Two Lives to Rise (eBook)
416 Seiten
Forever (Verlag)
978-3-95818-791-7 (ISBN)
Kristina Moninger wurde 1985 in Würzburg geboren und hat ihre Kindheit in einem kleinen Dorf auf dem Land verbracht, in dem sie auch heute noch mit ihrem Mann und ihren Zwillingen lebt. Sie hat bereits mehrere gefühlvolle Romane veröffentlicht und ist #1-Spiegel-Bestsellerautorin. Findet man sie nicht am Schreibtisch, dann sehr wahrscheinlich mit der Nase in einem Buch oder mit Familie und Hund in der Natur.
Kristina Moninger hat bereits mehrere gefühlvolle, und so charmant wie tiefgründige Romane bei Rowohlt und anderen Verlagen veröffentlicht. Sie ist bestens vernetzt mit diversen New-Adult-Autorinnen und hat sich in der Frauenunterhaltung bereits eine große Fangemeinde aufgebaut. Kristina wurde 1985 in Würzburg geboren und hat ihre Kindheit in einem kleinen Dorf auf dem Land verbracht, in dem sie auch heute noch mit ihrem Mann und ihren Zwillingen lebt. Findet man sie nicht am Schreibtisch, dann sehr wahrscheinlich hinter einem Buch oder mit Familie und Hund in der Natur.
1
»Es wurde eine Frau gefunden, am Moss Lake.«
Odinas Worte spülen wie Treibsand durch meinen müden Kopf, bleiben nicht haften, werden von Wellen der Angst gedämpft, verzerrt, verlieren sich und verzetteln sich mit anderen Gedanken. Odina hat mich aus dem Schlaf gerissen, ein Blick auf den Wecker auf meinem Nachttisch verrät mir, dass es kurz nach fünf Uhr morgens ist. Während Odina redet, erinnere ich mich an Kirsa Jensen, einen jener ungelösten Vermisstenfälle der letzten Jahre. Sie verschwand beim Ausreiten; und Augenzeugen berichteten, sie mit einem Mann in einem weißen Wagen sprechen gesehen zu haben. Die Ähnlichkeiten zu Josies Verschwinden sind frappierend, auch wenn die Fälle nicht zusammenhängen können. Und doch, jedes Mal wenn ich in meinen weißen Mercedes steige, muss ich an diese beiden verloren gegangenen Mädchen denken, die nie wiederaufgetaucht sind.
Am anderen Ende der Leitung wartet Odina geduldig auf eine Reaktion, während mir alle möglichen Dinge in ungeordneter Reihenfolge durch den Kopf gehen. Ich muss an das Verhör auf der Polizeistation denken, sehe Josies grüne Haarspitzen vor mir, unseren Streit auf der Gästetoilette des Seasons.
»Kannst du das noch mal wiederholen? Bitte, ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe.«
Odina stöhnt. Nicht ungeduldig, mehr so, als verursachte es ihr große Qualen, den Satz wiederholen zu müssen. »Es wurde eine weibliche Leiche gefunden, am Moss Lake.« Und nach einem kurzen Moment des Schweigens ergänzt sie: »Es könnte Josie sein.«
Meine Brust ist ein tonnenschwerer Betontransporter, meine Beine sind zu schwach, um die Last meines Körpers zu tragen. Die Last einer alten Schuld. All die Vermisstenfälle, die ich über die Jahre verfolgt habe, all die Blogs, die ich gelesen, Erfahrungsberichte von Angehörigen, die ich verschlungen habe. Nichts davon hat mich auf diesen Moment vorbereitet. Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich immer geglaubt, dass Josie einfach verschwunden bleiben wird. Wie Kirsa Jensen, Ruth Wilson, Kristin Smart, Conny Converse … Dass Josie gefunden sein könnte, tot in einem morastigen See, scheint wie der Trailer zu einem morbiden Gruselschocker, nicht wie die viel zu brutale Realität.
Odina und ich atmen uns eine Weile durch den Hörer an. Und es hängen viele unausgesprochene Fragen zwischen uns. Ich vermute, dass Avery schon Bescheid weiß. Seit sie auf der Insel ist und Staub aufwirbelt, haben sie und Odina ihre Freundschaft aufgewärmt. Ob Lee auf Hawaii auch eingeweiht ist? Ob es erforderlich ist, dass wir Freundinnen von damals uns zu diesem schrecklichen Ereignis zusammenraufen? Oder ob, wenn es sich wirklich um Josies Leiche handelt, die Vergangenheit damit endgültig und restlos begraben ist.
»Wo bist du?«, frage ich und starre auf meine weißen Fingerknöchel. All das Weiß um mich herum, das glänzende Chrom, die großen blank polierten Fliesen, die streifenfreien Fensterflächen, sind auf einmal zu hell. Zu rein. Sie passen nicht zu einem Moment wie diesem.
»Avery und ich fahren hin.« Sie bittet mich nicht, sie zu begleiten. Dennoch sage ich ohne zu zögern: »Ich komme mit.«
Es ist kein Angebot, sondern eine Feststellung. Dabei würde ich die Worte gerne sofort zurücknehmen. Was will ich da?
»Gut«, sagt Odina, dann legen wir auf. Und atmen vermutlich beide erleichtert aus. Ich muss sie nicht begleiten. Ich will nicht einmal. Niemand zwingt mich, über die Brücke raus auf die vorgelagerten Inseln zu fahren und diesen vermaledeiten See aufzusuchen. Ich gehe wie ferngesteuert in mein Ankleidezimmer, ziehe eine Bluse und Jeans heraus, schlüpfe hinein und greife nach dem Autoschlüssel. Ich aktiviere die Alarmanlage, stelle die Klimaanlage auf 64° und schließe die Tür hinter mir. Draußen fährt ein kühler Windhauch über meine Haut. Ich hätte eine Jacke überziehen sollen, überlege kurz, umzudrehen, entscheide mich aber dagegen. Es ist so früh, dass der morgendliche Nebel sich noch nicht verzogen hat und sich wie ein hauchzarter Schleier bis zum Strand zieht, wo er über dem Meer verschwindet, um eins mit ihm und den Wolken zu werden, einem endlosen Nichts aus tiefem Blau. Dahinter lauert ein warmer, sonniger Tag. Auf der Treppe hinunter zum Carport vor dem Haus muss ich mich am Geländer festhalten. Meine Gedanken sind ebenso vernebelt wie die Umgebung. Sie finden keinen Halt zwischen damals und heute. Zwischen einem desaströsen Abend, der nur die konsequente Folge viel verhängnisvollerer Dinge gewesen ist, und diesem Leben danach, in dem ich mich eingerichtet habe. Ich bleibe stehen, drehe die Schlüssel in den Händen und will schon umkehren, als ein verdrängtes Bild vor meinem inneren Auge erscheint. Die Umrisse eines großen, breiten Mannes mit dunklem Schnurrbart und getönter Brille. Ich will schreien, aber es gelingt mir, den Impuls zu unterdrücken, indem ich mir den Autoschlüssel so fest in die Handfläche drücke, dass es einen Moment lang nicht möglich ist, zu denken. Dann sind sie verschwunden. Der Mann und der Impuls. Mit zitterigen Beinen erreiche ich den Carport, steige in den Wagen, schaffe es beim dritten Versuch, ihn zu starten, und fahre langsam aus der Einfahrt. Und würge prompt den Motor ab.
»Du bist heute besonders früh dran! Dabei wollte ich gerade loslegen«, höre ich meinen neuen Nachbarn gut gelaunt rufen. Ich drehe mich nur weit genug, um zu erkennen, wo er steht. Ansehen will ich ihn nicht. Er lehnt vor dem klapprigen, rostigen Tor seiner Garage, die er seit Tagen geräuschvoll entrümpelt. Ich will den Wagen wieder starten, aber Preston ist noch nicht fertig.
Es gibt Tage, an denen hasse ich es, ein Cabrio zu fahren. Genau genommen hasse ich es, seit Preston Anderson vor zwei Wochen das heruntergekommene Strandhaus neben mir bezogen hat. Er wird nicht müde, mich ständig anzusprechen. Genauso lange verzichte ich darauf, etwas zu entgegnen. Warum sollte ich mit jemandem reden, dem die Umwelt hier offenbar so vollkommen egal ist? Der sich nicht die Mühe macht, die Nistplätze zu erhalten, sondern brütende Vögel vertreibt, indem er pausenlos Lärm macht, rücksichtslos Bäume abholzt, damit er bequemer mit dem Wagen in die Einfahrt kommt, und so oft den schmalen Pfad hoch- und runtergefahren ist, dass kein einziges Grashälmchen mehr wächst.
Ich hatte gehofft, er würde irgendwann aufhören, Small Talk mit mir führen zu wollen. Anfangs hat er mich noch nach meinem Tag gefragt, das Cabrio bewundert, mir seine nachbarschaftliche Hilfe angeboten und dabei geflissentlich die Tatsache ignoriert, dass ich ihm bei unserer ersten Begegnung mit einem verachtenden Blick klargemacht habe, dass ich nicht an freundschaftlichen Nachbarschaftsverhältnissen interessiert bin. Schon gar nicht mit jemandem, der mir das Haus vor der Nase weggeschnappt hat und verhindert, dass die Wildpferde sich aus ihrem Rückzugsgebiet im Westen der Insel heraustrauen und das Grundstück als Weidefläche nutzen. Seit ihm klar ist, dass ich nicht mit ihm rede, fragt er erst recht. Er hasst mich, ich hasse ihn. Uns unterscheidet dabei nur, dass ich einen Grund für meine Abneigung habe. Ich drücke das Gaspedal durch, ein wenig zu fest für den vom Rasensprenger nassen Asphalt, und biege mit quietschenden Reifen aus unserer geteilten Zufahrt auf die Straße, die parallel zum Strand in Richtung Brücke führt.
Spätestens als ich an den Glasfassaden des Seasons vorbeifahre, habe ich Preston vergessen und denke wieder an Kirsa Jensen. Sie wurde zuletzt am 1. September 1983 an der Mündung des Tuaekuri River gesehen. Blutverschmiert. Ihr Gesicht, das ich aus den Vermisstenanzeigen kenne, mischt sich mit dem von Josie. Kirsas Locken werden zu Josies glattem blondem Haar. Kirsas runde Gesichtsform verwandelt sich in Josies spitzes Kinn. Was, wenn es wirklich Josie ist, die verwest im Wasser liegt? Seit verfluchten zehn Jahren. Wie sieht ein Körper aus nach all dieser Zeit? Wird man gleich erkennen, dass sie es ist? Werden Odina, Avery und ich sie identifizieren müssen? Ich versuche, mich auf die Straße zu konzentrieren. Auf der Brücke herrscht für die Tageszeit viel Verkehr. Ob jetzt die halbe Insel zum Moss Lake fährt, um nachzusehen, was passiert ist? Was mache ich hier eigentlich? Ich könnte dort vorne auf der Bike Lane wenden und wieder zurückfahren. Könnte früher mit der Arbeit anfangen, die Schichteinteilungen für die nächste Woche durchsehen oder den Termin mit dem Berater für die neue Website vorverlegen. Ich könnte zurück zum Haus fahren, Sportklamotten anziehen und ein morgendliches Work-out einlegen. Bis zum Outdoorgym am alten Hafen laufen und mich an der Klimmstange unter der amerikanischen Flagge hochziehen und die Gedanken an Kirsa Jensen und Josie Blythe aus meinem Körper trainieren. Oder ich rufe Aiden an. Aiden steht zu fast jeder Tageszeit zur Verfügung, sofern er nicht gerade durch ein Schwimmbecken krault. Und es würde helfen, ganz bestimmt. Wenn auch nur kurz. Weil auf jedes Treffen mit Aiden ein ekelhaftes, falsches Gefühl folgt.
Statt zu wenden, fahre ich weiter und weiter, biege nach der Brücke zum Marschland ab, dorthin, wo die brüchigen Straßen in Regenzeiten so stark...
Erscheint lt. Verlag | 19.10.2023 |
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Reihe/Serie | Breaking Waves | Breaking Waves |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Adult • Beach • Bestseller • Bestsellerautorin • Booktok • Clique • Dirt • dirty • Enemies • Farbschnitt • Fixer Upper • found family • Freundinnen • Freundschaft • Geheimnis • Golden Retriever • große Gefühe • Handwerker • Haters to lovers • Healing • Heilen • Heilung • Hot • Hype • Insel • Leidenschaft • Liebe • Liebesroman • Love • lovers • made me buy it • Meer • metoo • Missbrauch • Nachbar • Neighbor • Neighbour • New • page overlay • Reihe • Renovieren • Romantic • romantisch • Schauspieler • Secret • Selbstfindung • Serie • Sexy • Slow Burn • Sommer • Spannung • SPICE • spicy • spicy books • Strand • summer vibes • Surfen • surfer • Surferinnen • Suspense • TikTok • Trauma • Versöhnen • Versöhnung • Vibe |
ISBN-10 | 3-95818-791-9 / 3958187919 |
ISBN-13 | 978-3-95818-791-7 / 9783958187917 |
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