Unschuld verloren hätte und dem ich sie auch mehrfach aufdringlich angedient hatte, sitzt mittlerweile für die AfD im thüringischen Landtag. Und ich habe aus sicherer Quelle gehört, dass sich Martin A., der mich, allerdings unzulänglich, in die Grundzüge des Pettings einwies, wegen Steuerhinterziehung und Unterhaltsbetrug verantworten muss.

 

Mein Tagebuch. Dieser unerwartete Gruß aus einer Zeit, von der ich heute weiß, dass sie ein Countdown war, reißt mir ein Loch in meine ohnehin gerade bröckelige Fassade. Die Fotos. Meine Unbekümmertheit, die sich dennoch wie Kummer anfühlte, meine Leichtigkeit, die mir dennoch schwer vorkam.

Ich sehe ein Foto von mir auf der Alibert-Waage. Wieder sind nur meine Füße zu erkennen. Hier zeigt sich eine tatsächlich auffällige Problemzonenfixierung. Der Zeiger der Waage steht auf fünfundsechzig Kilo. Damals spielten die Zahlen hinter dem Komma noch keine tragende Rolle, während einem heute ja schon mal zweihundert Gramm die Laune verhageln und das digital errechnete Wochendurchschnittsgewicht ruinieren können. Über dem Polaroid steht der von mir in tiefster Verzweiflung hingekritzelte Satz:

 

Weiß jetzt, warum er nicht anruft. Bin zu dick. Bin sehr unglücklich.

 

Fünfundsechzig Kilo. Wenn ich heute fünfundsechzig Kilo wöge, würde sich mein Umfeld fragen, ob ich womöglich nicht mehr lange zu leben hätte.

Fünfundsechzig Kilo. Ich war gertenschlank und hielt mich für zu dick. Ich war jung und hielt mich für zu alt. Ich war klug und hielt mich für zu blöd. Ich dachte, alles sei vorbei, dabei fing doch alles erst an. Ich hatte keine Probleme und nahm sie trotzdem viel zu ernst.

Wieder jung sein. Zurückblättern im Buch des Lebens bis zu der Stelle, wo vielleicht alles hätte anders werden können. Letztlich fehlen immer nur wenige Sekunden zum Glück.

 

Meine Tränen tropfen mittlerweile unkontrolliert auf das Papier in meinem Schoß und vergrößern dort die uralten Wasserflecken. Ich weiß noch genau, dass ich damals in der Badewanne über das Leben, die Liebe und meine krummen Zehen philosophiert und anschließend spontan und mit noch nassen Fingern ein paar Sätze in das Buch geschrieben und das Wannen-Fuß-Foto eingeklebt hatte.

Das Tagebuch hatte mir meine Freundin Johanna ebenfalls zum Dreißigsten geschenkt, weil sie der Meinung gewesen war, wenn wir uns später einmal gemeinsam an unser Leben erinnern wollten, müsste sich eine von uns die Mühe machen, diese Erinnerungen in Bild und Text festzuhalten. Und diese eine sei selbstverständlich ich. Ich sei die Kreativere von uns beiden.

In Wahrheit meinte sie damit, dass sie nicht mal ansatzweise die Zeit dafür hatte, ihr Leben zu leben und parallel auch noch zu dokumentieren. Was sie auf Nachfrage auch bereitwillig zugab. «Du hast das Talent zu Muße und Kontemplation», hatte sie gesagt.

«Du meinst, ich bin faul?», hatte ich gefragt.

«Du schaffst dir Oasen des bewussten Nichtstuns.»

«Sag ich doch, du hältst mich für faul.»

«Du teilst dir deine Lebensenergie sinnvoll ein. Faultiere werden sehr alt.»

«Aber wenn ich sehr alt werde und du nicht, mit wem soll ich dann in diesem Tagebuch blättern und mich zurückerinnern?»

Sie hatte gelacht. Laut, wie es ihre Art war.

Und ich hatte ein paar Monate später den ersten Satz in dieses Buch geschrieben, und dann hatte ich irgendwie nicht mehr aufgehört und in den nächsten Tagen den Beginn dieser Liebesgeschichte akribisch notiert und dokumentiert und mir meine Zweifel, meinen Ärger und meine alters- und geschlechtsspezifischen Minderwertigkeitskomplexe von der Seele geschrieben.

Mein Tagebuch.

MONDSCHEINTARIF hatte ich quer und in dicken Lettern vorne draufgeschrieben. Mir gefiel das Wort. Es klang romantisch und rational zugleich, es klang nach Liebe und Realität. Mondscheintarif.

Es war der Beginn einer Liebesgeschichte, die alles verändern sollte. Geschrieben, während ich auf einen Anruf wartete. Seinen Anruf. Ich hoffte auf ein Happy End. Ich zweifelte, verzweifelte, lachte, weinte, schimpfte, hörte laut Donna Summer und Alphaville und Kurtis Blow, telefonierte mit Johanna, schrieb, rauchte, schrieb, trank Wein, schrieb und aß Nutella direkt aus dem Glas, woran ein Polaroid und ein großer dunkler...

Erscheint lt. Verlag 5.12.2023
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abschied nehmen • Bestseller • Es wird Zeit • Fortsetzung Mondscheintarif • Frauen-Freundschaft • Freundschaft • Geschenke für Frauen • humorvolle Romane • Jubiläum • langjährige Beziehung • Liebe • Liebesroman • lustige Romane • Moderne Literatur • Mondscheintarif • Morgen kann kommen • Neuanfang wagen • Romane für Frauen • Schicksal
ISBN-10 3-644-01425-6 / 3644014256
ISBN-13 978-3-644-01425-1 / 9783644014251
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