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Ich liebe MEINE KINDER machen mich fertig (eBook)

Spiegel-Bestseller
Muttergefühle von Hach bis Ach
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01816-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich liebe MEINE KINDER machen mich fertig -  Marlene Hellene
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Das neue Buch von Erfolgs-Bloggerin Marlene Hellene nimmt die Leserinnen mit in das komplexe Universum der Muttergefühle. Bewährt selbstironisch beschreibt die zweifache Mutter moralische Fallstricke im ganz normalen Alltagswahnsinn. Ihre Geschichten aus dem Leben zeigen, wie nah Tränen der Freude und der Verzweiflung manchmal beieinanderliegen. Nicht zu vergessen natürlich das schlechte Gewissen, das jede Mutter quasi täglich befällt. Weg damit, her mit der Gelassenheit, sagt Marlene. Wenn das denn mal so einfach wäre. Ein Anfang ist die Lektüre ihres Buches definitiv!

Marlene Hellene, geboren 1979, begeistert auf X und Instagram mit ihren Texten und Posts.Texte der Autorin erscheinen u. a. in der SZ, bei zeitonline und regelmäßig in der Brigitte Mom. Ihre Bücher 'Man bekommt ja so viel zurück' und 'Zu groß für die Babyklappe' waren Bestseller. Sie lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe. Twitter: Lilli Marlene@MarleneHellene, Instagram:@marlenehellene

Marlene Hellene, geboren 1979, begeistert auf X und Instagram mit ihren Texten und Posts.Texte der Autorin erscheinen u. a. in der SZ, bei zeitonline und regelmäßig in der Brigitte Mom. Ihre Bücher "Man bekommt ja so viel zurück" und "Zu groß für die Babyklappe" waren Bestseller. Sie lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe. Twitter: Lilli Marlene@MarleneHellene, Instagram:@marlenehellene

Müde


«Mit der Geburt eines Kindes sinkt die Schlafdauer der Eltern rapide. Männern fehlen im Schnitt nur wenige Minuten pro Nacht, Frauen müssen durchschnittlich mit einer Stunde weniger Schlaf auskommen. Schlaf wie vor der Geburt stellt sich nur bei den wenigsten Eltern wieder ein.»[4] Sagt die Süddeutsche Zeitung. Und die recherchieren sehr gründlich, das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung.

 

Kürzlich habe ich außerdem etwas gelesen: «Bereits nach einer einzigen zu kurzen Nacht leiden unsere kognitiven Fähigkeiten. Schläft jemand mehrere Tage hintereinander zu wenig, sind die Einbußen oft gravierend. Die meisten reagieren dann ungefähr so wie mit einem Blutalkohol von 0,6 Promille.»[5]

Wenn wir diese Erkenntnis jetzt mit der Aussage der Süddeutschen Zeitung koppeln, dass sich bei den wenigsten Eltern Schlaf wie vor der Geburt des Kindes einstellt, muss man sich doch zwangsläufig fragen, wie besoffen Eltern dauerhaft sind.

Tatsächlich habe ich während meines Studiums mal eine Vorlesung zur Berechnung des Blutalkohols besucht, aber nachdem ich merkte, dass es keine praktische Übung war, habe ich das Interesse leider drastisch verloren. Dennoch glaube ich, mit all meinem gesammelten Nichtwissen und unpräziser nicht wissenschaftlicher Berechnung behaupten zu dürfen, dass ich mich in den ersten Jahren nach der Geburt meiner Kinder in einem dauerhaften 1,0-Promille-Zustand befunden habe. Und damit ist nicht dieser lustig-beschwingte Partyzustand gemeint. Von leicht bekleidet auf dem Tisch tanzen, Ballermann-Hits mitgrölen und feuchte Schmatzer verteilen konnte bei mir nicht die Rede sein. Dieser Part oblag einzig meinen Kindern, die sich ja grundsätzlich gerne wie schwer beschwipste Pauschaltouristen auf spanischen Inseln aufführen. Nein, diese spaßige Phase war mir nie vergönnt. Mein Übermüdungsrausch fühlte sich ausschließlich wie das Trunkenheitsstadium an, in das man nach dem letzten Glas Sekt, das irgendwie schlecht war, eintritt. Der Absturz aus dem Rausch, die Fahrt nach unten. Die Phase, in der man weinerlich wird, nicht mehr so genau weiß, wo man ist und warum. Die Kopfschmerzen setzen langsam, aber sicher ein, und man möchte nur noch eins: nach Hause ins Bett. Nur leider kommt das Taxi nicht. Nie. Und so steht man völlig übermüdet und mit schwindeligem Kopf vor der Kneipe, die Mascara hat sich über die Wange verteilt, und auf der Hose klebt irgendetwas unangenehm.

Ja, ungefähr so fühlten sich die ersten Jahre Elternschaft für mich an: «Kann ich büdde, büdde heim, mir ist komisch. Hallloooo, Taxi, stehen geblieben. Ich leg mich nur ganz kurz da hin. Warum riecht es hier nach Pipi? Tschuldigung, weissdu, wo mein Bett ist?»

 

Dauerhafter Schlafmangel führt nachgewiesenermaßen zu körperlichen Beschwerden (erhöhte Anfälligkeit für Infekte oder Kopfschmerzen) und zu psychischen Problemen (Denkstörungen, Halluzinationen oder Reizbarkeit). Wäre dies eine Checkliste, ich würde alle Symptome ankreuzen. Mehrfach. Haha, dazu habe ich direkt eine passende Anekdote, die alle psychischen Probleme in einer Situation vereint: Meine Tochter war 23 Monate alt (das bedeutet fast zwei, für alle Nichteltern), und mein Sohn war zwei. Tage. Er war zwei Tage alt. Es war unsere erste Nacht als vierköpfige Familie in unserem Zuhause. Ich schlief den komatösen Schlaf der frisch entbundenen und noch völlig von der Geburt erschöpften Mutter, als das Kleinkind ein lautes «MAAAMAAAAA» aus ihrem Kinderzimmer erschallen ließ. Mit halbem Auge und – wenn wir ehrlich sind – höchstens 10-prozentiger Hirnleistung bekam ich ganz am Rande meines Bewusstseins mit, wie mein Mann die Tochter zu uns ins Bett brachte. Was ich aber ganz genau realisierte, war der Stoffaffe auf dem Arm des Kindes. Der braune Stoffaffe von einer bekannten Knopf-im-Ohr-Marke, den ich schon immer höchst unsympathisch fand. Der braune Stoffaffe, der von mir nur aus Liebe zum Tochterkind in meinem Bett akzeptiert wurde, aber bitte nur, wenn er mir fernbliebe. Ich war kaum wieder in den Schlaf hinübergeglitten, als es losging. Ein Greinen, ein Weinen, ein kieksendes Schluchzen. ALTER! Ich war so müde. Ich hatte gerade erst entbunden. Mein Körper war im Arsch, und mein Geist musste unbedingt rekonvaleszieren. Schluchz. Grein. Wein. Es hörte nicht auf. Womit hatte ich das verdient? Was sollte diese Scheiße? Ich wusste, dass er ein Arschloch ist, aber bisher hat er wenigstens geschwiegen. Ich holte also tief Luft und legte all meine Wut und Verzweiflung in folgende gebrüllte Worte: «HALTS MAUL, DU BESCHISSENER AFFE, DU DUMMES VIEH!» Tja, hatte ich schon erwähnt, dass direkt neben mir im Beistellbett mein neugeborener Sohn lag? Hungrig? Weinend? Denkstörungen Check. Halluzinationen Doppelcheck. Reizbarkeit Dreifachcheck.

 

Ich habe meine Kinder in recht kurzem Abstand zur Welt gebracht. Als das Baby geboren wurde, schlief das Kleinkind noch nicht durch. Ich hatte also bereits knapp zwei Jahre selten länger als vier Stunden am Stück geschlafen, als ich einen weiteren Schlafräuber empfing. Wie Geschwister nun mal oft so sind, waren meine beiden Kinder leider nicht sehr absprachefähig, was ihren Schlafrhythmus anging. Was ich sagen will, ein Kind war immer wach. Wie ein gruseliger Schwarz-Weiß-Film von Hitchcock haben sich Szenen in mein Hirn gebrannt. Schlurfenden Schrittes, mit zu Schlitzen verengten Augen, ein Baby auf dem Arm, bewegte ich mich durch die Nacht. Zu einer Zeit, in der die Welt keine klaren Umrisse hat, alles nur leicht verschwommen zu sehen ist und jegliche Farbe von der Nacht verschluckt wird. Wenn sich fünf Kilo Baby irgendwann wie 50 anfühlen und das Schicksal der Welt auf den müden Schultern zu lasten scheint. Als einzig wache Person im Universum – abgesehen vom Baby. Stundenlang habe ich meinen Kindern erzählt, wer alles schläft: von den Ameisen zu den Ziegenböcken. Von den Ananassen zu den Zitronen. Nur das Kind, das nicht. Das wollte wach sein. Scheinbar für immer. Während meine Arme immer tauber wurden und meine Lider immer schwerer, wurde das Kind immer wacher. Zeigte es fröhlich auf all die schlafenden Gegenstände in der Wohnung und pikte voller Wonne durch meine Augenschlitze in mein Hirn. Ja, meine Babys hatten nachts (nicht ansteckend) gute Laune. Allerdings nur unter eng gesteckten Bedingungen. Ich musste mich mit ihnen auf dem Arm fortbewegen, singend und stetig schunkelnd. Wurde diese Forderung nicht erfüllt, wenn auch gar nicht aus bösem Willen, sondern weil ich kurzzeitig ins Erschöpfungskoma fiel, wurde unerbittlich und schrill geschrien. Darum trug ich. Deswegen schunkelte ich. Nächtelang. Gefangen in einem Katastrophenfilm. Ausgesetzt in völliger Einsamkeit unter einer schlafenden Menschheit mit der Aufgabe, das Kind glücklich zu machen und wieder in den Schlaf zu begleiten. In diesen kalten, müden Stunden, in denen ich meine Kinder trug, fühlte ich mich wie eine Frau auf einer Mission Impossible. Und ich war bereit, die Menschheit für ein wenig Schlaf aufs Spiel zu setzen. Ich wollte keine Heldin sein. Ich wollte mich hinlegen.

 

Kreuzberger Nächte sind lang, sangen die Gebrüder Blattschuss. Aber gewiss sind sie nicht so lang wie die verzweifelt schunkelnder Eltern. Da aber alles ein Ende hat (außer die Wurst, die hat zwei – Entschuldigung, bin grad im Schlagerthema), schlief natürlich auch irgendwann das wachste und schwerste Kind ein. Welch süßer Anblick der Erlösung, wenn die kleinen Lider sich endlich schlossen, wenn nur noch ein wohliges Seufzen über die rosigen Lippen kam und die Weltrettung wieder einmal geglückt war. Bis … ja, bis man das schlafende Bündel ablegen wollte, um sich selbst den letzten Stunden der Nacht hinzugeben. Bohrhammergeräusche. Silvesterfeuerwerk vor dem Brandenburger Tor. Atombombenabwurf. Alles irrelevant für kindlichen Schlaf. Nichts weckt Babys sicherer und dauerhafter auf als der Versuch, sie in ihr Bett zu legen. Sofort hellwach. Sofort auf Start. Alles von vorne. Schunkeln. Laufen. Welt retten. Selbst dabei fast draufgehen. Das schlafende Kind auf dem Arm ist eine Fata Morgana des Glücks. Man denkt, man könnte selbst schlafen, das Ziel ist aber in weiter Ferne, möglicherweise gar nicht existent. Bevor das Baby nicht in der dritten Tiefschlafphase ist, darf man gar nicht daran denken, sich auch nur zu setzen. Und so lief ich weiter. Mit schlafendem Baby. Als wirklich letzter Mensch auf Erden. Tapfer durch die Wohnung schlurfend. Leise weinend, aber nicht zu sehr, weil das Baby nicht nass werden sollte.

Irgendwo fand ich mich dann am nächsten Morgen. Zusammengerollt auf dem Teppich, ein Busen komplett im Baby, während das Kleinkind versuchte, mit einer Schere Kerzen anzuzünden.

 

Jetzt mögen einige Menschen (nicht Eltern, die gewiss nicht) mit dem Argument kommen, dass Babys aber doch in den ersten Monaten durchschnittlich 16 bis 18 Stunden am Tag schlafen. Woher denn dann diese Müdigkeit der Eltern käme? Folgendes, Karl-Friedrich: Babys schlafen diese 16 bis 18 Stunden nicht am Stück. Babys schlafen in Etappen. In kurzen Etappen. Und das auch nur, wenn sie satt sind. Und trocken. Und die Raumtemperatur exakt 18,5 Grad hat und der Merkur im Sternzeichen des tibetanischen Tigers steht, während die Erde sich vor- und zurückdreht. Wobei meine Babys überhaupt nie 16 bis 18 Stunden geschlafen haben. Da bin ich mir ziemlich sicher. Viel eher waren sie 24 Stunden wach und hatten dabei gelegentlich die...

Erscheint lt. Verlag 30.1.2024
Zusatzinfo Mit 13 4-farb. Ill.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Alltag mit Kindern • Buch für Mütter • Eltern • Empowerment • Erziehung • Familienalltag • Familienleben • lustige Familiengeschichten • lustige geschenke für frauen • Mama Blog • Man bekommt ja so viel zurück • Mutter • Mütter • Schulkind • zu groß für die Babyklappe
ISBN-10 3-644-01816-2 / 3644018162
ISBN-13 978-3-644-01816-7 / 9783644018167
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