Ein anonym gepostetes Video stellt Simonas Leben auf den Kopf. Es zeigt sie, die Nachfahrin einer Schweizer Adelsfamilie, im Streit mit der kurz darauf tödlich verunglückten Studentin Sara. Als Simona bei der Vorbereitung einer Feier zur Sommersonnenwende auf Saras Jugendfreund Emil trifft, macht auch er ihr zunächst schwere Vorwürfe. Während der Zusammenarbeit sprühen zwischen ihr und dem gut aussehenden Mann aber zunehmend Funken. Doch Emil verheimlicht ihr etwas, das nicht nur ihr neu gewonnenes Vertrauen, sondern auch die zart aufkeimenden Gefühle für ihn zu zerstören droht. Und dann ist da noch die einflussreiche Studentenverbindung Fortuna, die Simonas Zukunft für immer verändern könnte.
Julia Hausburg wurde 1998 geboren und studierte Bildungswissenschaften, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Katzen in Südbayern, liebt warmen Sommerregen und Schreibnachmittage im Café. Wenn sie nicht gerade an ihrem nächsten Buch arbeitet, findet man sie mit einem spannenden Liebesroman in ihrer eigenen kleinen Bibliothek.
Kapitel 2
Sieben Monate später
Simona
Verdammt, ich bin viel zu spät dran!
Ich hetze über den Campus, drängle mich auf dem Weg zum Hauptgebäude an anderen Studierenden vorbei. Die Professorin, mit der ich einen Termin habe, wartet sicher schon. Hoffentlich wirkt sich das nicht auf die enorme Chance aus, die wir besprechen wollen. Allein beim Gedanken daran schlägt mein Herz schneller, obwohl es schon wie wild Blut durch meine Venen pumpt, weil ich fast jogge. Ausgerechnet ich. Bei Bauch-Beine-Po-Workouts bin ich dabei, aber Joggen ist mir zuwider. Ich hechle wie ein Hund, spüre, wie mir Schweiß den Nacken herunterläuft. Doch ich will nicht riskieren, den Termin zu verpatzen.
In Gedanken schelte ich mich selbst dafür, bei meinem Me-Time-Programm die Zeit vergessen zu haben. Gerade heute wäre es wichtig gewesen, pünktlich zu sein. Immerhin habe ich jetzt eine Gesichtshaut wie ein Babypopo. Großartig.
Nach den turbulenten letzten Wochen hatte ich die Zeit für mich bitter nötig. Ich bin froh, dass jetzt wieder Ruhe eingekehrt ist und sich die Sache um Sara und Fabian geklärt hat.
Mein Handy vibriert in meiner Tasche. Ich ignoriere es. Dafür habe ich jetzt keine Zeit.
Ich bin derart in Eile, dass es mir fast nicht auffällt. Ein Student dreht sich nach mir um, wirft mir einen merkwürdigen Blick zu. Ich passiere eine Gruppe Frauen, die mich ebenfalls mustern, bevor sie tuschelnd ihre Köpfe zusammenstecken und sich über ein Handy beugen. Das bin ich gewohnt, mit meinen türkisblauen Haaren falle ich auf. Aber es hört nicht auf. Immer mehr Studierende drehen sich nach mir um, immer mehr skeptische Blicke, hochgezogene Brauen und Tuscheleien umgeben mich.
Was ist hier los? Habe ich etwa noch Reste der Algenmaske im Gesicht?
Zum Glück erreiche ich im nächsten Moment das Hauptgebäude, eile die schmalen Stufen hinauf und an den beiden Wolfstatuen vorbei, die den Eingang flankieren. Kann ich es mir leisten, einen Abstecher zur Toilette zu machen, um mein Gesicht zu prüfen?
Mein Handy vibriert erneut. Ich ziehe es heraus, ein Anruf meiner Mitbewohnerin Elora. Nachdem mir die Uhrzeit ins Auge springt, drücke ich sie fluchend weg und stelle das Handy stumm. Definitiv kein Abstecher mehr.
Ich haste weiter, ignoriere die Blicke, die mich zu verfolgen scheinen. Vor dem Büro der Professorin bleibe ich stehen. Ich streiche mein weißes Kostüm glatt, wische mir über die Wangen und ordne meine Haare. Dann klopfe ich an.
»Entschuldigen Sie meine Verspätung, Professorin Weber«, begrüße ich die Frau mittleren Alters, sobald ich eintrete. Ihre braunen Haare sind streng zurückgekämmt, die Brille sitzt zu tief auf der Nase.
»Kein Problem, nehmen Sie bitte Platz.« Sie deutet auf den Sessel vor ihrem Schreibtisch. Ein großes, kirschbraunes Ungetüm, auf dem sich neben einem iMac unzählige Bücher stapeln.
Ich komme ihrer Aufforderung nach und schlage die Beine übereinander. Mein Puls beruhigt sich, langsam setzt die Freude über diesen Termin ein.
»Wie Sie meiner E-Mail bereits entnommen haben, ist Ihre Bewerbung beim SIP, dem Schweizer Innenarchitektur Preis, auf großen Anklang gestoßen. Ich darf Ihnen nun offiziell verkünden, dass Sie in der Kategorie ›innovative Entwürfe‹ nominiert wurden.«
Mein Herz macht einen Satz, ich hätte beinahe einen Freudenschrei ausgestoßen. Ich reiße mich zusammen, gebe mich professionell. Aber das strahlende Lächeln auf meinen Lippen kann ich nicht unterdrücken. »Ich freue mich riesig«, sage ich. Schon immer haben mich die Eigenarten von Räumen, die verschiedenen Stimmungen, die man durch Gestaltung erzeugen kann, fasziniert. Aus diesem Grund habe ich mich für ein Innenarchitekturstudium entschieden. Erst währenddessen habe ich meine Leidenschaft dafür entdeckt, neue, unkonventionelle und außergewöhnliche Einrichtungen zu erschaffen.
»Für Ihre berufliche Zukunft ist das eine enorme Chance. Wenn Sie gewinnen, wird Ihre Arbeit in mehreren Fachzeitschriften und auf einer Ausstellung in Zürich präsentiert.«
»Wie geht es jetzt weiter? Nach welchen Kriterien wird der SIP vergeben?«
»Zunächst einmal …« Professorin Weber wird durch das Klingeln des Telefons auf ihrem Schreibtisch unterbrochen. Sie streckt eine Hand aus, sicher, um den Anruf abzulehnen, erstarrt jedoch mitten in der Bewegung über dem Gerät. »Entschuldigen Sie, Frau von Wylbach, aber da muss ich rangehen.«
Ich nicke. »Soll ich kurz rausgehen?«
»Nein, bleiben Sie ruhig, es ist mein Kontakt vom SIP.«
Sie nimmt ab. »Professorin Weber hier, guten Tag.« Einige Sekunden lang vergehen in Schweigen, dann wirft sie mir einen prüfenden Blick zu. Etwas daran lässt mich nervös werden, und ich knete fahrig meine Hände.
»Was meinen Sie damit? Kompromittierendes Material?«, fragt meine Professorin in den Hörer. Wieder schaut sie mich so merkwürdig an. Was ist hier los?
»Ah, ich verstehe«, sagt sie. »Vielen Dank für Ihren Anruf.«
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während sie auflegt und die Hände vor sich auf dem Tisch faltet. Die Sekunden dehnen sich, sie sieht mich einfach nur an. Dann räuspert sie sich. »Es tut mir leid, Frau von Wylbach, aber ich muss Ihnen leider mitteilen, dass der SIP Ihre Nominierung soeben zurückgezogen hat.«
»Wie bitte?«, platzt es aus mir heraus. »Warum? Sie haben sie mir doch gerade eben erst verkündet? Gab es einen Fehler?«
Konnte ich mit meinem außergewöhnlichen Entwurf doch nicht überzeugen? War er ihnen zu viel, wie immer alles an mir zu viel ist? Zu laut, zu aufgedreht, zu extrovertiert, zu auffällig, zu forsch. Tränen treten mir in die Augen, aber ich reiße mich zusammen und vertreibe die Gedanken schnell.
»Es ist wohl vor Kurzem kompromittierendes Material über Sie öffentlich geworden. Wissen Sie etwas darüber?«
Was, zur Hölle? »Nein, ich verstehe nicht. Was soll das heißen?«
»Mir wurde nichts Genaueres gesagt, aber ich denke, Sie sollten jetzt gehen. Ich kümmere mich darum, spreche noch einmal mit dem SIP und versuche, die Angelegenheit zu klären.«
Das muss ein schlechter Scherz sein. Bin ich eingeschlafen? Geradewegs in einem Albtraum gelandet? Wie in Trance erhebe ich mich, bedanke mich bei Professorin Weber und stolpere aus dem Raum.
Kompromittierendes Material? Was soll das sein?
Ich ziehe mein Handy aus der Tasche, auf dem Display wird ein Anruf von Elora angezeigt. Schon wieder? Oder … probiert sie es immer noch?
Ich gehe ran, warte die Begrüßung gar nicht erst ab. »Habe ich was verpasst? Hat meine Mutter irgendeine Pressemitteilung aus ihrem verfluchten Schloss geschickt? Oder hat mein Bruder mal wieder einen Skandal angezettelt?«
»Komm bitte sofort in die Wohneinheit«, erwidert sie ernst und ignoriert meine Fragen. »Wo bist du gerade?«
»Noch im Hauptgebäude, aber was ist denn überhaupt …« Ich werde angerempelt. Empört wirble ich herum. »Hey, was sollte das?«
Ein Student mit braunen Haaren funkelt mich wütend an. »Mörderin!«, zischt er und rauscht an mir vorbei.
Mein Inneres verkrampft. Hat er gerade …?! Fassungslos blicke ich mich nach ihm um, kann mir keinen Reim darauf machen.
»Elora, was ist hier los?« Meine Stimme zittert. »Warum hast du angerufen?«
»Du solltest ganz schnell zurück nach Ash Hall kommen. Auf direktem Wege. Sprich mit niemanden, schau nicht auf dein Handy und öffne erst recht keine Nachrichten. Hörst du? Falls dir irgendwer was schicken sollte, sieh es dir nicht an!«
Ihr eindringlicher Tonfall sorgt dafür, dass ich es mit der Angst zu tun bekomme.
»Bitte, versprich mir das, Simona.«
»Okay, ja«, stammle ich.
»Bis gleich. Beeil dich.«
Sie legt auf, und ich bleibe verwirrt im Gang mit den Büros der Lehrkräfte zurück. Kurz überlege ich, Eloras Anweisungen zu ignorieren, aber ich kann mich nicht überwinden. Vielleicht ist es mein Selbsterhaltungstrieb, vielleicht diese miese Vorahnung, die meinen Magen in einen krampfenden Klumpen verwandelt.
Ich verlasse den Gang, laufe in die Eingangshalle, die mich durch die hellen Sandsteintöne und die marmornen Säulen immer ein bisschen an den Bankettsaal auf Schloss Wylbach erinnert. Während der Boden dort aus Holz ist, gibt es hier wunderschöne, gemusterte Bodenfliesen, die ein beruhigendes Klackergeräusch beim Laufen hinterlassen. Wenn ich denn mal eine der seltenen Gelegenheiten erwische, die Halle leer zu erleben. Die meiste Zeit – wie auch jetzt – ist sie mit Studierenden verstopft, die auf dem Weg zur Vorlesung oder zurück zu ihren Wohnheimen sind. Ich komme keine drei Schritte weit, bevor ich erstarre. Mich treffen hasserfüllte Mienen, Studierende schlagen einen Bogen um mich, ich höre Getuschel, sehe immer wieder Blicke auf Handys.
In meinen Ohren rauscht es, meine Sicht verschwimmt. Die hellen Töne der Halle wirken auf einmal erdrückend. Die Säulen, die mich sonst faszinieren, scheinen sich auszudehnen, noch mehr Platz zu schlucken. Ich will mich gerade wieder in Bewegung setzen, werde aber erneut angerempelt.
»Wie kannst du dich selbst noch im Spiegel ansehen?«, schreit mich eine Studentin an, mit der ich noch nie ein Wort gewechselt habe.
Ich weiche zurück, pralle gegen jemand anderen. Meine Atmung beschleunigt sich. Ich muss hier weg. Raus aus diesem Gebäude, das für mich immer ein sicherer Hafen war, aber jetzt wie ein...
Erscheint lt. Verlag | 12.6.2024 |
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Reihe/Serie | Die Corvina Castle-Reihe | Die Dark-Elite-Reihe |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2024 • Booktok • College • dark academia • darkacademiaaestethic • Dark Ivy • Dunbridge Academy • eBooks • Elite-Universität • Frauenromane • Happy End • Liebe • Liebesroman • Liebesromane • Lyx • Maxton Hall • Mona Kasten • Neuerscheinung • New Adult • Nikola Hotel • Romance • Romane für Frauen • Sarah Sprinz • Save me • save us • save you • Schweiz • TikTok • tiktok trend |
ISBN-10 | 3-641-30823-2 / 3641308232 |
ISBN-13 | 978-3-641-30823-0 / 9783641308230 |
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