Kein Sturm zu nah (Tales of Sylt, Band 2) (eBook)
480 Seiten
Loewe INTENSE (Verlag)
978-3-7320-1991-5 (ISBN)
Alexandra Flint hat als Kind unzählige Stunden mit ihrer Familie auf Sylt verbracht und in den Wellen das Schwimmen gelernt. Kein Wunder also, dass ihre neue New-Adult-Trilogie auf dieser Insel ihr Zuhause gefunden hat. Wenn Alexandra nicht gerade dem Meer lauscht, lebt sie mit ihrem Mann in München, wo sie Elektro- und Informationstechnik studierte und sich nun ganz dem Schreiben widmet. Zudem bloggt sie über Bücher, das Autorinnenleben und ihre Reisen. Weitere Informationen auf Instagram unter @alexandra_nordwest
Alexandra Flint hat als Kind unzählige Stunden mit ihrer Familie auf Sylt verbracht und in den Wellen das Schwimmen gelernt. Kein Wunder also, dass ihre neue New-Adult-Trilogie auf dieser Insel ihr Zuhause gefunden hat. Wenn Alexandra nicht gerade dem Meer lauscht, lebt sie mit ihrem Mann in München, wo sie Elektro- und Informationstechnik studierte und sich nun ganz dem Schreiben widmet. Zudem bloggt sie über Bücher, das Autorinnenleben und ihre Reisen. Weitere Informationen auf Instagram unter @alexandra_nordwest
Prolog
GEMEINSAME EINSAME ABSCHIEDE
Elisa
Herbst vor fünf Jahren, Sylt
Ich hatte wirklich daran geglaubt.
Bis zuletzt hatte ein winziger Teil von mir – der Part, der überhaupt noch zu so etwas wie Hoffnung fähig war – daran geglaubt, dass meine Mutter einen Rückzieher machen würde. Dass sie mich in den Arm nehmen und mir sagen würde, dass wir blieben. Dass sie mir versichern würde, wie leid es ihr täte und sie mich nicht einfach gehen ließ. Mutter und Tochter gegen den Rest der Welt. Oder so.
Rückblickend betrachtet war das lächerlich gewesen. Meine Mum war niemand, der Pläne verwarf, sobald sie einmal standen, egal, welche Auswirkungen diese auf andere haben mochten. Schon gar nicht, wenn es dabei um meine Sicherheit ging, wie sie es ausdrückte. Für mich war es nur ein weiterer Beweis dafür, dass meine Mutter mich nicht verstand. Nicht verstand, dass sie mich nicht vor etwas beschützen konnte, vor dem ich nicht beschützt werden wollte. Dass ich mich immer wieder für das Schwimmen, die Freiheit im Wasser entscheiden würde. Ganz offensichtlich kannte mich Mum nicht halb so gut, wie sie behauptete, denn sonst wäre ihr klar gewesen, dass kein dämliches Jobangebot oder ein Umzug etwas daran ändern konnte.
Ich hätte es also wissen müssen und trotzdem brach mit jedem Karton, den die Möbelpacker aus dem Haus trugen und in den grellgelben Lkw luden, etwas in mir ein kleines bisschen mehr. Es war ein Gefühl, das tief in meiner Brust saß und es sich dort in den letzten Wochen so richtig gemütlich gemacht hatte. Ein Ziehen und Brennen, das mir den Boden unter den Füßen wegzog. Hätte ich nicht auf meinem großen, gepunkteten Koffer gesessen, wäre ich vermutlich längst umgefallen. Und liegen geblieben. Doch so verfolgte ich nur wie betäubt das systematische Gewusel um mich herum. Die präzisen Handgriffe, die aus einem Zuhause bloß ein weiteres Haus in Kampen machten. Es war erschreckend, wie wenig Platz mein ganzes Universum brauchte. Nur ein paar Kisten, zerlegte Möbel, ein einziger Umzugswagen.
Wie konnten so viele Erinnerungen, so viele Jahre in diesen blöden Kasten auf vier Rädern passen?
All die Dinge, die wir in diesem Haus erlebt haben.
All die Momente.
All das … Leben.
Das sollte doch eigentlich gar nicht möglich sein. Oder?
Ich krallte die Finger in den Saum meines beigen Australia-T-Shirts und atmete bebend aus. Tränen brannten mir in den Augen und ich trug ihren verräterischen Geschmack bereits auf der Zunge.
Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen.
Das Mantra lief in Dauerschleife durch meinen Kopf, während die Herbstsonne meine nackten Arme kitzelte, als wollte sie mich trösten. Irgendwie machte das alles bloß noch schlimmer. Ich wollte nicht gehen. Ich wollte Sylt nicht hinter mir lassen. Hier war meine Heimat, hier waren meine Freundinnen – die besten Freundinnen, die man sich überhaupt vorstellen konnte –, hier war das Meer, hier war … alles. Ich gehörte auf die Insel. Nicht nach Mailand, wo meine Mutter eine befristete Stelle im Hauptsitz der Modedesignerin Ornella Russo annehmen würde, und ganz sicher nicht ans andere Ende der Welt zu meinem Vater. Und doch würde ich genau dorthin fliegen. Zu Dad nach Australien. Aus Trotz und weil mein Vater und sein neues Leben dort besser waren als Mum und ihre ständige Sorge, die mir die Luft zum Atmen nahm. Dad und das Schwimmen zu wählen, statt bei ihr ohne mein geliebtes Meer zu bleiben, war mir absolut logisch vorgekommen, wie die einzige wirkliche Wahl, die ich hatte. Vieles erschien auf einmal sehr logisch, wenn man wütend und enttäuscht und hilflos Entscheidungen traf. Jetzt gab es kein Zurück mehr: Mum zog nach Mailand, ich zu Dad und einem ganz anderen Meer nach Perth. Und genauso wenig, wie meine Mutter einen Rückzieher machte, würde ich es tun. Zumindest das hatten wir noch gemeinsam.
Ich knibbelte an dem losen Hautfetzen an meinem Daumen herum und blickte auf. Genau in diesem Moment öffnete sich die schmale Tür neben dem breiten Haupteingang. Sofort wurde mein Magen zu einer kleinen harten Kugel, als ich die vertrauten blonden Haare, die abgetragenen Vans und das von der Sonne gebräunte Gesicht sah. Jonah Falk. In meinem eigenen Kampf mit dieser ganzen vermaledeiten Situation hatte ich mir kategorisch verboten, über ihn nachzudenken. Darüber, was Mums Angebot und Flucht nach Norditalien für ihn und seine Familie bedeutete. Darüber, dass nicht nur ich mein Zuhause verlor und aus meinem Leben gerissen wurde, sondern auch Jonah und seine Familie. Denn hätte ich den Gedankenstrudel mit seiner ganzen Wucht zugelassen, wäre ich vermutlich darin ertrunken. Doch als Jonah nun den Kopf zum Umzugswagen drehte, sodass ich seine eisblauen Augen sehen und nichts als Härte und Wut darin erkennen konnte, fragte ich mich unwillkürlich, ob ich das nicht längst war.
Ertrunken.
Andernfalls würde ich nicht tun, was ich tat, oder? Alles hinter mir lassen, was ich kannte. Gehen, weil Bleiben keine Option war. Ich musste versunken sein, irgendwo in meinen geliebten Wellen.
Mit angehaltenem Atem verfolgte ich, wie Jonah sich durch die etwas zu langen hellen Haare fuhr und dann mit einem genervten Seufzen das selbst gebastelte Türschild aus Ton vom Briefkasten löste. Beinahe verächtlich starrte er auf die bunte Scheibe, die seine jüngere Schwester Hannah gebastelt hatte, und einen Moment lang glaubte ich, er würde sie einfach zu Boden pfeffern. Aus Wut über diesen Umzug. Aus derselben Wut, die auch in meinem Bauch brodelte. Doch dann klemmte er sie sich unter den Arm und verschwand wieder ins Innere.
Die Falks hatten bis zum heutigen Tag in der kleinen Einliegerwohnung im Erdgeschoss gewohnt. Wohin sie jetzt ziehen würden, wusste ich nicht. Denn auch wenn Jonah ein paar Klassen über mir auf dieselbe Schule gegangen war und seine Mutter regelmäßig bei uns geputzt hatte, hatten wir nie richtig Kontakt gehabt. Was zum größten Teil daran lag, dass niemand aus der Familie Falk besonders redselig war. Ganz besonders Jonah nicht, der mich nie mit mehr als einem schrägen Blick oder einem gemurmelten Gruß bedachte. Aus irgendeinem Grund mochte ich ihn trotzdem und es fühlte sich falsch an, nicht länger mit ihm unter einem Dach zu wohnen. Das alles hier, dieser ganze dämliche Umzug fühlte sich falsch an.
Plötzlich konnte ich nicht mehr still sitzen und sprang auf die Beine. Die Hände an meinen Seiten zu Fäusten geballt, begann ich in der breiten Einfahrt vor dem alten Haus mit traditionellem Reetdach auf und ab zu laufen, um nicht irgendetwas Impulsives zu tun. Wie beispielsweise, die Sachen aus dem Lkw wieder ins Haus zu räumen. Oder die Maklerin und meine Mutter, die drinnen letzte Details besprachen, mit einem spontanen Angriff aufzuhalten. Oder mich mit einer Kette an die Treppe zu binden und in Streik zu gehen – was allerdings selbst für mich ein neues Level gewesen wäre.
Frustriert trat ich gegen einen Stapel Umzugskartons und machte im nächsten Augenblick einen Satz zurück, als die oberste Kiste ins Wanken geriet und zu Boden stürzte. Der Deckel sprang auf und Kissen und Decken landeten überall um mich herum auf den Pflastersteinen. Kissen und Decken, die mir nicht im Entferntesten bekannt vorkamen …
Mist.
»Hey! Was soll der Scheiß?«
Mist. Mist. Mist.
Meine Wangen wurden warm, nur einen Sekundenbruchteil bevor Jonah zu mir trat und mich anfunkelte, als wäre ich der Teufel persönlich. Die gebräunten Arme hielt er vor der Brust verschränkt und sein eindringlicher Blick war so intensiv, dass es mir prompt die Sprache verschlug. Und das passierte mir eigentlich so gut wie nie.
»Hast du ein Problem mit unseren Sachen oder willst du diesen miesen Tag einfach noch ein bisschen mieser machen?«
Ich blinzelte. Schluckte. Und dann machte sich meine Stimme selbstständig. »Das … das war ein Versehen.« Ernsthaft?
Jonah schien exakt dasselbe zu denken, denn statt zu antworten, hob er nur eine seiner Brauen, die einige Nuancen dunkler als seine Haare waren, und legte den Kopf leicht schief.
Mein Gesicht musste mittlerweile in Flammen stehen. Zumindest fühlte es sich so an. »Und außerdem … ist der Turm schlecht gestapelt. Der würde keinen Windstoß überleben.«
Nun wanderte auch seine zweite Augenbraue nach oben. »Und schon gar nicht jemanden wie dich, was?«
Sein Kommentar, in dem eine deutliche Note Bitterkeit mitschwang, holte mich endlich aus meiner seltsamen Halbstarre. »Was soll das denn bitte heißen?«
»Such es dir aus, Prinzessin«, erwiderte Jonah und ging in die Hocke, um die Kissen aufzuklauben.
Unwillkürlich tat ich es ihm gleich und griff nach einer flauschigen Decke, auf die kleine Erdbeeren gedruckt waren. »Nein, ich bin wirklich neugierig, was du damit meinst, Jonah.«
Bei seinem Namen ging ein kaum merklicher Ruck durch ihn hindurch. Seufzend drehte er den Karton um und legte die Kissen hinein. »Ach ja? Sonst interessiert es dich doch auch nicht.«
Bitte was?
Als ich nichts entgegnete, nahm er mir unsanft die Decke ab und stopfte sie in die Kiste. »Belassen wir es einfach dabei. Hat doch vierzehn Jahre wundervoll geklappt, warum also mit dem Prinzip brechen, jetzt, da eh alles den Bach runtergeht?«
Wieder blinzelte ich. »Ich weiß, wie scheiße das für dich sein muss. Glaub mir, das weiß ich wirklich, aber … nicht nur du hast einen miesen Tag, okay? Ich habe auch keine Lust auf diesen ganzen Zirkus. Ich will nicht umziehen und ganz...
Erscheint lt. Verlag | 19.7.2023 |
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Reihe/Serie | Tales of Sylt | Tales of Sylt |
Verlagsort | Bindlach |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bücher Bestselllerautorin Alexandra Flint • Bücher Empowerment für Teenager • Bücher mit schönem Setting • Bücher Second-Chance-Love ab 16 Jahren • Bücher Sylt • Bücher toxische Beziehung • Bücher über die erste Liebe • Bücher von Alexandra Filt • Bücher wie A Place to Love • Bücher wie Durch die dunkelste Nacht • Bücher wie Where the Waves Rise Higher • Geschichten über Freundschaft • Jugendbuch unerfüllte Liebe • Liebesgeschichte Sylt • Liebesroman Sylt • Loewe Intense • new adult liebesromane • New adult Romance • new adult romane deutsch • New Adult Romane mit Spice • Roman Liebe und Neuanfang • Roman toxische Beziehung • Young Adult Liebesromane |
ISBN-10 | 3-7320-1991-8 / 3732019918 |
ISBN-13 | 978-3-7320-1991-5 / 9783732019915 |
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