Der strahlende Berg
Nach dem großen Erdbeben im Jahr 2011 in Japan hat Saeko Kimura, eine bedeutende Literaturforscherin in der Gegenwart und Professorin an der Tsudajuku-Universität in Tokio, einen neuen Begriff vorgeschlagen, nämlich die "Post-Katastrophen-Literatur", vergleichbar mit der Bezeichnung von "après-guerre", der einen großen Wandel in der Werte- und Weltanschauung bedeutet. Viele Schriftsteller haben sich selbst gefragt, ob und wie sie überhaupt das Thema Erdbeben und AKW-Unfall behandeln könnten und dürften. Gegenüber dem großen Interesse aus dem Ausland, im Besonderen bei den Japanologie Forschern, gab es in Japan jedoch eher Zurückhaltung und wenig Initiative. Die japanischen Autoren fühlen sich hilflos zurückgelassen und stehen gleichzeitig vor der moralischen Frage, ob sie vor den großen aktuellen Leiden und Problemen der Menschen im Erdbebengebiet solche fiktionale Literatur aus Sicht einer dritten Person überhaupt schreiben dürfen. Des Weiteren stehen sie mittendrin im politischen Gerangel betreffend der Atomkraftwerke. In den Massenmedien herrscht eine unausgesprochene und selbstauferlegte Zensur, die eine kritische Haltung gegenüber der Regierungspolitik zu vermeiden versucht und die Buchautoren scheinen sich dieser Haltung anzuschließen.
Dieses Buch, die Sammlung von sieben Kurzgeschichten, ist eine Ausnahme dieses Literaturgenres. Da der Autor selbst in Fukushima als praktizierender Zenpriester lebt und wohnt, gelang es ihm, den Alltag der Menschen ohne Hemmungen und Gewissensbisse zu skizzieren. In den Geschichten beschreibt er eindringlich die Trauer, Ängste und Wut und fasst das eigentlich unbeschreibliche Leid und die unfassbar große Zerstörung in Worte, gleichzeitig findet er aber auch immer wieder Zuversicht und erzählt auch durchaus mit Witz. Es gibt zwar bereits zahlreiche Reportagen und Berichte aus diesem Katastrophengebiet, zum Teil auch in deutscher Sprache, aber die Wirklichkeit der Menschen dort einschließlich ihrer Gedanken und Emotionen ist noch nie so detailliert, realitätsnah und nachvollziehbar geschildert worden wie in diesem Buch.
Es ermöglicht dem deutschen Leser daher einen emotionalen Zugang, auch zu der japanischen Mentalität. Durch sämtliche Werke zieht sich außerdem die buddhistische Sichtweise zu Leben und Tod und die grundlegende Haltung zur Natur.
Der deutsche Leser, der sich fragt, warum die Japaner so gefasst und ruhig geblieben sind nach dem Tsunami oder warum denn nicht mehr Menschen weggezogen sind, kann hier fündig werden. Das Buch könnte eine Antwort darauf sein, das wissenschaftliche Bedürfnis nach der neuen Literaturepoche zu erfüllen.
Sôkyû Gen'yû, 1956 in Fukushima geboren, Priester im Fukujûji-Tempel. Zahlreiche Veröffentlichungen von Romanen, Kurzgeschichten sowie nicht-fiktionalen Essays und Zen-Schriften. Er ist Träger des Akutagawa-Preises, des bedeutendsten Literaturpreises Japans.
Im Buch wird detailliert, realitätsnah und nachvollziehbar beschrieben, wie die Menschen in Fukushima die AtomKatastrophe erlebt und sich damit auseinandergesetzt haben. Sokyu Genyu weist den Figuren in seinen Geschichten jedoch nicht nur eine passive Rolle zu, sondern lässt durch sie immer wieder Zuversicht und Humor aufblitzen. Der Autor, Zenpriester, zeichnet sich dadurch aus, dass sich durch sämtliche seiner Werke wie ein roter Faden die buddhistische Sichtweise zu Leben und Tod zieht. Die typisch japanische grundsätzliche Haltung zur Natur wird in den Geschichten und ihren Protagonisten deutlich.
Erscheinungsdatum | 08.06.2023 |
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Übersetzer | Frauke Arndt-Kunimoto, Mariko Fuchs |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Maße | 148 x 210 mm |
Gewicht | 222 g |
Themenwelt | Literatur ► Essays / Feuilleton |
Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte | |
Geisteswissenschaften ► Geschichte | |
Schlagworte | Fukushima • Geschichten • Literatur • Literaturwissenschaft |
ISBN-10 | 3-7520-0731-1 / 3752007311 |
ISBN-13 | 978-3-7520-0731-2 / 9783752007312 |
Zustand | Neuware |
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