The Darkest Gold - Die Rebellin (eBook)
736 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01612-5 (ISBN)
Raven Kennedy wurde in Kalifornien geboren. Ihre Liebe zum Lesen hat sie schließlich dazu gebracht, eigene Welten zu kreieren. Sie hat bereits mehrere Buchserien veröffentlicht, der Durchbruch gelang ihr mit der «The Darkest Gold»-Reihe, einer dunklen Neuinterpretation des König-Midas-Mythos. Die Romane haben sich bisher mehr als drei Millionen Mal verkauft, die Übersetzungsrechte wurden in etliche Länder lizensiert, eine Verfilmung befindet sich in Vorbereitung.
Raven Kennedy wurde in Kalifornien geboren. Ihre Liebe zum Lesen hat sie schließlich dazu gebracht, eigene Welten zu kreieren. Sie hat bereits mehrere Buchserien veröffentlicht, der Durchbruch gelang ihr mit der «The Darkest Gold»-Reihe, einer dunklen Neuinterpretation des König-Midas-Mythos. Die Romane haben sich bisher mehr als drei Millionen Mal verkauft, die Übersetzungsrechte wurden in etliche Länder lizensiert, eine Verfilmung befindet sich in Vorbereitung. Anita Nirschl träumte als Kind davon, alle Sprachen der Welt zu lernen, um jedes Buch lesen zu können, das es gibt. Später studierte sie Englische, Amerikanische und Spanische Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit 2007 arbeitet sie als freie Übersetzerin und hat zahlreiche Romane ins Deutsche übertragen.
Kapitel 3
Auren
Rumms.
Bruchstücke von Bewusstsein stupsen mich an.
Sie stoßen gegen die Barriere meines Geistes, wie ein Stück Holz, das an der Küste gegen einen Felsen brandet. Es ist ein hohler, regelmäßiger Laut, der mich an tote, fortgespülte Dinge erinnert. Manche Bruchstücke haben scharfe, schmerzende Kanten, und andere sind stumpf durch verwaschene, längst verlorene Erinnerungen.
Rumms.
Das Erste, was mit einem kräftigen Rumms gegen mein Bewusstsein schlägt, ist ein Geschmack. Als habe mir die Leere meine Sinne nur genommen, um sie mir langsam wieder zurückzugeben.
Ich schmecke das süße und holzige Aroma von Zuckerrohr auf meiner Zunge. Ich habe den zerfaserten Stängel vor Augen, wie ich die Ränder abschäle, um an das Gute im Innern zu kommen. Ich erinnere mich daran, ein kleines Mädchen zu sein, erinnere mich, die Zuckerrohrstange in den Mund zu stecken und den Zucker herauszusaugen. Das Bild ist so real, dass ich sogar den Sonnenschein spüren kann, der das Zuckerrohr wärmt. Es ist, als wäre ich wieder dort, in Annwyn, und schmecke es noch einmal. Das Wasser läuft mir im Mund zusammen, als der süße Saft auf meiner Zunge explodiert.
Rumms.
Plötzlich umgibt mich Geruch.
Eine Blume. Obwohl ich mich nicht an ihren Namen erinnern kann – nicht einmal, wie sie aussieht. Aber in dem Moment, in dem mich der Duft überfällt, wird eine Erinnerung an meine in der Jacke meiner Mutter vergrabene Nase zu einem Fragment in meinem prismaartigen Verstand. Der Duft ist vollmundig und intensiv, berauschend in seiner blumigen Frische, die in mir den Wunsch weckt, in den Geruch hineinzukriechen und ihn für immer einzuatmen. Aber nicht nur wegen des Dufts – wegen meiner Mutter. Wegen der tröstlichen Weise, mit der er sich ebenso an sie klammerte, wie ich es tat.
Durch diesen Geruch scheint meine Nase wieder zu funktionieren, und die klebrige Luft der Leere ersetzt den Duft meiner Mutter durch etwas Tieferes und viel Aufwühlenderes. Wie eine unberührte Höhle in der Erde, die Tausende Jahre lang nicht durch Licht oder Lufthauch gestört wurde.
Rumms.
Rumms.
Unablässig klopft die nächste Empfindung gegen meine Haut, um ihre Rückkehr zu verkünden. Es entfacht Leben in meinen Gliedern, weckt meine Nerven auf, um zu berühren und zu fühlen.
Der Auslöser ist eine Hand, die meine hält. Die Erinnerung ist so real, dass sich meine Finger krümmen, selbst als das Gefühl des Fallens zurückkehrt und mein Magen zusammen mit dem Rest von mir in die Tiefe stürzt. Aber diese Handfläche, dieser schwielige, warme Griff … Ich kann sein Gesicht nicht sehen, kann seine Stimme nicht hören, doch ich erkenne das Gefühl der Hand meines Vaters wieder. Stark und fest. Sicher. Solange ich sie festhielt, wusste ich, dass mir nichts Beängstigendes oder Schmerzhaftes widerfahren könnte.
Rumms.
Rumms.
Als Nächstes kehrt mein Gehör abrupt zurück, mit einem Stück, das in die Spalten meines Verstands passt und sich wie ein Schlüssel im Schloss dreht.
«Auren!»
Ich höre einen kleinen Jungen meinen Namen rufen.
«A-Auren!» Seine Stimme ist so voller Lachen, dass ihn die Aufregung leicht stottern lässt. Sie lässt meinen Namen wie Luftblasen klingen, die bei jedem Buchstaben auf und ab hüpfen, bis sie am Ende platzen. Die Freude, das pure, überschäumende Glück der Kindheit, begleitet dieses einzelne in die hallenden Echos gerufene Wort.
Es lässt mein Herz schmerzen.
Als die Stimme verklingt, höre ich wieder den Wind an meinen Ohren vorbeirauschen, den grollenden Donner in der Leere.
Und dann kehrt mein letzter Sinn zurück, wie ein Geschenk. In Papier gewickelt, das sich von der Dunkelheit zurückzieht. Es ist die Erinnerung an einen Morgen in Annwyn, sanfte gelbe Sonnenstrahlen strecken sich aus, um die Welt zu liebkosen, wie ein Kuss auf den Horizont.
Es ist, als würden sich meine Augen jäh dem Licht öffnen, obwohl sie nie geschlossen waren.
Mein Sehvermögen kehrt zurück, und ich blinzle hoch zu dem Riss. Er ist jetzt weit, weit über mir und sieht aus wie ein Stück schwarzer Stoff, der von einem Dolch aufgeschlitzt wurde. Er bleibt unbewegt, unerreichbar, während flüssiges Gold weiter aus ihm sickert wie ein glänzender Wasserfall und die Sterne überzieht.
Blitze lodern und zischen neben mir in der Dunkelheit, lassen meine Haut aufleuchten und hinterlassen Streifen im dunklen Äther. Einen Moment lang vergesse ich, mich zu fürchten, weil es so schön ist – dieses Licht in der Dunkelheit.
Aber dann fängt dieser ausgefranste Riss langsam an, sich zu schließen.
Meine Kehle schließt sich mit ihm.
Bumm.
Bumm.
Bumm macht mein Herz.
Hilflos sehe ich zu, wie die Ränder des Spalts miteinander verschmelzen, Finger aus Wachs, die nach mir greifen. Ich stürze hinunter in den Schlund dieser Lücke zwischen Welten, während ihre Kiefer fest zubeißen.
Und ich spüre echte Angst.
Obwohl Kindheitserinnerungen an Annwyn meine Sinne überfluten, stampft Entsetzen über mich hinweg, bis ich völlig niedergetrampelt bin. Ich falle immer noch, und vielleicht bleibe ich hier in diesem Zwischenort mit diesen ausgefransten Erinnerungen feststecken, und das ist alles, was ich haben werde. Vielleicht ist das alles, was ich verdiene.
Der Riss näht sich wieder zusammen, was bedeutet, dass Slade nicht in der Lage sein wird, mir hindurchzufolgen. Die Wahrheit trifft mich wie ein Schlag gegen die Brust. Der Riss schließt sich, und ich bin meiner Macht beraubt, und ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, und ich bin allein, und ich falle, stürze ab –
Stürz nicht ab. Fliege.
Slades Stimme durchschneidet das Kaleidoskop meines Verstands. Wie das heiße Zischen von Zinn, das all die verstreuten Teile wieder zusammenlötet, mich wieder zusammenfügt.
Er erdet mich, obwohl ich nichts unter mir habe als Luft.
Du musst hindurchgehen, Süße. Du musst. Ich kann nicht zu dir kommen.
Ich sehe zu, wie sich die letzten Zentimeter der Öffnung schließen, immer weiter, immer schneller. Zerrissene Streifen der Leere fließen zusammen wie Tinte, die über den letzten Zentimeter Papier sickert, um den Riss aufzusaugen, der gemacht wurde – für mich.
Ich wollte nicht gehen. Ich wollte nicht allein gehen.
Sieh mich an.
Meine Augen richten sich auf die sich schließende Naht, als wäre sein Blick immer noch dort. Als wäre er mir nicht bereits verschlossen.
Ich werde dich finden. Ich werde dich in diesem Leben finden.
Jetzt fluten sich meine Sinne mit ihm.
Ich erinnere mich an den Geschmack seiner Haut, als ich an seinem Hals entlangleckte. Seinen Geruch, wenn meine Wange an seiner Brust lag. Das Gefühl seiner Arme um mich. Fest. Beständig. Sicher. Sein Herz, das für mich schlug.
Den Klang seiner Stimme, wenn er mich Goldfink nannte.
Ich erinnere mich an seinen Anblick, als er wie eine Erscheinung vom Himmel herunterkam. Ein grimmiger, wütender Krieger, gekommen, um die Welt verrotten zu lassen, um mich zu beschützen. Diese schillernden Augen, die von Grün zu Schwarz wechselten und sich in mich bohrten, um mir tausend Dinge gleichzeitig zu sagen.
Ich werde dich finden, Goldfink. Das schwöre ich dir.
Und jetzt flieg.
Flieg.
Ein tosendes Krachen erklingt, wie Meereswellen, die aufeinanderprallen. Dann, mit einem letzten Stich, zieht sich der Riss zu.
Vollständig.
Da ist nicht einmal mehr eine Lücke für mein Gold, um hindurchzutropfen. Ich kann nicht erkennen, dass dort überhaupt je ein Riss gewesen ist, und die trostlose schwarze Leere legt sich um mich wie ein erstickender Umhang.
Der Rückweg ist verschlossen. Orea, die Welt, die mir vertraut wurde, ist fort, und alles, was bleibt, ist das gänzlich Unbekannte.
Und ich … Ich habe Annwyn in meinen Gedanken und Slade in meinen Ohren.
Mut machend. Mich erinnernd.
Stürz nicht ab.
e
g
e
i
l
F
Kann ich das?
Einen Atemzug lang schließe ich die Augen. Unterdrücke meine Angst. Verdränge meine Schwäche. Lasse diese kräftige, feste Stimme von ihm erneut in meinen Ohren erklingen, um mich zu stärken. Damit ich mich, wenn ich die Augen wieder aufmache, umdrehen und mich meinem Sturz stellen kann.
Damit Stärke aus der Angst aufsteigen kann.
All das Gold, das sich mit mir durch den Riss ergossen hat, fängt an, sich zu sammeln. Es legt sich in schimmernden Rinnsalen um meinen Körper, als antworte es einem unausgesprochenen Ruf. Sogar die Leere selbst verändert sich mit meiner Stimmung. Die Blitze beginnen, mit goldenen Funken zu sprühen. Die Sterne fangen an, mit einem goldenen Pochen zu pulsieren, das sich dem Rhythmus meines Herzens anpasst.
Ich lächle in der glänzenden Dunkelheit. Denn sobald ich mich zwinge, keine Angst mehr zu haben, wird mir bewusst, dass sich das hier irgendwie … richtig anfühlt.
Als ein weiterer Blitz durch die Luft zuckt, lenkt er meine Aufmerksamkeit nach unten, und ich bemerke einen Stern, der heller ist als die übrigen. Ich spüre, wie er mich zu sich zieht, bis ich vor seinem Licht die Augen zukneife.
Bis ich nah genug bin, um nach ihm zu greifen.
Meine Fingerspitzen streifen über sein blendendes Leuchten,...
Erscheint lt. Verlag | 16.4.2024 |
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Reihe/Serie | The-Darkest-Gold-Reihe | The-Darkest-Gold-Reihe |
Übersetzer | Anita Nirschl |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bestseller • Blood and Ash • crescent city • Dark Fantasy • Dark Romance • Endlich Kyss • Fae • Fantasy Bücher Erwachsene • Fantasy Roman • Fantasy Romance • Gold deutsch • griechische Mythologie • Jennifer L Armentrout • Kyss • Kyss Verlag • Lyx • Lyx Verlag • Paranormal Romance • Plated Prisoner deutsch • Raven Kennedy Bücher deutsch • Raven Kennedy deutsch • Romantasy • Sarah J. Maas • Scarlett St. Clair • Spiegel Bestseller 2024 • Spiegel Bestseller-Autorin • TikTok • tiktokhomepage |
ISBN-10 | 3-644-01612-7 / 3644016127 |
ISBN-13 | 978-3-644-01612-5 / 9783644016125 |
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