Auricher Tresor. Ostfrieslandkrimi (eBook)
180 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-739-0 (ISBN)
"Na ja, der Safe ist leer und der Mann tot." Der Lehrer Jan Schepker liegt ermordet in seinem Haus in Aurich. Ein hinter einem Gemälde versteckter Wandsafe wurde offenbar leergeräumt. Was befand sich in dem Tresor? Weshalb war die finanzielle Situation des Auricher Lehrers so viel besser, als sein Beruf es vermuten lässt? Und war der Totenkopf, der vor wenigen Wochen auf seinem Auto prangte, eine letzte Warnung? An Verdächtigen mangelt es den Kommissaren Wiebke Jakobs und Dr. Evert Brookmer jedenfalls nicht. Selbst die vermeintlich unbeteiligte Reinigungskraft, die das Opfer auffand, verstrickt sich in Widersprüche. Während die ostfriesischen Ermittler gemeinsam mit Spürhund Fiete verschiedenen Fährten nachgehen, ahnen sie nicht, dass der Mörder auch vor einer weiteren Tat nicht zurückschreckt...
Kapitel 1
Jan Schepker trat in seine Küche. Er atmete tief ein und aus. Sein Herz schlug schnell und pochte in seiner Brust, doch was ihm zu schaffen machte, war sein Magen. Der Arzt hatte ihm gesagt, er sollte sich weniger aufregen, sonst würde er über kurz oder lang ein ernsthaftes Problem mit einem Magengeschwür bekommen. Doch das war leichter gesagt als getan! Jan Schepker atmete langsam ein und aus.
So war das alles nicht geplant!, dachte er. Es geht hier immerhin um mein Geld. Ich kann nichts dafür, wenn andere Leute mit ihrem Geld nicht gut umgehen können!
Er hörte, wie die Küchentür zum Wohnzimmer aufging. Ohne sich umzudrehen, wusste Jan Schepker, wer dort die Küche betreten hatte.
»Willst du dich also für deine Worte entschuldigen?«, fragte Jan Schepker mit der Autorität in der Stimme, die sein Beruf von ihm jeden Tag aufs Neue verlangte. Es war keine Frage für ihn, eher eine Feststellung. Jan Schepker hatte nichts Falsches gesagt, anders als sein Besuch. Es war eindeutig, wer sich hier bei wem entschuldigen musste.
»Nun, was ist?«, fragte Jan Schepker, als keine Antwort kam, und sah über die Schulter. Er spürte einen schmerzhaften Schlag auf den Kopf und taumelte zur Seite. Seine Hand griff nach dem Rand der Küchenarbeitsplatte, doch sie rutschte an dem glattgeschliffenen Holz ab. Jan Schepker fiel zu Boden. Sein Blickfeld wurde dunkel.
*
Maria Bleeker bremste scharf, als vor ihrem Wagen auf die Auricher Straße ein Trecker einbog. Sie kam selbst aus Richtung Weeringerhorn und war auf dem Weg zu ihrem ersten Kunden des Tages. Dafür musste sie nach Aurich-Haxtum gelangen. Leider war sie heute zu spät dran und nun auch noch das! Ein Traktor fuhr vor ihr und blockierte mit seinem überbreiten Anhänger jede Möglichkeit, ihn zu überholen.
Nicht ausgerechnet heute, dachte Maria. Sie wusste, dass sie nicht schon wieder zu spät kommen durfte. Es fehlte nicht mehr viel, bis man sie rauswerfen würde. Das hatte ihr Chef ihr klargemacht. Dabei benötigte sie doch das Geld!
Sie fuhr etwas zur Seite und versuchte am Traktor vorbeizusehen. Die Straße zum Auricher Stadtteil Haxtum war lang und relativ gerade. Der nächste Wagen war noch ein Stück entfernt. Maria Bleeker scherte aus, als ein weiteres Auto weniger als einen halben Kilometer vor ihr von einer Seitenstraße auf die Landstraße in den Gegenverkehr einbog. Sofort riss sie das Lenkrad herum und fädelte sich wieder hinter den Trecker ein. Ihr Herz klopfte, als der andere Wagen hupend an ihr vorbeizog.
Das war knapp!, dachte sie und atmete tief durch, um ihren Puls zu beruhigen. Ein Autounfall hätte ihr gerade noch gefehlt! Das konnte sie sich nicht leisten. Für eine größere Reparatur war einfach kein Geld da.
Nun bog auch endlich der Traktor auf ein Feld ab und die Straße war wieder frei. Maria Bleeker gab Vollgas. Der Motor heulte auf. Zu spät sah sie den Blitzer, als sie am Ortsschild von Aurich-Haxtum vorbeifuhr. Das Licht der Radarfalle ließ sie scharf abbremsen.
Sie fluchte derbe auf Plattdeutsch. Doch nun war es zu spät. Das Knöllchen würde sie wohl bekommen, das Licht hatte sie deutlich wahrgenommen.
Heute läuft aber auch alles schief!, dachte sie und fuhr in die Einfahrt ihres nächsten Kunden.
Sie stieg aus dem Auto, holte ihren Arbeitskoffer von der Rückbank und ging zur Haustür. Kurz zögerte sie, dann betätigte Maria Bleeker die Klingel.
Als nichts geschah, atmete sie ein wenig auf. Er war nicht da.
Vielleicht hat er gar nicht mitbekommen, dass ich nicht pünktlich bin, überlegte sie freudig und holte aus ihrer Tasche den Zweitschlüssel, den sie für solche Gelegenheiten besaß. Allerdings gab es von ihrem Arbeitgeber die Anweisung, diesen immer erst zu nutzen, nachdem man sichergestellt hatte, dass niemand zu Hause war.
Sie öffnete die Haustür und trat in die Wohnung. Seine Hausschuhe standen nicht im Schuhregal neben dem Eingang. Also ist er wohl doch zu Hause, erkannte Maria.
Sie schloss die Tür hinter sich und ging in die Küche. Vielleicht schlief er ja noch. Dann würde sie ihn nicht wecken, sondern schon mal anfangen. Dann konnte sie behaupten, dass sie pünktlich gewesen sei. Immerhin war er meist so kleinlich, wenn es um Uhrzeiten ging. Da wollte sie ihm keinen Anlass liefern, sich zu beschweren.
Als sie die Küche betrat, sah sie einen Mann auf dem Boden liegen. Das war ihr erster Kunde des Tages. Sein Kopf sah grässlich aus. Die Haltung des am Boden liegenden Mannes machte deutlich, dass er nicht mehr am Leben war. Er sah aus wie eine Puppe, der man die Fäden durchtrennt hatte.
Maria Bleeker ließ ihren Koffer fallen und schrie. Sie schrie aus vollem Halse.
*
Kriminalkommissar Evert Brookmer stieg auf der Beifahrerseite aus dem Auto der Auricher Polizei. Das Fahrzeug gehörte zur Fahrbereitschaft und wurde meistens von ihm und seiner Kollegin Wiebke Jacobs genutzt. Die stieg ebenfalls in diesem Moment aus dem Wagen aus. Während seine Kollegin Wiebke Jacobs schon zu dem uniformierten Polizisten ging, der ihnen entgegenkam, ging Evert zum Kofferraum ihres Dienstwagens und sah kurz nach seinem schwarzen Labrador Retriever Fiete. Der Hund hatte die Augen geschlossen und den Kopf auf die Pfoten gelegt. Als Evert den Kofferraum öffnete, streckte sich der Hund genüsslich und sprang aus der Hundebox. Er hielt die Nase neugierig in den Wind und schnüffelte.
Evert folgte seiner Kollegin zu dem uniformierten Polizisten. Der Labrador Retriever lief hinter ihm her.
»Moin, Klaas«, begrüßte Evert den Uniformierten, bei dem seine Kollegin stand. Klaas Behrends gehörte ebenso wie Wiebke Jacobs und Evert Brookmer zur Mordkommission Aurich und war dort für die Spurensicherung verantwortlich.
»Moin«, gab Klaas zurück.
»Also, dann fass mal zusammen«, sagte Wiebke zu Klaas. »Was haben wir hier?«
»Eine Reinigungskraft hat den Toten gefunden«, erklärte Klaas und fuhr sich mit einem Finger über seinen Schnurrbart. Dieser war ebenso grau wie das kurze krause Haupthaar des Polizisten.
»Die Frau arbeitet bei einem Unternehmen, das Dienstleistungen rund ums Haus vermittelt. Vom Rasenmähen bis hin zur Putzfrau wird alles angeboten. Als sie hier ankam und wie immer mit dem Putzen anfangen wollte, entdeckte sie den Toten Jan Schepker. Er war der erste Kunde des Tages.«
Klaas drehte sich zur Wohnung und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.
»Fiete, bleib«, sagte Evert und wies den Hund an, vor der Eingangstür zu warten. Der gut erzogene Labrador Retriever sah sich ein wenig um und setzte sich dann neben einen großen Blumentopf voller Petunien.
Dann folgte Evert seinen Kollegen ins Innere des Hauses. Es gab einen kleinen Flur, der in einem rechten Winkel abknickte. Eine der Türen im Flur stand offen und eröffnete den Blick in einen Küchenraum. Ein großer dunkler Holztisch nahm den Großteil des Raumes ein. Drei Stühle standen darum verteilt. Hinter dem Tisch war zu erkennen, dass ein Mann vor der Küchenzeile auf den cremefarbenen Fliesen lag.
Als Evert noch einen weiteren Schritt in die Küche ging, konnte er sehen, dass der Mann durch einen Schlag auf den Kopf gestorben sein musste. Seltsam verrenkt lag das Opfer da. Die tödliche Gewalteinwirkung war unübersehbar. Das Gesicht des Mannes war deformiert und eine große Blutlache hatte sich auf dem Küchenboden gebildet.
»Todesursache dürfte dann wohl klar sein«, bemerkte Wiebke trocken mit Blick auf die Leiche. Obwohl Evert bisher weniger Tote als sie gesehen hatte, konnte er sich auch schwerlich eine andere Todesursache als stumpfe Gewaltanwendung vorstellen. Er fand, es war ein furchtbarer Anblick, wie der Mann so dalag.
»Das denke ich auch. Die Gerichtsmedizin ist unterwegs, aber steckt noch im Berufsverkehr von Oldenburg hierher«, erklärte Klaas. »Wir müssen uns also bis zu Dr. Elias’ abschließendem Urteil noch etwas gedulden.«
Für die Auricher Polizei war die Gerichtsmedizin aus Oldenburg zuständig. Das hatte den Nachteil, dass zu den Stoßzeiten des Berufsverkehrs der Gerichtsmediziner ein wenig länger benötigte, um zu ihnen zu kommen.
»Was wissen wir bereits über das Opfer?«, erkundigte sich Evert. Er beugte sich etwas vor, um den Mann genauer sehen zu können. Er hatte kurzes Haar, das langsam von Braun zu Grau überging. Die Statur des Mannes war schlank, beinahe drahtig, und nicht unsportlich.
»Jan Schepker, zweiundvierzig Jahre, nicht verheiratet, soweit wir wissen«, erklärte Klaas und schob seine Dienstmütze zurecht. »Herr Schepker lebte laut seiner Putzfrau allein. Bisher sieht das Haus auch danach aus, allerdings haben wir Fotos sowohl von verschiedenen Frauen als auch eines jungen Erwachsenen gefunden. Es gibt also womöglich noch Familie oder irgendwelche Angehörigen. Zu mehr sind wir noch nicht gekommen, bisher war ich komplett ausgelastet mit der Tatortsicherung.«
»Hat das Sichern des Tatorts schon etwas ergeben?«, wollte Wiebke wissen.
...Erscheint lt. Verlag | 10.3.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
ISBN-10 | 3-96586-739-3 / 3965867393 |
ISBN-13 | 978-3-96586-739-0 / 9783965867390 |
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