Die Legende der 4 (eBook)
1368 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-5672-5 (ISBN)
Geboren und aufgewachsen in Hamburg, lebt die Autorin heute mit ihrer Familie vor den Toren der schönen Hansestadt. Schon als Kind las sie begeistert alles, was ihr in die Finger kam und erfüllt sich mit dem Schreiben ihrer Fantasy-Romane einen Herzenswunsch.
Ciara eilte, so schnell ihr langes Kleid es zuließ aus dem Saal und den Flur hinunter zur großen Halle, von der die geschwungene Treppe in den ersten Stock führte. Ihr Kopf war erfüllt von Tatendrang und Genugtuung, gerade entstand in ihm einer jener komplizierten Pläne, wie nur Frauen sie zu schmieden im Stande sind. Endlich bekam sie die Gelegenheit, sich vor allen Sippenmitgliedern zu beweisen, besonders aber vor ihrem Bruder, der sie nun endlich als erwachsene Frau wahrnehmen musste.
Sie wusste schon genau, wen sie mitnehmen würde und konnte ihre Truppe schon vor ihrem geistigen Auge sehen, genau wie sich selbst, wenn sie die Energiequelle fand und wie eine Heldin nach Hause kam.
In ihr Herz brannte sich das Bild ein, wie stolz Skyth auf sie sein und sie in seine Arme schließen würde, nachdem er ihre Klugheit und ihre Tapferkeit vor allen lobte. Und nie mehr würde er Caterina auch nur ansehen, weil er einsah, dass weder sie noch eine andere Frau ihr jemals das Wasser reichen konnte, seidiges Haar hin oder her.
Bei dem Gedanken, die andere ein für alle Mal auszubooten, umspielte ein kleines, gemeines Lächeln ihre Züge. Dieser Ausgang der Krise wäre einfach perfekt.
Heute Nacht.
Ihr Herz sang diese beiden Worte, während sie die Treppe zum ersten Stock erklomm und den Flur hinunterging, der sie zu ihren Gemächern, die gleich neben denen ihres Bruders lagen, führte. Zärtlich strichen ihre Fingerspitzen im Vorbeigehen über das Holz seiner Tür, da erreichte sie ihr Schlafzimmer.
Und fand die Tür einen Spalt offen vor. Sie stutzte und warf einen schnellen Blick in die vollkommene Dunkelheit des Raumes. Ihre Augen zeigten ihr dennoch jedes Detail und ihr Verdacht bestätigte sich.
Nate.
Derjenige, vor dem sie ein wenig Ruhe gebrauchen konnte, weil seine ständige Präsenz in ihrem Leben ihr den letzten Nerv raubte, lag in ihrem Bett und schlief, als habe sie ihn dazu eingeladen.
Zweifellos war er auf der Suche nach ihr und hatte sich einfach hingelegt, als er sie nicht vorfand, anstatt nach ihr im Gebäude zu schauen. Wenn sie jetzt hineinging, würde sie ihn unweigerlich wecken und er würde Aufmerksamkeiten von ihr fordern, die sie ihm nur gab, damit sie nicht mit ihm reden musste.
Sie litt unter der Verbindung und dafür gab es mehrere Gründe, denn zum einen verletzte sie die Gleichgültigkeit, mit der Skyth ihr einfach einen Partner auferlegte, ohne sie auch nur nach ihrer Meinung zu fragen und außerdem belastete sie die Anstrengung, die es bedurfte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, denn ein öffentliches Aufbegehren gegen Skyths Entscheidung kam einem Verrat gleich und würde sein Ansehen in der Gruppe schmälern.
Sie fühlte sich in dieser Verbindung gefangen und nahm sogar den Energieverlust des Opals mit Erleichterung hin, weil er die Verbindungszeremonie, die ihr und Nate bevorstand, auf unbestimmte Zeit verschob. Noch war die Partnerschaft nicht mit Blut legitimiert, noch bestand die Chance, dieses Schicksal von sich abzuwenden.
Kam sie nun siegreich von der Mission zurück, würde ihr Bruder hoffentlich erkennen, dass ihr das Recht auf eine eigene Entscheidung in der Wahl ihres Partners zustand. Bis dahin würde sie Nate weiter ertragen müssen.
Doch heute verspürte sie keine Lust auf die Scharade, deswegen trat sie katzengleich ein paar Schritte zurück und ging den Flur das Stück weiter hinunter, das sie zu Shelleys Tür führte. Wenigstens brauchte sie sich hier keine Sorgen machen, eine andere Person im Bett ihrer engsten Freundin zu finden. Seit dem Ende ihrer Liaison mit Echo war Shelleys Leben so fad wie das einer Nonne.
Alles gute Zureden half nicht, ihr Bedarf an Männern war momentan mehr als gedeckt und die meiste Zeit hielt sie sich strikt an diesen Vorsatz, den sie im selben Moment fasste, als sie Echo zum Teufel schickte. Nachdem sie ihn in flagranti in Invidias Schlafzimmer erwischte.
Und Ciara konnte es verstehen, denn dieser Ausflug war nicht abgesprochen und Echos Verhalten eindeutig Betrug gewesen. Natürlich war Shelley eine Frau und deswegen nicht immer ganz einfach, doch eine solche Behandlung verdiente sie nicht.
Trotzdem klopfte sie an.
„Herein!“, erklang Shelleys dunkle Stimme sofort, sie war noch wach, obwohl die Morgensonne draußen bereits ihre Strahlen aussandte. Erleichtert trat sie ein.
Ihre Freundin lag in einem zarten smaragdgrünen Nachtgewand, das jedem Mann der Sippe den Kopf verdreht hätte, auf ihrem Bett und las ein Buch. Neben ihrem Kopf auf dem Nachttischchen brannte eine Wachskerze, die ihr Licht spendete.
Zwar waren ihre Augen, ebenso wie die aller Sippenmitglieder, ausgezeichnet für Sicht in der dunkelsten Nacht geeignet, aber Shelley erwärmte sich für manche Eigenarten der Menschen. Kerzen waren eine davon, denn sie fand das sanfte warme Licht angenehm und liebte es, wenn es auf ihrer weißen Haut schimmerte und goldene Reflexe darauf zauberte.
Als ihre engste Vertraute in den Raum trat, legte sie ihr Buch beiseite und setzte sich auf. Ihr lockiges dunkelrotes Haar fiel in Kaskaden auf ihre Brust und sie trug es mit einem Perlenreif zur Seite frisiert, sodass es wie ein Wasserfall über ihre rechte Schulter floss und auf der linken Kopfseite, an der sie das Haar kurzgeschoren trug, Ohr und Hals frei ließ. Der Träger ihres Nachtgewandes war von der Schulter gerutscht und gab eine großzügige Menge ihrer Haut frei.
„Was ist denn los? Du siehst so glücklich aus.“ Sie warf ihr einen langen Blick zu und schüttelte langsam den Kopf. „Willst du mich mit Einzelheiten über deine Affäre mit Bevan quälen? Ich hätte nicht gedacht, dass es darüber so viel zu erzählen gibt. Wenn du so weitermachst, werfe ich vielleicht meine guten Vorsätze doch noch über Bord und überzeuge mich selbst.“
Ciara schüttelte belustigt den Kopf. Davon, sich an ihren Vorsatz zu halten, rückte Shelley bereits ab. Noch ein bisschen Zeit und sie würde die momentan scherzhaft gemeinte Drohung in die Tat umsetzen. Wenn es so weit war, würde sie noch einmal darüber nachdenken müssen, ob sie damit einverstanden wäre, wenn ihre Freundin mit ihrem heimlichen Geliebten anbandelte.
Doch für heute gab es ein anderes Thema. „Es geht nicht um Männer, Shelley. Es geht um etwas völlig anderes“, erwiderte sie bedeutungsschwer und genoss die Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde.
„Etwas völlig anderes? Was kann es hier denn schon groß anderes geben, als Männer und Nahrung? Ich wüsste nicht, wann wir die letzte eklatante Veränderung erlebt hätten“, meinte Shelley melancholisch und klopfte neben sich aufs Bett, damit Ciara zu ihr kam. Sie war öfters gelangweilt von der eingeschränkten Lebensweise, die sich aufgrund ihrer Sonnenunverträglichkeit ergab.
„Genau darum geht es.“ Ciara legte sich zu ihrer Freundin aufs Bett und kuschelte sich an sie. Shelley roch immer ausgesprochen gut und sie war diejenige, bei der sie sich, Skyth ausgenommen, am wohlsten fühlte. „Aber du wirst niemals darauf kommen, wenn ich es dir nicht sage: Caterina hat eine Energiequelle entdeckt, mit der wir den Opal reparieren können, und ich habe Skyth überreden können, dass ich sie suchen darf“, erzählte sie eifrig, unfähig, ihr Geheimnis noch länger für sich zu behalten.
„Tatsächlich? Das ist großartig“, sagte Shelley vorsichtig und strich Ciara eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Und ich möchte dich mitnehmen. Ich darf acht Leute auswählen und du musst eine davon sein“, führte sie weiter aus und ihre Augen glänzten fiebrig.
„Wer noch?“ Ciara spürte die Anspannung in der Stimme ihrer Freundin, die ihr so nahestand wie eine Schwester. Und sie hasste es, sie enttäuschen zu müssen, denn sie musste als nächstes genau das sagen, wovor Shelley sich fürchtete.
„Wir brauchen ihn. Er wird uns nützlich sein und Ride nicht allein gehen lassen“, gab sie zu und sah sie entschuldigend an.
Shelley biss sich auf die Unterlippe und wandte sich ab. „Unter diesen Umständen werde ich hierbleiben“, sagte sie mit bebender Stimme.
„Shelley... ich brauche dich. Lass mich das nicht allein durchstehen. Wenn mir etwas zustößt, musst du an meiner Stelle weitermachen und...“, setzte sie an und strich ihr mit der Hand über die Wange, damit sie einander ansahen.
„Rede nicht solchen Unsinn“, gab diese zurück und wandte sich ihr zu. Sie schob ihr Haar über ihre Schulter und blickte traurig an die Wand, als sähe sie dort eine Erinnerung. „Du weißt, wie sehr er mich verletzt hat. Wenn ich ihn sehe, könnte ich ihn ermorden.“ Sie atmete tief durch und griff nach Ciaras Hand, die immer noch auf ihrer Wange lag. „Gut, ich werde mitkommen. Dir zuliebe. Aber ich kann für nichts garantieren, schon gar nicht für ein friedliches Miteinander.“
„Danke“, erwiderte Ciara kurz. Es war nicht mehr dazu zu sagen. „Jetzt ist Nate mein einziges Problem.“
„Versucht er immer noch deinen Bruder zu ersetzen, wenn er nicht dabei ist?“, fragte Shelley und sie war froh, die Klippe Echo umschifft zu haben.
„Ja. Man sollte meinen, eine Stimme der Vernunft sei genug, doch er scheint ebenso auf meinen Schutz versessen zu sein, wie mein Bruder.“ Ciaras Blick wanderte ziellos durch den Raum. Die Wände waren mit Tapeten in einem ähnlichen Rotton wie Shelleys Haar beklebt und mit weißem Stuck verziert.
Dem Bett gegenüber stand ein Spiegel und sie konnte das Abbild des Möbelstücks auf der glatten Oberfläche sehen. Den Spiegel erbeutete Shelley eines Nachts, als sie eine junge Adelige erwischten, die mit ihrem ganzen Gepäck, immerhin neun Koffern und...
Erscheint lt. Verlag | 1.12.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7568-5672-0 / 3756856720 |
ISBN-13 | 978-3-7568-5672-5 / 9783756856725 |
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