Frieda Claudy - Poesie aus Wittgenstein (eBook)
340 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-7223-6 (ISBN)
Dieter Bald, geb. 1954 in Kunst-Wittgenstein; 1974 Abitur in Bad Laasphe, 1981 Staatsexamen an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Köln, Diplomverwaltungswirt; wohnhaft in Bad Berleburg; zwei Töchter und eine Stieftochter; Kriminalhauptkommissar a.D. (Bonn, Köln, Siegen-Wittgenstein); nach seiner Pensionierung ehrenamtlich tätig in der Sterbebegleitung und als zertifizierter Trauerbegleiter im ambulanten Hospizdienst der Diakonie Wittgenstein. Seine Passion wurde die Heimat- und Regionalforschung Wittgenstein; Mitautor folgender Bücher: Flüchtlinge und Vertriebene in Erndtebrück (1996), Dorfbuch Benfe. Ein Streifzug durch 300 Jahre Dorfgeschichte (2015), Wo Wild ist, da wird auch gewildert. Historische Waldkonflikte im Wittgensteiner Land und Siegerland (2020). Autor des Buches Information zwischen Pflicht und Gefühl. Todesanzeigen im Wittgensteiner Kreisblatt (2022), außerdem Verfasser diverser lokalhistorischer Beiträge für Wikipedia.
1.5 WERKE UND WEITERE BIOGRAFISCHE FRAGMENTE
Wir hatten bereits angedeutet, dass der vor 120 Jahren verfasste Prolog zur Bannerweihe des Radfahrer−Vereins Berleburg, abgedruckt im Wittgensteiner Kreisblatt vom 25. Juni 1902 das bisher älteste Werk von Frieda Claudy darstellt.
CLAUDY, Prolog „All Heil!“, Wittgensteiner Kreisblatt, 25. Juni 1902
Das zweitälteste Gedicht, das wir bei unserer Recherche ausfindig machen konnten, war offenbar auch schon in Vergessenheit geraten. Frieda Claudy, damals 23 Jahre alt, hatte zum Pfingstfest 1903 der Redaktion des Wittgensteiner Kreisblatts vier Verse übermittelt, die man in der Ausgabe vom 30. Mai 1903 veröffentlichte:
Pfingstgruß
Sei gegrüßt, holdselig‘ Fest
In dem blumigen Lenzgewande;
Trägst nach Norden, Süd und West
Frühlingsbotschaft in die Lande.
Überall ein neuer Hauch
Lebensfrischer Daseinsfreude,
Blütenschnee an Busch und Strauch,
Glockenton und Pfingstgeläute!
Und wo auch des Lenzens Spur
Hin uns lockt in grüne Hallen,
Lasst im Reiche der Natur,
Frei, des Lebens Bürden fallen.
Froh das Herz und hell der Sinn,
Gott vertrauet allerwegen,
Bringt des seligsten Gewinn
Und des rechten Pfingsttags Segen.
Berleburg.
F. Claudy28
Offenbar war die Veröffentlichung der beiden hier mitgeteilten Gedichte der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Frieda Claudy und dem damals von Wilhelm Winckel (1873–1946) herausgegebenen Wittgensteiner Kreisblatt: Denn die Zeitung druckte im Laufe der nächsten Jahrzehnte eine Vielzahl von Gedichten Claudys ab und machte sie damit seinem Leserkreis in Wittgenstein bekannt. Daher ist das damals in Berleburg herausgegebene Kreisblatt auch in dieser Hinsicht eine archivalische Fundgrube, in der wir immer wieder auf heute weitgehend unbekannte Werke der Dichterin trafen, während die in Laasphe erschienenen Gedichte fast ausnahmslos bereits bibliografisch gelistet waren.
Am 2. Januar 1904 veröffentlichte Frieda Claudy ihr Gedicht „Zur Jahreswende“ in der Berleburger Zeitung.29 Am 21. Mai 1904 konnte man ihr Gedicht „Pfingsten“ im Wittgensteiner Kreisblatt lesen.30
Am 22. April 1905 erschien im Kreisblatt das erste von mehreren Gedichten Claudys zu den Osterfeiertagen: „Ostern“.31 Eine Woche später, am Sonntag, 30. April 1905 hatte der Berleburger Turnverein e.V. zur Einweihung der neu gebauten Turnhalle32 „Am Höllscheid“ eingeladen.33 Die Vereinsmitglieder und Gäste nahmen an einem Festzug durch die mit Fahnen geschmückte Stadt teil und versammelten sich danach in der Turnhalle. Nach der Festansprache, nach Gesangsvorträgen und Turnübungen kamen befreundete Vereine zu Wort und die Zeitung schrieb dazu: [„…Die Frauen und Jungfrauen unserer Stadt hatten dem Turnverein ein Fahnenband zugedacht und dazu seit einiger Zeit Sammlungen unter sich veranstaltet. Nach Schluss der Weiherede wurde dieses künstlerisch ausgeführte Fahnenband von den Vertreterinnen der verehrten Damen, Fräulein Frieda Claudy und Fräulein Malchen Harth, überreicht, wobei erstere einen selbst verfassten, schönen Prolog sprach, in dem sie die deutsche Turnerschaft feierte und der Freude und Sympathie Ausdruck gab, welche auch deutsche Frauen der Turnsache entgegenbringen…“]34
Fürst Richard zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1882–1925) hatte am 21. November 1905 auf dem badischen Schloss Langenzell die Prinzessin Madeleine zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1885– 1976) geheiratet. Am 3. Dezember 1905 erfolgte der feierliche Einzug des Fürstenpaares in Berleburg. Aus diesem Anlass druckte das Wittgensteiner Kreisblatt zur Begrüßung eine Extra-Ausgabe mit einer Würdigung des Paares. Auch hieran war Frieda Claudy beteiligt, indem sie bei dieser Gelegenheit das Gedicht „Dem Fürstenpaar“ veröffentlichte.35
Neben diesen herausragenden Ereignissen schrieb und veröffentlichte Frieda Claudy während der nächsten fünf Jahre noch die folgenden, scheinbar auch in Vergessenheit geratenen Gedichte:
November 1905: Totensonntag36,
April 1906: Karfreitag37,
März 1907: Ostern(2)38,
November 1907: Zum Totenfest(1)39,
April 1908: Passion40,
März 1910: Ostergruß41
Mit ihrer literarischen Leidenschaft hatte Frieda Claudy sich innerhalb von acht Jahren ein Ansehen als Heimatdichterin erworben, das ihr die Möglichkeit bot, im Jahre 1910 bei zwei weiteren gesellschaftlich wichtigen Ereignissen der aufstrebenden Stadt Berleburg mitwirken zu können:
Festgruß zur Einweihung der neuen Bahnstrecke, Wittgensteiner Kreisblatt vom 1. Oktober 1910 (Ausschnitt).
Nachdem die Eisenbahnstrecke von Erndtebrück nach Raumland bereits am 15. Juni 1890 eingeweiht worden war, musste Berleburg 20 Jahre auf den Anschluss warten. Als am 1. Oktober 1910 die neue Verbindung der Eisenbahn von Raumland nach Berleburg und damit auch der Berleburger Bahnhof eröffnet wurde, war es Frieda Claudy, der die Ehre zuteilwurde, ein Begrüßungsgedicht in sechs Strophen zu verfassen. Die Redaktion des Wittgensteiner Kreisblatts stellte das Gedicht Fest−Gruß auf der ersten Seite ihrem Artikel über das zu feiernde Ereignis voran. 42 Über die Feierlichkeiten selbst berichtete man erst in der nächsten Ausgabe der Zeitung.43
Am Samstag, den 5. November 1910 fand nachmittags um 15 Uhr die Einweihungsfeier der neuen Kleinkinderschule in Berleburg an der Schulstraße statt.44
Bild : Inserat der neuen Kleinkinderschule Berleburg, Wittgensteiner Kreisblatt, 2. November 1910.
Das Wittgensteiner Kreisblatt berichtete hierüber in seiner Ausgabe vom 9. November 1910 und stellte auch hier ein von Frieda Claudy vorgetragenes
Gedicht voran, nicht ohne persönliche Wertschätzung: [… Als die Gäste alle Platz genommen hatten, betrat Frl. Frieda Claudy das Pult und sprach obenstehenden tiefempfundenen Prolog. Wir sagen der Dichterin auch an dieser Stelle herzlichen Dank …].45
Im Folgejahr veröffentlichte Claudy das Gedicht Lenz und Osterfeier in Berleburg.46
Eine eindrucksvolle Veranstaltung muss das erste Jahresfest des Kreisverbandes der Frauenhilfe am Sonntag, 17. September 1911 in Erndtebrück gewesen sein. Die Wittgensteiner Ortsverbände waren per Zug mit etwa 500 Frauen angereist. Das Fest begann mit einem Gottesdienst, nachmittags lud man in den Saal des Hotels Bald ein. Wir zitieren aus der Zeitung: [… Auch der von Fräulein Frieda Claudy-Berleburg vorgetragene, selbst verfasste Prolog fand reichen Beifall. Wir lassen denselben nachstehend im Wortlaut folgen: Zum Frauenfest in Erndtebrück am 17.9. 1911…]47
Am Sonntag, 22. Oktober 1911 feierte die Berleburger Frauenhilfe den Geburtstag der Kaiserin in festlichem Rahmen in Anwesenheit der Mitglieder des fürstlichen Hauses, des Landrats und anderer Ehrengäste. Zugegen war auch die Verfasserin des Prologs, Frieda
Claudy, die das Gedicht von Minna Hüster vortragen ließ, wie man im Kreisblatt lobend erwähnte.48
Ein Rätsel blieb, wie Frieda Claudy den Kontakt zu einer schlesischen Zeitung in Goldberg49 knüpfte. Denn am 4. Oktober 1913 erschien im Goldberger Stadtblatt ihr Gedicht „Zum Erntedankfest“.50 Bei den Recherchen zu diesem Buch stellten wir allerdings fest, dass dies bereits ein Nachdruck war: Die Erstveröffentlichung dieses Gedichtes erfolgte ein Jahr zuvor im Wittgensteiner Kreisblatt.51
Claudys Berufstätigkeit als Krankenschwester begann im Kriegsjahr 1914; damals war sie schon 34 Jahre alt. Sie nahm an einem Kursus für Kranken- und Verwundetenpflege teil und arbeitete als Rot-Kreuz-Helferin im Lazarett, das man auf Veranlassung der Fürstin Madeleine im Schloss Berleburg eingerichtet hatte. Im Dezember 1916 sandte der Vaterländische Frauenverein Päckchen für die Wittgensteiner Soldaten an die Front. Jedem Päckchen lag das aufmunternde Gedicht „Der Heimat Weihnachtsgrüße“ von Frieda Claudy bei.52
Während die Dichterin im Februar 1917 noch ihr euphorisches Gedicht „Deutsches Trutz- und Freiheitslied 1917“ veröffentlichte, klangen bei ihr fünf Monate später ganz andere, wehmutsvolle und bedächtige Töne an. 53 Denn Kirchenglocken aus Bronze wurden kriegswichtiges Material. Sie wurden zunächst freiwillig abgegeben, später zwangsweise für Rüstungszwecke eingezogen, auch in Wittgenstein.
Am 14. Juli 1917 berichtete die lokale Zeitung von einem evangelischen Gottesdienst in Berleburg, der die Christen der Stadt zum Abschied von einer Kirchenglocke einlud. Pfarrer Hinsberg hielt eine längere Ansprache über die...
Erscheint lt. Verlag | 31.5.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
ISBN-10 | 3-7578-7223-1 / 3757872231 |
ISBN-13 | 978-3-7578-7223-6 / 9783757872236 |
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