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Dunkelblut (eBook)

Zwischen Stein und Schatten

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
240 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7546-0782-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dunkelblut -  Kathryna Kaa
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SoMa heißt das künstlich geschaffene Superfood, das die Menschheit vor Hungersnöten und Seuchen gerettet hat, jedoch nicht ihre Menschlichkeit. Denn das helle Blut derer, die sich davon ernähren, sorgt nicht nur für allumfassenden Schutz. Es tötet auch jede tiefe Emotion. Das sechzehnjährige Dunkelblut Vivien zählt zu der kleinen Gruppe von Menschen, die sich weigert, diesen Preis zu zahlen. Eines Nachts muss sie mitansehen, wie ihre Familie und ihre große Liebe ermordet werden. Vivien schwört bittere Rache. Doch auf der Suche nach den Schuldigen wird sie gezwungen, erschreckenden Wahrheiten und unvorhergesehenen, übermenschlichen Kräften entgegenzutreten, mit denen sie nicht gerechnet hat.

Cozy Horror mit Herz! Das Schreiben gruseliger Geschichten mit der richtigen Portion Gefühl ist Kathrynas Leidenschaft. Ihren Vollzeitjob hat sie deshalb gegen Teilzeit eingetauscht, um mehr Zeit dafür zu haben. Mit Familie und Haustieren lebt sie in Sachsen und nutzt jede Gelegenheit, neue Geschichten zum Leben zu erwecken.

Cozy Horror mit Herz! Das Schreiben gruseliger Geschichten mit der richtigen Portion Gefühl ist Kathrynas Leidenschaft. Ihren Vollzeitjob hat sie deshalb gegen Teilzeit eingetauscht, um mehr Zeit dafür zu haben. Mit Familie und Haustieren lebt sie in Sachsen und nutzt jede Gelegenheit, neue Geschichten zum Leben zu erwecken.

Ka­pi­tel 1
Wil­de Jagd
Die Stra­ßen der feind­se­li­gen Stadt lie­gen dun­kel und men­schen­leer vor mir. Es nie­selt leicht. Ich zie­he die Ka­pu­ze mei­nes Hoo­dies ins Ge­sicht und hal­te mich in der De­ckung der Häu­ser. In die­sem Stadt­teil bin ich nicht gern ge­se­hen, schon gar nicht nach Ein­bruch der Däm­me­rung. Und das nicht, weil ich mit mei­nen sech­zehn Jah­ren zu jung für die­se Ge­gend bin.
Der Grund, war­um ich hier lie­ber nie­man­dem be­geg­nen soll­te, ist ein­fach: Mein Blut ist dun­kel. Das heißt nicht, dass es schwa­rz ist. Nein, es ist nor­ma­les Blut, wie es je­der Mensch ein­mal ge­habt hat. Aber seit So­Ma den Welt­hun­ger be­siegt hat, ist es sel­ten ge­wor­den. Die meis­ten Leu­te er­näh­ren sich jetzt von die­sem künst­li­chen Zeug aus So­ja und Mais und be­sit­zen des­halb hel­les Blut, das an Kup­fer er­in­nert.
So­Ma spal­tet die Ge­sell­schaft in gut und schlecht. In le­bens­wert und Ab­schaum. In So­mas, die von So­Ma-Pro­duk­ten le­ben, und Dun­kel­b­lü­ter wie mich, mei­ne El­tern und ei­ne Hand­voll an­de­rer Men­schen die­ser Stadt, die ih­re Emo­ti­o­nen be­hal­ten wol­len. Denn mit den Emp­fin­dun­gen ist das so ei­ne Sa­che: Ent­we­der ist man So­ma und hat kaum wel­che, oder man ist Dun­kel­blut und Ge­füh­le sind das Ein­zi­ge, was ei­nem bleibt. Sie ma­chen uns letzt­end­lich zu Aus­ge­sto­ße­nen, weil wir da­mit ei­ne un­be­re­chen­ba­re Be­dro­hung des ge­sell­schaft­li­chen Le­bens dar­stel­len.
Was ich hier trei­be? Ich bin auf dem Weg zu Eric, mei­nem Liebs­ten. Wir sind vor knapp drei Jah­ren ein Paar ge­wor­den, kurz be­vor So­Ma die Welt er­obert hat. Er wohnt in ei­nem schi­cken Vier­tel, weil er der Sohn des Bür­ger­meis­ters ist. Und der ist na­tür­lich So­ma.
Da­durch ist mein Vor­ha­ben um­so ge­fähr­li­cher, denn das Bür­ger­meis­ter­amt lenkt in die­sen Ta­gen nicht nur die Ge­schi­cke ei­ner ein­zel­nen Stadt, son­dern be­deu­tet viel Macht. Nie­mand steht mehr über dem Stad­t­ober­haupt. Das Land ist zer­split­tert in sei­ne Städ­te und um­lie­gen­den Re­gi­o­nen, und de­ren je­wei­li­ge Re­gie­run­gen be­stim­men in ih­ren Ge­bie­ten.
Ich schlei­che an ei­nem klei­nen, um die­se Uhr­zeit ge­schlos­se­nen Le­bens­mit­tel­la­den vor­bei, an des­sen Ein­gangs­tür ein Schild hängt, wie es hier zu­hauf zu fin­den ist: »Zu­tritt nur für Hell­b­lü­ter«. An die­sen An­blick ha­be ich mich schon ge­wöhnt, und er stört mich nicht, denn in den gän­gi­gen Su­per­märk­ten wer­den oh­ne­hin bloß Le­bens­mit­tel aus So­Ma an­ge­bo­ten.
Wir Dun­kel­b­lü­ter be­zie­hen un­se­re Nah­rung des­halb längst nicht mehr aus dem Han­del. Wie an­de­re auch ist mei­ne Fa­mi­lie in den letz­ten Jah­ren zum Selbst­ver­sor­ger ge­wor­den. Wir wüh­len in der to­ten Er­de und ver­su­chen, sie teil­wei­se zu re­ge­ne­rie­ren, um uns von der ma­ge­ren Ern­te zu er­näh­ren.
Wäh­rend ich wei­ter an den Häu­ser­wän­den ent­lang­schlei­che, bleibt mein Blick an ei­nem Zet­tel kle­ben, der an dem La­ter­nen­pfahl vor mir leicht im Wind flat­tert. Neu­gier treibt mich aus der Si­cher­heit der Häu­ser­schat­ten zu dem Pa­pier:
Die dunk­le Sei­te er­hebt sich! Der Un­ter­grund schlägt zu.
Ich star­re auf den Zet­tel und ver­lie­re mich einen Au­gen­blick in mei­nen Ge­dan­ken. Der Un­ter­grund. Da­von ha­be ich ge­hört. Es gibt Ge­rüch­te über die­se Ver­ei­ni­gung von Dun­kel­b­lü­tern, die sich zu­sam­men­ge­schlos­sen ha­ben, um ge­gen Un­ter­drü­ckung und Un­ge­rech­tig­keit zu re­bel­lie­ren. Da­für, dass bis­her noch nichts ge­sche­hen ist, wird sie häu­fig in den Me­di­en the­ma­ti­siert und bringt den Un­mut der So­mas ge­gen­über uns Dun­kel­b­lü­tern so stark zum Schwe­len, wie es ihr hel­les Blut zu­lässt. Doch be­stimmt lau­ert der Un­ter­grund in sei­nem Ver­steck und holt bei ei­ner güns­ti­gen Ge­le­gen­heit zum Schlag aus. Ich weiß aber nicht, ob ich das gut fin­den soll. Viel­leicht fehlt nur noch die ge­wis­se Zu­tat, um das bro­deln­de Fass der Ab­nei­gung zum Über­lau­fen zu brin­gen. An­de­rer­seits wün­sche ich mir, dass es mal so rich­tig knallt und wir den So­mas zei­gen, dass wir die­sel­ben Rech­te ver­die­nen wie sie.
»Hey, du!«, hallt ei­ne männ­li­che Stim­me hart und un­freund­lich ei­ni­ge Me­ter hin­ter mir durch die dunk­le, lee­re Stra­ße.
Ver­dammt. Schein­bar ha­be ich mei­nen Ge­dan­ken zu lan­ge au­ßer­halb der si­che­ren Ge­bäu­de­schat­ten nach­ge­han­gen. Viel­leicht ha­be ich mich auch zu auf­fäl­lig ver­hal­ten, schließ­lich star­re ich schon ei­ne gan­ze Wei­le die­ses Flug­blatt an. Ich zie­he die Schul­tern hoch und set­ze mich in Be­we­gung. Bloß nicht re­a­gie­ren.
»Hey!«, er­tönt es wie­der, dies­mal dich­ter hin­ter mir. Ich hö­re Schrit­te, die sich ei­lig nä­hern. Trotz­dem ge­he ich ein­fach wei­ter und dre­he mich nicht um. Ich tue so, als wür­de der So­ma nicht mich mei­nen. Viel­leicht lässt er mich dann in Ru­he, auch wenn die Chan­cen da­für eher schlecht ste­hen.
»Ste­hen blei­ben!« Jetzt ist er nur noch ein paar Schrit­te von mir ent­fernt. »Wohnst du hier? Hal­te an, oder bist du ein Dun­kel­blut?«
Ver­flucht. Was nun? Stop­pe ich, wird er mich aus­fra­gen und mei­nen Blut­nach­weis ver­lan­gen. Und weil ich den nicht ha­be, kann ich mich dar­auf ge­fasst ma­chen, von ihm zur nächs­ten Wa­che ge­schleppt zu wer­den. Was dann ge­schieht, mag ich mir gar nicht vor­stel­len. Nach­weis fäl­schen? Un­mög­lich, denn der be­steht nicht aus ei­nem Fet­zen Pa­pier, son­dern er­folgt mit klei­nen Blut­mess­ge­rä­ten über die Haut, die an je­den Schlüs­sel­bund pas­sen. Ei­ni­ge So­mas tra­gen so ei­nes bei sich.
Ich könn­te mich na­tür­lich weh­ren, doch das hät­te noch schlim­me­re Fol­gen, die wahr­schein­lich so­gar Fa­mi­lie und Freun­de tref­fen wür­den. Ich könn­te ver­su­chen zu flüch­ten, aber ei­ne Chan­ce hät­te ich nur dann, wenn kein wei­te­rer So­ma auf­taucht.
Ich fra­ge mich, ob er zu den So­Ma-Schutz-Trup­pen ge­hört oder le­dig­lich ein äu­ßerst ge­wis­sen­haf­ter So­ma ist. Die Po­li­zei, wie sie es frü­her ein­mal ge­ge­ben hat, ist durch die so­ge­nann­te So­Ma-Si­cher­heit ab­ge­löst wor­den. Ist es nicht ir­re, ei­ne mi­li­tä­ri­sche Si­cher­heits­ein­rich­tung nach ei­nem Le­bens­mit­tel zu be­nen­nen? Doch ob So­Ma-Si­cher­heit oder nicht macht am En­de kei­nen Un­ter­schied. Die Si­tua­ti­on kann für mich brenz­lig wer­den.
Ich hö­re, wie die Schrit­te des Man­nes hin­ter mir be­schleu­ni­gen. Mist. In­stink­tiv fan­ge ich an zu ren­nen. Da­mit ist ihm na­tür­lich klar, was ich bin.
Dun­kel­blut!
Ich has­te um die nächs­te Stra­ßen­e­cke und lau­fe ziel­los wei­ter. Doch ich bin nicht schnell ge­nug. Ein Stoß trifft mich von hin­ten, ich ver­lie­re den Halt und stür­ze auf den Bo­den.
»Aaaah!« Mei­ne Wan­ge streift den As­phalt und ich stöh­ne lei­se auf.
Die Ei­er, ver­dammt. Eric braucht die Nähr­stof­fe. In die­sem Au­gen­blick bin ich froh, sie hart ge­kocht zu ha­ben, denn dann sind Ris­se in der Scha­le nicht von Be­deu­tung. Trotz­dem hof­fe ich, dass die wert­vol­len Hüh­ner­ei­er in dem klei­nen Ruck­sack auf mei­nem Rü­cken kei­nen all­zu gro­ßen Scha­den ge­nom­men ha­ben. Ich rapp­le mich auf und ste­he jetzt dem Mann ge­gen­über, dem es so wich­tig ge­we­sen ist, ein ein­zel­nes Dun­kel­blut zu stel­len.
»Was machst du hier, Mäd­chen? Hast du einen Pas­sier­schein? Komm mir nicht zu na­he, viel­leicht bist du ver­seucht!« Der So­ma wischt sich die Hän­de mit ei­nem Des­in­fek­ti­ons­tuch sau­ber. Da­bei sieht er mich nicht mal an.
Dunk­les Blut gilt ge­mein­hin als un­rein. Wir sind Krank­heits­über­trä­ger und Seu­chen­her­de. Un­ge­zie­fer, auch wenn das öf­fent­lich nie­mand aus­spricht. Ob­wohl das Su­per­food ge­gen al­le be­kann­ten Er­re­ger schützt und wir den So­mas da­her ei­gent­lich nichts an­ha­ben kön­nen, bleibt die un­ter­schwel­li­ge Angst vor neu­en Krank­hei­ten, die das gen­ma­ni­pu­lier­te Zeug viel­leicht doch nicht be­herrscht. Das wird zu­min­dest gern in den Me­di­en ver­brei­tet und ist ein Grund, war­um sie uns mei­den, ver­ab­scheu­en und zu be­keh­ren ver­su­chen.
»Ja«, stot­te­re ich und fumm­le an mei­ner Ho­sen­ta­sche. Na­tür­lich hab ich kei­nen Schein, aber ich brau­che Zeit, um mir et­was ein­fal­len zu las­sen. Dann wer­fe ich einen Blick an dem Ty­pen vor­bei, ma­che ein bis ins Mark er­schüt­ter­tes Ge­sicht und ru­fe laut: »Oh, ver­dammt! Da drü­ben braut sich was zu­sam­men!«
Was auch im­mer sich da zu­sam­men­brau­en könn­te, es funk­tio­niert. Der Mann dreht sich tat­säch­lich um und ich se­he zu, dass ich Land ge­win­ne. So­mas sind so leicht zu be­ein­flus­sen. Ich hö­re noch sein Flu­chen, nach­dem er den Bluff durch­schaut hat,...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuer • Dark • düster • Endzeit • Fantasy • Friedhof • Horror • Jugendbuch • Jugenddystopie • Jugendliche • Kinderbuch • Postapokalypse • Rache • Rachegeschichte • Roman • Science Fiction • Soziale Ungerechtigkeit
ISBN-10 3-7546-0782-0 / 3754607820
ISBN-13 978-3-7546-0782-4 / 9783754607824
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