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John Sinclair 2328 (eBook)

Der Seelen-Schnitter

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4506-2 (ISBN)

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John Sinclair 2328 - Rafael Marques
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Geister! Geister auf Brighmore Castle!
Das war zumindest die einhellige Meinung der Belegschaft, seit McKay Waldon, der Hausmeister, ein grünes, flimmerndes Geschöpf durch einen der langen Flure gleiten gesehen hatte. Ein Ausbund seiner Fantasie, könnte man meinen, wenn nicht auch schon andere Bedienstete die seltsamen Erscheinungen gesehen hätten.
Aber selbst nach diesen Berichten war Melody Harper immer noch nicht davon überzeugt gewesen, dass es in dem vor hundert Jahren von einer Burg in ein Schloss umgebauten Familiensitz spuken sollte. Diese Geschichten erzählte man normalerweise Touristen, um sie für den Besuch eines alten Hotels oder einer Ruine zu überzeugen, von denen es in Schottland hunderte gab.
Jetzt jedoch glaubte sie es. Seit sie den Geist gesehen hatte, der in die Gruft geglitten war ...

Der Seelen-Schnitter

von Rafael Marques

Geister! Geister auf Brighmore Castle!

Das war zumindest die einhellige Meinung der Belegschaft, seit McKay Waldon, der Hausmeister, ein grünes, flimmerndes Geschöpf durch einen der langen Flure gleiten gesehen hatte. Ein Ausbund seiner Fantasie, könnte man meinen, wenn nicht auch schon andere Bedienstete die seltsamen Erscheinungen gesehen hätten.

Aber selbst nach diesen Berichten war Melody Harper immer noch nicht davon überzeugt gewesen, dass es in dem vor hundert Jahren von einer Burg in ein Schloss umgebauten Familiensitz spuken sollte. Diese Geschichten erzählte man normalerweise Touristen, um sie für den Besuch eines alten Hotels oder einer Ruine zu überzeugen, von denen es in Schottland hunderte gab.

Jetzt jedoch glaubte sie es. Seit sie den Geist gesehen hatte, der in die Gruft geglitten war ...

»Warum muss das ausgerechnet jetzt passieren?«

Die Frage war mehr als berechtigt, denn normalerweise verbrachte Melody nur wenige Wochen im Jahr in dem düsteren Gemäuer am Rande der Highlands. Sie arbeitete seit zwei Jahren, seit dem Ende ihres Studiums, bei Leland & McCoy, einer der angesehensten Anwaltskanzleien in London. Als einzige Tochter ihres Vaters würde sie das Schloss eines Tages erben, aber noch war sie froh, sich zumindest die meiste Zeit nicht um den Bau kümmern zu müssen, der ihr schon als Kind nicht besonders gefallen hatte.

Leider war ihr Vater ein wenig paranoid, er wollte sein Schloss niemals unbeaufsichtigt lassen. Als ob die Bediensteten auf den Tischen tanzen würden, sobald er ihnen den Rücken zudrehte. Normalerweise beauftragte er einen seiner Geschäftspartner damit, ein Auge auf die dunklen Flure zu werfen, wenn er mal wieder irgendwo in der Welt unterwegs war. Melody hatte den Fehler gemacht, ihm von ihrem zweiwöchigen Urlaub zu erzählen, in dem sie einfach nur in ihrem Loft in Notting Hill ausspannen wollte.

»Das kannst du genauso gut auch hier«, waren seine Worte gewesen, bevor er sie in seiner unnachahmlichen Art davon überzeugt hatte, den Urlaub lieber als Kindermädchen für die Hausangestellten zu opfern.

Und jetzt? Abgesehen davon, dass sie ihre wunderbaren freien Tage in dem riesigen Schloss verbringen musste, dessen Bauweise ihr immer wie ein Kloster vorkam, sah sie nun auch Gespenster. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Eigentlich war sie nur zum Fenster ihres Schlafzimmers gegangen, um ein wenig den Sternenhimmel zu betrachten und über den amüsanten Umstand zu sinnieren, dass sie als Kind immer Astronautin werden wollte. Irgendwann war ihr in den Augenwinkeln eine Bewegung aufgefallen, genauer gesagt im Licht einer dieser matt leuchtenden Laternen, die überall an den Außenmauern des Schlosses angebracht waren. Auch an der schweren Holztür mit dem eisernen Griff, hinter der eine lange Steintreppe hinab in die Gruft führte. Und genau dort hatte das unheimliche Wesen gestanden.

Nicht grün, sondern schwarz. Als ob Geister allein nicht schon merkwürdig genug gewesen wären, mussten sie nun auch noch in bunten Farben auftreten. Allmählich fragte sie sich, ob vielleicht irgendwo im Schloss Gas ausgetreten war und nun auch bei ihr Halluzinationen auslöste. Andererseits fühlte sie sich kerngesund und keineswegs benebelt, und das rote Licht des Augenpaares, das sich innerhalb der Schwärze abgezeichnet hatte, war auf keinen Fall eine Einbildung gewesen.

Und nun? Was sollte sie tun? Who you gonna call? Die Ghostbusters ganz sicher nicht, und noch weniger die Polizei, bei der sie sich nur lächerlich machen würde. Am Ende landete die Geschichte noch auf dem Schreibtisch ihres Chefs, der sie für diese schlechte Publicity hochkant rauswerfen würde. So etwas kaufte ihr doch niemand ab – was allerdings bedeutete, dass sie die Sache selbst in die Hand nehmen musste.

»Das darf nicht wahr sein«, murmelte sie, während sie begann, sich einige Klamotten aus dem Schrank zusammenzusuchen.

Splitternackt wollte sie dem Geist jedenfalls nicht entgegengetreten, selbst wenn er vor Scham komplett rot angelaufen wäre. Abgesehen davon war sie ein ziemlich hübscher Anblick, der sicher auch Untote in seinen Bann schlagen würde. Trotzdem entschied sie sich anders.

In Jeans, Turnschuhen, einem löchrigen Hemd aus ihrer Studienzeit, von dem sie sich einfach nicht trennen wollte, sowie einer dünnen, ausgefransten Lederjacke ging sie zur Tür. Im letzten Moment griff sie nach ihrem Handy, denn ohne die Taschenlampe konnte sie gleich eine Dauerkarte für die Gruft buchen.

Der lange Flur mit den zehn Schlafzimmern kam ihr plötzlich auch ziemlich gespenstisch vor. Sie war nie ein ängstliches Mädchen gewesen, hatte sich nicht vor der Dunkelheit gefürchtet, wenngleich sie sich dennoch immer etwas unwohl in dem riesigen Gemäuer gefühlt hatte. Jetzt hingegen verspürte sie echte Angst. Als könnte jeden Moment ein weiteres Gespenst auftauchen, um sie ... tja, was sollten Gespenster eigentlich mit ihr machen? Sie vollschleimen? Vor was fürchtete sie sich eigentlich?

»Indem man Dinge lächerlich macht, klingen sie nicht mehr gefährlich.«

Diesen Satz hatte ihr Vater ihr einmal als Kind mit auf den Weg gegeben, und jetzt fand sie endlich den Sinn in seinen Worten. Allerdings fragte sie sich schon, ob er dabei wirklich von Geistern gesprochen hatte.

Die Gänsehaut auf ihrem gesamten Körper kehrte schnell wieder zurück, als sie an den unzähligen Porträts der Mitglieder der Familie Brighmore entlanglief, die den Flur von beiden Seiten zierten. Bis vor etwas über hundert Jahren hatte ihnen das Schloss gehört, dann soll ihr letztes Mitglied das Gebäude und das gesamte Umland an die Harpers verkauft haben.

Die Augen der Männer und Frauen starrten ins Leere, dennoch fühlte sie sich von ihnen beobachtet. Beinahe rechnete sie schon damit, sie könnten sich aus den Leinwänden beugen, ihre Münder aufreißen und sie schallend auslachen.

Das geschah nicht, wenngleich die nächtliche Stille ihr auch nicht gefiel. Nur ihre eigenen, durch den Teppichboden gedämpften Schritte waren zu hören, selbst als sie die Treppe erreichte und langsam in die Tiefe stieg. Gab es in diesem verfluchten Gemäuer eigentlich keinen Nachtwächter? Früher hatte Dad ihr immer erzählt, Lunard Waldon, der Vater des heutigen Hausmeisters, würde jede Nacht mit einer Kerze durch die Flure wandeln, um nachzusehen, dass sich auch kein Mäuschen hierher verlaufen hatte. Ob sein Sohn wohl diese Tradition fortsetzte?

Das durch die nicht wenigen Fenster einfallende Mondlicht sorgte zumindest dafür, dass sie sich auch ohne ihr Handy einigermaßen orientieren konnte. Natürlich gab es im Schloss auch elektrisches Licht, nur scheute sie sich aus einem unbestimmten Grund davor, es auch einzusetzen. Geister und Licht, das passte irgendwie nicht zusammen, und schließlich wollte sie ja herausfinden, was hier gespielt wurde.

Im Erdgeschoss gab es unzählige Räume, von denen sie die meisten nicht einmal ansatzweise interessierten. Der Ballsaal, in dem Leonard Harper, ihr Vater, selbst jetzt noch rauschende Feste feierte, das Billardzimmer, in dem er sich mit seinen Geschäftspartnern, einer guten Zigarre und ganz viel Whisky die Zeit vertrieb, und letztendlich sogar ein Hallenbad, das er anstelle eines Aufenthaltsraumes der Bediensteten einbauen ließ.

Obwohl sie eigentlich eine Wasserratte war, fiel es ihr unheimlich schwer, sich dazu zu bewegen, einen Fuß in dieses Becken zu setzen, dass so gar nicht zu Brighmore Castle passen wollte.

Unter einem gewaltigen Kronleuchter entlang strebte sie auf eine der zahlreichen Türen zu, die hinaus auf den Innenhof führte. Dort befand sich ein aufwändig hergerichteter Ziergarten mit Springbrunnen, Rosenhecke und diversen Statuen, mit denen ihr Vater gerne angab, ohne sich selbst länger als fünf Minuten dort aufzuhalten. Aber die Rendite, die die Harper Corporation abwarf, reichte aus, um sich solche Späße zu gönnen und im Gegensatz zu den meisten Schlossbesitzern Schottlands seine Tore niemals für Touristen zu öffnen.

Kühle Nachtluft wehte ihr entgegen, als sie ins Freie trat. Sofort zog sie den Reißverschluss ihrer Lederjacke zu, was die Kälte nicht wirklich abhielt. Einen Rückzieher wollte sie jetzt jedoch nicht mehr machen, weshalb sie sich dazu entschied, ihren Plan durchziehen.

Welchen Plan eigentlich? So richtig hatte sie noch gar nicht darüber nachgedacht, was sie hier eigentlich tat. Einen Geist in eine Gruft zu verfolgen, wäre so ziemlich das Dümmste, was ein Charakter in einem Horrorfilm machen könnte. Noch dazu ohne jegliche Waffen, ohne Kreuze, Weihwasser oder Amulette, die sie allesamt normalerweise nicht in ihrer Arbeitstasche mit sich führte. Und selbst wenn es sich um einen der Angestellten handelte, der sich in einem aufwändigen Kostüm einen Spaß mit ihr erlaubte, hätte sie sich zumindest mit einem Elektroschocker ausrüsten können.

Trotzdem ging sie auf die Tür zur Gruft zu. Täuschte sie sich oder strömte ihr tatsächlich ein kalter Windhauch entgegen? Er ließ sie frösteln, und ihr war, als käme er direkt aus dem Jenseits.

»Jetzt spinnst du wirklich«, stieß sie hervor und...

Erscheint lt. Verlag 21.2.2023
Reihe/Serie John Sinclair
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-4506-8 / 3751745068
ISBN-13 978-3-7517-4506-2 / 9783751745062
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