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Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46731-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig -  Christian Schulte-Loh
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Stell dir vor, Gott hat genug von Geld & Gier - und sie macht Kunst zur neuen Währung Der Beweis ist erbracht: Gott existiert wirklich. Doch die von Geld und Gier besessenen Menschen öden sie an. Der Auftrag ist eindeutig: Seid künstlerisch, werdet kreativ! Denn Gott möchte unterhalten werden und erhebt die Kunst zur neuen Währung. Die Mehrheit der Weltbevölkerung erwischt das auf dem völlig falschen Fuß. Panisch sucht sie nach Mentoren - zum Pech des obdachlosen Jazzmusikers Adam Fein, der sich in London gerade erst aus der Gesellschaft ausgeklinkt hatte. Weil er noch nie Nein sagen konnte, machen ihn die Umstände über Nacht zum Leiter einer höchst skurrilen Kunstakademie, die all den Überforderten und Talentlosen einen Zufluchtsort bietet. Dabei will er eigentlich nur seine Ruhe haben. Doch in der erfolglosen Schriftstellerin Sara, die sich als Bedienung in einem Café über Wasser hält, findet Adam eine Gefährtin. Gemeinsam trotzen sie den Wirrungen der neuen Weltordnung - während die Menschheit auf eine ganz neue Art der Katastrophe zusteuert. »Das Einzige, was sie sich schrecklicher vorstellte als eine Welt ohne Künstler, war eine Welt mit nichts als Künstlern.« »Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig« ist der erste Roman des Schriftstellers und Comedians Christian Schulte-Loh. Ein packendes, humorvolles und nachdenkliches Debüt, das die großen Fragen unserer Zeit mit Brisanz, Witz und Scharfsinn beleuchtet. Schulte-Loh schreibt über das Scheitern der Menschen, ihr Streben nach Zugehörigkeit und den ewigen Kampf gegen die eigene Bedeutungslosigkeit. Ein scharf gezeichnetes Gesellschaftsporträt und utopisches Sozialpanorama. »Schulte-Loh besticht mit britischem Humor. Mitreißend und erfrischend charmant.« Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Christian Schulte-Loh ist »deutsch, aber lustig« (DER SPIEGEL). In England seit Jahren als deutscher Komiker erfolgreich, ist er auch hierzulande längst regelmäßiger TV-Gast, u. a. bei Nuhr im Ersten, Markus Lanz, Maybrit Illner sowie dem Quatsch Comedy Club. Die Briten feiern den Wahl-Engländer als »einen der subversivsten Acts aller Zeiten« (The Spectator). Geboren in Haltern am See, lebt er heute in London und Berlin. Kurz nach dem Brexit erschien Zum Lachen auf die Insel - als deutscher Komiker in England. In dem Buch beschreibt er autobiografisch seine Abenteuer im Mutterland des Humors. Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig ist Christian Schulte-Lohs erster Roman.

Christian Schulte-Loh ist »deutsch, aber lustig« (DER SPIEGEL). In England seit Jahren als deutscher Komiker erfolgreich, ist er auch hierzulande längst regelmäßiger TV-Gast, u. a. bei Nuhr im Ersten, Markus Lanz, Maybrit Illner sowie dem Quatsch Comedy Club. Die Briten feiern den Wahl-Engländer als »einen der subversivsten Acts aller Zeiten« (The Spectator). Geboren in Haltern am See, lebt er heute in London und Berlin. Kurz nach dem Brexit erschien Zum Lachen auf die Insel – als deutscher Komiker in England. In dem Buch beschreibt er autobiografisch seine Abenteuer im Mutterland des Humors. Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig ist Christian Schulte-Lohs erster Roman.

7.


Elf Uhr morgens – es gab keine bessere Uhrzeit, um das gesamte Café für sich zu haben und dort in Ruhe zu schreiben. Außer Adam war nur ein weiterer Gast im Laden, um sie herum gut zwanzig leere Stühle. Sara hatte ihm erzählt, dass es ursprünglich mal mehr Plätze gewesen waren, bevor sie ein paar der Stühle zu einer Pausenbank umfunktioniert hatte. Die bildete jetzt ihren Raucherbereich neben der Hintertür. Das Rauchen war natürlich höchst illegal und wurde vom Betreiber der Kaffeehauskette ebenso wenig geduldet wie jeglicher Ruf nach gesellschaftlicher Verantwortung. Sara fiel es daher umso leichter, die harmlosen Regelbrüche zu rechtfertigen. Mit Stolz hatte sie Adam vorhin von ihren kleinen Racheaktionen erzählt, und es war das perfekte Verbrechen. Den Großteil der Umsätze bongte sie einfach ein, als wären es im Café verzehrte Speisen, obwohl in Wahrheit fast all diese Umsätze Pappbecher voller Kaffee zum Mitnehmen waren. Der Steuersatz für einen Außer-Haus-Kaffee war der niedrigste von allen, der höchste hingegen galt für vor Ort verspeiste warme Gerichte. Durch ein paar Tastendrucke auf der Registrierkasse korrigierte Sara so den Beitrag der Kaffeehauskette an die Gesellschaft. Warum sie Adam schon nach derart kurzer Zeit all diese Dinge anvertraute, konnte er sich nicht recht erklären. Jedenfalls schien sie ihn nicht für einen verdeckten Ermittler der Konzernzentrale zu halten.

Hunderte Pappbecher, erzählte sie, schicke sie täglich auf die Reise. Eine Reise, die, kaum hatte sie in der Hand der Kundin begonnen, schon kurz darauf in einem der Mülleimer des Viertels endete. Obwohl es eine Anweisung gab, aus Sicherheitsgründen JEDES!! (so laut brüllte es der laminierte Zettel, der im Hinterzimmer hing, in die Welt) Heißgetränk mit einem Deckel zu versehen, ließ sie die Plastikkappen konsequent weg. Die wenigsten Kunden fragten danach. Neben dem steuerlichen kümmerte sich Sara so auch um den ökologischen Fußabdruck des Betriebs. Adam genoss es, diese kleinen Geschichten der Rebellion zu hören. Es hatte ihn schon immer fasziniert, wenn sich Menschen gegen Obrigkeiten erhoben. Er selbst war viel zu lethargisch dafür.

Vorhin, als sie beide allein gewesen waren im Laden, hatte sie ihm erzählt, wie wenig kommunikativ so ein Café doch sei. Die paar Gäste, die ihren Kaffee nicht im Gehen tranken, sondern Platz nahmen, waren in den seltensten Fällen an sozialer Interaktion interessiert. Die meisten saßen allein an einem der Tische und versteckten sich hinter ihren Laptops. Junge Mütter oder Väter mit Kindern bildeten die laute Ausnahme und wirkten dabei im lärmenden Umgang mit dem Nachwuchs so, als sehnten auch sie sich insgeheim hinter einen der Bildschirme. Nur wenige Kunden suchten das Gespräch mit ihr. Neben Adam, der gerade erst dabei war, sich diesen Status zu erarbeiten, gab es drei Stammgäste. Den Anfang machte John, er kam jeden Tag um Punkt halb elf und trank eine ganze Kanne English Breakfast Tea mit viel Milch. John blieb genau eine Stunde, die er einzig und allein mit der Tätigkeit verbrachte, die gute Teetrinker auszeichnet: Er trank seinen Tee. Sonst passierte bei John nichts.

Wesentlich unregelmäßiger waren die Besuche des zweiten Stammgastes, der geschwätzigen Lehrerin. Wie sie hieß, wusste niemand. Wohl aber, dass sie ihre Pausen und Freistunden in der benachbarten St.-Joseph’s-Schule nutzte, um mit ständig wechselnden Kolleginnen und Kollegen auf einen Kaffee aufzutauchen. Dabei erzählte sie jedes Mal dieselben vier oder fünf Anekdoten. Sie konnte froh sein, Lehrerin geworden zu sein, das bescherte ihr alle zwölf Monate ein frisches Publikum. Der dritte Stammgast war Eva, die Friseurin. Evas Zeit war der frühe Nachmittag. Sie betrieb einen kleinen Salon nur fünf Gehminuten entfernt auf der Streatham High Road, Englands längster Einkaufsstraße. Ihr Friseurbetrieb lag im ersten Stock, unmittelbar über einem christlichen Buchladen. Diese Information war vor allem für Evas Neukunden von großer Wichtigkeit, denn auf ein eigenes Schild an der Fassade verzichtete sie, wie sie es formulierte: aus administrativen Gründen, was übersetzt hieß, dass ihr Salon unangemeldet und somit nicht wirklich ein Salon war, sondern ihre Einzimmerwohnung. Doch es ging nicht anders, Abgaben konnte sie sich beim besten Willen nicht leisten. Ursprünglich als Übergangslösung nach ihrem Rauswurf geplant, dauerte der Ausnahmezustand nun schon zwei Jahre an. Quasi über Nacht hatte die Friseurmeisterin, bei der sie seit ihrer Ausbildung fest angestellt gewesen war, sie gefeuert. Zu viele Kunden hatten sich beschwert. Niemals über ihre Fähigkeiten als Friseurin, das war Eva wichtig. Es ging nie um das Getane, immer um das Gesagte. Eva nämlich war davon überzeugt, dass die Erde eine Scheibe sei. Ihren Kunden versuchte sie klarzumachen, dass es eine geheime Weltregierung gab, die hinter allem steckte, Echsenmenschen. Nachdem wiederholt ein Kunde die Betreiberin des Salons darauf aufmerksam gemacht hatte, dass Menschen wie Eva keinen Zugang zu scharfen Gegenständen haben sollten (noch dazu in Kundenkopfhöhe), war sie vor die Tür gesetzt worden. Geblieben waren ihr ein Dutzend wilder Theorien, ein komplett leeres Bankkonto und besagte scharfe Gegenstände, wahrlich keine ungefährliche Mischung. Aber Eva schien die Krise überstanden zu haben, die Heimarbeit tat ihr gut. Und inzwischen freute sich Sara über Evas tägliche, wenn auch ein wenig kurze Besuche, denn im Gegensatz zur Lehrerin gingen ihr die unterhaltsamen Geschichten nicht aus.

»Was sagt die Friseurin dazu?«, murmelte John und starrte dabei auf die Teekanne. Ob seine Frage Sara oder Adam galt, war nicht auszumachen.

»Was sagt sie wozu?«, erwiderte Sara wie automatisch, während sie die Muffins in der Vitrine auffüllte.

Für Adam war das Gespräch der beiden nichts als Rauschen, zu sehr war er ein paar Tische weiter mit seinen Notizen befasst.

»Na, Prassnik. Singu. Neue Weltordnung!« John lieferte die Stichworte, die sein Teleprompter, die Teekanne, ihm anzubieten hatte.

Johns kleine Wohnung, vom Amt bezahlt, lag in Crown Point, zu Fuß keine Viertelstunde vom Café entfernt. Wesentlich länger war seine Diagnoseliste, wobei er sich der Einfachheit halber als Autist bezeichnete. Das verkürzte das Gespräch, und Gespräche konnten John gar nicht kurz genug sein. Seit einigen Monaten immerhin war er medikamentös besser eingestellt und in der Lage, gewissen sozialen Umgang zu pflegen, wenn auch nur mit den Menschen, die er von seinen täglichen Routinen kannte. Sara gehörte dazu.

»Ach so, klar. Keine Ahnung, sie war bisher nicht hier. Aber für Eva ist das Ganze sicher ein …« Gerade noch rechtzeitig brach sie den Satz ab und spürte, wie ihr Gesicht Temperatur annahm.

John schmunzelte und blickte weiter starr auf die Kanne.

»Ein feuchter Traum«, sagte er, wobei seine Schultern auf und ab bebten und für ihn das Lachen übernahmen.

Sara tat so, als hätte sie seine Bemerkung nicht gehört.

»Adam«, sagte sie stattdessen und ging hinüber zu dessen Tisch.

Beim zweiten Mal reagierte er und blickte auf.

»Mich interessiert ja viel mehr, was du denn eigentlich davon hältst.«

»Wovon?«

»Na, von dieser ganzen Prassnik-Sache.«

»Keine Ahnung.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne mich weder mit Prominenten aus noch mit Politik.«

Sara hätte sich keine bessere Antwort vorstellen können. Adams Desinteresse an der Welt ließ sie die Ereignisse der letzten Tage so distanziert zusammenfassen, dass der Sache endlich mal die übertriebene Ernsthaftigkeit genommen wurde. Sie erzählte ihm von der Fernsehsendung, all den darin geäußerten schrägen Behauptungen, dem mütterlichen Gott. Spätestens an der Stelle war Adam von der Geschichte angetan und schob Ledermappe, Zettel und Kugelschreiber beiseite.

»Verrückt, oder?«, fragte Sara.

»Verrückt, ja, auch. Aber vor allem mein größter Albtraum. Noch eine Übermutter.«

»Gott bewahre«, erwiderte Sara und hob den Zeigefinger zu einer kreisenden Bewegung. »Die ultimative Helikoptermutti.«

»Adaaaam.« Mit weit aufgerissenen Augen imitierte er eine dem Wahnsinn nahe Frauenstimme. »Ich bin hier oben, und ich sehe alles, Adam. Jetzt, wo du nicht mal mehr ein Dach über dem Kopf hast, sehe ich dich noch viel besser, Adaaaam.«

Sara stellte das Tablett ab und legte den Lappen darauf ab. Sie lehnte sich gegen das Bücherregal, kreuzte die Beine und saß jetzt mehr, als dass sie stand.

»Es wird noch besser«, sagte sie.

Adam sah sie interessiert an. Sie berichtete ihm von Prassniks Versprechen auf ewiges Leben und dass man nichts dafür tun müsse, außer Gott kreativ zu überzeugen, am besten mit einem Lied oder einem Bild. Gott wäre eben eine ganz normale Type, jemand, die gerne Waffeln isst und eine gute Geschichte erzählt bekommt. Aber sie wäre eben äußerst gelangweilt.

»Klar!«, sagte Adam begeistert. »Ein selbst gemaltes Bild von jedem. Hoffentlich hat sie eine große Kühlschranktür.«

Sara berichtete ihm, wie unterhaltsam und fesselnd Prassniks Ansprache gewesen sei, eine Massenkarambolage auf der Autobahn, keine Chance, wegzusehen.

»Übrigens«, sagte sie. »Wie jede übergriffige Mutter hat auch Singu einen Regelkatalog aufgestellt.«

»Singu?«

»Ach so, natürlich. Kleines Detail am Rande: Gott heißt Singu.«

»Natürlich.«

»Und Singu hat, wie gesagt, Regeln im Gepäck. Eine ganze Liste.«

»Oh, das ging...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2023
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alternativer Roman • antikapitalistisch • besondere Protagonisten • Britischer Humor • Bücher Kabarett • Christian Schulte-Loh • Comedian • Comedian Bücher • Dramedy • Dystopie • Gegenwartsliteratur Romane • Gesellschaft • gesellschaftskritische Romane • Gesellschaftsroman • Gesellschaftsromane • Gesellschaftssatire • Gottesbeweis • Göttin • Gott ist eine Frau • humorvolle Romane • Joachim Meyerhoff • Kabarett Buch • Kapitalismus • Kunst statt Kommerz • Kunst und Kultur • lakonischer Humor • London • London Roman • lustige Romane • neuer Gesellschaftsvertrag • Neue Weltordnung • night wash Schulte-Loh • Obdachloser • Parodie Buch • philosophische Romane • Postmoderne • Quatsch Comedy Club • Roman comedy • Romane England • Romane London • Romane mit Humor • Romane Neuanfang • Romane Religion • Romane zum Lachen • Roman Humor • Roman Komiker • Roman Kunst • Roman Neubeginn • Satire • satire humor • Satire Roman • Skurrile Geschichte • Sozialutopie • Stand-up-Comedy • Thees Uhlmann • trockener Humor • Utopie • Weltordnung • witzige Romane • Zum Lachen auf die Insel
ISBN-10 3-426-46731-3 / 3426467313
ISBN-13 978-3-426-46731-2 / 9783426467312
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