Wolfssch@nze (eBook)
388 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-8324-8 (ISBN)
Sten Parker ist ein Pseudonym. In die Generation X geboren wuchs der Autor im Saarland auf, wechselte zum Studium und Promotion nach Berlin, die er als Dr.-Ing. Biotechnologie erfolgreich abschloss. Im Anschluss daran war er über 20 Jahre in leitenden Positionen für ein international operierendes Unternehmen der Konsumgüterindustrie in Berlin, München und der Schweiz tätig. Sein Schreibstil ist lebendig und geprägt von pointierten Dialogen und frischen Bildern.
Kapitel 3
Zwanzig Minuten später saßen sie beide in der Küche. Martin hatte wieder etwas Farbe im Gesicht, nachdem Stella ihm ihren Streich gestanden hatte. Er hatte Münchner Weißwürste, die originalen mit Kalbfleisch, süßen Senf und sogar Brezen bekommen, die nach Stellas fachkundiger Meinung überraschend gut waren. Sie trug mittlerweile Jeans und ein weißes Top und ihre nassen Haare fielen ihr in Strähnen auf die Schulter. Sie genoss das Frühstück sichtlich, zu dem sie sich neben den Weißwürsten zwei gekochte Eier gewünscht hatte. Diesem Wunsch war Martin gerne nachgekommen, musste bei der Zubereitung allerdings wieder unwillkürlich an Gareth denken. Ein Seufzer entfuhr ihm dabei, den Stella aber nicht bemerkte.
Sie sagte: „Bevor wir an die Lösung unseres kleinen Rätsels gehen, darf ich dir auch eine persönliche Frage stellen?“
„Klar, schieß los!“
„Wie um alles in der Welt konnten deine Eltern dich Martin nennen?“
„Du meinst wegen des Nachnamens?“
„Natürlich. Ich meine, wenn ich schon Bormann heiße, dann nenne ich doch meinen Sohn nicht Martin. Nach Martin Bormann, dem persönlichen Adjutanten von Adolf Hitler. Wie kommt man auf so was?“
„Die Wahrheit ist, ich kann es dir nicht sagen. Bormann ist der Mädchenname meiner Mutter. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt. Sie verbrachte während ihres Studiums in den späten Achtzigern ein paar Monate in den USA. Rumreisen, Spaß haben, Land und Leute kennenlernen, Horizont erweitern. Was Studenten so machen. Als sie zurückkam, war sie mit mir schwanger. Sie hat – soweit ich weiß – niemandem von den genauen Umständen der Schwangerschaft geschweige denn, wer mein Vater war, erzählt. Sie zog mich allein auf und war für mich die tollste Mutter, die ich mir wünschen konnte. Leider starb sie viel zu früh an Leukämie. Da war ich gerade neun Jahre alt und sie nicht mal 35.“
„Das tut mir leid“, sagte Stella betroffen.
„Da meine Mutter ein spätes Einzelkind war und meine Großeltern bereits verstorben waren, bin ich dann bei der Familie meiner Großtante aufgewachsen. Diese hatte kaum Kontakt mit meiner Mutter gehabt und war insofern auch keine Hilfe, die Frage nach dem Hintergrund des Vornamens zu klären.“
„Aber hast du eine Idee, was die Gründe sein könnten?“
„Um noch einmal die Wahrheit zu sagen, nein. Es mag dir vielleicht merkwürdig erscheinen, aber ich habe mich damit nie ernsthaft auseinandergesetzt. Ich weiß nicht einmal, ob wir in irgendeiner Linie mit dem NS-Bormann verwandt sind, und es hat mich auch nie interessiert. Das liegt vielleicht auch daran, dass Bormann nicht in einer Reihe mit den richtig bekannten Namen wie Himmler, Göring oder Goebbels steht, und auch nicht mit denen der Berüchtigten wie Eichmann oder Mengele. Mein Gefühl ist, und das hat sich durch ein ganzes Leben mit eben diesem Namen bestätigt, dass der Name in der kollektiven Erinnerung der Bevölkerung auf die B-Promi-Liste abgerutscht ist, zusammen mit anderen Namen wie Hess, Speer oder Dönitz. Die Leute haben den Namen schon mal gehört, können ihn aber nicht mehr richtig zuordnen. Ich hatte persönlich nie Schwierigkeiten mit dem Namen und bin auch seltener darauf angesprochen worden, als man denken könnte.“
Stella hatte ihm aufmerksam zugehört und nickte nachdenklich.
„Ja, das kann ich verstehen“, erwiderte sie.
Gleich darauf erhellte sich ihr Gesicht wieder und sie sagte: „Nun denn, lass uns mit der Auflösung der Rätsel beginnen. Ich bin schon ganz aufregt. Herr Bormann, haben Sie eine Idee, wie ich den Code herausgefunden haben könnte?“
Martin grinste und sagte: „Ja, ich habe das Mysterium gelöst.“
„Nun dann mal los. Ich bin gespannt.“
„Mein Ausgangspunkt war natürlich viel besser als deiner, da ich den Code kenne. Ich versuchte, mich an unser Gespräch von damals zurückzuerinnern, bei dem ich dir einen Hinweis darauf gegeben habe. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass wir uns nach deiner gelungenen spanischen Eröffnung auf Anhieb sehr gut verstanden hatten. Nach den ersten üblichen Seitenhieben von dir als Münchnerin gegen Berlin und meiner deutlich fundierteren Berliner Meinung zu München, hatten wir eine entspannte Gesprächsbasis aufgebaut. Du erzähltest mir, dass du an einer Dissertation im Bereich wirtschaftsmathematischer Forensik arbeitest, was mich ziemlich beeindruckt hat.“
„Irgendwann zu der Zeit haben sich deine Sportmädels verabschiedet und du hast uns eine zweite Maß geholt, an deren Ende ich nur noch recht unscharfe Erinnerungen habe. Was mir dabei aufgefallen war, ist, dass du noch einen ganz nüchternen Eindruck gemacht hast.“
„Oh, das ist ganz einfach zu erklären. Ich hatte eine alkoholfreie und du eine Wiesn-Maß. Oktoberfestbier hat einen Alkoholgehalt von über 6 %. Damit sollte man nicht spaßen, wie viele Touristen vor allem aus Italien schon leidvoll erfahren mussten.“
„Na, da kann ich ja im Nachhinein froh sein, dass du mir keine Roofies ins Getränk gemischt hast.“
„Die verwende ich nur in ganz seltenen Fällen“, lachte Stella.
„Wir unterhielten uns über Reisen, Musik, Bücher und Filme. Und da machte es klick bei mir. Ich kann mich daran erinnern, dass wir ausgiebig über den Roman ‚Der DaVinci Code’ von Dan Brown gesprochen haben. Wir fanden beide, dass das Buch gut und die Verfilmung mit Tom Hanks gelungen sei. Zu Anfang der Handlung erstellt der Kurator des Louvres kurz vor seinem gewaltsamen Tod eine verschlüsselte Nachricht. Diese basierte auf einer der berühmtesten Zahlenkombinationen der Welt, der Fibonacci-Folge.“
Stella grinste, sagte aber nichts.
„Das Elegante an der Folge ist, wie einfach sie gebildet wird. Man startet mit der 1 und addiert einfach immer die beiden letzten Zahlen der Folge als neue Zahl. Null plus eins ist eins, eins plus eins ist zwei, zwei plus eins ist drei und so weiter. Trotz oder gerade wegen ihrer Einfachheit kommt die Fibonacci-Folge praktisch überall in der Natur vor. Ein weiterer Vorteil, man braucht sie sich nicht zu merken, also ideal als Code, wenn man nach zwei Maß nach Hause kommt.“
Martin nahm einen großen Schluck Kaffee, bevor er fortfuhr.
„Nachdem mir klar war, wie du auf den Code gekommen bist, stellte ich mir vor, was passiert war, als du gestern Abend vor meiner Wohnungstür standest. Es galt noch eine weitere Hürde zu überwinden, und ich meine nicht die Haustür, die meistens offen ist. Ich sehe dich bildlich vor meiner Tür stehen. Erschöpft von der Fahrt und vielleicht enttäuscht, mich nicht in meiner Wohnung vorzufinden. Du denkst, ein Versuch war es wert gewesen und beginnst schon dein Smartphone herauszuholen, um nach dem nächsten Hotel Ausschau zu halten, da kommt dir die Idee mit der Fibonacci-Folge in den Sinn. Ok, die Wahrscheinlichkeit geht gegen Null und dennoch fordert eine innere Stimme in dir, es auszuprobieren. Aber selbst, wenn du mit deiner Vermutung richtig lägest, bliebe noch die Frage, wie viele Ziffern einzugeben sind. Die Zahlenfolge ist bekanntlich unendlich lang, aber aus naheliegenden Gründen sollte die Anzahl nicht zu kurz, aber dennoch überschaubar bleiben.“
Stella sah Martin an, wie er den Moment und seine Ausführungen genoss. Sie tat es auch.
„Dann schauen wir uns doch mal die ersten 10 Zahlen der Folge an: 1,1,2,3,5,8,13,21,34,55
Die übliche PIN-Anzahl von 4 erscheint zu trivial und zu unsicher. Die Sicherheitsvariante mit 10 Zahlen und 14 Ziffern ist schon zu kompliziert, vor allem wenn man – wie bereits erwähnt – nach dem Äquivalent von zwei Maß nach Hause kommt.“
„Bleiben also 6 oder 8 Ziffern, da Codes mit ungeraden Stellen selten vorkommen. Damit hattest du die beiden Code-Varianten eingegrenzt, die du maximal testen konntest. Dir war sicherlich klar, dass du nicht mehr als zwei Versuche hast, weil du davon ausgehen musstest, dass bei drei falschen Eingaben der Codemechanismus gesperrt und gleichzeitig eine private Sicherheitsfirma benachrichtigt werden würde. Beides ist übrigens zutreffend.“
Martin machte eine bedeutungsvolle Pause und blickte Stella an, die mittlerweile ein Pokerface aufgesetzt hatte.
„Ich würde jede Wette darauf eingehen, dass du den Code schon beim ersten Versuch richtig eingegeben hast. Den Grund dafür habe ich eben selbst erst herausgefunden. Ich habe, nachdem ich mit dem Frühstück zurückgekommen bin, das Nummernpad zum ersten Mal sehr genau angeschaut. Obwohl ich die Anlage bereits vor fünf Jahren habe installieren lassen, habe ich den Code in all den Jahren aus Bequemlichkeit nicht geändert. Ich war daher erschrocken über das, was ich feststellen musste. Die einzelnen Drucktasten auf dem Nummernpad zeigen unterschiedliche Gebrauchsspuren. Ganz deutlicher Abrieb zu erkennen ist an der 1, aber auch an der 2 und 3 hat die Zeit Spuren hinterlassen, wenn auch weniger ausgeprägt.“
Stella...
Erscheint lt. Verlag | 25.4.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7562-8324-0 / 3756283240 |
ISBN-13 | 978-3-7562-8324-8 / 9783756283248 |
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