Va banque - Champagner und Waffen (eBook)
354 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-6715-8 (ISBN)
Markus Hoffmann, 1968 in Ellwangen an der Jagst geboren, lebt und arbeitet in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Mit dem Kriminalroman Tödliche Triplette gab er in 2017 sein Debut. In dem Südfrankreich-Krimi steht die Vernetzung von Zeit und Raum im Mittelpunkt. Historie und Fiktion werden dabei spannend verknüpft. Auch in Va banque - Champagner und Waffen, beeinflusst dieser Aspekt "Hoffmanns Erzählungen" wesentlich.
eins 2010
„Was? Wie? Schon wieder ein Toter?“ Hauptkommissar Paul Julian legte sein Schinkenbaguette auf den Teller und schob ihn von sich. „Das gibt´s doch nicht! Kümmert sich die Polizei überhaupt nicht mehr um die Sicherheit der Leute?“ Der Chef der Mordkommission Nizza holte tief Luft, rückte seinen Schreibtischstuhl nach hinten und faltete die Hände über dem Bauch. Ein sicheres Zeichen, er war bereit zuzuhören.
„Äh … Paul, ich glaube, du hast dir gerade eine ordentliche Portion Mayonnaise aufs Hemd geschmiert.“ Eric Leroc, Kommissar und Assistent Paul Julians, verzog das Gesicht und begann laut zu lachen.
„Merde! Das habe ich erst vor zwei Tagen frisch angezogen, verflucht nochmal!“ Verärgert sprang Paul auf, sah sich die Bescherung an und versuchte am Waschbecken den Fettfleck herauszubekommen.
„Ach, vorgestern? Dann ist es natürlich besonders ärgerlich. Seit wann hast du Jeanne eigentlich nicht mehr gesehen?“
Der Vorname der Kriminalpsychologin ließ Paul aufhorchen. Knurrig antwortete er: „Madame Marais befindet sich genau ein Stockwerk unter uns. Wenn du es genau wissen willst, kannst du sie ja persönlich fragen. Sieh dir das an, was für eine Bescherung! Das Hemd ist bestimmt hinüber. Geht das beim Waschen eigentlich raus?“ Ohne eine Antwort zu erhalten, betrachtete er das Debakel aus Fett und Wasser, setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und schob den Teller mit dem restlichen Baguette noch etwas weiter von sich.
„Also gut, … zur Sache. Erzähl mir das Wesentliche, sonst kommt womöglich noch ein Toter hinzu. Was ist passiert?“
„Nach der Leiche auf der Müllkippe, führt uns der Weg heute auf den Mont Boron. Sagt dir der Name Frank Pernier etwas?“
Paul nickte. Es war ihm anzusehen, mit diesem Namen hatte Eric seine Aufmerksamkeit geweckt.
„Pernier wurde tot in seiner Villa aufgefunden. Kugel im Kopf, die Waffe fehlt. Das Putzkommando hat die Leiche entdeckt. Die Fliegen waren bereits an der Arbeit. Pernier muss schon einige Tage dort gelegen haben.“
Paul stand auf und griff sich sein Leinensakko von der Stuhllehne.
„Dann mal ab zu den Reichen und Schönen. Wissen Chouchou und Nathalie Bescheid?“
„Sind informiert und befinden sich auf dem Weg. Die Spurensicherung ist bereits vor Ort.“ Kurz vor der Tür hielt Eric an, drehte sich um und sah sich den Fleck auf Pauls Hemd nochmals an: „Und Chef, … der Fleck sieht wirklich fürchterlich aus.“
Ein Knuff auf den Oberarm beendete das Grinsen des Assistenten. Gespielt jaulte Eric auf. Wenige Minuten später verließen die beiden das Präsidium.
Der Versuch, die Altstadt zu umgehen und möglichst schnell über Villefranche-sur-Mer auf den Mont Boron zu gelangen, scheiterte kläglich. Die Hoffnung auf ein rasches Durchkommen verlor sich im Stau. Verärgert sahen die Männer sich an. Paul zog die Stirn in Falten und die Mundwinkel nach unten. Er nickte. Eric grinste, setzte das Blaulicht auf das Dach und schaltete die Warnblinkanlage an. Hupend kämpften sich die Polizisten durch die vor Hitze flirrende Blechlawine.
Kurze Zeit später bogen sie von der Straße der Normalverdiener ab. Das Villenviertel zu Füßen des Mont Boron lag vor ihnen. Dicht von Pinien bestanden, war die Luft auf dem Hochplateau spürbar besser. Der Duft der Nadelbäume flutete regelrecht das Innere des Wagens.
Noch bevor sie das Anwesen Perniers erreichten, tauschten sie aus, was sie über den Toten wussten.
„Pernier war einer der einflussreichsten Bürger der Stadt. Viel mehr kann ich nicht über ihn sagen. Natürlich, Port de plaisance, die Pernier-Werft. Einer der größten Arbeitgeber an der gesamten Côte d´Azur. Haben hauptsächlich Luxusyachten im Programm. In Nizza befindet sich das Stammhaus, klein und bescheiden. Was weißt du über ihn?“
Paul antwortete nicht gleich. Neugierig sah Eric einen Moment nach rechts. Nachdenklich fuhr sich sein Chef über die Glatze und kratzte sich am Hinterkopf. Langsam begann er zu erzählen: „Frank Pernier war der führende Kopf eines Wirtschaftsimperiums, das er über die Jahrzehnte hinweg immer weiter ausgebaut und vergrößert hat. Der Grundstock ist tatsächlich die Pernier-Werft. Bereits sein Großvater hatte mit dem Schiffsbau begonnen und unter der Leitung seines Vaters kamen noch weitere Firmen hinzu. Kurz nach dem Krieg waren sie für die Regierung tätig gewesen. Wir sind gleich da. Dort vorn musst du abbiegen.“
Das Tor zum Anwesen stand offen. Zwei Streifenwagen sicherten die Einfahrt. Die Kriminaltechniker waren bereits an der Arbeit. Ein kurzer Wink genügte, der Alpha konnte passieren. Sprenkelanlagen säumten die Auffahrt und tauchten das üppige Grün in ein ebenso üppiges Nass.
Vor der Villa standen die Fahrzeuge der Spurensicherung, neben denen auch Chouchou geparkt hatte. Paul und Eric hielten an.
Auf dem Weg zur Eingangstür bemerkte Paul die beiden Kolleginnen, die auf der Terrasse saßen und die Aussagen der Reinigungskräfte aufnahmen. Chouchou war die Ankunft ihres Chefs nicht entgangen.
Mit einem Strahlen im Gesicht kam der quirlige Rotschopf auf Paul zu. „Hallo Chef! Sehen Sie sich mal um! So lässt sich‘s leben, nicht wahr?“
Mit ausgestrecktem Arm deutete sie auf die weit unter ihnen liegende Bucht. Leuchtend weiß ragte der verlängerte Arm des Quai Amiral Infernet in das türkisblaue Meer.
„Und sterben!“ Den Ausblick nicht weiter beachtend, kam Paul auf den Stand der Ermittlung zu sprechen. „Ich gehe davon aus, dass Hervier und sein Team an der Arbeit sind und wie ich sehe, nehmt ihr die Aussagen der Reinigungskräfte auf. Wer kümmert sich um die Nachbarn?“
Amüsiert prustete Chouchou los: „Man könnte hier eine Kanone abfeuern, niemand würde es bemerken. Sollen wir uns wirklich die Mühe … “
„Ja, und zwar auf direktem Wege. Wir werden alle Eventualitäten in Betracht ziehen müssen. Ist Jacques Lecomte im Haus?“
Chouchou schluckte. Wie unnötig war ihr Kommentar gewesen, was für eine dumme Frage! Schnell sagte sie: „Ja, der Pathologe ist bei der Arbeit. Allerdings habe ich ihn nicht mehr gesehen, seit …“
Erneut schnitt Paul ihr das Wort ab. „Ihr macht hier weiter. Sobald mir Jacques sagen kann, wann in etwa der Todeszeitpunkt eingetreten ist, klopft ihr freundlich bei der Nachbarschaft an.“ Er drehte sich um und ging auf die Fahrzeuge der Spurensicherung zu. Kurz blieb er nochmals stehen und ließ den Blick über das Areal schweifen. „Tja, Chouchou hat Recht, hier lässt es sich leben. Eine fantastische Zusammenstellung der unterschiedlichsten Pflanzen.“
Ein knallroter Tupfen vor einem Beet blauer Schwertlilien weckte seine Aufmerksamkeit. Was dort im hellen Kies lag, passte so gar nicht ins stimmige Bild, das die parkähnliche Anlage vermittelte.
Paul bückte sich, zog ein Taschentuch aus der Jacke und hob den kleinen Gegenstand auf. Unschwer war zu erkennen, dass es sich um ein Stückchen lackierten Fingernagel handelte. Er schlug ihn in das Taschentuch ein und steckte es in die Innentasche seines Jacketts.
Vor dem Eingang wartete Eric auf ihn. „Darf ich fragen, was du dort gefunden hast?“
„Ein Stück Fingernagel. Könnte von Interesse sein.“
Zustimmend nickte Eric.
Nachdem sie sich in die Schutzanzüge gequält hatten, gingen sie ins Haus. Bereits das Entrée der modernen Villa ließ sie staunen. Auf beiden Seiten des imposanten Eingangsbereichs waren lavendelfarbene Lamellentüren eingelassen, die vermutlich die traditionelle Bauweise der Region wiederspiegeln sollten. Der Rest des Raumes war in schlichtem Sichtbeton gehalten. Hinter einer riesigen Glastür tat sich der Wohnbereich auf. Darüber prangten zwei opulente, vergoldete Putten und starrten ins Nichts.
Paul öffnete eine der Lamellentüren. Unzählige Mäntel und Jacken hingen sorgfältig aneinandergereiht an der Stange.
„Ohlala, très chic! Aber leider kein Hemd dabei.“
Als sie auf die Glastür zugingen, verschwand diese geräuschlos in der Wand. Sie betraten den Wohnbereich.
Vier Mitarbeiter der Spurensicherung untersuchten konzentriert nach Fingerabdrücken und weiteren Spuren.
„Bonjour, meine Herren. Wo finden wir euren Chef und den Pathologen?“
Den Putten gleich, zeigten die Forensiker wenig Interesse an den Neuankömmlingen. Wie beiläufig wies einer der Männer auf einen schmucklosen Gang. „Dort entlang, ein Stockwerk tiefer, bei der Leiche.“
Spärlich beleuchtet, damit perfekt in Szene gesetzt, hing ein Gobelin an der Wand. Das mittelalterliche Motiv nur kurz beachtend, schritten sie auf eine Treppe zu, die ins Untergeschoss führte.
„Seltsam, nicht? Der Garten, der Park, das Meer vor der Nase, … ein Traum. Und hier ist alles kahl, karg und kaum ein Bild an der Wand. Pernier, ein Mann mit zwei Gesichtern?“
„Jedenfalls sehr auffällig. Beeindruckend und...
Erscheint lt. Verlag | 14.11.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7568-6715-3 / 3756867153 |
ISBN-13 | 978-3-7568-6715-8 / 9783756867158 |
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