7 Großartige Western Mai 2023 (eBook)
900 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7658-8 (ISBN)
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„Mein Name ist Shane Gordon“, murmelte der Mann.
Die Nennung des Namens elektrisierte den Kopfgeldjäger regelrecht. „Der Bank- und Postkutschenräuber?“, entfuhr es ihm ungläubig.
„Genau der“, bestätigte der ramponierte Bursche. „Ich wollte Schluss machen und setzte mich mit meiner Frau, die ich vor einigen Wochen in Arizona City geheiratet habe, ab.“
„Sie wollten Schluss machen? Womit? Mit Ihrem Dasein als Bandit?“
Gordon nickte mehrere Male, stöhnte und antwortete: „Ja. Ich hatte die Nase voll von diesem unsteten und gefährlichen Leben. Es ist nicht erstrebenswert, ständig gejagt zu werden und sein Dasein als Gesetzloser und Verfemter zu fristen. Joana hat mich gebeten, mit ihr die Bande zu verlassen und irgendwo neu zu beginnen.“
„Das aber passte Ihren Kumpanen nicht, wie?“, schloss der Texaner. „Die Blutergüsse und Platzwunden in Ihrem Gesicht sind wohl die Spuren ihrer Fäuste.“
„Sie haben uns hier eingeholt und mich zusammengeschlagen“, knirschte Gordon. „Joana haben diese dreckigen Bastarde mitgenommen. Vinson meinte noch, ehe er mich endgültig fertig machte, dass ich es mir ja überlegen könne, ob ich weiterhin mit ihnen reiten oder Joana nie wieder sehen will.“
„Vinson?“
„Gene Vinson. Die anderen heißen Raymond Bassett, Gary Burkott und Rob Lane.“
„Ich habe fünf Reiter nach Norden reiten sehen“, erklärte McQuade. „Das waren wohl Ihre ehemaligen Komplizen und Ihre Frau. Wenn Sie die Halunken vor die Wahl gestellt haben, wieder bei ihnen einzusteigen oder die Frau zu verlieren, müssen sie Ihnen doch auch gesagt haben, wo Sie sie gegebenenfalls finden können.“
„Flagstaff. Vinson meinte, dass sie dort oben eine Woche darauf warten würden, dass ich komme. Wenn ich mich bereit erkläre, wieder mit ihnen zu reiten, sagte er, sei ich willkommen. Wenn ich ihnen aber folge, um mich zu rächen und ihnen Joana abzujagen, würden sie mich töten. – Großer Gott, Joana ist diesen Schuften auf Gedeih’ und Verderb ausgeliefert. Keiner der Kerle kennt so etwas wie einen Ehrenkodex. Sie nehmen sich, was ihnen gefällt, und Joana ist eine schöne, begehrenswerte Frau.“
„Hat Joana auch an Ihren Überfällen teilgenommen?“
„Wo denken Sie hin? Sie hat mich doch dazu gebracht, damit aufzuhören. Ich war ernsthaft bereit, mit ihr ein neues Leben zu beginnen.“ Gordons Stimme sank herab. „Aber diese verdammten Aasgeier haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
„Nach Ihnen wird in Arizona und New Mexiko gefahndet, Gordon“, knurrte McQuade. „In Arizona sind auf Ihren Kopf fünfhundert Dollar Fangprämie ausgesetzt.“
Gordon machte Anstalten, aufzustehen. Er war mit einem Colt bewaffnet und McQuade hatte keine Ahnung, wie gefährlich der Bandit einzuschätzen war. Gordon hatte zwar bei keinem seiner hold ups Blut vergossen, aber bei Männern von seiner Sorte konnte man nie wissen, wie sie reagierten, wenn sie in die Enge gedrängt wurden.
„Sitzen bleiben, Gordon!“, gebot der Kopfgeldjäger daher und zog den Colt, ging halb um den sitzenden Banditen herum, bückte sich und zog ihm den Sechsschüsser aus dem Holster. Nachdem er das Eisen in seinen Hosenbund geschoben hatte und zurückgetreten war, sagte er: „Sie können jetzt aufstehen, Gordon. Aber kommen Sie lieber nicht auf irgendwelche dummen Ideen, denn es würde Ihnen schlecht bekommen.“
Der Bandit erhob sich ächzend und stöhnend. Es kostete ihn Überwindung, die seinen ganzen Willen erforderte. Er schaffte es, ging zum Fenster und stützte sich mit beiden Armen schwer auf die Fensterbank. Es war deutlich, dass er gegen die Benommenheit ankämpfte, die nach der Anstrengung des sich Erhebens gegen sein Bewusstsein anbrandete.
„Ich bringe Sie nach Florence zum County Sheriff, Gordon“, erklärte McQuade.
Den Banditen riss es regelrecht herum. Aber die jähe Bewegung löste eine erneute Welle der Benommenheit bei ihm aus, er griff sich an den Kopf und schloss die Augen. Erneut errang er die Kontrolle über seinen Körper und überwand den Taumel, schaute McQuade an und presste zwischen den Zähnen hervor: „Ich will ein neues Leben beginnen, Mister, aber nicht in den Steinbrüchen des Staatsgefängnisses. Außerdem kann ich Joana nicht ihrem Schicksal überlassen. Falls es Ihnen um die Fangprämie geht …“
„Mein Name ist McQuade“, unterbrach ihn der Kopfgeldjäger.
Gordon schien dieser Eröffnung sekundenlang hinterherzulauschen, plötzlich glitt der Schimmer des Begreifens über sein lädiertes Gesicht und er stieß hervor: „McQuade, den sie in meinen Kreisen auch den Bluthund nennen?“ Plötzlich schlug er sich mit der flachen Hand leicht gegen die Stirn. „Natürlich, ich muss blind gewesen sein. Ein Mann, der einen braunen Staubmantel trägt und von einem grauen Wolfshund begleitet wird. O verdammt, McQuade, ich hab von dir gehört. Hilf mir, Joana zu befreien. Die Kerle, in deren Gewalt sie sich befindet, sind insgesamt zweitausend Dollar wert. Du kannst das Geld haben, wenn es uns gelingt, meine Frau den Klauen der Schufte zu entreißen. Bitte, McQuade, ich …“
„Du bist ein Bandit, Gordon“, fiel ihm der Kopfgeldjäger mit klirrender Stimme ins Wort. „Okay, du hast keinen Mord oder sonst ein todeswürdiges Verbrechen begangen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass du ein Outlaw bist und dass ich Kerlen wie dir nicht über den Weg traue. Wer anderen ihr Hab und Gut wegnimmt, dem fällt es sicher auch nicht schwer, irgendwann einmal zum Revolver zu greifen und zu töten.“
„Niemals, McQuade. Ich versichere dir …“
McQuade winkte ab. „Keine Chance, Gordon. Ich bringe dich zum County Sheriff nach Florence.“
Jetzt duckte sich Shane Gordon ein wenig und nahm plötzlich eine sprungbereite Haltung ein. Seine Augen belauerten den Texaner, und der glaubte sogar ein ziemlich tückisches Glitzern darin wahrnehmen zu können. „Auf deinem Steckbrief steht zwar nicht tot oder lebendig, Gordon“, stieß der Kopfgeldjäger hervor, „aber wenn du mich angreifst schieße ich. Ich werde dich sicher nicht töten, aber eine Kugel im Oberschenkel ist wahrscheinlich nicht besonders angenehm. Also überleg es dir gut, ob du es versuchst oder lieber bleiben lässt.“
Auch Gray Wolf schien die Gefahr zu wittern, die unvermittelt von dem Banditen ausging, der Benommenheit, Schmerz und Schwäche überwunden zu haben schien und nun krampfhaft nach einem Ausweg suchte. Der Wolfshund hatte sich erhoben, seine Nackenhaare sträubten sich, er fletschte die Zähne und aus seiner Kehle stieg ein drohendes Knurren.
Gordon knirschte mit den Zähnen. Seine Kiefer mahlten. Der lauernde Ausdruck in seinen Augen blieb, seine Hände öffneten und schlossen sich.
McQuade zielte mit dem Revolver auf ihn. Jetzt spannte er mit dem Daumen den Hahn, klickend drehte sich die Trommel um eine Kammer weiter. „Entspann dich, Gordon“, riet der Texaner. „Du handelst dir nur ein Stück heißes Blei ein. Darüber hinaus machst du womöglich auch Bekanntschaft mit den Zähnen Gray Wolfs.“
Jetzt schien der Bandit einzusehen, dass er verloren hatte, denn er gab seine angespannte Haltung auf, in seinem Gesicht löste sich die Verkrampfung und seine Schultern sanken nach unten. Fast verzweifelt sagte er: „Wenn das Ultimatum verstreicht, das Vinson mir gesetzt hat, werden die Schufte über meine Frau herfallen wie wilde Tiere, McQuade. Das hat mir Vinson prophezeit. Alles, was sie Joana antun, musst du dir an deine Fahne heften. Denn du verhinderst, dass ich ihr beistehen kann.“
„Gib nicht mir die Schuld, Gordon“, knurrte McQuade. „Glaubst du ein Sheriff oder Marshal würde dich laufen lassen, wenn du ihm in die Hände gefallen wärst? Wohl kaum. Aber ich versichere dir, dass ich dafür sorgen werde, dass deine ehemaligen Kumpane deiner Frau kein Leid zufügen.“
„Wie, McQuade? Sag mir, wie du Joana helfen willst?“
„Florence liegt im Norden. Die Banditen sind mit deiner Frau ebenfalls nach Norden gezogen. Ihr Vorsprung beträgt nicht mal eine Stunde. Ich werde – nachdem ich dich dem Sheriff übergeben habe -, die Verfolgung der Bande aufnehmen und sie irgendwann in den nächsten Tagen einholen.“
„Joana wird dich hassen, weil du mich …“
„Das mag sein, doch das nehme ich in Kauf. Sie wird sicher nur eine unter vielen sein, die mir nicht freundlich gesinnt sind, weil ich einen ihrer Angehörigen auf diese oder jene Weise aus dem Verkehr gezogen habe.“
„Du bist unerbittlich, wie?“
„Wenn es darum geht, dem Gesetz Geltung zu verschaffen – ja.“
„Warum trägst du dann keinen Stern?“
„Mich legitimieren die Steckbriefe“, versetzte McQuade. „Gehen wir, Gordon.“ Der Kopfgeldjäger winkte mit dem Revolver. „Solltest du versuchen, das Blatt zu wenden, werde ich dich fesseln. Und noch etwas, Hombre: Ein neues Leben kannst du nur dann erfolgreich beginnen, wenn du mit der Vergangenheit abrechnest. Dazu gehört, dass du die Verantwortung für dein bisheriges Handeln übernimmst. Nur dann kannst du echt abschließen und dich einer Zukunft in Ruhe und Frieden zuwenden. Tust du das nicht, wird dich deine Vergangenheit immer wieder einholen und du musst dich ihr ein um das andere Mal stellen. Sie ist wie ein Dämon …“
Erscheint lt. Verlag | 8.5.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
ISBN-10 | 3-7389-7658-2 / 3738976582 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7658-8 / 9783738976588 |
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