The Institution (eBook)
480 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-44339-5 (ISBN)
Helen Fields hat als Anwältin für Straf- und Familienrecht gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Die Bücher der Bestsellerautorin sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Sie pendelt regelmäßig zwischen West Sussex, den USA und Schottland und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern zusammen.
Helen Fields hat als Anwältin für Straf- und Familienrecht gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Die Bücher der Bestsellerautorin sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Sie pendelt regelmäßig zwischen West Sussex, den USA und Schottland und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern zusammen.
Kapitel 2
Montag
Ohne sich die Mühe zu machen, anzuklopfen, betrat Connie das Büro ganz hinten im Verwaltungstrakt. Die Sicherheitsleute hatten nur einen Blick auf das Schild geworfen, das von dem Band um ihr Handgelenk baumelte, und sie nicht weiter aufgehalten. Den Sekretariatsangestellten hatte man Grund gegeben, nicht an ihren Schreibtischen zu sein.
Vier Personen standen auf, als sie in das große Zimmer mit dem Panoramafenster trat, das auf den Fuß der Berghänge hinausging. Kenneth Le Fay kam hinter seinem wuchtigen Schreibtisch hervor, um sie auf dem großen Teppich zu begrüßen, der sich verzweifelt – und vergebens – bemühte, dem Raum eine freundlichere Atmosphäre zu verleihen.
»Dr. Woolwine«, sagte er. »Setzen Sie sich zu uns.«
Sie streckte ihm die Hand entgegen und bemerkte seinen Gesichtsausdruck. Dass er daran dachte, wie sie die Hand der toten jungen Frau gehalten hatte. Abrupt drehte er sich zur Seite und steckte seine Hand stattdessen in die Tasche.
»Der Tod ist nur selten ansteckend«, murmelte sie und ging an ihm vorbei.
Der jüngste der drei Unbekannten trat vor. Er war fast so bleich wie die Frau, von der sie gerade kam. »Können Sie uns helfen? Haben Sie irgendeine Idee, wer das war oder wie man ihn finden kann?«
»Das ist Johannes Cameron, Taras Mann«, stellte Kenneth Le Fay ihn vor. »Und Taras Eltern, Keira und Francis Lyle.«
»Ich tue alles, was ich kann, aber sicher ist nichts. Das Zeitfenster, um das Baby heil zu finden, ist kurz«, sagte Connie.
»Nur eine Woche«, bestätigte Francis Lyle, »und auch nur, wenn bei der … Sache nicht noch etwas vorgefallen ist, was unsere Enkelin noch mehr geschädigt hat.«
»Aurora«, warf Johannes ein. »Den Namen hat Tara ausgesucht. Ich möchte, dass wir sie so nennen.«
Francis Lyle nickte. »Aurora, ja. Ich habe gleich mit einer Kinderärztin gesprochen, als wir es erfuhren. Sie sagte, ihrer Erfahrung nach sind andere Leute als die Eltern – außer kindermedizinischem Fachpersonal – meist nicht gut dafür ausgerüstet, ein Baby zu versorgen. Und da Aurora auch noch zu früh … unserer Tochter genommen …«
»Ich weiß«, sagte Connie. »Wir sollten davon ausgehen, dass wir ab heute höchstens fünf Tage haben. Darf ich die Lösegeldforderung sehen?«
Francis Lyle nahm ein Blatt Papier von Le Fays Schreibtisch und reichte es ihr. »Es wurde an meinen Steuerberater geschickt, mit dem wir auch persönlich befreundet sind.«
Connie las die ausgedruckte Mail vor. »Beschaffen Sie fünf Millionen Crater Coins und überweisen Sie sie in Batches an die unten genannte E-Wallet. Nach Erhalt informieren wir Sie, wo das Baby ist. – Kryptowährung. Clever. Fast nicht rückverfolgbar. Haben Sie vor zu zahlen?«
»Die Polizei rät davon ab. Sie sagt, die Chance, dass die entführte Person zurückkommt, wird durch eine Zahlung auch nicht höher«, sagte Le Fay.
»Wir zahlen«, entgegnete Francis Lyle in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
»Wird die Polizei die Überweisung überwachen? Sie muss ja der Spur des Geldes, oder der Crypto Coins, folgen.«
»Die Polizei wird sich mit meinem Steuerberater zusammentun, der sich um den Kauf und die Abwicklung kümmert. Eine digitale Wallet haben wir schon eingerichtet und die geforderten Mittel dort deponiert. Seien Sie versichert, dass wir jeden Geldtransfer pünktlich erledigen werden. Wir werden den Kidnappern keinen Anlass bieten, dem Kind etwas zu tun.«
»In Ordnung«, sagte Connie. »Ich verstehe Ihre Entscheidung. Aber diese Sache ist besonders heikel. Haben Sie – verzeihen Sie, wenn ich das so plump sage – irgendwelche Beweise bekommen, dass das Kind lebt?«
»Im Anhang war ein Video. Wir haben ein Standbild davon gemacht. Hier.« Francis Lyle reichte ihr ein zweites Blatt.
Das Baby hatte die Augen fest geschlossen. Es war in ein schlichtes weißes Handtuch gewickelt, nur das winzige Gesichtchen und die Arme schauten heraus. Es hätte jedes beliebige Kind überall auf der Welt sein können, abgesehen von der Tatsache, dass in einer Ecke ein Teil eines Gesichts zu sehen war, das unverkennbar Tara Cameron gehörte.
»Man versucht, die Mail zurückzuverfolgen?«, erkundigte sich Connie.
»Uns wurde gesagt, sie ging durch einen Onion-Router«, sagte Johannes. »Über so viele Server auf der ganzen Welt, dass sie unmöglich rückzuverfolgen ist.«
»Konnten Sie die Entführer informieren, dass Sie die Mail bekommen haben und gewillt sind, zu zahlen?«
»Ja. Und wir haben gefordert, dass sie uns täglich ein neues Video schicken, dem ganz klar das aktuelle Datum zu entnehmen ist.«
»Gut. Bitte leiten Sie mir die Videos weiter. Ich muss alle Informationen bekommen, die auch die Polizei hat. Kann sein, dass mir aufgrund dessen, was ich hier mitbekomme, irgendein Detail auffällt, das die Beamten nicht als relevant erkannt haben.« Sie gab Francis die Blätter zurück.
»Ich will sie sehen«, schrie Keira Lyle plötzlich. Alle Blicke wandten sich ihr zu. »Ich will meine Tochter sehen. Jetzt, hier. Ich will nicht warten. Sie braucht mich.«
Francis Lyle seufzte und streckte die Hand nach seiner Frau aus. Sie wich einen Schritt zurück. »Liebes, wir haben doch alle dem Ablauf zugestimmt. Wir können Tara sehen, sobald sie von hier weggebracht worden ist.«
»Aber sie durfte sie sehen!« Mit zitterndem Finger zeigte Taras Mutter auf Connie. »Sie wurde hier eingeflogen und durfte sofort zu meiner Tochter. Das ist doch alles Wahnsinn. Warum kann die Polizei nicht einfach kommen und alle in dieser verdammten Anstalt verhaften, bis wir herausgefunden haben, wer sie umgebracht hat?«
»Das Wichtigste ist doch jetzt, das Baby zurückzubekommen«, sagte Francis. »Die Polizei meint, wenn sie zu schnell vorgeht, könnten die Leute, die Aurora haben, Panik bekommen und sie töten oder einfach irgendwo aussetzen, sodass sie stirbt.«
»Von unseren Patienten wird keiner irgendwohin gehen«, fügte Kenneth Le Fay hinzu. »Und jedes Mitglied des Personals, das diese Woche die Anstalt ungeplant verlässt, würde damit im Prinzip zugeben, dass es in der Sache mit drinsteckt. Was wir brauchen, sind Informationen von innen, aus der Station. Und die können wir von Dr. Woolwine bekommen.«
»Aber sie ist tot. Meine Kleine ist tot. Mein Baby. Warum versteht mich niemand von euch?«
Connie trat zwischen die beiden Männer, die so verstört waren, so überwältigt von dem Druck, das vermisste Baby zu finden, dass sie unfähig waren, ihre Frau beziehungsweise Schwiegermutter zu trösten. Sie ergriff fest Keira Lyles Hände, drang in deren unsichtbare persönliche Sphäre vor, zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. »Tara wünscht sich, dass wir ihr Kind finden«, sagte sie. »Sie müssen ihr helfen, indem Sie noch ein kleines Weilchen stark bleiben, damit wir Aurora helfen können.«
Keira Lyle begann zu schluchzen.
»Dass ich zu ihr durfte, hatte zwei Gründe. Erstens muss ich, wenn ich die Menschen finden will, die Ihrer Kleinen das Leben genommen haben, mit eigenen Augen sehen, womit ich es zu tun habe. Es wäre mir nicht recht, wenn Sie sie jetzt zu sehen bekämen, und so eng, wie Taras Beziehung zu Ihnen war – das merke ich deutlich –, würde sie auch nicht wollen, dass Sie sie so sehen.«
Keira senkte den Kopf; schwere Tränen fielen auf ihrer beider Hände. »Ich kann das nicht. Bitte. Bitte finden Sie einen anderen Weg. Ich muss meine Kleine im Arm halten.«
»Ich weiß«, sagte Connie. »Aber der zweite Grund, warum ich bei Tara war, bestand darin, herauszufinden, was sie sich jetzt von uns wünscht.«
»Hören Sie auf, bitte. Ich will das alles nicht hören.«
Connie drückte sanft die Hände der Frau. »Ihre Tochter hat sich gegen denjenigen gewehrt, der ihr das angetan hat. Mit aller Kraft, auch nachdem ihr schon klar war, dass sie ihr eigenes Leben nicht würde retten können. Sie hat alles gegeben, um Ihre Enkelin zu retten. Eine andere wäre vielleicht vor Angst oder Schmerz gelähmt gewesen. Hätte sich vom Grauen dessen, was mit ihr passierte, überwältigen lassen. Tara nicht. Ich glaube, sie war etwas Besonderes. Und nach meiner Erfahrung haben besondere Frauen meist auch besondere Mütter. Können Sie ihr helfen, jetzt, wo sie es am meisten braucht, Mrs. Lyle? Noch einmal tief Atem holen, die Zähne zusammenbeißen, Tara ihren Wunsch erfüllen? Nämlich alles zu tun, um Aurora in Sicherheit zu bringen?«
Die Schluchzer verstummten. Keira Lyle zitterte noch immer am ganzen Leib, aber sie zwang sich, den Kopf zu heben. »Es tut so weh«, sagte sie. »Das überlebe ich nicht.«
»Mit Ihrer Enkelin im Arm können Sie es vielleicht eher überleben«, sagte Connie. »Ich habe Tara versprochen, dass wir alles versuchen, um das zu erreichen.«
»Haben Sie … haben Sie mit ihr gesprochen?« Zum ersten Mal erwiderte sie Connies Händedruck.
»Ja. Ich habe ihre Hand gehalten, genau wie jetzt Ihre. Ich habe ihr übers Haar gestrichen, so wie Sie es sicher tausendmal gemacht haben. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht ruhen werde, bis ich die Menschen gefunden habe, die ihr dieses Leid zugefügt haben.« Keiras Lippen entrang sich noch ein Schluchzer. »Können Sie mir erzählen, wie sie war? Alles, was Ihnen einfällt. Es wird mir helfen. Setzen wir uns doch.« Noch immer Keiras Hände haltend, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen, führte sie sie zu einem kleinen Sofa am Kamin und setzte sich neben sie.
»Ich war so dagegen, dass sie hier arbeitet«, begann...
Erscheint lt. Verlag | 16.11.2023 |
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Übersetzer | Christine Blum |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Schlagworte | Bedrohung • Bestseller • Closed Setting • Entführung • Ermittlerduo • Forensik • Gefahr • Heilanstalt • Krankenhaus • locked room Thriller • Mord • Nervenheilanstalt • Profilerin • Rechtsmedizin • Sanatorium • Serienkiller • Spannung • Twists • undercover |
ISBN-10 | 3-423-44339-1 / 3423443391 |
ISBN-13 | 978-3-423-44339-5 / 9783423443395 |
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