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Nordseesterne (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
366 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4223-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nordseesterne -  Marie Merburg
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An der Nordsee wartet das Glück

Luisas große Leidenschaft ist das Kochen, doch beruflich steht ihre Zukunft seit jeher fest: Sie soll die Leitung der Kosmetikfirma ihrer Mutter übernehmen. Als ihre Mutter eine erschreckende Diagnose erhält, bittet sie Luisa, mit ihr nach Ostfriesland zu fahren.

Im idyllischen Fischerdorf Greetsiel warten jedoch nicht nur Sonne und Meer auf die beiden, sondern auch so einige Geheimnisse, die ihre Mutter bisher vor Luisa geheim gehalten hat. Dadurch gerät Luisa in einen Wirbelsturm der Gefühle, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Noch komplizierter wird es, als sie den attraktiven Restaurantbesitzer Holger kennenlernt, der dringend eine neue Köchin sucht. Obwohl in Hamburg Luisas Verlobter wartet, würde sie am liebsten für immer bleiben. Doch dann geschieht etwas, das nicht nur das Lebenswerk ihrer Mutter bedroht ...



Marie Merburg wurde am 7.7.1977 in Mühlacker in Süddeutschland geboren. Sie studierte in Stuttgart und zog dann mit ihrer Familie in die Nähe von Heilbronn, wo sie auch heute noch lebt. Nach ihren Romanen, die an der Ostseeküste spielen, betritt sie mit NORDSEESTERNE schriftstellerisch neues Gebiet. Unter dem Namen Janine Wilk schreibt die Autorin auch erfolgreich Kinder- und Jugendbücher.

Marie Merburg wurde am 7.7.1977 in Mühlacker in Süddeutschland geboren. Sie studierte in Stuttgart und zog dann mit ihrer Familie in die Nähe von Heilbronn, wo sie auch heute noch lebt. Nach ihren Romanen, die an der Ostseeküste spielen, betritt sie mit NORDSEESTERNE schriftstellerisch neues Gebiet. Unter dem Namen Janine Wilk schreibt die Autorin auch erfolgreich Kinder- und Jugendbücher.

I


Kapitel 1


Mit klopfendem Herzen faltete ich das Papier auf. Nur eine Sekunde später verzog ich angewidert den Mund. Currywurstkuchen, igitt!

Neugierig schielte ich auf den Zettel meiner Freundin Katja. Die Glückliche hatte das Gericht Chilipeitschen auf Spinat aus dem Lostopf gezogen – da blieb immerhin Spielraum für kreative Interpretationen.

Wir hatten die Follower unseres Kochkanals auf YouTube dazu aufgerufen, uns die schlimmsten Rezepte aus dem Internet zu schicken, damit wir daraus vor der Kamera spontan etwas Schmackhaftes zauberten. Aus den Einsendungen hatte unser Freund Piet fünf Rezepte herausgesucht und uns die wichtigsten Zutaten besorgt.

»Das wird nicht einfach«, stellte ich seufzend fest.

»Sprich bitte nur für dich!« Katjas Lippen kräuselten sich siegessicher. Sie reckte die Faust in die Höhe und strahlte in die Kamera. Ihre kastanienroten Locken wippten aufgeregt. »Damit werde ich die finale Challenge gewinnen, liebe Freunde!«

Wie immer stellte Piet uns auch seine Restaurantküche zur Verfügung – ohne seine Unterstützung wäre der Erfolg unseres Kanals Die Schaumschläger nicht möglich gewesen. Leider ging heute unsere gemeinsame Zeit nach sechs tollen Jahren zu Ende.

»Nicht so schnell!«, bremste ich Katjas Enthusiasmus und drehte mich ebenfalls zur Kamera. Ganz automatisch nahm ich dabei eine Pose ein, die meine Schokoladenseite zeigte. Diejenige ohne Narbe auf der Wange. »Wie ihr alle wisst, wachse ich an meinen Aufgaben. Das wird der beste Currywurstkuchen, den die Welt je gesehen hat!«

Normalerweise spuckte ich nicht so große Töne, aber das gehörte nun mal zur Show. Außerdem machte es Spaß, vor der Kamera in eine andere Rolle zu schlüpfen. Denn in meinem echten Leben musste ich angepasst, pflichtbewusst und zielstrebig sein. Meine Mutter erinnerte mich stets daran, dass ich bald viel Verantwortung zu tragen hätte und meiner Rolle gerecht werden müsste. Bei unseren Drehs blühte ich jedoch regelrecht auf und fühlte mich lebendig, denn das Kochen war meine große Leidenschaft.

Ich kniff die Augen zusammen. »Wenn du dich daran erinnerst, habe ich beim letzten Mal mit meiner Interpretation des Salzstangenauflaufs ebenfalls gewonnen.«

»Ja, ja, träum du nur von deinem vergangenen Sieg!« Katja machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber das Heute zählt. Am Ende wird unser Juror entscheiden, welches Gericht besser schmeckt.«

Sie deutete auf Piet, der hinter uns auf seinem Stuhl neben der Schwingtür saß und ein Nickerchen hielt. Das tat er bei unseren Drehs immer. Dabei hatte er die Hände vor seinem beleibten Bauch gefaltet, sein Kopf hing nach vorne, und ein leises Schnarchen war zu hören. Piet war Ende fünfzig und ein echtes Hamburger Original. Zu seinen Eigenheiten gehörte es, dass er in seinen arbeitsfreien Phasen auf Kommando einschlafen konnte – egal, wo er sich gerade befand. Unsere Follower liebten ihn. Einige hatten sich sogar ihre Kochschürze mit seinem schlafenden Konterfei bedrucken lassen.

»Dann auf in den Kampf!«, verkündete ich und deutete auf unsere selbst gebastelte Trophäe. »Der Goldene Schneebesen wartet auf die Siegerin.«

»Los geht’s!« Katja hob die Hand, und wir klatschten ab. Umgehend wuselten wir in der Küche umher und suchten unsere Zutaten zusammen, wobei wir abwechselnd das Reden übernahmen – schließlich wollten unsere Zuschauer erfahren, was für einen Plan wir verfolgten.

Ich liebte diese Momente. Wenn wir anfingen zu kochen, wurde aus der kühlen Restaurantküche ein Raum der eifrigen Betriebsamkeit, der klappernden Töpfe und verheißungsvollen Düfte. Die Hitze der Öfen verströmte Gemütlichkeit, Röstaromen erfüllten die Luft, und Gasflammen zuckten erwartungsvoll hin und her. Allein durch die Gerüche konnte sich dieses nüchterne Laboratorium der Kochkunst in jeden Ort der Welt verwandeln. Köchelte man pralle, von der Sonne verwöhnte Tomaten, würzte sie mit Oregano, Thymian und Rosmarin und gab noch einen Schuss Chianti dazu, fühlte man sich unwillkürlich in ein uriges italienisches Bauernhaus versetzt. Mit dem Duft von Curry, Kurkuma, Kardamom und Kreuzkümmel reiste man nach Indien und mit einer kräftig gewürzten Fischsuppe an die Küste.

In einer Küche konnten sogar die Gesetze der Zeit außer Kraft gesetzt werden, denn der Geruch von knusprig gebratenem Gänsefleisch, Klößen und Apfelrotkraut sorgte selbst im August für ein so intensives Heiligabend-Gefühl, dass man unwillkürlich ein Weihnachtslied summte. Auch ein unbeteiligter Beobachter erkannte in solchen Momenten: In diesem Raum wurde gezaubert.

Katja und ich standen dabei vor der Herausforderung, nicht nur etwas Leckeres auf den Teller zu bringen, sondern auch die Kamera im Blick zu haben und unsere Zuschauer zu unterhalten. Mittlerweile waren wir jedoch ein eingespieltes Team und konnten uns blind aufeinander verlassen. Intuitiv wussten wir, wann die andere sich aufs Kochen konzentrieren musste. Notfalls konnten wir die weniger gelungen Sequenzen später immer noch herausschneiden, aber heute übertrugen wir einen Livestream, denn es war ein denkwürdiger Anlass: Wir drehten unsere allerletzte Folge, da Katja im siebten Monat schwanger war. Mit Zwillingen. Wie sie es schaffte, sich mit dem riesigen Bauch ungehindert in der Küche zu bewegen, war mir ein Rätsel.

Genau wie ich war meine beste Freundin Mitte dreißig. Vergangenes Jahr hatte sie ihren langjährigen Freund Tom geheiratet und war überraschend schnell schwanger geworden. Überraschend deshalb, weil Katja gelesen hatte, dass in unserem Alter die Fruchtbarkeit schon deutlich abgenommen hatte und man sich unter Umständen auf eine »Übungszeit« von ein bis zwei Jahren einstellen musste. Beim Absetzen der Pille war sie deshalb davon ausgegangen, dass ihr bis zu einem positiven Schwangerschaftstest genügend Zeit bleiben würde, um ihre Marketingfirma, die sie zusammen mit ihrem Mann gegründet hatte, in Hamburg zu etablieren.

Tja, offenbar traf die Sache mit der nachlassenden Fruchtbarkeit nicht auf alle Frauen Mitte dreißig zu! Gleich im zweiten Probemonat hatte es geklappt. Dass es dann gleich Zwillinge werden würden, hatte sie vollends aus der Bahn geworfen. Über eine Woche hatte Katja sich an meiner Schulter ausgeheult und immer wieder geschluchzt, dass sie das alles niemals unter einen Hut kriegen und total verbocken würde. Mantraartig hatte ich ihr versichert, dass sie in all das hineinwachsen und ganz bestimmt großartig hinbekommen würde – so wie alles, was sie anpackte. Zum Glück hatte sie mir irgendwann geglaubt, und seither freuten Tom und sie sich auf ihr neues Leben.

Dass Katja für unseren Kanal unter diesen Umständen keine Zeit mehr finden würde, stand außer Frage. Ich bewunderte meine Freundin, dass sie den Mut besessen hatte, sich für Ehe und Kinder zu entscheiden. Davon war ich noch weit entfernt. Ich konnte lediglich einen Freund vorweisen. Wobei diese Bezeichnung wahrscheinlich schon leicht übertrieben war. Das mit Erik und mir war … kompliziert. Heirat und Familie standen für mich jedenfalls noch lange nicht zur Debatte.

»… neu interpretieren«, drang Katjas Stimme an mein Ohr. »Im Originalrezept sind mit Chilipeitschen natürlich die geräucherten Würste aus Schweinefleisch gemeint, doch ich werde rote Chilischoten für mein Gericht benutzen. Leute, ich verspreche euch, diese Chilipeitschen knallen richtig!«

Ich schüttelte über ihren Wortwitz grinsend den Kopf. Himmel, ich würde diese Drehs mit ihr unglaublich vermissen!

»Pass nur auf, dass es nicht zu scharf wird!«, warnte ich sie. »Du weißt, Piet mag es nicht, wenn seine Zunge von der Schärfe taub wird und er die unterschiedlichen Aromen nicht mehr herausschmecken kann.«

Katja winkte ab. »Kein Problem! Selbst wenn ich zu viele Chilis erwische, kann ich dagegen noch etwas tun.« Sie wandte sich an die Kamera. »Denn das Capsaicin der Chilischote ist fettlöslich. Gibt man – je nach Gericht – Kokosmilch, Sahne oder Crème fraîche dazu, mildert das die Schärfe ab, und es besteht keine Gefahr mehr, dass eure Gäste …«

Ich ließ sie weiterreden und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. Bisher war ich noch nicht weit gekommen. Der heutige Tag ließ mich ganz gefühlsduselig werden! Normalerweise schlug ich nicht so ein lahmes Tempo an. Ich straffte die Schultern und zog mein T-Shirt zurecht, auf dem eine grinsende Karotte aufgedruckt war.

Im Rezept aus dem Internet wurde der Currywurstkuchen aus fertigem Hefeteig, einer Flasche Curryketchup, Gelatine und acht Bratwürsten gemacht. Eklig! Das bedeutete, dass ich – genau wie Katja – eine komplett neue Richtung einschlagen musste. Eine vage Idee begann sich in mir zu formen, und ich lächelte. Ich würde mit dem Currywurstkuchen in Richtung Kartoffeltortilla gehen! Optisch würde das durchaus als Kuchen durchgehen, und geschmacklich passten Kartoffeln und Currywurst sehr gut zusammen.

Hastig machte ich mich ans Werk, während Katja die nächsten Schritte ihres Rezepts erklärte. Sie war beim Kochen schon bedeutend weiter als ich.

Ich signalisierte ihr mit einer Geste, dass ich so weit war, wieder die Moderation zu übernehmen.

»Die Currywurst kommt ja angeblich aus Berlin«, erzählte ich den Zuschauern. »Im Original wird übrigens keine Bratwurst, sondern Brühwurst ohne Haut verwendet. Daran halte ich mich auch heute. Aber zuerst muss ich mich um die Kartoffeln kümmern, da sie deutlich mehr Zeit benötigen.«

Ich schälte eine Zwiebel und ein paar Kartoffeln, hackte die Zwiebel klein und schnitt die Kartoffeln in kleine Würfel.

»Die...

Erscheint lt. Verlag 29.2.2024
Reihe/Serie Nordsee-Reihe
Nordsee-Reihe
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Beziehung • Familie • Geheimnis • Greetsiel • Große Liebe • Hamburg • Inselleuchten • Liebesroman • Mutter • Nordsee • Nordseeküster • Ostseefunkeln • Ostseeträume • Restaurant • Rügen Reihe • Selbstfindung • Sinn des Lebens • Sommerflimmen • Strandkorbzauber • Tochter • Urlaub • Urlaubsroman • Wellenglitzern
ISBN-10 3-7517-4223-9 / 3751742239
ISBN-13 978-3-7517-4223-8 / 9783751742238
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