Sedars Vision I (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-823-3 (ISBN)
Die 1993 geborene Sandra Lechner schreibt seit ihrer frühesten Kindheit Geschichten. Diese große Leidenschaft, die jahrelang vor allem eine therapeutische Wirkung hatte, offenbarte sich als Bereicherung in vielen Bereichen ihres Lebens. Durch ihre Bücher möchte sie ein Fenster in eine Welt voller lebendiger Charaktere öffnen, deren Entwicklung man hautnah miterleben kann.
Kapitel 2
Grausamkeit
Als Sedar wieder zu sich kam, war sein schmerzender Körper ungewöhnlich weich gebettet. Obwohl seine Sicht noch etwas getrübt war, konnte er anhand der aufwändigen Deckenmalerei sofort sein Zimmer im Palast erkennen. Zum ersten Mal seit 10 Jahren lag er wieder in seinem eigenen Bett. Sein Blick wurde klarer, er konnte eine Frau auf einem Stuhl neben sich sitzen sehen, ihre Kleidung identifizierte sie eindeutig als eine Angestellte des Königshauses. Alle Palastdiener trugen dunkelblaue Roben mit einem breiten schwarzen Gürtel um die Taille, ein schlichtes, unauffälliges Design. Sie spielte mit ihrem dunkelbraunen geflochtenen Zopf, während sie in die Leere starrte und auf das Erwachen des Prinzen wartete. Sedar gähnte herzhaft, woraufhin die Bedienstete augenblicklich aufsprang.
»Wie lang hab ich geschlafen?«
Er sah sie mit halbgeöffneten Augen an, als die Magd ihm vorsichtig den Schweiß von der Stirn tupfte. Sie sah sehr jung aus, höchstens ein paar 100 Jahre älter als er.
»Ein paar Stunden. Der König hat Euch hergebracht und mich gebeten, für Euer Wohlbefinden zu sorgen. Kann ich etwas für Euch tun, Majestät?«
Die Angestellte hielt den Kopf demütig gesenkt, während Sedar die Augen vollständig öffnete, um sie genauer zu betrachten. Sie hatte eine zierliche Figur und ihr schmales Gesicht wurde von ein paar losen Haarsträhnen eingerahmt. Die junge Frau sah etwas zerbrechlich aus, Sedar konnte kaum glauben, dass sie im Palast arbeitete.
»Wie darf ich dich nennen?«
Sorgfältig tauchte sie das Tuch in einen Eimer mit kaltem Wasser.
»Ich heiße Evaine, Majestät.«
»Ein schöner Name. Würdest du bitte meinen Rücken kühlen? Das Mal brennt immer noch wie Feuer.«
»Vielen Dank, Majestät. Wie Ihr wünscht.«
Sedar drehte sich auf den Bauch, verschränkte die Arme und legte seinen Kopf darauf. Jede noch so kleine Bewegung zog schmerzhaft an der verbrannten Haut. Durch das Feuersalz war die Wunde völlig verätzt, er würde für immer das Zeichen seines Ordens tragen. Nach ein paar Tagen sollte der Schmerz nachlassen, aber bis dahin musste er mit den Nachwehen des Rituals leben. Wenigstens spürte er die Verletzung im Gesicht kaum noch. Evaine war entsetzt von diesem Anblick, die frische Wunde sah furchtbar ekelhaft aus. Sie tupfte mit dem kalten Tuch so behutsam wie möglich über das glühende Brandmal, der junge Prinz zuckte immer wieder zusammen.
»Verzeiht, Majestät. Soll ich aufhören?«
»Nein, es geht schon. Bitte nenn mich einfach Sedar, ich kann mit dem förmlichen Umgang nicht viel anfangen.«
Während der Grundausbildung war er wie die anderen Rekruten gewesen, niemand hatte sich für seine königliche Herkunft interessiert. Irgendwann hat er begonnen, diese Gleichstellung zu mögen. Deshalb wollte Sedar sich auch nicht über die Angestellten erheben. Es würde eine Weile dauern, sich an seine Position zu gewöhnen. Evaine war etwas verwundert, die Königsfamilie wahrte für gewöhnlich eine angemessene Distanz und einen förmlichen Umgang mit dem Dienstpersonal, was unter den Adeligen nicht unbedingt selbstverständlich war.
»Wie Ihr wollt, ähm, wie du willst, Sedar.«
Überwältigt vom großzügigen Angebot des Prinzen versank sie in Schwärmerei, dabei bemerkte sie überhaupt nicht, dass sie aufgehört hatte, die Wunde zu kühlen. Der Thronfolger war ein ansehnlicher junger Mann und die Frau war auch nur ein Dämon, also kamen die beiden sich in ihrer Vorstellung sehr nahe.
»Evaine? Evaine, alles in Ordnung?«
Die fragende Stimme riss sie schlagartig aus ihren Träumereien, schnell tupfte sie das Mal wieder mit kaltem Wasser ab.
»Verzeiht, Majestät.«
»Du sollst mich doch beim Namen nennen.«
Sedar machte es sich gemütlich. Evaine musste sich zusammenreißen, um nicht erneut in Tagträumen zu versinken.
»Verzeih mir bitte, Sedar.«
Er zuckte mit den Schultern, in Gedanken durchlebte er noch einmal das brutale Ritual, so schnell würde er es bestimmt nicht vergessen. Zumindest hatte Noah dieselben Schmerzen ertragen müssen, das war ein angemessener Trost, auch wenn er wahrscheinlich ohne zusätzliches Souvenir davongekommen war. Vorsichtig folgte er mit den Fingern dem Verlauf der Narbe im Gesicht, von der rechten Augenbraue über das Augenlid bis hin zur Wange. Sie war zwar deutlich spürbar, aber höchstens zwei Millimeter breit. Menar hatte genau gewusst, was er tat. Er musste seinen Sohn nicht verunstalten, um ihn zurechtzuweisen.
Unweigerlich stellte der Prinz sich die Frage, ob die hübsche Frau eine Entschädigung seines Vaters sein sollte. Sedar hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, einer seiner Begierden nachzugeben. In der Ausbildung war es schließlich darum gegangen, ihre Gier unter Kontrolle zu halten. Der Prinz hatte einen anstrengenden Tag hinter sich, er seufzte schwer, wobei Evaine hellhörig wurde.
»Kann ich noch etwas für dich tun?«
Möglicherweise war sie zufällig bei ihm, andererseits hatte der König sie persönlich darum gebeten, sich um Sedars Wohlbefinden zu kümmern. Er beschloss, dass es keine Rolle spielte und wollte austesten, wie weit er gehen konnte.
»Ich bin ziemlich verspannt, würdest du mich massieren? Halte nur Abstand zur Brandwunde.«
Vorsichtig beugte Evaine sich über den Rücken des Prinzen, sie stützte sich mit einem Knie auf dem Bett ab, um seiner Bitte nachkommen zu können. Kräftig massierte sie seine linke Schulter, dabei bewunderte sie die definierte Muskulatur, man konnte das jahrelange Training deutlich erkennen. Eigentlich war sie ihm viel zu nahe, Sedar schien sich allerdings nicht daran zu stören, also verlor auch Evaine langsam ihre Scheu vor der unüblichen Nähe. Beinahe jede Frau hatte Interesse am Thronfolger, selbst wenn sie ihn noch nie gesehen haben. Allein seine Position machte ihn begehrenswert, Macht wirkte auf viele anziehend. Die zierliche Magd konnte die verhärteten Muskeln nicht lockern und verlor sehr schnell die Kraft. Sie wich ein Stück zurück, woraufhin Sedar sie überrascht ansah.
»Was ist los? Wieso hörst du auf?«
»Bitte verzeih mir. Ich fürchte, mir fehlt die Stärke dazu. Meine Finger schmerzen schon.«
Die Angestellten des Palastes durften ihre Energiezentren nur geringfügig nutzen, um kein Risiko für die königliche Familie darzustellen. Im Verhältnis zu anderen Dämonen, waren sie generell eher schwächlich. Der König wollte sich nicht auch noch Gedanken um potenzielle Gefahren in seinem Haus machen müssen. Eine Gelegenheit witternd, richtete Sedar sich auf.
»Das macht nichts. Darf ich dir eine Methode zeigen, um deine Schmerzen zu lindern?«
Evaine war wirklich froh, dass er so verständnisvoll war. Der Prinz schien glücklicherweise nicht nach seinem herrischen Vater zu kommen, das war für die Palastangestellte eine große Erleichterung.
»Sehr gerne, wenn es dir keine Umstände macht.«
»Setz dich.«
Sie nahm wieder auf dem Stuhl neben dem Bett Platz, Sedar hockte sich vor ihr hin und nahm behutsam eine ihrer Hände. Er drückte mit dem Daumen ein wenig in die Handfläche, so arbeitete er sich kreisend den Arm hinauf. Evaine sah ihn neugierig an, da sie sehr schnell eine Verbesserung bemerkte.
»Wie machst du das? Es wird schon besser.«
Der Prinz kniete halb nackt vor ihr und schenkte ihr sein freundlichstes Lächeln. Bei diesem Anblick wurde Evaine deutlich wärmer, sie blickte verlegen zur Seite.
»Es wundert mich ein wenig, dass du das nicht selbst in der Ausbildung gelernt hast. Zu Beginn konnten meine Kameraden und ich die Trainingswaffen keine Stunde lang halten. Unser Gejammer ist den Ausbildern anscheinend so auf die Nerven gegangen, dass Sie uns diese Art der Massage beigebracht haben. Man kann sie auch bei sich selbst anwenden.«
Sedar konnte sich noch gut an den grauenvollen Anfang seiner Ausbildung erinnern. Direkt nachdem er von der Wolfsmutter akzeptiert worden war, hat sein Vater ihn zum Ausbildungslager gebracht und einfach dort gelassen. Das war jedoch alles nicht mehr wichtig, also konzentrierte er sich auf die Frau vor ihm.
»Durch die Stimulation kleinerer Energiepunkte kann man den Energiefluss regulieren und dadurch Beschwerden lindern. Fühlst du sonst noch etwas?«
Evaine sah ihn verwirrt an, das war eine seltsame Frage.
»Was ich sonst noch fühle?«
Sedar sah wieder auf ihre Arme, er übte etwas Druck auf einen Punkt in ihrem Unterarm aus.
»Diese Art von Massage setzt zusätzlich eine geringe Menge von entspannenden Hormonen frei. Es gibt auch eine eigene Technik, damit der Körper diese...
Erscheint lt. Verlag | 17.3.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
ISBN-10 | 3-99139-823-0 / 3991398230 |
ISBN-13 | 978-3-99139-823-3 / 9783991398233 |
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