Thriller Quartett 4042 (eBook)
600 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7477-5 (ISBN)
18
Genau das machten wir an diesem Abend. Anstatt den Feierabend zu genießen, fuhren wir noch einmal nach Yonkers, unterwegs nahmen wir uns einen Hot Dog mit, damit uns nicht der Magen so sehr knurrte. Zuvor hatte Max Carter für uns ermittelt, ob es irgendwelche Besonderheiten gab, was die Besitzverhältnisse des Blue Lagoon anging. Und die gab es tatsächlich.
Der Betreiber hieß Ricky Jordache. Jordache betrieb noch zwei andere Clubs, beide in Manhattan. Aber den Ermittlungen unseres Field Office nach, war Jordache nur ein Strohmann, der für jemand anderen die Geldwäsche besorgte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war das O’Reilly gewesen. Die Millionen, die er im illegalen Kunsthandel erwarb, mussten irgendwo gereinigt werden. Aus Schwarzgeld wurde mit Hilfe von weniger profitablen Lokalen ein blütenweißes, völlig legales Vermögen, das in ganz normale Wirtschaftsunternehmen oder Immobilien investiert werden konnte.
„Ich habe doch gleich gesagt, dass das kein Zufall war!“, meinte ich, während wir bereits den Harlem River überquerten.
„Ja, dein untrüglicher Instinkt, ich weiß“, spottete Milo. „Jedenfalls könnte dieser Jordache vielleicht ein Motiv haben, O’Reilly umzubringen. Überleg doch mal! Angenommen, es gab irgendwelchen Ärger. Vielleicht wartete dieser Jordache nur auf eine Gelegenheit, O’Reilly aus dem Geschäft zu drängen…“
„Das ist alles reichlich hypothetisch, Milo.“
„Du siehst ja sogar schon einen Zusammenhang zu Sabrina McCauly!“
„Die hat gesagt, dass sie O’Reilly nicht kennt – und es könnte sein, dass sie uns angelogen hat!“
„Jesse, da machst du dir jetzt aber entschieden zu weitgehende Hoffnungen.“
„So?“
Wir erreichten den Expressway, der quer durch die Bronx geht und nach Norden führt. Richtung Yonkers. Ich hatte freie Bahn, hätte mich aber in jedem Fall davor gehütet, die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu überschreiten. Schließlich wusste ich besser als die meisten anderen Verkehrsteilnehmer, die im Moment unterwegs waren, wo die Highway Patrol ihre Blitzgeräte aufgestellt hatte. Und auch als FBI-Agent genoss ich ja leider keine Immunität, was Verkehrsdelikte anging. Allenfalls wenn eine entsprechende Notlage vorlag.
„Es ist schon seltsam“, meinte ich. „Wir haben noch nicht einmal O’Reillys Leiche und zerbrechen uns schon den Kopf über das Motiv, das zu seiner Ermordung geführt haben könnte!“
„Es sind schon Mörder verurteilt worden, ohne dass es eine Leiche gab, Jesse!“
„Ich weiß. Aber irgendwie hat man dabei immer das Gefühl, dass es so eigentlich nicht sein sollte!“
Der Blue Lagoon Club war in einem Brownstone Gebäude 4325 Dorset Road in Yonkers zu finden. Zu Glück gab es eine Tiefgarage. Wir stellten den Sportwagen dort ab und fuhren mit dem Aufzug ins Erdgeschoss. Zwei Türsteher erwarteten uns am Eingang zum eigentlichen Club Bereich. Wir zeigten unsere Ausweise.
„Ich denke, das gilt hier als Eintrittskarte“, sagte ich.
Die beiden Kerle wechselten einen kurzen Blick miteinander.
„Falls Mister Jordache zufällig da sein sollte, würden wir ihn gerne sprechen“, ergänzte Milo.
„Gehen Sie rein und amüsieren Sie sich“, sagte einer der beiden Männer. Er fiel mir auf, weil er eine Narbe am Kinn hatte. Außerdem trug er ein Headset und ich war mir sicher, dass er seinen Boss über unser Auftauchen sofort informieren würde.
Wir gingen an die Bar.
Ich sah Sabrina McCauly ziemlich knapp kostümiert daher gehen. Sie hatte uns zunächst nicht bemerkt und wohl auch kaum mit uns gerechnet. Jetzt stutzte sie. Aber sie hatte mich bereits ein paar Sekunden zu lange angestarrt, um noch so tun zu können, als hätte sie mich nicht bemerkt.
Ich ging auf sie zu. Milo blieb an der Bar.
„Guten Abend. Was für eine Überraschung!“
„Wohl kaum. Haben Sie vergessen, dass ich hier arbeite?“
„Nein, ich sprach eigentlich von Ihrer Überraschung, Miss McCauly. Sie können übrigens Jesse zu mir sagen, wenn Sie möchten.“
„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte sie.
„Ein paar Fragen haben sich neu gestellt. Zum Beispiel haben Sie mir bei unserer letzten Begegnung noch gesagt, dass Sie Dan O’Reilly nicht kennen und nie gesehen haben.“
Sie verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. „Warum sollte das nicht der Fall sein?“
„Weil wir wissen, dass O’Reilly kurz vor seinem Tod noch hier war. Und außerdem haben wir Grund zu der Annahme, dass er in Wahrheit sogar der Kapitalgeber für Mister Jordache ist.“
„Hören Sie, Agent Trevellian, das interessiert mich alles nicht. Kaum einer der Gäste schaut mir ins Gesicht. Umgekehrt tue ich das auch aber auch nicht. Das hier ist mein Job und damit fertig! Wer hier ein- und ausgeht, bekomme ich kaum mit und wenn wir jemand von den Gästen irgendwo auf der Straße oder im Supermarkt begegnet, würde ich ihn nicht wieder erkennen. Das will ich auch gar nicht! Sind Sie zufrieden?“
Ich lächelte. „Sie scheinen uns als Ihren Feind zu betrachten, aber das ist nicht der Fall. Ihre Katze hat durch Zufall eine Leiche entdeckt, deren Hinscheiden mit Sicherheit noch nicht bekannt werden durfte. Und gleichzeitig stellt sich heraus, dass sie viel enger mit dem Opfer zu tun hatten, als es auf den ersten Blick schien! Sie müssen schon verstehen, dass sich da bei mir im Hirn ein Mechanismus in Gang setzt.“
„Was für ein Mechanismus soll das denn sein? Einer, der bei Leuten, die irgendwann vor langer Zeit mal etwas mit Drogen oder Prostitution zu tun gehabt haben, immer wieder unter Generalverdacht zu stellen? Ist es das, wovon Sie sprechen?“
„Nein, eigentlich nicht“, erwiderte ich kühl. Sie musterte mich auf eine Weise, mit der sie mich ganz offensichtlich zu manipulieren versuchte.
Sie lächelte verhalten und mit einer Freundlichkeit, die aufgesetzt und verkrampft wirkte.
„Ist sonst noch irgendetwas, Agent Trevellian?“
Sie blieb als ganz betont beim Nachnamen und meinem Rang. Das war ein deutliches Signal - zumal in dieser Umgebung.
Wenig später erschien Jordache bei mir.
Sabrina McCauly nutzte die Gelegenheit und verschwand. Sie rauschte davon und warf mir dabei einen entschuldigenden Blick zu – und ein geschäftsmäßiges Lächeln. Milo gesellte sich unterdessen zu uns.
„Kann ich Ihnen einen Drink anbieten, Gentlemen?“, fragte Jordache.
„Wir sind im Dienst“, widersprach ich.
„Sie bedauernswerten Geschöpfe. Anscheinend werden Sie von Ihrem Vorgesetzten rund um die Uhr auf die Jagd nach Kriminellen geschickt. Und dann auch noch an die ganz falschen Orte.“
Ich zeigte ihm meinen Ausweis. „Ich bin Agent Jesse Trevellian, FBI. Dies ist mein Kollege Agent Tucker. Wir ermitteln im Mordfall Dan O’Reilly.“
„Ich habe davon gehört, dass deswegen ermittelt wird.“ Jordache seufzte schwer. „Schrecklich.“
„Für Sie wahrscheinlich auch geschäftlich“, gab ich zurück. „Schließlich soll O’Reilly doch die finanzielle Kraft hinter den drei Clubs sein, die Sie betreiben!“
„Ah, Sie wollen mir ans Bein pinkeln“, erwiderte Jordache, der die Sache ziemlich leicht nahm. Wenn sich jemand wie er sich so sicher fühlte, dann konnte das eigentlich nur bedeuten, dass er sich juristisch gut abgesichert hatte und für die Justiz wahrscheinlich nichts zu holen war. Er lächelte breit. „Gut, dass Sieb mir das gleich zu Anfang sagen, dann weiß ich, wie ich bei Ihnen dran bin, Agent Trevellian.“
„Es geht uns ehrlich gesagt im Augenblick nicht um Sie, sondern darum, herauszufinden, wer Dan O’Reilly ermordet hat!“, erwiderte sich sachlich.
Er führte uns zur Bar und ließ sich vom Barkeeper einen Drink mixen. „Und Sie wollen wirklich nichts?“
Ich zeigte ihm eines der Katzenfotos. „Wann war Mister O’Reilly das letzte Mal hier in diesem Club?“
„Wer sagt Ihnen, dass er überhaupt hier war?“
„Frank Chessman. Es geht uns eigentlich nur darum, seine Angaben zu bestätigen oder zu widerlegen.“
„Hat Chessman etwas mit der Sache zu tun?“ Er zuckte mit den Schultern. „Würde mich nicht wundern…“
„Ist das eine Angewohnheit von Ihnen?“
„Was?“
„Auf Fragen immer mit Gegenfragen zu antworten.“
Er sah mich einen Augenblick lang etwas unschlüssig an. Seine dunklen Augen wirkten unruhig. Er warf einen Blick zur Seite. Dort stand Sabrina McCauly, die uns beobachtete. Von Chessmans Tod schien Ricky Jordache noch nichts gehört zu haben. „Er war am Dienstag hier.“
„Kennt er Sabrina McCauly?“, hakte ich nach.
„Er kennt sie schon. Jeder kennt sie, der den Club besucht. Sie sieht doch einfach von allen Girls hier am besten aus, das müssen Sie zugeben. Aber ob sie ihn kennt, diese Frage kann nur sie selbst Ihnen beantworten.“
„Das hat sie schon.“
„Na, dann müssten Sie doch zufrieden sein.“ Er setzte sein Glas an die Lippen und kippte den Drink hinunter, als würde es sich um Mineralwasser oder Milch handeln. Dann stellte er das Glas zurück auf die Bar. Jordache schickte sich an zu gehen. „Ich habe leider noch eine Menge zu tun. So ein Laden wie dieser hier führt sich nicht von selbst, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und wenn man drei...
Erscheint lt. Verlag | 5.4.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-7477-6 / 3738974776 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7477-5 / 9783738974775 |
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